Titel: | Ein Beitrag zur Analyse des Spectrums der Bessemerflamme; von A. v. Lichtenfels. |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. XLV., S. 214 |
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XLV.
Ein Beitrag zur Analyse des Spectrums der
Bessemerflamme; von A. v. Lichtenfels.
Aus der österreichischen Zeitschrift für
Berg- und Hüttenwesen, 1869, Nr. 2.
v. Lichtenfels, über das Spectrums der Bessemerflamme.
Die Bessemerflamme, durch das Spectroskop beobachtet, zeigt mehrere grüne und blaue
Liniengruppen, deren Natur man bisher nicht kannte.
Zur Erklärung dieser Erscheinung hat man wohl auf verschiedene Körper gerathen, ist
aber über den Bereich der Vermuthung nicht hinausgekommen.
Die in der Bessemerhütte des k. k. Eisenwerkes Neuberg über diesen Gegenstand angestellten
vergleichenden Versuche, welche in dieser Art auf jeder anderen Bessemerhütte leicht
wiederholt werden können, geben nun Aufklärung über die Natur dieser Linien und
sollen im Folgenden beschrieben werden.
Das zur Verfügung stehende Taschenspectroskop von M. Hofmann in Paris enthält in einer 6 Zoll langen Röhre von 3/4 Zoll
Durchmesser 5 Prismen, 2 von Flint-, 3 von Crownglas und zwischen diesen und
der, an dem einen Ende der Röhren befindlichen Spalte eine Linse, welche die durch
die Spalte eintretenden Lichtstrahlen parallel macht. An dem anderen Ende der Röhre
ist ein aus 4 Gläsern bestehendes kleines Fernrohr mittelst eines Kniegelenkes
befestigt, so daß jeder beliebige einfache Strahl in die Mitte des Gesichtsfeldes
gebracht werden kann. Dem Apparats ist außerdem ein kleines Glasprisma von 3 1/2
Linien Seitenlänge beigegeben, welches vor der Spalte, diese zur Hälfte bedeckend,
befestigt werden kann und zur gleichzeitigen Beobachtung zweier Lichtquellen
dient.
Die seitwärts befindliche Bessemerflamme wird mittelst des Prismas, welches die
Lichtstrahlen durch totale Reflexion in die Spalte wirft, beobachtet und
gleichzeitig durch den frei gebliebenen Theil der Spalte eine gerade vor dem
Apparate befindliche Weingeistflamme, in welcher Körper von bekannter
Zusammensetzung verflüchtigt werden. In dem Gesichtsfelde des Fernrohres entstehen
die Spectra der beiden Flammen nebeneinander und wenn in beiden Flammen derselbe
Körper flüchtig ist, so müssen die entsprechenden Linien des einen Spectrums in die
Verlängerungen der Linien des anderen fallen, weil Lichtbündel von derselben
Beschaffenheit durch dieselbe Spalte eindringen und von denselben Prismen zerstreut
werden. Es ist dieß die verläßlichste spectralanalytische Methode.
Von den zur Vergleichung bestimmten Körpern sind Lösungen in absolutem Alkohol
dargestellt. Der Verdampfungsapparat besteht aus einem möglichst stark glühenden
Platinschälchen, auf welches mit einem Löffelchen die Probeflüssigkeit geschüttet
wird. Eine möglichst starke und heiße Flamme ist von Wesenheit, weil neben dem
lichtstarken Spectrum der Bessemerflamme ein lichtschwaches nur sehr schwer sichtbar
ist.
Zur Durchführung des Versuches im freien Hüttenraume dient eine 18 Zoll hohe Laterne
aus Holz von dreieckigem Querschnitte mit 12 Zoll Seitenlänge; die eine Seite hat
ein Loch von 3 Zoll Durchmesser, durch welches das Ende des Spectralapparates
hereinragt; die zweite, der Bessemerflamme zugekehrte Seite besitzt ein Glasfenster
und die dritte eine Glasthür, in deren halber Höhe ein horizontaler, mit einem
Schuber verschließbarer Schlitz angebracht ist; dieser dient zum Eintragen der
Probeflüssigkeit. In der
Ecke zwischen den zuletzt genannten Seiten ist ein zum Tragen des Platinschälchens
bestimmter Ständer mit verschiebbarem Arme angebracht.
Beim Beginne des Versuches wird der Apparat, mit vertical stehender Spalte, zuerst
mittelst des Prismas auf die Bessemerflamme eingestellt, hierauf das Platinschälchen
in die richtige Lage gebracht, durch eine untergestellte Lampe erhitzt und endlich
die Probeflüssigkeit aufgeschüttet.
Verbrennender Alkohol zeigt nur die Natriumlinie; bei den Spectra des Calciums
(angewendet als Chlorcalcium) und des Kupfers (angewendet als salpetersaures
Kupferoxyd) wurde keine Uebereinstimmung gefunden, um so vollkommener aber bei dem
Mangan (angewendet als Manganchlorür). Nach Simmler (Fresenius' Zeitschrift für analytische Chemie, 1862)
entsprechen dem Mangan 4 breite grüne Streifen und eine violette Linie, welche mit
der violetten Kaliumlinie beinahe zusammenfällt; die grünen Streifen zeigen sich nun
hier als Liniengruppen, deren Bestandtheile mit den einzelnen Bestandtheilen der
grünen Liniengruppen des Bessemerspectrums übereinstimmen; zwei Gruppen sind sehr
deutlich sichtbar, die beiden gegen das blaue Feld zu liegenden schwächer. Die
violette Linie konnte mit dem vorhandenen Apparate weder in dem Bessemerspectrum
noch in dem Manganspectrum mit Sicherheit nachgewiesen werden.
Das Räthsel ist somit als zum größten Theil gelöst zu betrachten, indem durch den
vorliegenden Versuch nachgewiesen ist, daß die grünen Liniengruppen des
Bessemerspectrums dem Mangan angehören; auch wird es auf
diese Weise gelingen, die noch zweifelhaften blauen Linien zu bestimmen und es ist
im Interesse der Wissenschaft nur zu wünschen, daß die Versuche mit größeren
Apparaten und heißeren Flammen wiederholt und vervollständigt werden.Dieses Versuchsresultat bestätigt die von Hrn. A. Brunner schon in Nr. 29 der österreich. Zeitschrift für
Berg- und Hüttenwesen von 1868 ausgesprochene Ansicht, daß der
Spectralapparat kein Indicator der Entkohlung beim Bessemerprocesse seyn
könne, weil die Linien des Bessemerspectrums nicht dem Kohlenoxyde, sondern
dem Mangan und anderen Elementen des Roheisens angehören dürften. v. Hingenau.
Neuberg, 23. December 1868.