Titel: | Ueber die Conservirung des Holzes; von Boucherie jun. |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LXXII., S. 331 |
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LXXII.
Ueber die Conservirung des Holzes; von Boucherie
jun.
Aus den Comptes rendus,
t. LXVII p. 713; October 1868.
Boucherie, über die Conservirung des Holzes.
Das Wohlwollen, welches die (französische) Akademie stets für die Arbeiten meines
Vaters gezeigt hat, veranlaßt mich zur Mittheilung einiger Thatsachen, welche die
von demselben seit 1837 ausgesprochenen Ansichten bestätigen.
Um das Verhalten der mit schwefelsaurem Kupferoxyd injicirten verschiedenen Holzarten
unter den mannichfaltigsten Bedingungen des Verderbens kennen zu lernen, bedurfte es
vieljähriger Beobachtungen. Heutzutage lassen sich die günstigen Resultate dieses
Verfahrens nicht mehr in
Zweifel ziehen; wenn man sich in seinen Erwartungen getäuscht sah und den gebofften
Erfolg nicht erzielte, so lag dieß nicht an dem Verfahren, sondern an der
Anwendungsweise desselben und an den gegebenen Umständen.
Das Tränken des Holzes mit Kupfervitriol durch Verdrängung des
Nahrungssaftes gelingt jedesmal, wenn es gewissenhaft mit gesunden und
frisch geschlagenen Bäumen vorgenommen wird und wenn man die Bäume nach der
Injicirung mit der fäulnißverhindernden Flüssigkeit an der Luft trocknen läßt.
Hiermit lege ich der Akademie Proben von Hölzern vor, welche Dr. Boucherie im Jahre 1847 selbst präparirt
und sofort auf der (französischen) Nordbahn, im Bahnhof von Compiègne, gelegt hat. Diese Hölzer wurden erst vor wenigen Tagen
aus der Erde genommen und sind ungeachtet ihres langen Dienstes nicht verändert.
Beim Zerschneiden mit der Säge zeigen sie größere Härte als gewöhnliches, gut
ausgetrocknetes Holz; ihre Festigkeit ist gleich der von neuem Holze. Ihr
Kupfergehalt läßt sich durch Kaliumeisencyanür sofort nachweisen; sie verdanken aber
ihre Conservirung nicht dem in ihnen enthaltenen Ueberschuß von Kupfervitriol, sondern der in ihnen entstandenen Verbindung des Kupferoxydes
mit der Cellulose. Wenn man nämlich Holz, Leinwand oder Baumwolle mit einer
Kupfervitriollösung imprägnirt, dann das angewandte Material mit viel Wasser
auswäscht, bis es von schwefelsaurem Kupferoxyd ganz frei ist, und es hierauf in die
Erde bringt, so läßt sich trotz dieser Beseitigung des überschüssigen
Conservirungsmittels ein Verderben nach längerer Zeit nicht bemerken. Behandelt man
dann das Material mit Ammoniak, so läßt sich demselben trotz jenes Auswaschens
Kupferoxyd entziehen, welches in ihm fixirt war.
Die erwähnten Schwellenhölzer von Compiègne haben an der Berührungsstelle mit
dem eisernen Schienenstuhle keine Veränderung erlitten und doch ist ein solcher
Contact gewöhnlich schädlich für das Holz. Die nachtheiligen Folgen desselben lassen
sich durch zwei Mittel verhindern; das erste besteht in der Trennung des
imprägnirten Holzes vom Eisen durch einen eingeschalteten fremden Körper; das andere
im vollständigen Austrocknen solchen Holzes vor seiner Verwendung. An der Nordbahn
werden die eisernen Bolzen, welche zur Befestigung der Schienenstühle auf den
Holzschwellen dienen, galvanisirt und die Lagerstellen der Stühle schwach getheert.
Diesen glücklichen Gedanken hat der Wegmaterial Verwalter der Nordbahn, Alquiez, in großem Maaßstabe angewandt, und dadurch haben
sich die Schwellen bis jetzt vollkommen conservirt. Das zweite Mittel (das
vollständige Austrocknen der Hölzer) bedarf einiger Erläuterung. Wenn ein Baum so eben
imprägnirt worden, so sind seine Poren mit Flüssigkeit so stark angefüllt, daß
dieselbe, wenn man den Baum wund macht, ziemlich lange aus der Wunde hervordringt,
indem die durch den Druck der Kupferlösung ausgedehnten Gefäße ihr ursprüngliches
Volum nur langsam wieder annehmen. Bringt man nun an diesem mit Wasser gesättigten
Holze ein Stück Eisen an, so wird dieses Metall von der Kupferlösung benetzt und es
entsteht schwefelsaures Eisenoxydul, ein auf das Holz sehr zerstörend wirkendes
Salz. Dazu kommen noch folgende Umstände. Nehmen wir an, ein Zug passire eine
Stelle, an welcher die Querschwellen in einem solchen Zustande sich befinden, so
drückt das Gewicht der Wagen auf die Schwellen und preßt den neu gebildeten
Eisenvitriol in das Holz hinein; sobald der Zug vorbei ist, strebt das Holz seine
frühere Form wieder anzunehmen, folglich die Flüssigkeit, womit es getränkt ist, in
seiner ganzen Masse zu verbreiten, während gleichzeitig stets ein wenig Kupferlösung
mit dem Eisen in Berührung kommt. Demnach muß dieses Holz mit der Zeit eine
bedeutende Menge Eisensalz aufnehmen, und da der Eisenvitriol sich fortwährend höher
oxydirt, so werden die Schwellen sehr bald unbrauchbar. Ausgetrocknetes Holz dagegen
besitzt nicht die Durchdringbarkeit des frischen Holzes; seine Gefäße haben sich
zusammengezogen, indem sie einen Theil ihrer Flüssigkeit abgaben; man kann auf das
Zustandekommen einer Verbindung der Cellulose mit dem Kupferoxyde sicher rechnen; es
tritt schließlich eine Art Mineralisirung ein, welche jede Abgabe und Aufnahme von
Flüssigkeit wirksam verhindert. Aus diesem Grunde ist das Trocknen des Holzes
empfehlenswerth, ja nothwendig, obgleich dadurch die Kosten des Verfahrens vermehrt
werden.
Holz, welches mit unreinem, mehr als 6 Proc. Eisenvitriol enthaltendem Kupfervitriol
injicirt worden, läßt sich nur schwierig conserviren. Ich werde demnächst auf diesen
Punkt näher eingehen und entscheidende Versuche bezüglich desselben mittheilen.
Die Beschaffenheit des Bodens, in welchem das Holz liegt, hat einen bemerkenswerthen
Einfluß auf dessen Conservirung. So z.B. hält sich das mit Kupfervitriol injicirte
Holz in Kalkboden und unter Tunnels nur schlecht oder gar nicht. Eine Erklärung
dieses Verhaltens zu versuchen, wage ich noch nicht; später werde ich auf diese
Frage, mit welcher ich gegenwärtig beschäftigt bin, zurückkommen.
Die Verwaltung der Telegraphenlinien ist nach Versuchen mit sämmtlichen Methoden der
Holzimprägnirung auf das Verfahren meines Vaters zurückgekommen und mit den durch
dasselbe erzielten Resultaten so zufrieden, daß sie unlängst bei der Verdingung
einer Lieferung von 15,000 Stück Telegraphenstangen die Bedingung stellte, daß diese Stangen durch
Verdrängung des Saftes imprägnirt werden müssen. Im Jahre 1855 hat die genannte
Behörde in Folge der Anwendung des Boucherie'schen
Verfahrens eine Ersparniß von dritthalb Millionen Francs gemacht.
Die anderen Proben von injicirtem Holze, welche ich auf dem Bureau der Akademie
niedergelegt habe, rühren von der im Jahre 1858 ausgeführten Verpfählung in
Saint-Valery-sur-Somme her; dieselben liefern den Beweis, daß
die Injicirung des Holzes mit Kupfervitriol auch bei seiner Verwendung in Seewasser
zu sehr guten Ergebnissen führt. Von 3000 in den Schlamm eingerammten Pfählen ist
nicht ein einziger im geringsten Grade dem Verderben unterworfen gewesen; dasselbe
ist bezüglich der Bindebalken und der Spreizhölzer der Fall, deren Zahl über 4000
beträgt.
Gegen die Angriffe des Bohrwurmes (Teredo navalis)
schützt der Kupfervitriol das in Seewasser stehende Holz nur sehr unvollständig (zu
Saint-Valery habe ich keine Bohrwürmer bemerkt). Nach den von mir
eingezogenen Nachrichten über die von diesem Thiere angerichteten Verwüstungen
dürfte das zum Schutze gegen dieselben am meisten geeignete Mittel in der Injicirung
des Holzes mit den bei der Destillation der Steinkohlen gewonnenen Oelen, oder
vielleicht mit Phenylsäure bestehen. Ich bin jetzt mit
Versuchen beschäftigt, welche hoffentlich einiges Licht über diese Frage verbreiten
werden.