Titel: | Ueber den Alkaliverbrauch bei Verseifung von Cocosöl; von B. Unger. |
Autor: | Bodo Unger [GND] |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LXXXVII., S. 401 |
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LXXXVII.
Ueber den Alkaliverbrauch bei Verseifung von
Cocosöl; von B. Unger.
Unger, über den Alkaliverbrauch bei Verseifung von
Cocosöl.
Als eine neutrale Seife werden wir diejenige betrachten dürfen, welche das
Aequivalent des gebildeten Glycerins an Alkali in ihrer Zusammensetzung enthält; der
Geschmack ist nicht im Stande über die Neutralität genügenden Aufschluß zu geben,
ebensowenig die Färbung durch Lackmus, denn es gibt Seifen, welche, obgleich sie
nach chemischer Auffassung zu den sauren Verbindungen gehören, doch die Zunge
alkalisch afficiren und Lackmus bläuen.
Ich werde drei Arten von Versuchen anführen, welche zum Zweck haben den Alkalibedarf
des Cocosöles zu ermitteln, indem ich zuerst die Quantität des bei der Verseifung
gebildeten Glycerins zu bestimmen suche, dann indem ich die Titrirmethode auf die
Seifensäurenhydrate anwende, und endlich indem ich die Quantität Alkali angebe,
welche bei Darstellung von Seife im Großen angewendet wird. Dabei wird es sich zeigen, daß
Schwierigkeiten obwalten, an welchen eine scharfe Bestimmung vorläufig scheitert und
daß wir uns damit begnügen müssen die Alkaliziffer in möglichst enge Grenzen
eingeschlossen zu sehen.
Da ich eine Methode der Glycerinbestimmung nicht kannte, so versuchte ich die bereits
von L. Gmelin angeführte Reaction zu benutzen, wornach
Chlorsilber durch Glycerin bei Gegenwart von caustischer Lauge zu Silber reducirt
wird. Uebergießt man Chlorsilber mit Glycerin und caustischer Lauge, so findet bei
Anwendung einer sehr concentrirten Lange kaum eine Einwirkung statt; fügt man wenig
Wasser hinzu, so geht die Einwirkung unter Erhitzung vor sich; bringt man
Chlorsilber mit Glycerin und verdünnter Lauge zusammen, so tritt die Reaction bei
gewöhnlicher Temperatur nach einiger Zeit ein und schreitet, besonders bei gelinder
Erwärmung, gleichmäßig fort. Operirt man wie zuletzt angegeben, so färbt sich die
Flüssigkeit über dem Chlorsilber schwärzlich violett oder auch braun; nach einiger
Zeit ist das Chlorsilber oberflächlich in olivenfarbiges, graues oder röthlichgraues
Silber verwandelt, bei Ueberschuß von Glycerin und Lauge zeigt es sich nach dem
Stehen über Nacht bei Digestionswärme vollständig reducirt. Auch wenn es von
ziemlich dunkler Farbe ist, so hat es doch getrocknet vor und nach dem Glühen
constantes Gewicht.
Würde es sich um eine quantitative Bestimmung des Chlorsilbers handeln, so wäre eine
einzige Operation ausreichend, man würde mit Glycerin- und Laugenüberschuß
arbeiten und nur mitunter nach dem Auswaschen des Silbers finden, daß sich durch
Ammoniak sehr wenig der Zersetzung entgangenes Chlorsilber ausziehen ließe; wenn es
aber die Bestimmung des Glycerins betrifft, so muß man Chlorsilber im Ueberschuß
anwenden und es zeigt sich hierbei, daß die letzten Antheile vom Glycerin nicht mehr
so kräftig einwirken als im Anfang und daß man die gleiche Operation mehrmals von
Neuem vornehmen muß: es wären z.B. nach Ausweis eines Versuches durch die erste
Einwirkung 87 Th. Silber reducirt, so reducirte die Flüssigkeit aus einem neuen
Ueberschuß von Chlorsilber und Lauge 6 Th. Silber, aus einem dritten 9 Th. Silber,
aus einem vierten 4 Th. Silber, aus einem fünften endlich noch 0,5 Th. Silber.
Bei Anstellung dieses Versuches bemerkt man zunächst, daß sich kein Gas dabei
entwickelt, und hat man reine caustische Lauge genommen, so findet man nach
beendeter Reduction durch die Analyse, daß gerade so viel Chlor an das Kalium oder
Natrium trat, als vom Silber in Freiheit gesetzt ist; daß eine organische Säure in
erheblicher Menge nicht gebildet seyn kann, weil man nach der Reduction soviel
caustisches Alkali
wieder findet, als man abzüglich des gebildeten Chlormetalles angewandt hat; und daß
kohlensaures Alkali, wenn überhaupt, jedenfalls nur in irrelevanter Quantität
erzeugt wird, da sich nicht wesentlich mehr Kohlensäure nachweisen läßt, als durch
Absorption aus der Luft hinzugetreten seyn mochte. Da hierbei auch kein
Kohlenstoff-Silber auftritt, so vermuthete ich die Bildung eines Körpers wie
Mannit, doch konnte ich einen solchen aus der Mutterlauge nicht darstellen. Der
einzige organische Körper, welchen ich mit Sicherheit nachweisen konnte, ist eine in
der Mutterlauge in äußerst kleiner Menge enthaltene Säure, deren Natronsalz in mäßig
starkem Alkohol löslich ist und auf Zusatz von viel absolutem Alkohol in
sternförmigen Krystallgruppen anschießt, welche nach dem Trocknen über Schwefelsäure
viel Glanz zeigen, in höherer Temperatur unter Wasserverlust matt werden, salzig
schmecken, beim Erhitzen schmelzen, dabei nach verbrennendem Zucker riechen, und wie
es den Anschein hat, aus acrylsaurem Natron bestehen.0,5515 Grm. Natronsalz, über Schwefelsäure getrocknet, verloren im Wasserbade
0,045 Grm. Der Rückstand hinterließ nach dem Glühen 0,2735 Grm. kohlensauren
Natrons, welche 0,299 Grm. Chlornatrium lieferten:gefunden:berechnet:acrylsaures Natron + aq.C⁶H³O³ 0,34162,7561,04NaO 0,1604 29,0830,23HO 0,0458,16 8,72–––––––––––––– 100
100
Worauf aber im Wesentlichen die Reaction beruht und was für ein Körper es ist, der
die Hauptmenge vom Kohlenstoff des Glycerins einschließt, das ist mir leider
verborgen geblieben.
Um Glycerin quantitativ zu bestimmen, operirte ich auf folgende Weise: Nachdem zuvor
auf demselben Wege annähernd ermittelt war, wieviel Chlorsilber ungefähr nöthig wäre
um ein bestimmtes Gewicht Glycerin zu zersetzen, wurde soviel Silber als jenem
Chlorsilber entspricht abgewogen, in Salpetersäure gelöst und mit Salzsäure gefällt.
Nach dem Auswaschen wurde das Chlorsilber mit dem abgewogenen Glycerin und mit
zweimal soviel dünner Kalilauge versetzt, als der Rechnung nach zur Reduction
nothwendig war. Es hatte sich nämlich ergeben, daß bei Einhaltung solcher
Gewichtsmengen von Glycerin und Chlorsilber, wie sie in Wechselwirkung treten, sich
die Reduction am sichersten vollzieht und nur ein verhältnißmäßig kleiner Rest von
Glycerin übrig bleibt, der von Neuem mit Chlorsilber und Lauge behandelt werden muß.
Nun erhält man aber bei Trennung der Flüssigkeit und beim Auswaschen des
rückständigen Gemenges von Silber und Chlorsilber eine große Menge verdünnter Flüssigkeit, welche man
concentriren muß, um sie in ein schickliches Verhältniß zum neuen Chlorsilber zu
bringen. Je mehr sich indeß das Abdampfen vermeiden läßt, um so besser ist es für
die Analyse, denn Glycerin verflüchtigt sich mit den Nasserdämpfen. Ferner hatte
sich ergeben, daß, wenn nur die dem Silber aequivalente Menge Kali genommen war,
blos etwa die Hälfte des Chlorsilbers reducirt wurde, daß aber die Reduction am
günstigsten verlief, wenn die Menge des Kalis verdoppelt war. Man thut wohl, das
Gemenge von Silber und Chlorsilber zu wiegen und aus der Differenz mit dem
ursprünglichen Chlorsilber zu berechnen wieviel Silber reducirt ist; man gelangt
freilich zu den nämlichen Zahlen, wenn man das Chlorsilber mit Ammoniak auszieht und
das zurückbleibende Silber wiegt, aber es ist von so feiner Zertheilung, daß es
theils auf der Flüssigkeit schwimmt, die sich deßhalb nicht gut decantiren läßt, und
anderntheils das Filter bisweilen verstopft; der dritte Weg, das Silber in
Salpetersäure zu lösen und als Chlorsilber zu fällen, ist auch gut, aber mehr
zeitraubend.
9,2 Grm. Glycerin, farblos, rein, süß, syrupdick, völlig verdampfbar, dargestellt aus
Handelswaare durch Kochen bis zum Aufhören der Wasserdampfbildung, vom spec. Gew.
1,261 bei 15° C., also C⁶H⁸O⁶ wurden mit 88,4 Grm.
Chlorsilber und 424 Grm. Kalilauge, worin 58,3 Grm. KO, gemischt und einen Tag lang
zwischen 40 und 60° digerirt. Das erhaltene Gemenge von Silber und
Chlorsilber wog nach dem Auswaschen und Trocknen 67,98 Grm., es waren 20,42 Grm.
Chlor ausgetreten oder 62,29 Grm. Silber reducirt. Die glycerinhaltigen Waschwässer,
eingedampft und mit 14,83 Grm. Chlorsilber nebst 32 Grm. obiger Kalilauge gemengt,
gaben 12,77 Grm. Silber und Chlorsilber, also waren 6,28 Grm. Silber reducirt. Die
Waschwässer concentrirt und mit 13,82 Grm. Chlorsilber nebst 26 Grm. Kalilauge
gemengt, gaben 11,7 Grm. Silber und Chlorsilber, also waren noch 6,47 Grm. Silber
reducirt. Die Waschwässer, zum dritten Mal in gleicher Weise mit Chlorsilber und
Lauge behandelt, reducirten weiter kein Silber und erwiesen sich demnach
glycerinfrei. Im Ganzen hatten 9,2 Grm. Glycerin 75,04 Grm. Silber reducirt, also
zeigen 100 Silber 12,26 Grm. Glycerin C⁶H⁸O⁶ an.
Ich darf nicht unerwähnt lassen, daß, bevor ich diese Bestimmung mit 9,2 Grm.
Glycerin vornahm, ich mehrere Versuche anstellte, bei denen ich je 1,5 bis 2 Grm.
anwandte; ich wurde erst später gewahr, daß die Flüchtigkeit des Glycerins mit
Wasserdämpfen das Resultat bei Anwendung so kleiner Mengen stark alteriren mußte,
und fand auch erst später mittelst des großen Laugenüberschusses den Weg, um gleich
bei der ersten
Einwirkung die Hauptmenge des Chlorsilbers zu reduciren und so den Verlust durch
Verflüchtigung zu verkleinern. Nach drei früheren Versuchen, welche gut miteinander
stimmen, aber auch auf ganz gleiche fehlerhafte Weise angestellt sind, würden 100
Silber 13,8 Glycerin anzeigen. Da diese Fehler bei obiger Analyse, welche ohne alle
Störung verlief, soviel wie möglich beseitigt waren, so darf ich schließen, daß ihr
Resultat sich nicht weit von der Wahrheit entfernt, daß aber in Wirklichkeit die
Zahl 12,26 wohl noch etwas zu hoch ist.
Ich wende mich nun zur Bestimmung der Menge von Glycerin, welche das Cocosöl liefert.
Was die Sorte anlangt, mit der diese Bestimmungen ausgeführt sind, so ist es die
beste des Handels, weiß, von frischem angenehmen Geruch; auf der Thermometerkugel,
wenn auf 25° C. erwärmt, bei 15,5 bis 15° erstarrend; wenn auf
88° erwärmt, bei 13,75 bis 12,75° erstarrend. Der Thaupunkt des bei
15° Erstarrten ist aber bei 22,5 bis 24°C.
Um sicher zu seyn, daß man alles Glycerin auch wirklich bekommt, muß die Verseifung
vollständig seyn, die Scheidung der Seifensäurenhydrate richtig erfolgen und jede
überflüssige Erwärmung vermieden werden. Um Ersteres zu erreichen, erwärmt man das
Oel im Wasserbade und fügt unter Umrühren so lange Kalilauge hinzu, bis die Masse
zum klaren Leim geworden ist; man braucht auf 100 Th. Oel 20 Th. KO in 180 Th.
Kalilauge befindlich: ist der Leim völlig klar, was im Allgemeinen für ein Zeichen
der vollendeten Verseifung gilt, so fügt man der Sicherheit wegen noch etwas Lauge
hinzu und läßt die Seife bis zum folgenden Tage in mäßiger Wärme stehen; Fette
verzehren nämlich, wie man sagt, noch nachträglich Lauge.
In Betreff der Scheidung der Seifensäurenhydrate, welche man ebenfalls im Wasserbade
und zwar mit Schwefelsäure vornimmt, muß man wissen, daß die Hydrate, sobald sie
völlig geschieden zu seyn scheinen und als Oelschicht, oder bei Zersetzung von
Natronseife als käsige Masse obenauf schwimmen, noch Seife und Wasser enthalten,
welche selbst beim Kochen darin bleiben; es ist ein starker Ueberschuß von Säure
nöthig, wenn sich die Hydrate rein ausscheiden sollen. Hat man darum die Kaliseife
im Wasserbade mit Säureüberschuß zersetzt und so lange erwärmt, bis die Masse gar
keine Veränderung mehr wahrnehmen läßt, so läßt man erkalten und entfernt die
erstarrten Hydrate. Die saure, das Glycerin haltende Flüssigkeit läßt auf Zusatz von
caustischem Kali viel schwefelsaures Salz fallen, dessen Beseitigung vortheilhaft
ist, um mit dem möglichst geringen Volum Flüssigkeit arbeiten zu können. Nun fügt man Chlorsilber und
caustische Lauge hinzu und stellt in Digestionswärme; der Verlauf ist dann so wie
oben beschrieben.
Das Glycerin aus 50 Grm. Cocosöl reducirte 43,84 + 3,05 + 4,51 + 2,12 + 0,3 = 53,82
Grm. Silber. Folglich lieferten 100 Cocosöl 13,2 Glycerin. Unter der höchst
wahrscheinlichen Voraussetzung, daß auf 1 Aeq. Glycerin, welches bei der Verseifung
austritt, 3 Aeq. Alkali eintreten, brauchen mithin 100 Cocosöl 13,36 NaO.
Als zweite Art der Bestimmung des Alkalibedarfes diente die Titrirmethode: nach
Verseifung des Cocosöles wurden die Seifensäurenhydrate mit gemessener Lauge
titrirt. Annähernd constante Zahlen erhält man auf folgende Weise: Die Hydrate
werden in Alkohol gelöst und mit Alkannatinctur roth gefärbt; nachdem man erwärmt
hat, fügt man so lange möglichst reine caustische Lauge hinzu, bis die Flüssigkeit
blau ist und nach dem Erstarren auch blau bleibt; andererseits färbt man ebensoviel
Alkohol mit Alkannatinctur, setzt ebensoviel und von derselben caustischen Lauge
hinzu als bis zur Bläuung der Seifensäuren gebraucht war, und titrirt mit
Schwefelsäure bis die Flüssigkeit roth ist. Dieser Titre zeigt an wie viel Alkali
verbraucht ist. Die Controlbestimmung ist für den fast immer stattfindenden Fall
nöthig, daß das caustische Alkali etwas kohlensaures enthielte. Mit Lackmus zu
färben ist unthunlich, da theils die veränderte Farbe schmutzig erscheint und die
Erkennung des Titre große Uebung erfordert, und anderentheils der mit Lackmus
gefundene Titre auch augenscheinlich zu klein ist und zwar um etwa die Hälfte. Es
ist auch nöthig, die Hydrate auf einen Rückhalt an Alkali zu prüfen; sie gefrieren
auf der Thermometerkugel, wenn alkalifrei, nach anfänglicher Erhitzung auf
60° C. bei 20,6 bis 20° C., und thauen bei 23,5°; beobachtet
man eine größere Masse bei sinkender Zimmertemperatur, so zeigt sich bei 20°
anfangendes deutliches Erstarren. Die Hydrate erstarren, wenn nicht mit viel Säure
geschieden, erst bei niedrigerer Temperatur, was nicht von einem Rückhalt an Seife
herrühren kann, der sich gleichwohl vorfindet, sondern von anfänglicher Bildung
höherer Hydrate.
50 Grm. Cocosöl gaben 47,95 Grm. trockene Seifensäurenhydrate, welche 6,69 Grm. NaO
gebrauchten.
50 Grm. Cocosöl gaben 48,49 Grm. Hydrate, welche 7,13 Grm. NaO gebrauchten.
100 Grm. Cocosöl gaben 96,1 Grm. Hydrate, welche 14,23 Grm. NaO gebrauchten.
100 Cocosöl brauchen darnach 13,38; 14,26; 14,8 NaO.
Da jedoch der Umstand, daß bei Darstellung der Seifensäuren theils eine kleine Menge
verdampft, thels von der sauren Flüssigkeit gelöst wird, störend auf obige
Bestimmungen einwirken mußte, so verseifte ich auch Cocosöl mit gewogener
Natronlauge, schied die Seife mit gewogener Lauge und Kochsalz, und bestimmte den
Natrongehalt der Unterlauge; die Differenz mußte das verbrauchte Natron ergeben. Ich
erwähne nur beiläufig, daß ich auf diese Weise für 100 Thl. Cocosöl 14,9 Thl. NaO
fand, weil die Bestimmung ungenau seyn muß, da die Seife, wenn sie auch noch so
schön geflossen ist, stets überschüssiges Natron einschließt, welches mit der Zeit
als kohlensaures Salz efflorescirt. Nur insofern verdient der Versuch Beachtung, als
er lehrt, daß 100 Th. Oel jedenfalls weniger als 14,9 Th. Natron gebrauchen.
Endlich erwähne ich der Erfahrungen im Großen. Macht man sich mit derjenigen
Seifensorte näher vertraut, welche heute unter dem Namen Kernseife, Halbkernseife,
oder bei den Seifensiedern als Eschweger Seife in ganz Deutschland bekannt ist, so
kann man nicht umhin anzuerkennen, daß ihre Zusammensetzung eine stöchiometrische
seyn müsse. Abgesehen davon, daß diese Seife nur dann richtig geräth, wenn die
Mischungsverhältnisse richtig eingehalten werden, so ist sie auch entschieden
krystallisationsfähig. In Drusenräumen finden sich mitunter haarförmige,
seidenglänzende, weich anzufühlende Seifenkrystallisationen, die auch bisweilen
auftreten, wenn die Seife lange feucht und kühl liegt: man darf sie aber nicht mit
den Efflorescenzen verwechseln, welche stets auftreten, wenn fehlerhaft bereitete
Seife der Kälte ausgesetzt wird, und welche unorganischer Art sind. Die Neigung zum
Krystallisiren ist es auch, welche durch das Streben alles Fremdartige auszustoßen
diejenigen Ausscheidungen bewirkt, welche die Marmorirung ausmachen; rührt man z.B.
in Eschweger Seife Stärkmehl ein und behandelt eine Schnittfläche der langsam
erkalteten Seife mit Jodtinctur, so findet man, daß die Hauptmasse, die eigentliche
weiße Seife, nicht ein Stärkekörnchen enthält, während alle Stärke in dem Marmor
liegt: alle festen inerten Körper bilden den Marmor, während heterogene
Flüssigkeiten die Bildung der Seife überhaupt stören.
Die Eschweger Seife läßt sich auf verschiedene Art darstellen; doch ist die chemische
Constitution des Präparates immer dieselbe: ich werde eine sehr gebräuchliche
Methode anführen, an welche sich die nöthigen Betrachtungen am einfachsten anknüpfen
lassen. Man verseift einerseits Palmöl mit Natronlauge, salzt mit Kochsalz ab und
benutzt den so gewonnenen Kern, welcher, unwesentliche Verunreinigungen abgerechnet,
nichts anderes als palmölsaures Natron ist; andererseits verseift man Cocosöl mit
kohlensäurehaltiger Aetznatronlauge, fügt die Palmölseife hinzu und kocht bis zum
Eintritt gewisser Erscheinungen: in der Regel nimmt man auf 2 Thl. Palmöl 1 Thl. Cocosöl. Durch Probiren
hat man ausfindig gemacht, welche Menge Alkali dem Zweck am bestell entspricht; man
hat bemerkt, daß die Seife zu weich blieb und in der Kälte efflorescirte, wenn es
ihr an Alkali fehlte; ferner daß sie zu spröde wurde und ebenfalls efflorescirte,
wenn sie Alkali im Ueberschuß hielt; ebenso fand man, daß die Seife im Kessel zähe
blieb und sich schlechterdings nicht sieden ließ, wenn ihr das kohlensaure Alkali
fehlte; auch daß zuviel Soda die Marmorirung beeinträchtigte oder ganz aufhob; man
bemerkte auch, daß die in allen übrigen Verhältnissen sonst getroffene Seife bis auf
einen bestimmten, an äußerlichen Merkmalen gut kenntlichen Punkt abgedampft werden
mußte, wenn sie gerathen sollte, und daß ein jenen Punkt überschreitendes Kochen die
Marmorirung wieder zerstörte. Durch Probiren sind, wie gesagt, alle diese
Verhältnisse ausfindig gemacht, so auch die folgenden:
ich brauchte auf
469500 Th.
Cocosöl
67242 „
Natron und
60183 „
kohlensaures Natron,
oder auf 100 Cocosöl
14,32
NaO und
12,82
NaO, CO².
Die Glycerinbestimmung sprach sich, um dieß zu recapituliren, für 13,36 Proc. NaO,
die Titrirbestimmung für 13,38; 14,26; 14,8 Proc. NaO, die Fabricationszahl für
14,32 Proc. NaO aus. Das Mittel aus allen Versuchen für richtig gelten zu lassen,
wäre unrichtig; es ist oben der Grund angegeben, weßhalb die Zahl 14,9 ohne Frage zu
hoch ist, dann aber ist auch 14,8 noch zu hoch und hat keine Stimme; ich habe keinen
gehörig triftigen Grund zu vermuthen, daß die Fabricationszahl zu groß sey, doch
neige ich zu der Ansicht, daß sie eher etwas zu hoch als etwas zu niedrig sey, weil
das Interesse erheischt so viel Natron als möglich unbeschadet des guten Aussehens
in die Seife zu bringen; das gute Aussehen ist aber in unserem Falle mit chemisch
richtiger Constitution gleichbedeutend. Was diese anlangt, so gestatten die
vorstehenden Notizen nützliche Folgerungen: vergleichen wir die Quantität
kohlensauren Natrons, welche das Cocosöl brauchte, mit der Menge des caustischen
Natrons, so finden wir, daß in der Cocosseife 1 Aeq. kohlensaures Natron auf 2 Aeq.
Natron enthalten ist, denn 12,82 NaO, CO² sind aequivalent 7,52 NaO, was der
Hälfte von den verbrauchten 14,32 hinlänglich nahe kommt. Ich habe ferner gesagt,
daß auf 1 Th. Cocosöl 2 Thl. Palmöl verbraucht werden, und bemerke nun noch, daß 200
Th. Palmöl
erfahrungsmäßig ungefähr 21 Th. Natron zu ihrer Verseifung gebrauchen.
200 Th. Palmöl und 100 Th. Cocosöl geben 615 Th. Eschweger Seife, oder in 100 Th.
Eschweger Seife befinden sich 51,7 Th. wasserfreier Seife, weil 100 Th. Fett
ungefähr 106 Th. wasserfreier Seife liefern.100 Cocosöl geben im Mittel 96,3 Hydrate; diese verbinden sich mit 13,8
Natron (mittlere Beobachtungszahl), und liefern unter Austritt des
Aequivalents an Wasser, also von 4,0 Wasser 106,1 wasserfreie Seife.
Andererseits geben 100 Cocosöl neben 96,3 Hydraten 13,2 Glycerin, zusammen
109,5; 9,5 sind Wasser, von welchem 4,0 auf die Hydrate, und folglich 5,5
auf das Glycerin kommen statt berechneter 5,2 bei Annahme von
C⁶H⁴O² als Paarling. Wir haben in den 51,7 Th. wasserfreier Seife 34,5 Th. Palmölseife mit 3,4
Th. Natrongehalt, und 17,2 Th. Cocosseife mit 2,3 Th. Natrongehalt, zusammen 5,7 Th.
Natron. Außerdem ist in 100 Th. Eschweger Seife der Sodagehalt der Cocosseife = 2
Th. kohlensaures Natron enthalten, dessen Aequivalent an Natron 1,2 Th. ausmacht.
Der Rest oder 46,3 Th. sind Wasser.
So oft nun 1,2 NaO in 5,7 NaO enthalten sind, so vielmal mehr Aequivalente
seifensauren Natrons wird die Verbindung enthalten, als Aequivalente kohlensauren
Natrons; oder bei Annahme von 1 Aequiv. kohlensauren Natrons wird die Eschweger
Seife 5 Aequivalente seifensauren Natrons enthalten. So oft aber 2,0 (der
Sodagehalt), multiplicirt mit 9 (der Aequivalentzahl des Wassers), und dividirt
durch 53,2 (das Aequivalent der Soda) oder die Zahl 0,338 in den ermittelten 46,3
Wassers enthalten ist, so viel Aequivalente Wasser wird die Verbindung enthalten,
nämlich 138 Aequivalente der Rechnung nach, in Wirklichkeit aber wohl 6 × 24
= 144.
Bis die chemische Constitution der Eschweger Seife noch sicherer festgestellt ist,
mögen wir annehmen, sie bestehe aus 5 Aeq. seifensauren Natrons + 1 Aequivalent
kohlensauren Natrons + x Aequiv. Wassers, wobei x eine hohe, aber keineswegs schwankende Zahl ist.
Das 1 Aequivalent kohlensauren Natrons ist, wie ich fand, durch 1 Aeq. kieselsauren
Natrons ganz oder theilweise vertretbar, woraus sich die Benutzung des Wasserglases
zu dieser Seife erklärt.