Titel: | Der Ellershausen-Proceß zur Schmiedeeisen-Erzeugung. |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XXV., S. 106 |
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XXV.
Der Ellershausen-Proceß zur Schmiedeeisen-Erzeugung.
Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen, 1869, Nr. 12.
Ueber den Ellershausen-Proceß zur
Schmiedeeisen-Erzeugung.
Ein deutscher Hütten-Ingenieur Namens Ellershausen
in Pittsburg (Pennsylvanien) hat sich jüngst einen Proceß für
Schmiedeeisen-Erzeugung patentiren lassen, welcher ganz ungemein rasch
Aufsehen und Vertrauen unter den Eisen-Industriellen der Vereinigten Staaten
erregt hat. Der Proceß beruht auf der nicht gerade ganz neuen Idee, Roheisen und
reiche Eisenerze gemischt zu verarbeiten. Es ist dieß schon früher in mehrfacher
Weise versucht worden. Auch ist bekannt, daß eine Beimischung von reichen, selbst
nicht ganz reinen Eisenerzen oder Eisenoxyden die Qualität der
Puddelofen-Producte verbessert.
Es werden auch im Martin'schen Stahlproceß, wie er jetzt
bei Samuelson und Comp. in
Middlesborough in Nord-England mit dem ziemlich unreinen
Cleveland-Eisen mit Erfolg betrieben wird, wohl aus demselben Grunde reiche
Eisenerze zugeschlagen. Der im Nachstehenden näher zu beschreibende Ellershausen'sche Proceß scheint aber zu zeigen, daß eine
sorgfältig ausgeführte Beimischung von reichen Eisenerzen es ermöglicht, ein
Roheisen, das wegen seiner Unreinheit bei der gewöhnlichen Stabeisenfabrication gar
nicht verwendet werden kann, mit Leichtigkeit und Sicherheit auf gutes Schmiedeeisen
zu verarbeiten. Der Proceß wird in dem Werke der Herren Schönberger und Comp. in Pittsburg, wo er,
unter des Erfinders eigenen Leitung eingeführt, schon seit Monaten in regelmäßigem
und erfolgreichem Betrieb ist, in folgender Weise durchgeführt.
Man verarbeitet daselbst in einem gewöhnlichen Kohks-Hohosen eine Erzbeschickung, die zur Hälfte aus guten Erzen vom Lake
Superior und vom Iron Mountain (Missouri), zur
anderen Hälfte aber aus sonst wegen ihres Schwefelgehaltes unbrauchbaren Erzen aus
Canada besteht. In den letzterwähnten Erzen ist der Eisenkies deutlich sichtbar und
offenbar in großer Menge vorhanden.
Das so erhaltene Roheisen wird beim Abstechen sofort zum Proceß vorbereitet. Zu
diesem Zwecke ist vom Abstich des Hohofens nach dem Ellershausen'schen Mischungsapparat eine Rinne gelegt, welche über dem
Apparat in einen 20 Zoll breiten Ausguß endigt, üder welchen sich das flüssige Eisen
in einem dünnen Strom in die Mischungskästen des Apparates ergießt. Bevor jedoch das
niederfließende Eisen die Kästen erreicht, trifft es mit einem ebenfalls 20 Zoll
weiten und sehr dünnen, im rechten Winkel einfallenden Strom von gepulvertem
Magneteisenerz zusammen, welches aus einem oberhalb befindlichen Behälter stetig
ausströmt. In 100 Gewichtstheilen Roheisen werden ungefähr 30 Theile Magneteisenerz
eingemengt. Ein Arbeiter am Gußloch des Hohofens regulirt den Zufluß des Eisens. Das
so bewirkte flüssige Gemisch strömt auf einen durch eine kleine Dampfmaschine in
langsame Umdrehung gesetzten runden gußeisernen Tisch, auf welchem 20 Zoll weite
gußeiserne Kästen angebracht sind, in die das Gemisch fließt und wo es sogleich
erstarrt und eine etwa ¼ Zoll dicke Lage bildet. Da der Tisch sich
gleichzeitig und fortwährend in langsamer Rotation befindet, so bildet sich in jedem
der auf dem Mischungstisch angebrachten Kästen nach und nach ein Kuchen, der aus
einer Anzahl von etwa ¼ Zoll starken Lagen des erstarrten Erz- und
Eisengemenges besteht.
Mehrere mit Masse ausgekleidete Ausflußstücke für das Eisen sind vorgesehen zum
schnellen Auswechseln während der Operation, wenn dieß für nöthig erachtet wird.
Sind die Kästen des Mischungstisches gefüllt, so wird der äußere hohe Tischrand,
welcher die Außenwände der Mischungskästen bildet, hinweggenommen und die Kuchen,
deren jeder etwa 250 Pfd. wiegt, vom Tische herabgezogen. Je vier von den so
erhaltenen Mischungskuchen werden zusammen in einem Puddel- oder sonstigen
Flammofen auf eine mäßige Weißhitze gebracht. Sie schmelzen dabei nicht, da sich
ihre Roheisennatur bereits während des Anheizens verloren hat. Sie werden dagegen
rasch weich und lassen sich nach etwa halbstündigem Heizen leicht aufbrechen und
ballen. Es werden aus den vier Kuchen acht Luppen geformt, welche wie gewöhnliche
Puddelluppen gezängt, gequetscht und direct ausgewalzt werden. Das erhaltene Product
ist aber in diesem Fall nicht das, was man meist unter Rohschiene versteht, sondern es ist ein zum
unmittelbaren Verkauf geeignetes Schmiedeeisen von guter Qualität und schönem
Ansehen im Aeußeren wie im Bruch.
Nachdem dieser Proceß an mehreren Werken in Pittsburg mit gleich entschiedenem Erfolg
versucht und eingeführt war, wurden die Eisen-fabrikanten der östlichen
Landestheile darauf aufmerksam.
Zwei der hiesigen Hüttenwerke machten Versuche, und zwar ohne besondere Auslagen, mit
den zu ihrer Verfügung stehenden Einrichtungen. Es wurde Roheisen, welches so
geringer Qualität ist, daß es, für sich allein im Puddelofen verarbeitet, kein
brauchbares Product liefert, in einem zum Abstechen hergerichteten Puddelofen (in
Ermangelung eines Kupolofens) eingeschmolzen und von da langsam in einen gußeisernen
Kasten abgestochen und gleichzeitig feines, jedoch apatithaltiges Magneteisenerz
dazwischen gestreut. Der so dargestellte Mischungskuchen wurde in einem anderen
Puddelofen etwa 40 Minuten lang erhitzt, hierauf in den Squeezer gegeben und sofort
im Luppenwalzwerk in die Gestalt einer Rohschiene gebracht. Solche Schienen hatten,
trotz der Unvollkommenheit der eben erwähnten Operationen, glatte Oberflächen,
scharfe Kanten, schönen sehnigen Bruch und verhielten sich auch in der Verarbeitung
wie gutes geschweißtes Schmiedeeisen. Kurz, der Erfolg der Versuche war an beiden
hiesigen Werken übereinstimmend ein guter, so daß das eine, welches Hohöfen besitzt,
bereits mit regelrechter Einführung des Processes beschäftigt ist, während die
Eigenthümer des anderen, welches keine Hohöfen umfaßt, über Errichtung von Kupolöfen
in Verbindung mit dem Proceß in Berathung sind. Es wird überhaupt an der Wirksamkeit
und Bedeutung dieses Processes hier nicht gezweifelt.
Die Hauptvorzüge desselben, gegenüber dem Puddelproceß, sind in der Möglichkeit der
Verwendung weniger reiner Materialien, in der Ersparung an Zeit und Arbeit, und in
der Entbehrlichkeit von geschickten und besonders eingeübten Arbeitskräften zu
suchen.
Die Menge des zu verwendenden Erzes hängt natürlich von dessen Gehalt an freien
Eisenoxyden oder Oxydulen ab, oder vielmehr von der Menge Sauerstoff, welche in dem
Erze an Eisen gebunden und mit demselben zu freien Oxyden verbunden ist. Die
Erzverwendung wird auch bei verschiedenen Roheisengattungen verschieden seyn müssen.
Doch versichert man, daß ein nicht gar zu großer Ueberschuß an Erz den Proceß nicht
beeinträchtigt, da das Zuviel im Squeezer (Quetscher) als Schlacke entfernt
werde.
Ueber das Ausbringen ist mir bis jetzt noch nichts Näheres bekannt. Manche sagen, daß
die Gleichförmigkeit der Producte noch Einiges zu wünschen übrig lasse. Versuche,
die an unserem Werk bevorstehen, sollen über diese Punkte näheren Aufschluß
geben.
Es hat sich eine Gesellschaft großer Industrieller und Finanzleute, mit dem Hauptsitz
in Pittsburg, gebildet, mit einem bereits gezeichneten Capital von einer Million
Dollars, zur vollständigen Durch- und Einführung des Processes im Großen.
Obgleich der Proceß für die Vereinigten Staaten, wo sich sehr viele sehr reiche, wenn
auch nicht immer schwefel- und phosphorfreie Magnet und Rotheisensteine
vorfinden, vielleicht von größerer Bedeutung ist, als für viele andere Länder, so
werden ihm obige Vorzüge doch vielleicht eine ausgedehntere Verbreitung verschaffen,
wenn nicht etwa bei längerer Erfahrung damit auch Schattenseiten davon hervortreten.
Ich zweifle nicht, daß auch reiche stark geröstete Spatheisensteine mit Vortheil zur
Mischung verwendet werden können.
Bessemer Steel Works, Troy bei New-York, den 16.
Febr. 1869.
Dr. Adolph Schmidt.