Titel: | Das gezogene Martini-Henry'sche Hinterladungsgewehr. |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. LXXI., S. 274 |
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LXXI.
Das gezogene Martini-Henry'sche
Hinterladungsgewehr.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Martini-Henry'sches Hinterladungsgewehr.
Von dem seitens des Ordnance Select Committee nach lange
fortgesetzter strenger Prüfung der englischen Regierung zur Annahme empfohlenen
neuen Hinterladungsgewehr enthält die Zeitschrift Engineering vom 19. März 1869
eine Reihe von Verschlußvorrichtungs-Zeichnungen, welche wir in Fig.
16—28 reproduciren und zu deren Erklärung Folgendes mittheilen.
Fig. 16 und
17
liefern Längendurchschnittszeichnungen des zum Laden
geöffneten und respective eben abgeschossenen Gewehres, Fig. 18 bis 28 aber Seitenansichten des Gewehres im geschlossenen Zustande
und beziehungsweise der einzelnen Verschlußtheile.
Zur Verbindung zwischen dem Vorderschafte M und dem
Hinterschafte V (Fig. 16 und 17) des
Gewehres dient der Verschlußrahmen B, in welchen der
Lauf A eingeschraubt ist und dessen feste Verbindung mit
dem Hinterschafte
V durch die Schaftschraube W, sowie mit dem Vorderschafte M durch die
Ladestockhülse J, resp. deren Befestigungsschraube K bewirkt wird. — In diesem Verschlußrahmen B läßt sich um die Achse D
herum das zum bequemeren Einführen der Patrone in den Lauf A des Gewehres oben muldenförmig ausgeschnittene eigentliche
Verschlußstück C auf und nieder bewegen; letzteres trägt
in seinem Inneren die zum Abfeuern der Patrone dienenden Schloßtheile, nämlich das
Schlagstück E mit seinem Einschnitt e (Fig. 22) für den Nußarm
N, die Sprungfeder F und
die Schlußschraube G. Vermittelt wird diese Bewegung
durch die den hinteren absatzförmig ausgeschweiften Theil des Verschlußstückes
umfassenden Backenstücke X,X (Fig. 23) des Doppelhebels
O, welcher nebst der Nuß N um die Welle P drehbar ist und welchen bei
geschlossenem Gewehrverschluß die Feder z im
Schaftkolben festhält.
Das Laden des Gewehres ist hiernach in folgenden drei Tempo's auszuführen:
1) Niederdrücken des unteren Schenkels vom Hebel O,
wodurch das Verschlußstück C sich hinter dem hinteren
Laufende niedersenkt, etwaige Patronenreste vermittelst des auf der Welle I aufsitzenden Extractors H
beseitigt werden und zugleich die Feder F des
Schlagstiftes E sich vermittelst des in seinen hinteren
Einschnitt eingreifenden Armes der Nuß N spannt, während
dabei der von seiner Feder U unterstützte
Stangenschnabel S in die zugehörige Nußrast
einfällt.
2) Einführen der Patrone in das hintere Laufende durch Vorschiebenderselben auf dem
oben muldenförmigen Theile des niedergelassenen Verschlußstückes.
3) Zurückführen des unteren Armes vom Hebel O bis zum
Einklinken seines äußersten Endes in die Schaftfeder Z,
wodurch das Verschlußstück C mit gespannter
Schlagstift-Feder F vor die hintere Lauföffnung
des Gewehres tritt, und dieses also dann geschlossen und gebannt ist, so daß Es nun
vermittelst des Abzuges R abgefeuert werdenkann.
Der Patronenauszieher H besteht aus einem Winkelhebel,
dessen unterer Arm sich an die untere Fläche des Verschlußstückes C anlehnt, während der obere gabelförmig gestaltete
Hebelarm Fig.
23 bei geschlossenem Verschlußapparate bis zur Laufmitte des Gewehres
hinaufreicht und so den hinteren Rand der eingesetzten Patrone mit seinen inneren
Vorständen umfaßt, was beim Niederdrücken des Verschlußstückes das Herausreißen der
Patronenhülse aus dem Robre zur Folge hat.
Ein mit der Welle P des Hebels O in Verbindung stehender Index gibt auch äußerlich Kenntniß davon, ob das Gewehr
geschlossen und gespannt ist.
Das Rohr des Gewehres hat bei 35 Zoll (engl.) Länge, 0,45 Zoll Kaliberdurchmesser und
4 Pfund 5 Unzen Schwere, sieben flache Züge von 22 Zoll Drall-Länge.
Die vom Committee empfohlene Patrone ist bei einem
Totalgewicht von 718 Grains 3,75 Zoll lang. — Die aus 12 Theilen Blei und 1
Theil Zinn bestehende Kugel derselben ist 480 Grains schwer, 1,27 Zoll lang, hinten
etwas ausgehöhlt und verjüngt sich, mit nach einwärts geschweiften Seitenwänden, vom
unteren Rande bis zur Basis des conoidischen Geschoßkopfes im
Kaliberdurchmesser-Verhältnisse von 0,45 zu 0,439 Zoll. Festgehalten wird die
Kugel in der Patronenhülse durch Einkneifen der letzteren, welche zunächst des
Pulvers einen Pfropf von Jute-Hanf erhält, worauf Wachs, hiernach wieder
Jute-Hanf und endlich die Kugel folgt.
Stade, im März 1869.
Darapsky.