Titel: | Ueber die freiwillige Verbrennung einer erschwerten Seide; von J. Persoz. |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. CIV., S. 493 |
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CIV.
Ueber die freiwillige Verbrennung einer
erschwerten Seide; von J. Persoz.
Aus den Comptes rendus,
t. LXVII p. 1229; December 1868.
Persoz, über die freiwillige Verbrennung einer erschwerten
Seide.
Im Nachstehenden lege ich der (französischen) Akademie einige Bemerkungen über eine
interessante Erscheinung vor, welche kürzlich in der Pariser Conditioniranstalt bei
der Prüfung einer in erschwertem Schwarz gefärbten Seide beobachtet wurde.
Ohne hier die Vortheile, welche die Fabrikanten aus dem Erschweren der Seide ziehen
können, und die nachtheilige Wirkung dieses Verfahrens auf die Qualität des Stoffes
näher zu erörtern, will ich nur daran erinnern, daß man, anstatt sich darauf zu
beschränken, der Seide durch Anwendung von Farbstoffen das Gewicht, welches sie in
Folge des Abkochens verloren hat, wiederzugeben – nach und nach dahin gelangt
ist, auf dieser Faser 100,200, ja selbst 300 Proc. fremder Substanzen zu
fixiren.
Die zu diesem Zwecke am meisten angewendeten Stoffe sind Adstringentien, wie Catechu
und Galläpfel, sowie einige Metallsalze, namentlich das
salpeter-schwefelsaure Eisenoxyd, die sogen. Rostbeize.
Andererseits ergibt sich aus den interessanten Untersuchungen von Gillet-Pierron
Polytechn. Journal Bd. CLXXXVI S. 476. über das Schwarzfärben der Seide:
1) daß diese Faser bedeutend an Volum zunimmt, und zwar in einem ihrer Imprägnirung
mit fremden Stoffen oder ihrer Erschwerung entsprechenden Verhältnisse; unter dem
Mikroskope erscheinen die einzelnen Fasern aufgebläht, angeschwollen;
2) daß diese Volumzunahme der Gewichtszunahme der Faser ziemlich proportional ist, so
daß das specifische Gewicht der Seide durch das Erschweren nur eine sehr geringe
Aenderung erleidet.
Die schwarze Seide, welche ich zu prüfen hatte, enthielt 150 Proc. fremdartiger
Stoffe, würde also heutzutage als mittelmäßig erschwert gelten. In den
Conditionirapparaten einer Temperatur von 110 bis 115° C. ausgesetzt, verlor
diese nur langsam und schwierig trocknende Faser binnen zwei Stunden bis 22 Proc.
Wasser.
Die beiden von mir der Prüfung unterzogenen Proben verhielten sich in nachstehender
Weise. Die erste gerieth, als die Thür des Trockenschrankes geöffnet wurde, um sie
aus demselben herauszunehmen, an ihrem oberen Theile in Brand und entzündete sich,
als sie außerhalb des
Apparates war, gänzlich, so daß sie eiligst mit Wasser gelöscht werden mußte.
Die zweite Probe, welche dem Anscheine nach ganz unverletzt aus dem Trockenapparate
herausgenommen war, zeigte, sobald sie an die freie Luft gekommen war, gleichfalls
eine beginnende Verbrennung, indem einige Funken erschienen; auch sie mußte, gleich
der ersten Probe, mit Wasser gelöscht werden.
Auf die freiwillige Verbrennung dieser erschwerten schwarzen Seide beabsichtige ich
hiermit aufmerksam zu machen. Denn es ist eine wirklich auffallende Erscheinung, daß
die Faser in dem auf 115° C. erhitzten Apparate sich nicht entzündete,
dagegen in der Luft des Versuchslocales sogleich in Brand gerieth.
Zur Erklärung dieser Erscheinung mache ich darauf aufmerksam, daß die Seide, welche
schon im natürlichen Zustande sehr begierig Wasser anzieht, diese Eigenschaft nach
dem Trocknen in noch weit höherem Grade annimmt, wenn sie, wie im vorliegenden
Falle, durch mineralische und organische Substanzen aufgeschwellt und gewissermaßen
in einen schwammartigen Zustand versetzt worden ist. Im Trockenschranke konnte sie
ohne Nachtheil verweilen und in demselben allmählich vollkommen ausgetrocknet
werden; als sie aber in noch heißem Zustande mit einer von Feuchtigkeit mehr oder
weniger gesättigten Atmosphäre in Berührung kam, machte sich die große
Verwandtschaft dieser trockenen und porösen Substanz zum Wasser geltend, es erfolgt
eine plötzliche Temperaturerhöhung, welche die erwähnte Erscheinung hervorrief.
Wir müssen demnach bei dieser Verbrennung zwei verschiedene Stadien unterscheiden:
zunächst eine bedeutende Wärmeentwickelung wegen der raschen Absorption
atmosphärischer Feuchtigkeit durch die Seide; dann als Folge dieser
Temperaturerhöhung die Oxydation und Verbrennung der organischen Substanz durch die
Eisensalze, womit die schwarze Seide erschwert war.
Im Jahre 1867 kam unter fast ganz denselben Umständen ein ähnlicher Fall vor. Eine
gleichfalls in Schwerschwarz gefärbte Seide war mitten im Trockenschranke in einem
Metalldrahtkorbe aufgehängt worden und gerieth, als sie an die Luft gebracht wurde,
gleichfalls in Brand, so daß die Zinnlöthungen des Korbes schmolzen. Sie hinterließ
einen beträchtlichen Rückstand von Eisenoxyd.
Nur sehr selten lassen die Kaufleute gefärbte Seide conditioniren, wodurch es sich
erklärt, daß Erscheinungen wie die im Vorstehenden mitgetheilten, nicht schon
häufiger beobachtet worden sind.