Titel: | Der patentirte Kraft-Regulator von E. Reigers; ausgeführt von der Maschinenfabrik von Fasbender und Lossen in Würzburg. |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LIV., S. 257 |
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LIV.
Der patentirte Kraft-Regulator von E. Reigers; ausgeführt von der Maschinenfabrik von Fasbender und Lossen in
Würzburg.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Reigers' Kraft-Regulator.
Die Aufgabe eines Regulators ist, die normale Geschwindigkeit der Dampfmaschine
constant zu erhalten, was aber bis jetzt trotz der vielen Verbesserungen dieses
Mechanismus noch nicht gelungen ist. So finden wir, daß die Wirkung des
Kugelregulators auf den Gang der Dampfmaschine, durch Entlasten oder Belasten der
letzteren, eine langsame ist, weßhalb die Maschine von ihrer normalen
Geschwindigkeit um mehrere Rotationen abweicht; es liegt dieß natürlich darin, daß
die Wirkung dieses Regulators erst dann eintritt, wenn schon einige bedeutende
Veränderungen in dem Gange der Dampfmaschine stattgefunden haben.
Der in Fig. 17
und 18
dargestellte neue Regulator entspricht vollkommen allen gerechten Anforderungen und
hat bereits bei zahlreichen Proben seine Leistungsfähigkeit bewährt; für seine
Neuheit zeugt, daß auf denselben in allen Ländern Patente ertheilt wurden. Mittelst
desselben werden alle unnützen Füllungen des Dampfcylinders vermieden, welche oft in
einer Minute 10 bis 12 Rotationen betragen. Ein wesentlicher Nebenvortheil, welcher
durch den regelmäßigen Gang der Dampfmaschine erzielt wird, ist aber bekanntlich der
Minderverbrauch an Brennstoff.
Der Erfinder hat sich die Aufgabe gestellt, einen Mechanismus zu construiren, in
welchem die auf ihn angewandte Kraft zwei Wirkungen ausübt, deren jede einen
gewissen Widerstand zu überwinden hat; diese beiden Wirkungen sind so regulirt, daß
sie sich gegenseitig aufheben, wenn die Dampfmaschine ihre normale Geschwindigkeit
vollkommen erreicht hat; bei der geringsten Abweichung von der normalen
Geschwindigkeit ist dieses Gleichgewicht unterbrochen, und wird die kleinere Wirkung
durch die größere übertroffen.
Durch die Unterbrechung des Gleichgewichtes wird die Dampfmaschine regulirt, und die
Drosselklappe nur so viel geöffnet, als nöthig ist, um die Maschine genau auf ihre normale
Geschwindigkeit zurückzubringen.
Ein solches Resultat ist nur annähernd durch den Kugelregulator zu erzielen.
Die Leistungen der beiden Arten Regulatoren sind deßhalb folgende:
der Kugelregulator nimmt den Stand ein, welcher der veränderten
Geschwindigkeit der Maschine entspricht;
der Kraftregulator nimmt den Stand ein, welcher der normalen Geschwindigkeit entspricht.
Sieht man sich die Construction des Kraftregulators näher an, so wird man sich
überzeugen, daß derselbe seinen Zweck vollkommen erfüllen muß. Er beruht auf
folgendem Princip:
Wenn einer Achse, welche einen gewissen Widerstand zu überwinden hat, vermittelst
eines Räderpaares eine rotirende Bewegung mitgetheilt wird, so wirkt die angewandte
Kraft nach zwei Seiten auf dieselbe:
1) die Achse herum zu drehen,
2) dieselbe in der Richtung der Kraft zu verdrängen.
Beide Wirkungen sind der angewandten Kraft proportional. Jede durch ein Räderpaar in
Bewegung gebrachte Achse, welche einen gewissen Widerstand zu überwinden hat, muß
durchaus mit einem genügenden Fundamente versehen seyn, damit dieselbe nicht in der
Richtung der Kraft verdrängt werde. Dieses Bestreben, die Achse zu verdrängen, steht
in directem Verhältnisse zur Kraft, welche angewandt wird, dieselbe herum zu
drehen.
Je größer also der Widerstand ist, welchen die Achse zu überwinden hat, desto größer
ist das Bestreben, die Achse zu verdrängen.
Ist das Gewicht des Fundamentes geringer als das Bestreben die Achse zu verdrängen,
so wird dasselbe mit der Achse verdrängt.
Ist dasselbe schwerer als diese lebendige Kraft, so bleibt das Fundament mit diesem
Mehrgewicht auf seiner Unterlage ruhen.
Folglich ist ein Fundament denkbar, welches zwischen diesen beiden Grenzen im Mittel
liegt, und nicht gehoben, auch nicht auf seiner Unterlage ruhen wird, sondern
schwebend bleibt; aber auch nur dann, wenn sich die beiden Wirkungen der Kraft genau
das Gleichgewicht halten.
Angenommen, daß dieses Fundament herzustellen ist, so wird bei jeder Vermehrung der
Kraft das Bestreben, die Achse zu verdrängen, größer, bei jeder Verminderung dieser
Kraft dieses Bestreben kleiner werden, also das Fundament entweder gehoben werden,
oder sich senken.
Dieses Vermehren oder Vermindern des Bestrebens, die Achse zu verdrängen, hängt also direct
von dem Widerstande ab, welchen die Achse zu überwinden hat.
Dieser Widerstand ist aber wieder abhängig:
1) von der vermehrten Last,
2) von der größeren Kraft, welche die Achse bei einer größeren
Geschwindigkeit, auch bei derselben Belastung, zu übertragen hat.
In dem Kraftregulator finden wir diese Principien vereint angewandt: in der
Construction eines Mechanismus, woran sich eine Achse auf einem beweglichen
Fundamente befindet, welches Fundament durch die Vermehrung der Kraft (oder die
Vermehrung des Widerstandes des Windflügels) gehoben wird, durch die Verminderung
der Kraft sich senkt, und durch das Gleichgewicht beider Wirkungen der Kraft auf
dieser Achse schwebend bleibt.
Das Sichheben oder Sichsenken dieses beweglichen Fundamentes (im Regulator das
Gewicht K) wird verursacht durch die Vermehrung oder
Verminderung der Kraft bei einer größeren oder kleineren Geschwindigkeit des Motors,
weil sich der Widerstand des Windflügels im quadratischen Verhältnisse seiner
Umfangsgeschwindigkeit steigert oder nachläßt, und kann allein durch die vollkommene
Normalgeschwindigkeit des Motors schwebend bleiben, wird aber auch schwebend seyn,
welchen Winkel der Hebel I mit der horizontalen Linie machen mag, wenn sich die
beiden Effecte der Kraft auf der Achse nur das Gleichgewicht halten.
Da dieses Letztere nur dann stattfinden kann, wenn die Geschwindigkeit der
Dampfmaschine die normale ist, so folgt, daß der Kraftregulator keine Veränderung
der Geschwindigkeit zulassen kann, weil bei jedem Abweichen derselben von der
normalen Geschwindigkeit das Gleichgewicht zwischen beiden Wirkungen der Kraft
unterbrochen wird; es ist aber auch jeder Stand der Drosselklappe zulässig, ohne daß dieses Gleichgewicht gestört ist.
Wiewohl dieser Regulator, wie aus Vorstehendem deutlich erhellt, auf einem ganz
richtigen Principe beruht, und die Wirkung desselben jeder Anforderung zu
entsprechen scheint, so haben die ersten mit demselben angestellten Proben doch nur
ein sehr zweifelhaftes Resultat geliefert.
Da z.B. bei einer größeren Belastung der Dampfmaschine die Arbeit des Kraftregulators
anhaltend bleibt, bis die Geschwindigkeit des Motors wieder seine normale geworden
ist, so folgt, daß durch das Beharrungsvermögen des Schwungrades die Abweichung von
der normalen Geschwindigkeit länger dauert, als nöthig ist, um die Klappe
entsprechend zu öffnen, so daß diese zu weit geöffnet wird. Hierdurch erhält die Dampfmaschine eine
zu große Geschwindigkeit, so daß die Klappe wieder geschlossen werden muß, und
umgekehrt; und dauerte dieses Spielen des Regulators und somit das Schwanken der
Geschwindigkeit fort. Wiederholte Proben haben indeß erwiesen, daß bei einer
Dampfmaschine, welche mit 45 Rotationen pro Minute
arbeiten mußte, in dem ersten Zeitraume von 6 Secunden 5 Rotationen, in dem zweiten
Zeitraume von 6 Secunden nur 3 Rotationen gemacht wurden; welche Belastung aber auch
die Maschine erhielt, so waren doch nur 45 Rotationen derselben pro Minute herauszubringen.
Diese Proben bewiesen zur Genüge, daß das Princip, worauf der Kraftregulator
construirt ist, richtig sey, daß jedoch der Mechanismus zu unvollkommen war, um
seinen Zweck zu erfüllen.
Um nun dieses Schwanken der Geschwindigkeit zu beseitigen, ohne die
Leistungsfähigkeit des Regulators zu beeinträchtigen, hat der Erfinder die eine
Seite des Hebels I mit einer Glocke in Verbindung gebracht, welche umgekehrt in ein
Gefäß, das zur Hälfte mit Wasser gefüllt ist, eintaucht. Im Boden dieser Glocke
befindet sich ein Hahn, um beim Ein- oder Austauchen der Glocke der Luft
einen Durchgang zu gewähren.
Betrachten wir jetzt die Arbeit dieser Vorrichtung.
Beim Stillstehen des Regulators, also bei der normalen Geschwindigkeit des Motors,
steht das Wasser in der Glocke im Niveau mit dem Wasser außerhalb derselben, weil,
die Luft durch den Hahn entweichen konnte.
Wird jetzt die Geschwindigkeit des Motors eine andere als die normale, so fängt der
Regulator an zu arbeiten. Ist diese Abweichung wenig, so ist die nöthige Veränderung
der Dampfklappe auch nur wenig, und die Glocke wird nur um ein Geringes sich senken
oder heben, der Niveau-Unterschied des Wassers in oder außerhalb der Glocke
wird nur ein geringer seyn, die wenige Luft ist bald verdrängt, die Dampfklappe wird
sofort in die nöthige Stellung gebracht, und der Regulator bleibt stehen.
Ist die Veränderung der Belastung der Dampfmaschine auf einmal sehr groß, so wird die
Veränderung der Geschwindigkeit beträchtlich seyn, aber die Arbeit des Regulators
ist dann auch groß, wegen des großen Unterschiedes der beiden Wirkungen der Kraft im
Regulator, da deren Gleichgewicht bedeutend unterbrochen wird.
Da aber das Schwungrad mehr lebendige Kraft angesammelt hat durch den ersten Stoß der
größeren Kraft der Maschine, im Verhältniß zu ihrer verminderten Last, so ist auch
mehr Zeit erforderlich, ihm diese Kraft zu entnehmen, es kann folglich mehr Zeit angewandt
werden, die Luft aus der Glocke ausströmen zu lassen, und bei genauer Stellung des
Lufthahnes wird das Niveau des Wassers wieder hergestellt seyn im nämlichen Momente,
wo die Maschine ihre normale Geschwindigkeit wieder erhalten hat. Aus obiger
Beschreibung der Construction und der Arbeit des Regulators ist klar ersichtlich,
daß die Geschwindigkeit einer mit dem Kraftregulator versehenen Dampfmaschine ganz
und gar unabhängig ist von der größeren oder kleineren Belastung der Maschine, und
nur davon abhängig ist, ob die beiden Wirkungen der auf den Regulator angewandten
Kraft sich gegenseitig das Gleichgewicht halten.
Man wird durch das Vorstehende zur Ueberzeugung kommen, daß durch diese Erfindung
eine große Veränderung in der Wahl der Dampfmaschinen für solche Fabrikanlagen,
welche eine sehr regelmäßige Geschwindigkeit erfordern, eintreten wird.
Die Spinn- und Webereien z.B. haben bis jetzt als Betriebskraft nur entweder
Zwillingsmaschinen oder Maschinen nach dem Woolf'schen
System, oder gewöhnliche Dampfmaschinen mit hohem Dampfdruck ohne, oder mit nur
geringer Expansion und Kondensation angewandt, da diese die geeignetsten sind,
abgesehen von großen Anlagekosten oder großem Kohlenverbrauch, weil die erwähnten
Dampfmaschinen durch den Kugelregulator am besten zu reguliren sind.
Jene Mehrkosten, es sey der Anlage oder des täglichen Unterhaltes, können aber durch
Anwendung des Kraftregulators gänzlich vermieden werden.
Die gewöhnliche einfache, liegende Dampfmaschine mit starker Expansion und mit oder
ohne Condensation, je nachdem es die Oertlichkeit in Bezug der Beschaffung des
nöthigen Wassers zuläßt, entspricht jetzt in jeder Beziehung vollkommen dem Zwecke,
da auch bei dieser, beim geringsten Brennmaterialverbrauch doch die größte
Gleichmäßigkeit in der Bewegung zu erzielen ist. Früher waren diese Maschinen nicht
überall anzuwenden, da dieselben durch den Kugelregulator nicht genügend regulirt
werden konnten.
Nachfolgende Proben beweisen, daß jede Dampfmaschine, welches auch ihre Construction
seyn möge, durch den Kraftregulator vollkommen regulirt werden kann. Auch kann
weiter jede bestehende Maschine durch denselben regulirt werden, ohne namhafte
Mehrkosten, als die des Regulators selbst, wenn die Dampfklappe richtig und genau
arbeitet, und das Schwungrad die Schwere hat, welche durch die erwünschte
Regelmäßigkeit bedingt wird.
Die nachstehenden Resultate sind erzielt bei den Versuchen mit dem Kraftregulator an einer
8pferdigen Dampfmaschine mit verstellbarer Expansion und Condensation
DruckimKessel.
Expansions-Verhältniß.
Mit oder ohneCondensation.
Belastung der Maschine.
AnzahlderUmdrehungen.
1. Versuch
43 Pfd.
3/4
mit
4 Drehbänke, 1 Hobelbank, 1 Schleifstein, 1 Cylindergebläse mit 32
Centimeter Wasserdruck arbeitend
45.
2. „
43 „
1/2
mit
wie Nr. 1
45.
3. „
43 „
1/2
ohne
wie oben und 1 Schraubenschneidmaschine,1 Bohrmaschine, 1
Mutterfräsmaschine
45.
4. „
43 „
1/2
ohne
ohne Belastung, nur das Gebläsearbeitet ohne Windpressung
45.
5. „
43 „
1/2
ohne
volle Belastung, wie Nr. 3
45.
6. „
45 „
1/2
ohne
ohne Belastung, wie Nr. 4
45.
7. „
45 „
ohne Expans.
ohne
volle Belastung, wie Nr. 3
45.
8. „
45 „
ohne Expans.
ohne
ohne Belastung, wie Nr. 4
45.
Dieselben Resultate wurden erzielt bei einer Maschine von 16 Pferdekräften, deren
Geschwindigkeit auch bei den verschiedensten Belastungen aufgenommen wurde, ohne daß
die geringste Veränderung derselben zu bemerken war.
Versuch, angestellt an der
Holzschneidemühle der HHrn. Quack und Comp. in Nymegen, an einer 35pferdigen Maschine, mit dreifacher Expansion und Condensation
arbeitend:
Nr.
Belastung der Maschine.
Anzahl derUmdrehungen.
1
3 Sägegatter und Circularsäge, 2 Lattensägen
35
2
2 Sägegatter etc.
35
3
1 „
„
35
4
ohne Belastung
35
5
volle Belastung
35
Die Maschine arbeitete mit 40 Pfd. Dampfdruck im Kessel.
Maschinenfabrik in Ulft (Holland). November 1868.
E. Reigers.