Titel: | Große selbstthätige Kreissäge von Gebrüder Schmaltz in Offenbach a. M. |
Autor: | Schmaltz , Schmaltz |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. VI., S. 24 |
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VI.
Große selbstthätige Kreissäge von Gebrüder
Schmaltz in Offenbach a. M.
Mit einer Abbildung.
Gebr. Schmaltz, große selbstthätige Kreissäge.
In dem ersten Januarheft dieses Journals (Bd. CXCI S. 2)
beschreibt Civilingenieur Dr. Robert Schmidt in Berlin eine große selbstthätige Kreissäge.
Am Schlusse des Artikels heißt es wörtlich:
„Auf der letzten Pariser Industrie-Ausstellung befand sich von Gebrüder Schmaltz in Offenbach eine Kreissäge
ähnlicher Construction, nur war dieselbe in mancher Beziehung complicirter und weniger
vollkommen. Das Seil dieser Maschine wurde nämlich zunächst nach dem
rechts gelegenen Theil der Maschine und von hier durch einen mit zwei Rollen
versehenen Seilführer nach dem oberen Theil der Maschine und weiter nach dem
links gelegenen Ende des Holzblockes geführt, wo es mit demselben durch einen
Haken verbunden wurde. Die selbstthätige Auslösung für die Wirkung der
Seiltrommel befand sich nicht daran.“
Dieser Ausfall gibt uns Veranlassung zu folgender Erwiederung:
Wir haben die auf der Pariser Ausstellung befindlich gewesene Kreissäge schon vor
etwa neun Jahren construirt und in vielen Exemplaren nach allen Gegenden
Deutschlands und des Auslandes ausgeführt.
Textabbildung Bd. 192, S. 25
Eine Beschreibung derselben mit der hier beigedruckten Abbildung befindet sich im
Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen, Juli 1864, Nr. 27; aus derselben geht
hervor, daß unsere Kreissäge von 1860 mit derjenigen, wie sie „in neuerer
Zeit“ in der Maschinenfabrik von Johann Zimmermann in Chemnitz gefertigt wird, fast identisch ist.Die Beschreibung der Maschine a. a. O. lautet:„Unsere große, selbstthätige Kreissäge für Bauzwecke besteht aus
einem starten gußeisernen Gestell mit abgehobelter Tischplatte. Die
Spindel, in langen Rothgußschalen sicher gelagert, besteht aus Gußstahl.
Das Blatt hat bei 1 Meter Durchmesser eine Umfangsgeschwindigkeit von
2500 Meter per Minute und ist in der
Tischplatte auf eigenthümliche Weise geführt, so daß die Säge möglichst
hoch über derselben hervorragt, ohne zu schwanken oder zu dick seyn zu
müssen. Es ist die Einrichtung getroffen, daß, das Batt in wenigen
Minuten durch ein anderes ersetzt werden kann, ohne die Spindel heraus
zu nehmen, damit man abwechselnd zwei Blätter in Gebrauch nehmen u. das
Schärfen in der Zwischenzeit bewerkstelligen kann. Auf dem Tisch ist
eine vermittelst Schraube und Kurbel bewegliche Parallelführung
angebracht und auf dem Fußboden vor und hinter dem Gestell befindet sich
eine Bahn aus leichten Eisenschienen, worauf zwei Karren B, B sich
fortbewegen lassen, welche mit Ausklemm-Vorrichtungen versehen
sind. — Unter dem Gestell ist eine mit Riemen- und
Rad-Uebersetzung versehene Haspel-Vorrichtung angebracht,
auf deren gußeiserner Trommel sich ein Seil aufwindet, welches mittelst
verstellbarer Leitrollen seitwärts über den Tisch geführt wird und am
Ende mit einem spitzen eisernen Haken versehen ist.Sollen nun aus einem langen runden Stamme Sparren oder Ballenhölzer
hergestellt werden, so wird derselbe wie gewöhnlich auf einer Seite
abgeschnürt, mit dem einen Ende vor die Säge und mit dem anderen auf den
Karren gelegt, und genau auf die darauf angedeutete Schnittline
festgeklammert. Das Seil wird mit seinem Haten an dem Stamm-Ende
eingehängt und die Säge in Bewegung gesetzt, welche dann haarscharf der
abgeschnürten Linie folgen muß. Die parallele Seite wird dann auf
gleiche Weise längs des in entsprechende Entfernung gebrachten
Führungswinkels abgeschwartet“.A. d. Red.
Die Abweichungen und „Vervollkommnungen“ an der zuletzt
genannten lassen sich in folgende Punkte zusammenfassen:
1) Es befindet sich eine lose Rolle auf der Sägenwelle.
2) Das Seil der Trommel zieht nicht direct an dem zu schneidenden Stamme, sondern an
dem das Ende desselben tragenden Karren, und zwar an dem unteren Stege nächst der
Rollenachse.
3) Die Auslösungsklaue der Seiltrommel und der Riemen-Ausrücker sind mit
Winkelhebel verbunden und die Ausrückung beider geschieht selbstthätig durch den
Karren, sobald er in die Nähe des Sägentisches gelangt.
ad. 1. Die Anbringung einer losen Rolle auf der Achse
einer Kreissäge ist an und für sich nicht räthlich. Bei der großen Schnelligkeit der
Achse, verbunden mit dem relativ kleinen Durchmesser der Riemenscheibe oder Rolle,
ist die Abnutzung dieser und der Achse groß und die Wirksamkeit der Auslösung
gering, d. h. die Säge — obgleich ausgelöst — wird noch lange
fortlaufen bis sie zur Ruhe kommt. — Rechnet man dazu, daß in den meisten
Fällen die Anlage einer Zwischenwelle (Vorgelege) mit vermittelnder Schnelligkeit
geboten ist, theils weil die Dimensionen der Betriebsriemenscheibe zu kolossal
werden, theils weil der Standort der Säge zu entfernt von der Transmission ist, so
ist es rationeller die lose Scheibe auf der Zwischenwelle anzubringen, weil dann
gleichzeitig zwei Mechanismen stillgestellt werden, sowie auch die Abnutzung
geringer und weniger kostbar ist.
ad 2. Bei der Zimmermann'schen
Säge zieht das Seil nicht wie bei der Schmaltz'schen
direct am Stamme, sondern es ist mit dem Karren verbunden, und zwar nahe am
Fußboden, etwa 2 ½ Fuß unter der Tischebene, auf deren Höhe der Schwerpunkt
liegt und der Widerstand stattfindet. Es gehört aber nicht viel Calcül dazu, um
nachzuweisen, daß der Wagen oder Karren dann nach hinten umzufallen sucht, sich nach
vorn heben muß und nur das hintere Rollenpaar auf den Schienen bleibt.
ad 3. Bei der Zimmermann'schen
Säge wird der Karren mit dem darauf befindlichen Stamme bis gegen den Sägentisch
gezogen, wo derselbe die
Seiltrommel und die Säge selbstthätig auslöst. Es bleiben
etwa noch drei Fuß zu schneiden übrig und es muß zu diesem Zwecke der Karren mit dem
Seile von Hand zurückgezogen, ein Stück Holz von 3 Fuß zwischen Karren und Stamm
gestemmt und die Maschine wieder von Hand in Thätigkeit gesetzt werden.
Es ist hierbei zu bemerken, daß wenn das Stammende nicht genau winkelrecht
abgeschnitten und das 3 Fuß lange Zwischenholz nicht genau in der Richtung des
Schnittes eingestemmt wird, eine bedeutende Klemmung der Säge erfolgen muß. Hierzu
kommt noch, daß, da die Säge bei der ersten Auslösung im Schnitte bleibt, dieselbe
wieder in Angriff kommen wird, ehe der Riemen das Trägheitsmoment des Stillstandes
überwunden hat. Nach Vollendung des Schnittes wird Trommel und Säge zum zweitenmale
selbstthätig ausgelöst, Stamm, Karren und Seil von Hand zurückgezogen und ein
zweiter Schnitt begonnen.
An der Schmaltz'schen Säge geht das Seil über nach
Bedürfniß verstellbare Leitrollen, seitlich der Säge und über die Tischfläche direct
an das Stammende. Es zieht den Stamm mittelst verstähltem spitzen Haken in gerader
Linie gegen die Säge. Der Stamm wird bloß von dem Karren getragen und durch breite
flache Messer am Kippen verhindert. Sobald der Karren gegen den Tisch kommt, nimmt
der Arbeiter die Messer weg, löst dadurch die Verbindung zwischen dem Karren und dem
Stamme und der erstere bleibt ruhig stehen, während letzterer — der Stamm
— ohne Unterbrechung durch die Säge gezogen wird. Erst nachher wird die
Trommel vom Arbeiter durch eine Fußbewegung ausgelöst und wie bei der Zimmermann'schen Säge der Karren, das Seil und der Stamm
von Hand zurückgezogen, um einen neuen Schnitt zu beginnen.
Für kürzere Hölzer kann man den Karren zur Seite schieben und die Säge als
gewöhnliche Kreissäge benutzen. Bei der Zimmermann'schen
Anordnung dagegen wird stets in solchen Fällen der Karren oder das Seil im Wege
seyn.
Wirft man noch einen Blick auf die Unterschiede in der Construction der Maschine
überhaupt, so wird man bemerken, daß bei Zimmermann die
Anordnung der Bewegung zur Seiltrommel eine getreue Copie der Schmaltz'schen Säge ist, daß dagegen in der Construction des Tisches beide
sich wesentlich unterscheiden. Bei unserer Säge ist der Tisch mit Lagern, Zarge und
dem oberen Theile der Füße aus einem Stücke gegossen und bildet ein Ganzes. Bei der
Zimmermann'schen Säge dagegen ist eine dünne
Tischplatte mit zwei Seitenständern verschraubt, welche als Füße dienen und durch
Stege verbunden sind. Die Sägenachse scheint in angegossenen Hälsen gelagert zu
seyn.
Nach dem Vorhergesagten überlassen wir es ruhig jedem Sachverständigen sich ein
Urtheil zu bilden über die „Aehnlichkeit der Construction“
beider Maschinen und über die vom Civilingenieur Dr.
Robert Schmidt hervorgehobene
„Vervollkommnung“ der selbstthätigen Kreissäge von Joh. Zimmermann in Chemnitz.
Offenbach a. M., im Februar 1869.
Gebr. Schmaltz.