Titel: | Ueber die quantitative Bestimmung der Titansäure; von David Forbes. |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XXVIII., S. 117 |
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XXVIII.
Ueber die quantitative Bestimmung der Titansäure;
von David
Forbes.
Aus der Chemical News, vol. XIX p. 3; Januar
1869.
Forbes, über die quantitative Bestimmung der
Titansäure.
Die Resultate zahlreicher Analysen von Gesteinen und deren Verwitterungs- und
Zersetzungsproducten haben die Richtigkeit der von Riley in seiner Abhandlung
„über das allgemeine Vorkommen von Titansäure in Thonen
etc.“ (Journal of the Chemical Society,
vol. XV) mitgetheilten Beobachtungen bestätigt;
da ich im Verfolge derartiger Untersuchungen den verschiedenen Methoden zur
Ermittelung der Gegenwart der Titansäure und zu ihrer quantitativen Bestimmung in
Mineralien und Hüttenproducten besondere Aufmerksamkeit gewidmet habe, so dürften
die nachstehenden Mittheilungen nicht ohne Nutzen für den Analytiker seyn.
Da die Ansicht, daß bei der Analyse von Silicaten die in denselben vorhandene
Titansäure gänzlich oder doch zum größten Theile bei der Kieselsäure zurückbleibt,
nachdem letztere von den Basen abgeschieden worden, noch immer die herrschende ist,
so schien es wünschenswerth, nachzuweisen, inwieweit dieß wirklich der Fall ist, und
ob zwischen der Menge der bei der Kieselsäure zurückbleibenden und der in die saure
Lösung gehenden Titansäure ein bestimmtes Verhältniß obwaltet.
Die Resultate der Untersuchung verschiedener titanhaltiger Thone und Gesteine
lieferten mir den Beweis, daß ein sehr bedeutender Antheil vom Titansäuregehalte der
analysirten Substanz wirklich in Lösung geht und daß bei Aufstellung der Resultate
der Analyse ein bedeutender Fehler entstehen muß, wenn dieser Antheil vernachlässigt und nur
die bei der Kieselsäure zurückbleibende Menge als der Gesammtgehalt des untersuchten
Körpers an Titansäure in Rechnung gezogen wird.
Ein einziges Beispiel wird hinreichen, um zu zeigen, daß sich die Sache wirklich so
verhält. Bei der auf Veranlassung von G. Maw von mir
ausgeführten Analyse eines, eine 7 bis 8 Fuß mächtige Schicht ziemlich in der Mitte
der Shropshirer Kohlenablagerungen bei Calcotts unweit Broseley bildenden rothen
Thones wurde für dieses Mineral die nachstehende Zusammensetzung gefunden:
gebundene Kieselsäurefreie Kieselsäure
29,7134,35
64,06
unlösliche Titansäurelösliche Titansäure
0,370,25
0,62
Thonerde
20,60
Eisenoxyd
6,84
Eisenoxydul
0,32
Manganoxydul
0,09
Kalkerde
0,12
Magnesia
0,04
Kali
0,91
Natron
0,44
Wasser, mit Spuren organischer Substanz
5,85
–––––
99,89
Aus diesen Resultaten ergibt sich, daß über 40 Procent vom ganzen Titansäuregehalte
des Thones in Lösung gegangen waren, welche später durch Ammoniak (welches die
Titansäure vollständig ausfällt) mit der Thonerde und dem Eisenoxyd niedergeschlagen
wurden.
Die zur Trennung der Titansäure von den letztgenannten beiden Substanzen von mir
befolgte einfache Methode bestand darin, den aus Thonerde, Eisenoxyd und Titansäure
bestehenden Niederschlag in verdünnter Schwefelsäure zu lösen, den größeren Theil
der überschüssigen Säure durch Aetznatron zu neutralisiren, dann einige Tropfen
Salpetersäure zuzufügen (welche verhindert, daß bei der darauf erfolgenden Fällung
der Titansäure mehr als eine Spur von Eisenoxyd mit ausgefällt wird), darauf stark
mit Wasser zu verdünnen und schließlich einige Zeit zu kochen, bis alle Titansäure
in der unlöslichen Modification sich niedergeschlagen hat.
Zur Abscheidung der mit der Kieselsäure zurückbleibenden unlöslichen Titansäure wurde
die Kieselsäure in einem Platintiegel einige Zeit lang mit reiner concentrirter
Schwefelsäure gekocht; dann ward der Tiegelinhalt nach dem Erkalten rasch in eine
große Menge kaltes Wasser geschüttet, so daßeine etwas beträchtliche Erhitzung der Lösung
vermieden wurde; nach dem Abfiltriren der Kieselsäure wurde die Lösung mit Natron
beinahe vollständig neutralisirt, mit wenig Salpetersäure versetzt, und dann die
Titansäure auf die vorhin angegebene Weise durch Kochen ausgefällt.
Nach Marignac wird Titansäure aus ihrer Lösung in
concentrirter Schwefelsäure nach der Verdünnung mit dem fünf- bis sechsfachen
Volum Wasser durch Kochen ausgefällt; ich fand es jedoch am sichersten, einen großen
Theil der überschüssigen Säure vor dem Erhitzen der Lösung erst mit Natron zu
neutralisiren; in der gekochten Flüssigkeit war nach dem Filtriren keine wägbare
Spur von Titansäure mehr nachzuweisen.
Die Resultate meiner zahlreichen Versuche beweisen nicht allein, daß die Menge der in
Lösung gegangenen Titansäure einen sehr bedeutenden Antheil des gesammten
Titansäuregehaltes in dem Silicate ausmacht, sondern sie zeigten auch, daß
namentlich bei einem nur sehr geringen Titansäuregehalte des Minerales oder
Gesteines, die in Lösung gehende Menge dieser Metallsäure zuweilen weit größer ist
als der bei der Kieselsäure zurückbleibende Antheil derselben. Daher ist es durchaus
nothwendig, bei allen Analysen derartiger Substanzen nicht allein die lösliche,
sondern auch die unlösliche Titansäure zu bestimmen, um sowohl in Bezug auf den
Gehalt an Titansäure, als auch auf die Menge der Kieselsäure, der Thonerde und des
Eisenoxydes richtige Resultate zu erhalten. Selbst wenn der Gesammtgehalt eines
Minerales an Titansäure nach dem gewöhnlichen Verfahren durch Zusammenschmelzen mit
der acht- bis sechszehnfachen Gewichtsmenge von
zweifach-schwefelsaurem Kali (oder, besser noch,
zweifach-schwefelsaurem Natron, da die Natronverbindungen weit löslicher
sind) und darauf folgendes Kochen der stark verdünnten Lösung der Schmelze in
(kaltem Wasser) bis zur vollständigen Ausfällung der Titansäure bestimmt worden ist,
bleibt noch die Schwierigkeit zu wissen, wie viel von der auf diese Weise gefundenen
Titansäure von dem Gewichte der Kieselsäure und wie viel von dem Gewichte des aus
Thonerde und Eisenoxyd bestehenden Niederschlages abzuziehen ist.
In derartigen Fällen schlage ich nachstehendes Verfahren ein, welches ich als
durchaus zweckmäßig empfehlen kann. Das Mineral, der Thon, das Gestein etc. wird in
unfühlbar feines Pulver verwandelt und in einen Platintiegel von geeigneter Größe
mit reiner concentrirter Schwefelsäure zu einem dünnflüssigen Brei angemacht; dann
wird das Ganze mehrere Stunden lang einer Temperatur ausgesetzt, wobei eine schwache
Entwickelung von Schwefelsäuredämpfen stattfindet, ohne daß die Masse in's Kochen
oder Spritzen geräth. Auf diese Weise wird der Gesammtgehalt der Substanz an
gebundener und nicht gebundener Titansäure in die lösliche Modification umgewandelt und von der
Schwefelsäure aufgenommen.
Hierauf läßt man das Ganze vollständig erkalten, schüttet dann den Inhalt des Tiegels
in ein Becherglas, welches so viel kaltes Wasser enthält, daß eine
Temperaturerhöhung nicht zu befürchten ist, und spült den Tiegel selbst mit kaltem
Wasser aus. Die Lösung wird von dem ungelöst gebliebenen Rückstände durch Filtriren
getrennt; letzterer besteht aus Kieselsäure, gemengt mit nicht aufgeschlossenem
Mineral (und, wenn viel Kalk, Strontian oder Baryt zugegen ist, mit einer kleinen
Menge von den Schwefelsäuresalzen dieser Erden) und wird erst mit kaltem, dann mit
heißem Wasser ausgewaschen. Darauf wird das Filtrat mit Aetznatron beinahe
vollständig neutralisirt und ziemlich lange im Kochen erhalten, indem man das
verdampfte Wasser von Zeit zu Zeit ersetzt, so daß die Lösung immer stark verdünnt
erhalten wird, bis alle Titansäure ausgefällt ist.
Enthält die Lösung viel Eisen, so versetzt man das Filtrat vor dem Kochen mit etwas
Salpetersäure, damit die Titansäure nur Spuren von Eisenoxyd mitreißen kann.
Die auf diese Weise erhaltene Titansäure hält gewöhnlich eine geringe Menge
Schwefelsäure zurück, von welcher sie durch Erhitzen mit etwas kohlensaurem Ammoniak
befreit werden muß; nach dem Glühen zeigt sie gewöhnlich eine lichtgelbe Färbung;
erscheint sie dagegen dunkelroth, so enthält sie noch Eisenoxyd und muß dann mit
zweifach-schwefelsaurem Kali oder Natron geschmolzen werden. Die geschmolzene
Masse wird in überschüssigem kaltem Wasser gelöst, die Lösung mit einigen Tropfen
Salpetersäure versetzt und gekocht, wodurch man die Titansäure farblos oder nur
schwach gelblich gefärbt erhält.
Der nach der Behandlung des angewandten Minerals mit concentrirter Schwefelsäure
erhaltene Rückstand kann mit kohlensaurem Natron-Kali geschmolzen und nach
dem bei der Analyse unlöslicher Silicate üblichen Verfahren weiter behandelt werden.
Selbverständlich muß man der hierbei erhaltenen Lösung das Filtrat hinzufügen, aus
welchem durch Kochen die vorher in Lösung gegangene Titansäure ausgefällt worden
war.
In manchen Fällen, bei Gegenwart einer nur sehr geringen Menge von Kalk oder sonst
einem Körper, der ein in Wasser oder in einer Lösung von schwefelsaurem Kali oder
schwefelsaurem Natron unlösliches Sulfat bildet, wie z. B. Zirkonsäure, Thorerde
etc., schlägt man ein anderes Verfahren ein. Man schmilzt nämlich das aufs Feinste
gepulverte Mineral mit etwa der zehnfachen Gewichtsmenge
zweifach-schwefelsauren Natrons, löst die Masse in kaltem Wasser, filtrirt die
Lösung von der zurückgebliebenen Kieselsäure ab, wascht letztere erst mit kaltem,
dann mit heißem Wasser aus, glüht sie und wägt sie dann. Die Titansäure wird aus dem
Filtrate durch Kochen abgeschieden, nachdem dasselbe, falls irgend bedeutende Mengen
von Eisenoxyd zugegen sind, mit einigen Tropfen Salpetersäure versetzt worden ist;
nach dem Abfiltriren der Titansäure werden dann die Basen, Thonerde, Magnesia,
Eisenoxyd etc. im Filtrate auf die gewöhnliche Weise bestimmt.
Im Roheisen und Stabeisen wurde
das Titan bisher gewöhnlich in dem in Säuren unlöslichen Rückstände aufgesucht; die
nachstehenden Versuche beweisen aber, daß ein solches Verfahren keine zuverlässigen
Resultate gibt.
Von einem Roheisen, welches aus titanhaltigem Magneteisenstein von Gullaxrud in
NorwegenDie Analyse dieses Eisensteines wurde im polytechn. Journal Bd. CXCI S.
224 mitgetheilt. in einem Holzkohlenhohofen erblasen war, wurden 251,59 Gran in kleinen
Stückchen in Salpetersalzsäure gelöst; der unlösliche Rückstand wurde aus einem
Filter gesammelt, eingeäschert, mit Schwefelsäure digerirt, und die vorhandene
Titansäure aus die vorhin beschriebene Weise bestimmt. Ihre Menge betrug 0,52 Gran,
entsprechend 0,207 Proc. Titansäure oder 0,126 Proc. Titanmetall.
Hierauf wurde das Filtrat sorgfältig mit Ammoniak neutralisirt und dann mit einem
geringen Ueberschusse dieses Reagens versetzt, so daß ein geringer bleibender
Niederschlag von Eisenoxyd entstand, welcher von der eisenhaltigen Lösung abfiltrirt
und ausgewaschen wurde. Dieser Niederschlag, welcher sämmtliche vorhandene
Titansäure und Phosphorsäure nebst überschüssigem Gisenoxydhydrat enthielt, wurde in
einer geringen Menge stark verdünnter Schwefelsäure gelöst und die erhaltene Lösung
nach Zusatz einiger Tropfen Salpetersäure zum Kochen erhitzt; sofort entstand ein
Niederschlag von Titansäure, deren Menge 0,14 Gran oder 0,056 Proc., entsprechend
0,034 Proc. Titan, betrug. Demnach enthielt das untersuchte Roheisen 0,207 Proc.
unlösliche und 0,056 Proc. lösliche, im Ganzen also 0,263 Proc. Titansäure, und von
diesem ganzen Titansäuregehalte waren über 20 Proc. von den zum Aufschließen
benutzten Säuren gelöst worden.
Eine andere Probe von Roheisen, aus titanhaltigem Magneteisenstein von der
Cristine-Grube bei Krageröe in Norwegen erblasen, wurde zu demselben Zwecke
nach ganz demselben Verfahren analysirt. 104,26 Gran des Roheisens gaben nach dem
Auflösen in Salpetersalzsäure einen Rückstand, welcher nach dem Einäschern 2,47 Gran wog und
nur 0,02 Gran (in concentrirter Schwefelsäure) unlösliche Titansäure enthielt. Die
Menge der im sauren Filtrate enthaltenen löslichen Titansäure betrug 0,03 Gran. Das
Roheisen enthielt also im Ganzen nur 0,048 Proc. Titansäure (entsprechend 0,029
Titan); 0,019 Proc. dieses Titansäuregehaltes waren in dem unlöslichen Rückstände
geblieben, 0,029 Proc. aber in Lösung gegangen. Durch diese Versuche wird bestätigt,
daß wenn eine Substanz nur sehr geringe Mengen von Titansäure enthält, der größere
Theil derselben häufig, wenn nicht immer, in der Lösung und nicht im unlöslichen
Rückstande aufzufinden ist.
Bis jetzt war ich noch nicht im Stande, mit genügender Sicherheit nachzuweisen, daß
das Titan mit dem Eisen Legirungen bildet. Die Analysen
von aus sehr titansäurereichen Erzen erzeugtem Roheisen, Stabeisen und Stahl machen
es jedoch wahrscheinlicher, daß der geringe Gehalt derselben an Titan mechanisch mit
dem Eisen verbunden ist (wohl in oxydirtem Zustande), als daß das Titan mit dem
Eisen eine wirkliche Legirung bildet.