Titel: | Carville's Dampfkessel mit Siedern aus gewelltem Blech. |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LXXV., S. 345 |
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LXXV.
Carville's Dampfkessel
mit Siedern aus gewelltem Blech.
Nach dem Bulletin de la
Société d'Encouragement, November 1868, S. 645.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Carville's Dampfkessel mit Siedern aus gewelltem Blech.
Der Dampfkessel von Carville in Paris (15, rue de Commines), welcher sich auf der letzten
Welt-Ausstellung befand, besteht aus einem gewöhnlichen cylinderförmigen
Kessel A, Fig. 13, von 0,9 Met.
Durchmesser und 1,7 Met. Länge. Die Heizfläche des Kessels beträgt circa 2,4 Quadratmeter; die Verbrennungsgase gelangen
indeß erst dann zum Hauptkessel, nachdem sie die Wände der fünf Sieder B, B' bestrichen haben, welche nach einem eigenen
Princip construirt sind.
Die Wandung eines Sieders besteht aus zwei wellenförmig gekrümmten Blechen,R. Montgommery in New-York hat bereits Kessel aus gewelltem Bleche hergestellt, man s.
polytechn. Journal Bd. CLXXII S. 313. welche an den verengten Stellen, wie es in Fig. 13, 14 und 15 ersichtlich gemacht
ist, mittelst Stehbolzen zusammengehalten werden; hierdurch ist jeder Vorwärmer in
eine Zahl von Kammern eingetheilt welche unter einander in Verbindung stehen. So
enthalten die beiden äußeren Sieder B je 7, die drei
mittleren B' dagegen je 4 Kammern. Die Wandbleche stoßen
vorn und hinten an die Ofenwand und sind mit Hülfe von Winkeleisen dicht vernietet.
Da der Abstand der beiden Siederwände an der Verengungsstelle 0,06 Met., in der
Ausbauchung 0,14 Met. beträgt, so berechnet sich die Heizfläche der 5 Sieder mit
19,30 Quadratmeter, somit die Gesammtheizfläche der Anlage mit 21,70
Quadratmeter.
Von jedem Sieder führt ein gebogenes Rohr C in das Innere
des Kessels A; auch besitzt jede Kammer an beiden
Stirnflächen des Ofens eine elliptische Oeffnung von 0,10 Met. größter Breite,
welche durch einen Selbstschluß verschlossen ist, damit man zum Zwecke der Reinigung
und Untersuchung leicht in's Innere gelangen kann.
Die Wasserspeisung der Sieder erfolgt durch das Rohr G,
welches mit dem
schlangenförmig gewundenen Wasserzuleitungsrohr E in
Verbindung steht. Das Rohr F leitet hingegen den Dampf
aus dem Kessel nach dem Schlangenrohre E, – wo
der Dampf getrocknet wird, – und dieses nach dem Dampfabzugsrohr H.
Die von dem Roste J aufsteigenden Flammen schlagen
zwischen den Mantelflächen der drei mittleren Sieder B'
und der inneren Seitenwandungen von B empor, bestreichen
den Hauptkessel A und wenden sich dann nach abwärts, die
äußeren Seitenwände von B berührend, und erwärmen rechts
gleichzeitig die Schlangenrohre E, E; endlich werden die
wohl ausgenutzten Verbrennungsproducte durch das Register I zum Abzugscanal geführt.
K bezeichnet die Feuerthür, L den Aschenkasten, M die Thür desselben und
N den Putzcanal.
Die Dimensionen des Rostes J sind folgende:
die Länge desselben
beträgt
0,64 Met.
die Breite desselben beträgt
0,80 Met.
somit die Rostfläche
0,51 Quad. Met.
Die außen gemessenen Dimensionen des Ofens, nämlich
die Länge beträgt
1,72 Met.
die Breite beträgt
1,14 Met.
die Höhe beträgt
2,15 Met.
somit der körperliche Inhalt
4,216 Kub. Met.
Der während der Ausstellung unternommene Versuch, welcher jedoch nicht ganz drei
Stunden dauerte, ergab folgende Resultate:
Versuchsdauer
2 Stund. 42 Min.
Kohlenaufwand
100 Kil.
verdampftes Wasser
855,3 Liter
somit verdampftes Wasser pro
Kilgrm. Kohle
8,55 Kil.
Kohlenverbrauch pro Quadratmeter
Rostfläche und pro Stunde
72,34 Kil.
verdampftes Wasser pro Quadratm.
Heizfläche und pro Stunde
13,20 Kil.
Diese Ziffern zeigen, daß nicht allein die Verdampfung pro Kilgr. Kohle eine zufriedenstellende war, sondern auch den
Verhältnissen der Rost- und Heizfläche entsprach.
Um auch noch nachzuweisen, daß der Dampf hinlänglich trocken und zum Betreiben einer Dampfmaschine geeignet sey, wurde eine
Maschine von 12 Pferdekräften benutzt, welche nahe dem Kessel ihre Aufstellung
hatte; aber einige dieser Maschine anhaftende Uebelstände beeinträchtigten
wesentlich das Ergebniß. Bei einer mittelst eines Prony'schen Zaumes gemessenen Kraftentwickelung von 4,078 Pferdekräften und
einer
Geschwindigkeit von 86,66 Umdrehungen pro Minute betrug
der Kohlenverbrauch pro Pferdekraft 8,81 Kilgrm.
Da sich somit die günstigen Eigenschaften des Carville'schen Dampfkessels nicht praktisch sicherstellen ließen, so hebt Tresca, der Berichterstatter über denselben, folgende
Vortheile und Nachtheile hervor.
Außer der beschriebenen Eigenthümlichkeit fallen an diesem Kessel nur die kleinen
Dimensionen der Anlage auf. Vorausgesetzt, daß das Wasser bis zur Achse des Kessels
reicht, so beträgt der Dampfraum circa 500 Liter (der
Inhalt von A beträgt 1070 Liter); für eine stündliche
Dampferzeugung von 600 Kilgrm. erscheint er gegen die bei stationären Dampfkesseln
üblichen Verhältnisse zu gering, um eine gleichmäßige
Verdampfung oder Dampfspannung zu erzielen; auch muß in Berücksichtigung dieses
Umstandes für eine sichere und gleichmäßige Wasserspeisung gesorgt werden, da das
Wasserquantum von 1328 Liter (entsprechend dem Inhalt des Dampfraumes nebst dem der
Sieder) eben nicht bedeutend ist.
Gegenüber diesen Einwendungen ist hervorzuheben: der geringe Raum, welchen die ganze
Kesselanlage beansprucht, die zweckmäßige Austheilung der Heizfläche, in Folge
hiervon die günstige Wirkung der Wärme, welche sich in einer dünnen Wasserschichte
gleichförmiger vertheilt.
Das Aufsteigen der Dampfblasen in den Siedern wird durch
keine horizontale Fläche gehindert; aber die Verbindung der Sieder mit dem Kessel
durch die gebogenen Röhren C erscheint dem Bearbeiter
dieses Aufsatzes geradezu unpraktisch.
Die Dampfblasen werden sich im Scheitel der oberen Kammern so lange ansammeln, bis
sie eine solche Größe erreicht haben, daß sie durch die achsial in die oberen Kammern mündenden Rohre C zum Kessel gelangen, während welcher Zeit die bloßgelegten Bleche zum
Glühen gebracht und bald durchgebrannt seyn werden. Zweckmäßiger ist die Verbindung
durch verticale, im Inneren des Ofens aufsteigende Stutzen, welche den sich
bildenden Dampf rascher in den Hauptkessel führen werden.
Ob der Dampf trotz der Erhitzung im Schlangenrohr E
trocken genug ist, erscheint uns bei der hohen
Wassersäule, welche die Dampfbläschen bei ihrem Aufsteigen durchbrechen müssen,
fraglich.
Die Kammern der Sieder sind leicht zu reinigen; bei unreinem Speisewasser müssen
selbstverständlich besonders die unteren Kammern häufiger untersucht und gereinigt
werden.
Nach Allem erscheint indeß dem Berichterstatter Tresca die
Anwendung des Carville'schen Dampfkessels wegen der compendiösen
Aufstellung und wirksamen Ausnutzung des Brennmaterials bei Locomobilen geeignet; er dürfte überhaupt oft dem Röhrenkessel vorzuziehen
seyn.
J. Z.