Titel: | Ueber das Vorkommen des veränderten Zuckers (der Glucose) in den Rohzuckern und raffinirten Zuckern aus Runkelrüben; von Dubrunfaut. |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XXXVII., S. 159 |
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XXXVII.
Ueber das Vorkommen des veränderten Zuckers (der
Glucose) in den Rohzuckern und raffinirten Zuckern aus Runkelrüben; von Dubrunfaut.
Aus dem Journal des Fabricants de sucre, Jahrgang IX, Nr.
48 u. 49.
Dubrunfaut, über das Vorkommen des veränderten Zuckers in rohen und
raffinirten Rübenzucker.
Bei einem Versuche, die bisher zur Bestimmung des veränderten Zuckers angewandten
Methoden zu verbessern und für die Untersuchung der Handelswaaren anwendbar zu
machen, gelangte der Verf. zu dem unerwarteten Resultate, daß die meisten Rohzucker
und raffinirten Zucker aus Rüben jeder Herkunft bemerkliche und mittelst der
Kupferlösung bestimmbare Mengen veränderten Zuckers enthalten.
Alte, seit 15 bis 20 Jahren aufbewahrte Zucker verhielten sich ebenso, sie waren
jedoch offenbar durch die Länge der Zeit verändert. Nur ein im Jahre 1850 aus
Melasse erhaltener raffinirter Zucker zeigte bloß Spuren der Kupferreaction. Fast
alle das Kupferoxyd reducirenden Zucker lieferten neutrale oder (und zwar meistens)
saure Lösungen, doch trat die Reduction auch bei stark alkalischem Zucker ein. Der
Verfasser glaubt
hieraus, da vor 20 Jahren die Rübenrohzucker keinen veränderten Zucker enthalten
haben, den Schluß ziehen zu sollen, daß die neuen Verfahrungsweisen, welche die
Anwendung der Kohlensäure begreifen, der in Rede stehenden Eigenthümlichkeit, d. h.
dieser Benachtheiligung des Productes nicht fremd sind.
Folgendes sind die Belege für diese allgemeine Angabe: Alle aus den Pariser
Raffinerien stammenden Zucker enthalten unkrystallisirbaren Zucker und alle sind
deutlich sauer. Die Menge dieses Zuckers wechselt zwischen 3 und 10 Tausendsteln, im
Mittel aller Proben 5 Tausendstel (0,5 Proc.). Durch sorgfältiges Waschen mit
95procentigem Alkohol verlieren diese Zucker ihre saure Reaction und die
Eigenschaft, die Kupferlösung zu reduciren; die freie Säure scheint Milchsäure zu
seyn.
Der veränderte Zucker stammt von dem verwendeten Rohmaterial. Da in dieser Beziehung
eine Untersuchung der Producte aller 460 Zuckerfabriken nicht möglich war, so hat
der Verfasser, um ein authentisches Resultat zu erhalten, die Proben untersucht,
welche als Typenmuster alle Jahre von der Pariser Handelskammer dem Publicum
geliefert werden. So stellt z. B. die letzte Sammlung von 14 Mustern die normalen
Producte der Campagne 1868–69 dar, welche durch die Kürze ihres Bestehens
(seit November 1868) die Sicherheit, unverändert zu seyn, darbieten.
Von diesen 14 Mustern sind 11 (von Nr. 10–20) nach der Farbe geordnet, die
übrigen 3, als Nr. 1, 2 und 3 sind weiße, nach dem Korne classificirte Zucker.
In diesen Proben zeigte nun die Analyse folgende Mengen veränderten Zuckers:
Typen-Nummer
veränd. Zucker
10
alkalisch,
enthält
0,0104 Theile
11
alkalisch,
enthält
0,0112 Theile
12
alkalisch,
enthält
0,0101 Theile
13
alkalisch,
enthält
0,0107 Theile
14
alkalisch,
enthält
0,0090 Theile
15
alkalisch,
enthält
0,0084 Theile
16
alkalisch,
enthält
0,0110 Theile
17
alkalisch,
enthält
0,0087 Theile
18
neutral,
enthält
0,0077 Theile
19
neutral,
enthält
0,0069 Theile
20
alkalisch,
enthält
0,0068 Theile
Weiße Zucker:
Nr. 1 alkalisch.
0,0077 Theile
Nr. 2 neutral
0,0082 Theile
Nr. 3 alkalisch.
0,0082 Theile
Das Mittel der ersten 11 ist also 9 Tausendstel, das der 3 letzten 8 Tausendstel. Der
Unterschied ist somit unerheblich.
Die 15 gefärbten Muster einer Typensammlung vom November 1866 zeigten im Allgemeinen
saure Reaction und im Mittel 0,0078 veränderten Zucker; die weißen Zucker dagegen
waren neutral und hatten im Mittel 0,0103 — nämlich Nr. 1 (neutral) 0,00555;
Nr. 2 (sauer) 0,01315; Nr. 3 (sauer) 0,01219 —, während Colonialraffinade aus
Nantes nur 0,00675 veränderten Zucker besaß.
Hängen diese Unterschiede mit einer im Laufe der Aufbewahrung eingetretenen
Veränderung zusammen, so würde daraus folgen, daß die weißen, also nach sogen,
verbessertem Verfahren dargestellten, sich schlechter als die anderen
aufbewahren.
Der Verf. hat derselben Bestimmung deutsche Zucker von der Welt-Ausstellung zu
Paris im Jahre 1867 unterzogen, welche seither in Papier aufbewahrt waren, und nur
Spuren veränderten Zuckers bei deutlich saurer Reaction gefunden, während ein sehr
schöner weißer französischer Rohzucker, von derselben Ausstellung, in einer
Glasflasche aufbewahrt, 0,0065 veränderten Zucker aufwies. Wenn die prachtvollen
deutschen Zucker jener Ausstellung wirkliche Handelswaare darstellten und nicht
eigens zum Zwecke der Ausstellung fabricirt waren, so könnte diese Untersuchung auf
veränderten Zucker wohl die goldene Medaille rechtfertigen, welche der Zollverein
erhalten hat, und dieß wird der Verf. noch weiterhin durch Untersuchung deutscher
Handelswaare ermitteln. Vorläufig theilt er nur mit, daß ein prachtvoller, aus Cöln
stammender weißer, aus zollvereinsländischem Rohzucker fabricirter Kandis 0,00304
veränderten Zucker ergab, was auf eine geringere Reinheit des deutschen Rohzuckers
hinweisen könnte, als jene Ausstellungszucker besaßen.
Ein russischer raffinirter Zucker enthielt weniger als 0,0005 veränderten Zucker.
Uebrigens könnten, nach dem Verf. , die aus reicheren Rüben stammenden Zucker auch
reiner als die französischen seyn, ohne daß darum der Fabrication ein Vorzug
gebührte.
Der Verf. hat ferner in Rübenrohzuckern durch das Mikroskop die Gegenwart der von Pasteur bestimmten Fermentkörper der alkoholischen und
der Milchsäuregährung nachgewiesen. Dieß liefert eine sehr einfache Erklärung für
die Gegenwart des veränderten Zuckers, wie der sauren Reaction bei Zuckern, welche
nicht nach der alten classischen Methode der „alkalischen“
Arbeit erzeugt worden sind. Die Verunreinigung der Raffinaden aber stammt offenbar
von derjenigen der Rohzucker und hängt also mit den Verfahrungsweisen der
Rohzuckerfabriken zusammen.