Titel: | Die Wiedergewinnung von Schwefel und Mangansuperoxyd aus den Rückständen der Soda- und Chlorkalkfabrik zu Dieuze. |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LXVI., S. 304 |
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LXVI.
Die Wiedergewinnung von Schwefel und
Mangansuperoxyd aus den Rückständen der Soda- und Chlorkalkfabrik zu
Dieuze.
Aus der Revue de
l'Exposition de 1867, publiée par la Revue
universelle des mines etc. sous la
direction de M. Ch. de Cuyper, 1868, 6me livraison, p. 869.
Ueber Wiedergewinnung von Schwefel und Mangansuperoxyd aus den
Rückständen der Soda- und Chlorkalkfabrik zu Dieuze.
Von der anonymen Gesellschaft der ehemaligen Staatssalinen in Ostfrankreich (Société de Dieuze) befanden sich auf der
letzten Welt-Ausstellung zu Paris auch die Producte ihres patentirten
Verfahrens zur Verwerthung der Rückstände von der (gemeinschaftlich betriebenen)
Soda- und Chlorkalkfabrication auf Schwefel und Mangansuperoxyd. Von diesem
Verfahren, welches einen bedeutenden Fortschritt in der Sodafabrication bildet,
geben wir (de Cuyper) im Folgenden eine genaue
Beschreibung nach den (nicht veröffentlichten) Documenten, welche die Direction der
Fabrik zu Dieuze (Département de la Meurthe) der
Jury der Ausstellung eingereicht hat.
Das Verfahren, wie es gegenwärtig zu Dieuze in großartigem Maaßstabe angewendet wird,
ist die Frucht mehrjähriger Versuche des talentvollen technischen Directors der
Fabrik, Hrn. Dr. P. W. Hofmann.Wir verweisen auf die Abhandlung von Dr. P. W.
Hofmann: „über die Wiedergewinnung
des Mangansuperoxydes aus dem bei der Chlorfabrication sich bildenden
Chlormangan,“ im Jahrgang 1866 des polytechn. Journals, Bd.
CLXXXI S. 364.
I. Die Sodarückstände verwandeln sich in Folge ihrer
Oxydation an der Luft nach Verlauf eines längeren oder kürzeren Zeitraumes in zwei
Reihen von Bestandtheilen, nämlich in:
a) unlösliche; diese sind:
b) lösliche; diese bestehen in:
schwefelsaurer Kalk;
Calciumpolysulfuret, welches nach den Untersuchungen
kohlensaurer Kalk;
von Pelouze
eine gewisse Menge
kieselsaurer Kalk;
von schwefelwasserstoffsaurem
kieselsaure Thonerde;
Schwefelcalcium enthält;
kieselsaure Magnesia;
Natriumpolysulfuret;
Schwefel, Reste von Kohks und Backsteinen.
unterschwefligsaurem Kalk;
unterschwefligsaurem Natron;
schwefelsaurem Natron;
Chlornatrium;
schwefelsaurem Kalk, welcher in Folge der
Gegenwart der Polysulfurete leichter
löslich ist.
Ueberläßt man nun die Rückstände in diesem Zustande der gleichzeitigen Einwirkung des
Regenwassers und des in ihnen von vornherein enthaltenen Wassers, so gehen die
löslichen Bestandtheile bald in Lösung und geben eine alkalische, schwefelhaltige
Lauge von wandelbarem Concentrationsgrade.
II. Die sauren Chlorkalk- (oder Chlormangan-) Rückstände bestehen im Durchschnitte aus:
Manganchlorür
22,00
Eisenchlorid
5,50
Chlorbaryum
1,06
freiem Chlor
0,09
Chlorwasserstoffsäure
6,80
Wasser
64,55
nebst Chlorcalcium, Chlormagnesium, Chloraluminium,
Nickelchlorür und Kobaltchlorür.
Läßt man die sauren Manganchlorürlösungen auf die Sodarückstände oder die von
denselben abfließenden gelben Laugen einwirken, so finden folgende Reactionen nach
einander statt:
1) Zunächst wird eine der Menge des freien Chlors und des Eisenchlorids (indem
letzteres zu Eisenchlorür reducirt wird) entsprechende Quantität Schwefel
niedergeschlagen; nach der Gleichung:
Cl + CaSn = CaCl + SnFe²Cl³ + CaSn = 2 FeCl + CaCl + Sn.
2) Es scheidet sich Schwefel aus und entbindet sich Schwefelwasserstoff, deren Menge
einerseits der Quantität der im sauren Manganchlorür enthaltenen freien Salzsäure,
andererseits der Schwefelungsstufe des Calciums und dem Gehalte der Flüssigkeit an
unterschwefligsaurem Kalk entspricht:
CaSn + HCl = CaCl + HS +
S(n –
1).
CaS, HS + HCl = CaCl + 2 HS.
CaO, S²O² + HCl = CaCl + HO + SO².
2 HS + SO² = 3 S + 2 HO.
CaO, S²O² + 2 (CaSn) + 3 HCl = 3 CaCl + 3 HO + S(n + 2).
3) Es scheidet sich erst Schwefeleisen, dann Schwefelmangan, beide mit Schwefel
gemengt, aus, und es entwickelt sich überdieß Schwefelwasserstoff, wenn die gelbe
Lauge schwefelwasserstoffsaures Schwefelcalcium enthält:
FeCl + CaSn = CaCl + FeS +
S(n –
1).
MnCl + CaSn = CaCl + MnS +
S(n –
1).
MnCl + CaS, HS = CaCl + MnS + HS.
Aus diesen Reactionen ergibt sich, daß bei der Ausführung der Operation in großem
Maaßstabe eine reichliche Entwickelung von Schwefelwasserstoffgas stattfindet,
dessen Zersetzung keineswegs so leicht herbeizuführen ist, als es nach der Theorie
scheinen könnte.
Bei den ersten vom Director der Dieuzer Werke abgeführten Versuchen stellte es sich
heraus, daß ein wenn auch nur geringer Gehalt der Atmosphäre an Schwefelwasserstoff
bei den Arbeitern Augenentzündungen von solcher Heftigkeit veranlaßt, daß sie zu
mehrtägiger Unterbrechung ihrer Thätigkeit genöthigt sind;Diese Beobachtung ist bereits vor acht Jahren von Dr. Lunge gemacht worden, man s.
polytechn. Journal Bd. CLXXX S. 490.A. d. Red. das Gas entwickelt sich in solcher Menge, daß eine wahre Vergiftung der Luft
erfolgt, wobei Vögel, welche in einer Höhe von mehreren Metern über den
Arbeitsbassins hinflogen, wie vom Blitze getroffen zu Boden fielen.
Somit läßt sich unter solchen Verhältnissen nicht arbeiten, wenn nicht Vorrichtungen
zum Auffangen des Schwefelwasserstoffgases und zum Verbrennen desselben zu
Schwefligsäure angewendet werden. Eine solche Einrichtung ist aber nicht ohne Gefahr
für die Arbeiter und ihre Anlage erfordert ein verhältnißmäßig bedeutendes Capital;
der Fabrikant muß sich daher die Frage vorlegen, ob die möglicher Weise zu
erreichenden Resultate eine solche Ausgabe rechtfertigen.
Vom Gesichtspunkte des technischen Betriebes aus bestand folglich die Aufgabe darin,
die Entstehung einer Verbindung zu vermitteln, mittelst welcher den Sodarückständen
ihr ganzer gewinnbarer Schwefelgehalt entzogen, gleichzeitig aber die Entwickelung
von Schwefelwasserstoff ganz vermieden oder doch in solcher Weise beschränkt wird,
daß die Gegenwart dieses Gases nicht mehr schädlich ist.
Versuche ergaben, daß, wenn die Sodarückstände nach ihrer Entfernung aus den
Rohsoda-Auslaugapparaten direct in gewissem Verhältniß mit Schwefeleisen und
Schwefelmangan gemengt werden, oder einfacher mit Chlorblasenrückständen, deren Eisen- und
Mangansalze in Sulfurete verwandelt worden sind, und wenn dieses Gemenge in Haufen
gebracht, der Einwirkung der Luft ausgesetzt, von Zeit zu Zeit umgestochen und durch
einen darüber geleiteten dünnen Wasserstrahl in einem gewissen Grade von
Feuchtigkeit erhalten wird, – sich dann die Schwefelmetalle unter Aufnahme
von Sauerstoff aus der Atmosphäre zu freiem Schwefel und Superoxyden zersetzen; die
letzteren verwandeln sich in Gegenwart von überschüssigem Sckwefelcalcium von Neuem
in Schwefeleisen und Schwefelmangan, und diese oxydiren sich wieder in Berührung mit
der Luft nach kurzer Zeit, und so fort. Der Sauerstoff dieser Oxyde tritt an das
Schwefelcalcium, wobei sich unterschwefligsaurer Kalk, oder lösliche, noch wenig
untersuchte Oxysulfurete bilden, deren Zusammensetzung der Formel CaO, CaS sehr nahe
kommt.
Der durch die aufeinander folgenden Oxydationen der Schwefelmetalle frei gewordene
Schwefel endlich verbindet sich mit Schwefelcalcium zu in Wasser löslichem
Calciumpolysulfuret.
2 FeCl + 2 CaS = 2 FeS + 2
CaCl.
2 FeS + 3 O = Fe²O³ + 2 S.
Fe²O³ + 3 CaS = 2 FeS + S + 3 CaO.
CaS + 2 S = CaS³.
3 CaO + 3 S = 3 (CaO, S).
S + 3 Fe²O³ + 7 CaS = 6 FeS + 6 CaO + CaO,
S²O².
Auf diese chemischen Vorgänge ist das in Dieuze gegenwärtig angewendete Verfahren
gegründet. Die verschiedenen Stadien desselben sind in der nachstehenden
tabellarischen Uebersicht angegeben:
1)
Benetzen der Rückstände mit neutralem Manganchlorür; Oxydirung
derselben durchEinwirkenlassen der Luft.
CaS + MnCl = CaCl + MnS.3 MnS + 4 O = 3 S +
Mn³O⁴.3 S + Mn³O⁴ + CaS = CaO, S + 3 S + 3
MnO.3 MnO + O = Mn³O⁴, welches in Gegenwartvon
überschüssigem CaS (in den Rückständen)wiederum ebenso wirkt, und so
fort. Enthält der Braunstein, wie es fast immer der
Fall ist, Eisen, so finden dieselben Reactionen statt.
2)
Methodisches Auslaugen, welches schwefelhaltigeLaugen, die sogen.
„gelbe Flüssigkeit“ (eaux
jaunes)gibt; diese Laugen enthalten
Calciumpolysulfuret,Calciumoxysulfuret und unterschwefligsauren
Kalk.
3)
Neutralisirung des sauren Manganchlorürsdurch gelbe Lauge;
Abscheidung von Schwefel.
2 CaSn + CaO, CaS + CaO,
S²O² + 4 HCl = 4 CaCl +
HO + S(2n + 3).
4)
Verwerthung der von der Zersetzungder Polysulfurete herrührenden
geringenMengen von Schwefelwasserstoffgas.
HS + 3 O = HO + SO².
5)
Fällung des Eisens mittelst gelberLauge (das Eisen schlägt sich eher
niederals das Mangan).
FeCl + CaSn = CaCl + FeS
+ S(n – 1).
6)
Fällung des Mangans.
MnCl + CaSn = CaCl + MnS
+ S(n – 1).
7)
Abtropfenlassen und Trocknen der Schwefelmetalle.
8)
Abrösten des Mangan- und Eisensulfurets.
Zusammensetzung des
Röst-Rückstandesvom Rösten des
Schwefelmangansin 100
Theilen:
Schwefelsaures Manganoxydul
44,50
Mangansuperoxyd (MnO²)
18,90
Manganoxydul
36,60
Nach dem Auslaugen
enthält der Rückstand in100 Theilen:
Mangansuperoxyd
34,06
Manganoxydul
65,94
9)
Trennung des schwefelsauren Manganoxydulsvom Mangansuperoxyd (welches
bei derGlasfabrication benutzt werden kann) durchAuflösen und
Decantiren.
10)
Verwendung des Röstrückstandes (der
Der dabei fallende Rückstand besteht in
100 Th. aus:
Manganasche) im Gemenge mit Natronsalpeter
Schwefelsaurem Natron
41,80
zur Darstellung von Salpetersäure oder zur
Mangansuperoxyd
32,30
Entwicklung von Salpetrigsäuregas
Manganoxydul
25,90
11)
Trennung des schwefelsauren Natrons
Der zurückbleibende Rückstand besteht in
100 Th. aus:
von dem mit Vortheil zur Chlorfabrication
Mangansuperoxyd
55,50
anwendbaren Mangansuperoxyd durch
Manganoxydul
44,50
Auflösen und Decantiren.
12)
Krystallisiren der Lösung von schwefelsauremNatron oder Behandlung
derselben mit demvon der 5. und 6. Operation
herrührendenChlorcalcium, zur Erzeugung von schwefelsauremKalk für
die Papierfabrication.
Wir gehen jetzt zur Beschreibung jeder einzelnen dieser Operationen über.
1. Oxydirung der
Sodarückstände.
Die Sodarückstände werden in dem Zustande, in welchem sie aus den Apparaten zum
Auslaugen der Rohsoda kommen, auf dem Boden ausgebreitet und mit Manganchlorürlösung
benetzt.
Als die passendsten Gewichtsverhältnisse haben sich in der Praxis erwiesen: auf 100
Kilogrm. Rückstände 7 bis 8 Liter Chlormanganlösung von 30° Baumé. Vor
der Anwendung muß diese Flüssigkeit durch Zusatz von etwas Kalk neutralisirt werden,
damit sich kein Schwefelwasserstoff entwickelt (anstatt des Kalkes kann man auch mit
Vortheil eine Portion von alten, lange Zeit der Luft ausgesetzt gewesenen, also
stark oxydirten Rückständen anwenden, welche keinen Schwefelwasserstoff mehr
entwickeln). Man macht ein möglichst inniges Gemenge und bringt die Masse dann in
Haufen, welche höchstens 1,5 bis 2 Meter hoch seyn dürfen. Nach Verlauf von etwa
drei Tagen sticht man die Masse um, worauf die Reaction bald beginnt, indem die
Masse heiß wird und trocknet. Von Zeit zu Zeit sticht man die Haufen von Neuem um,
um die oxydirende Einwirkung der Luft zu erleichtern und derselben neue Flächen
darzubieten; man begießt die Masse nochmals oberflächlich mit neutraler
Manganchlorürlösung. Die Temperatur steigt immer höher und hat nach acht bis zehn
Tagen einen solchen Grad erreicht, daß der Schwefel zum Schmelzen kommt.
(Um den Verlauf der Reactionen genau kennen zu lernen, ließ man einige
Rückstandshaufen 15 bis 18 Tage lang an der Luft stehen. Der Schwefel gerieth von
selbst in Brand; die Masse blieb unter reichlicher Entwickelung von
Schwefligsäuredämpfen mehr oder weniger lange glühend und der zuletzt als Asche
bleibende Rückstand gab dann nur noch unbedeutende Mengen von gelber Lauge ab.)
Die praktische Erfahrung und zahlreiche Versuche haben bewiesen, daß die Oxydation
dann den geeigneten Grad erreicht hat, so daß ein darauf folgendes Auslaugen bei
guter Ausführung eine Lauge gibt, welche beinahe die sämmtlichen schwefelhaltigen
Producte der Rückstände in lösliche Verbindungen umgewandelt enthält.
2. Auslaugen der oxydirten
Sodarückstände.
Das zum Auslaugen der auf die angegebene Weise oxydirten Rückstände eingeführte
Verfahren beruht auf dem gleichen Principe, wie die zum Auslaugen der Rohsoda
übliche Methode. Große gemauerte Behälter, deren jeder das an einem Tage producirte
Quantum von Rückständen aufzunehmen vermag, sind durch Röhren mit einander
verbunden, welche im unteren Theile der Reservoirs, unter einem durchlöcherten, die
Rückstände tragenden falschen Boden münden. Das frische Wasser oder die von einer
früheren Auslaugung herrührenden schwachen Flüssigkeiten werden auf die ältesten
Rückstände gegossen, und aus dem letzten Behälter läuft eine schön orangegelb
gefärbte, 14 bis 16° Baumé starke Flüssigkeit ab. Sie enthält in 100
Theilen:
Schwefel
6,516
Calcium
2,468
Chlor
0,172
–––––
9,156.
Die rationelle Formel ist höchst wahrscheinlich folgende:
CaO, SO³
0,36
CaO, CaS
0,45
CaO,
S²O²
2,80
CaS³
4,89
CaS⁴
0,48
CaCl
0,28
––––
9,26
anstatt in Summa 9,156, in Folge des hinzutretenden
Sauerstoffes.
Die bis auf 0° Baumé erschöpften Rückstände werden nochmals
ausgewaschen. Nach dem Ablaufen der Flüssigkeit, welches auf dem durchlöcherten
Boden in den Behältern selbst sehr rasch von statten geht, werden diese geleert und
der in ihnen zurückgebliebene erdige Rückstand wird über die Halde gestürzt. Die
Analyse des letzteren ergab Hrn. Hofmann folgende
Zusammensetzung:
schwefelsaurer Kalk
66,248
kohlensaurer Kalk
1,320
Kalk
20,982
Eisenoxyd und Thonerde
7,000
Manganoxyduloxyd
(Mn³O⁴)
1,500
ungelöste Substanzen
2,800
–––––––
99,850.
Diese Auslaugrückstände kann man an jeden beliebigen Ort stürzen, weil sie in Folge
der Einwirkung der Atmosphärilien keine schädlichen oder für die Umgebung lästigen
Flüssigkeiten geben; sie haben auch bedeutend an Volum verloren. Wie aus ihrer
Zusammensetzung hervorgeht, können sie für manche Bodenarten als vortreffliches
Meliorationsmittel verwendet werden.
3. Neutralisirung des sauren
Manganchlorürs.
Die sauren Manganchlorürlösungen werden mit Hülfe einer Röhrenleitung aus der
Chlorkalkfabrik in große, aus Sandsteinplatten construirte Bassins geleitet, deren
Fugen mit Asphalt sorgfältig gedichtet sind, so daß sie von der Säure nicht
angegriffen werden können. Diese ersten Bassins sind dazu bestimmt, daß sich in
ihnen die mechanisch mitgerissenen fremden Substanzen absetzen.
Nachdem sich die Chlormanganlösung vollständig geklärt hat, wird sie mit Hülfe von
Hebern in ein zweites, gleichfalls aus Steinplatten zusammengesetztes Bassin
abgelassen, welches größer als die Bassins der ersten Reihe ist und tiefer steht;
gleichzeitig läßt man die gelben Laugen, welche in einem unter den Auslaugkufen
befindlichen Reservoir gesammelt wurden, in dieses zweite Bassin treten. In Folge
der Vermischung beider Flüssigkeiten scheidet sich eine reichliche Menge Schwefel
aus, welchem gewöhnlich eine von dem angewendeten Manganerze herrührende kleine
Quantität von schwefelsaurem Baryt beigemengt ist.
Der Schwefel wird mit Schaufeln aus dem Bassin herausgefischt, auf Tropfbühnen
geworfen, dann getrocknet oder unter Druck in einem Dampfgenerator geschmolzen und
schließlich zur Schwefelsäurefabrication verwendet.
Auf diese Weise erhält man von einem Kubikmeter gelber Lauge durchschnittlich 56,8
Kilogrm. Schwefel.
Die Beendigung dieser Operation läßt sich leicht an der Farbe des Niederschlages
erkennen; in den letzten Momenten scheidet sich eine geringe Menge von
schwarzgefärbtem Schwefeleisen aus, dann muß der Arbeiter den weiteren Zufluß von
gelber Lauge absperren.
4. Verwerthung des
Schwefelwasserstoffes.
Wir erwähnten, daß sich in Folge der Gegenwart von Polysulfuret oder Sulfhydrat
Spuren von Schwefelwasserstoffgas entwickeln. Jene Verbindung ist aber in den Laugen
nur selten enthalten, weil sie sich in Gegenwart der durch die Einwirkung des
Manganchlorürs entstandenen Manganoxyde oxydirt. Bei der sehr geringen Menge des
Schwefelwasserstoffgases ist es leicht, dessen Entweichen in die Atmosphäre zu
verhüten, wozu man folgenden Apparat anwendet.
In das zum Neutralisiren der Manganchlorürlösung dienende Bassin wird ein aus
Metallblech angefertigter Kegel gestellt. Derselbe ist in etwa der Hälfte seiner
Höhe mit zwei Oeffnungen versehen, durch welche zwei Röhren hindurchgehen, die sich
im Inneren des Kegels umbiegen und bis auf einige Centimeter Entfernung von seiner
Basis hinabreichen. In einem etwas höheren Niveau sind zwei Oeffnungen angebracht,
damit das Flüssigkeitsgemisch in das Bassin ausfließen kann. Durch die beiden
gebogenen Röhren läßt man die beiden Flüssigkeiten gleichzeitig zutreten; sofort
erfolgt im Inneren des hohlen Kegels die Reaction; das sich entwickelnde
Schwefelwasserstoffgas sammelt sich im oberen Theile desselben und wird von hier
mittelst eines Rohres über einen kleinen, fortwährend im Glühen erhaltenen Herd
geleitet, welcher in einer Entfernung von ungefähr 10 Meter steht; das Gas verbrennt hierBei dieser Operation ist dafür zu sorgen, daß sich nicht zu plötzlich eine
große Menge von Schwefelwasserstoffgas entzünden kann. und die dabei entstandene Schwefligsäure wird in einen hölzernen, mit Blech
gefütterten Bottich geleitet, welcher bis zu etwa zwei Dritteln seiner Höhe mit
gelber Lauge gefüllt ist. Mittelst eines kleinen Schaufelrades wird die Flüssigkeit
in dem Bottiche umgerührt. Die Schwefligsäure wirkt bis beinahe zur vollständigen
Neutralisirung der Flüssigkeit; die so erhaltene Lösung von unterschwefligsaurem
Kalk wird nach den bekannten Methoden in unterschwefligsaures Natron verwandelt. Der
ausgefällte Schwefel wird, wie oben angegeben, getrocknet etc.
5. Fällung des Eisens.
Die in den Neutralisirungsbassins nach der Entfernung des Schwefels zurückgebliebene
Manganchlorürlösung enthält noch fast alles Eisen- und Mangansalz.
Für die späteren Operationen ist es sehr wichtig, beide Salze von einander zu
trennen, was bei der bekannten Eigenschaft der Eisensalze, zuerst gefällt zu werden,
wenn sie in Lösung mit einem Reagens behandelt werden, durch welches auch die
Mangansalze niedergeschlagen werden, leicht ausführbar ist.
Zu diesem Zwecke wendet man folgende Vorrichtung an.
Eine Pumpe, welche von einer der Dampfmaschinen der Fabrik getrieben wird, hebt
einerseits Chlormanganlösung, andererseits die hierzu in einem Reservoir abgeklärte
gelbe Lauge; beide Flüssigkeiten werden nach einander in ein, in den Boden
gegrabenes Bassin geleitet, dessen Sohle und Wände mit einer dicken Schicht von
festgeschlagenem Thon bekleidet sind. Die Reaction beginnt; man befördert sie durch
zeitweilig wiederholtes Umrühren und läßt so lange als die Flüssigkeit die vom
gefällten Schwefeleisen herrührende schwarze Farbe besitzt, gelbe Lauge zufließen.
Die anzuwendende Menge der letzteren, welche durch einen Versuch festgestellt werden
muß, schwankt selbstverständlich nach der Güte des verwendeten Braunsteins.
Uebrigens erkennt der Arbeiter das Ende der Reaction an der Veränderung der Farbe des
Niederschlages, welche in's Gelbliche übergeht, sobald die Ausscheidung von
Schwefelmangan beginnt. Man unterbricht dann den Zufluß der gelben Lauge, läßt den
Niederschlag sich absetzen und wiederholt dieselbe Operation in dem nächsten
Bassin.
Nachdem der Niederschlag sich abgesetzt hat, schlägt man das im trockenen Zustande
durchschnittlich 45 Proc. Schwefel enthaltende Gemenge von Schwefel und
Schwefeleisen aus, und bringt es in einen Behälter, dessen Sohle aus hochkantig
gestellten, nicht durch Mörtel verbundenen Ziegelsteinen gebildet ist, damit das in
dem Gemenge vorhandene Wasser abfließen kann. Nach Verlauf einiger Tage wird die
Masse aus dem Behälter entfernt, und nach dem Trocknen in einem Kiesröstofen
abgeröstet. Die dabei erhaltenen Rückstände werden als werthlos zu den übrigen
Abgängen der Fabrik gestürzt.
6. Fällung des Mangans.
Nachdem die Eisensalze auf angegebene Weise beseitigt worden sind, wird die
Flüssigkeit (mittelst eines sich oben öffnenden Schutzes, also durch Decantation) in
ein tiefer liegendes Bassin abgelassen; dann pumpt man gelbe Lauge in letzteres und
schlägt auf ganz dieselbe Weise, wie bei der Fällung des Eisens, alles Mangansalz
nieder. Es bleibt darnach eine klare Flüssigkeit zurück, welche neben einer geringen
Menge von unterschwefligsaurem Kalk nur Chlorcalcium enthält.
Der aus einem Gemenge von Schwefel und Schwefelmangan bestehende, im Durchschnitt 56
bis 57 Proc. SchwefelDer Eisenniederschlag enthält weniger Schwefel als der Manganniederschlag;
dieses rührt von der Gegenwart des in größerer oder geringerer Menge mit dem
Braunsteine zugeführten schwefelsauren Barytes her, welcher sich mit dem
Schwefeleisen niederschlägt und daher den Schwefelgehalt des breiförmigen
Schwefeleisens herabdrückt. enthaltende Niederschlag wird in derselben Weise wie der durch die Fällung
des Eisens erhaltene behandelt und für sich verbrannt; der Rückstand wird in der
unten näher anzugebenden Weise zur Verwerthung gebracht.
Die Chlorcalciumlösung wird nach und nach in drei andere Bassins geleitet, worin sich
die mitgerissenen festen Substanzen absetzen, und dann läßt man sie weglaufen.
Mit diesem Stadium des Verfahrens ist der erste Theil der Aufgabe, die Umwandlung der Rückstände in eine unschädliche Masse,
gelöst. Wir haben nun einerseits ein indifferentes, aus schwefelsaurem Kalk,
kohlensaurem Kalk etc. bestendes Gemenge fester Substanzen, andererseits eine
unschädliche Flüssigkeit, eine Chlorcalciumlösung, erhalten, welche, mit einer
großen Wassermenge verdünnt, weder auf die Fischzucht, noch auf den Gartenbau,
ebensowenig auf die Verwendung des Wassers zu mechanischen und allen anderen
Zwecken, wozu dasselbe beim Vorüberfliehen an bewohnten Orten dient, einen
nachtheiligen Einfluß ausüben kann.
Wir gehen nun zum zweiten Theile der Aufgabe über, zur
technischen Verwerthung der Rückstände.
7. Behandlung der Rückstände vom Rösten
des Schwefelmangans. – Trennung des schwefelsauren Manganoxyduls vom
Mangansuperoxyd.
Die Zusammensetzung der Rückstände vom Rösten des Schwefelmangans wurde bereits
angegeben. Man bringt diese Rückstände in einen Bottich und wascht sie mit reinem
Wasser aus, welches das schwefelsaure Manganoxydul aufnimmt, wogegen der aus einem
Gemenge von Manganoxydul und (35 bis 37 Proc.) Mangansuperoxyd bestehende, ungelöste
Antheil gut ausgewaschen und getrocknet wird. Derselbe enthält meistens gar kein
Eisen, oder doch nur höchst geringe Spuren von solchem, und wird in der
Glasfabrication zum Entfärben des durch Eisen gefärbten Glassatzes verwendet. Aller
Wahrscheinlichkeit nach würde die Gegenwart des Manganvitriols der Anwendbarkeit der
Manganoxyde zu dem gedachten Zwecke nicht hinderlich seyn, da man bekanntlich zu den
Glassätzen anstatt des kohlensauren Natrons ebenso gut Glaubersalz anwenden kann. In
diesem Falle könnte der Rückstand vom Rösten des
Schwefelmangan-Niederschlages an die Glashütten direct, ohne vorheriges
Auslaugen, abgeliefert werden.
8. Verwendung des schwefelsauren
Manganoxyduls zur Salpetersäurefabrication. – Trennung des hierbei
erhaltenen schwefelsauren Natrons vom Mangansuperoxyd.
Das gewonnene schwefelsaure Manganoxydul wird mit der entsprechenden Menge
Natronsalpeter gemischt und in den gewöhnlichen Schwefelöfen erhitzt. Dabei bildet
sich Glaubersalz und salpetersaures Mangan, welches sofort in Mangansuperoxyd und
Untersalpetersäure zerfällt:
2 MnO, SO³ + NaO, NO⁵ = 2 NaO, SO³ +
Mn²O³ + MnO, NO⁴;
MnO, SO³ + NaO, NO⁵ = NaO, SO³ + MnO²
+ NO⁴
Die rothen Dämpfe treten in die Bleikammern ein. Das Glaubersalz wird ausgelaugt, in
Flammöfen zur Trockne verdampft und calcinirt. Der Rückstand besteht aus reinen
Manganoxyden, welche 55 Proc. Superoxyd enthalten, daher als Sauerstoffquelle dem
Braunstein gleichwerthig sind, während ihr Freiseyn von Eisen ihren Werth bedeutend
darüber hinaus erhöht.
9. Verwerthung der Glaubersalzlösung auf
schwefelsauren Kalk für Papierfabriken.
Benutzt man die Glaubersalzlösung zum Zersetzen der klaren Chlorcalciumlösung, welche nach dem Fällen
des Eisens und Mangans verbleibt, so erhält man einen schön weißen Niederschlag von
schwefelsaurem Kalk, welcher mehr oder weniger lange Fasern bildet, wenn man den auf
einander wirkenden Flüssigkeiten eine Kreisbewegung ertheilt. Dieser künstlich
erzeugte schwefelsaure Kalk wird bekanntlich mit Vortheil statt des Kaolins in den
Papierfabriken verwendet.
Mittelst des im Vorstehenden beschriebenen Verfahrens ist eine Fabrik, welche
täglich
20,000 Liter Manganchlorürlösung und
30,000 Kilogr.
Sodarückstände liefert, im Stande,
1400 „
reinen Schwefel,
2200 „
Schwefel in Form von Schwefelmetallen,
770 „
Mangansuperoxyd von 60 Proc.,
20 „
unterschwefligsauren Kalk und ungefähr
600 „
trockenen schwefelsauren Kalk
zu erzeugen.
Dieses Verfahren wird in der Fabrik zu Dieuze seit länger als zwei Jahren angewendet
und ist daher als durch die Praxis bewährt zu betrachten.