Titel: | Ueber die Bestimmung der Phosphorsäure durch Umwandlung der Phosphate in Phosphoreisen; von Th. Schlösing. |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. LXXXV., S. 318 |
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LXXXV.
Ueber die Bestimmung der Phosphorsäure durch
Umwandlung der Phosphate in Phosphoreisen; von Th. Schlösing.
Aus den Comptes rendus, t. LXVI p. 1043; Mai
1868.
Schlösing, über die Bestimmung der Phosphorsäure in Pflanzenaschen,
Düngern und Bodenarten.
In einer der (französischen) Akademie im August 1864 gemachten Mittheilung beschrieb
ich ein Verfahren zur quantitativen Bestimmung der Phosphorsäure, welches darin
besteht, die Phosphate in Gegenwart von Kieselsäure bei hoher Temperatur durch
Kohlenoxyd zu reduciren und den entbundenen Phosphor über Kupfer oder in einer
Lösung von salpetersaurem Silberoxyd aufzufangen. Dieses Verfahren gibt keine
genauen Resultate mehr, wenn die Phosphate Eisenoxyd
enthalten, weil dieses sich in Phosphoreisen umwandelt und einen seinem Gewicht
Proportionalen Verlust an Phosphor verursacht. In der Hoffnung, mein Verfahren
allgemeiner anwendbar zu machen und insbesondere zur Analyse von Düngstoffen,
Pflanzenaschen, Bodenarten etc., suchte ich lange Zeit, jedoch erfolglos, ein
einfaches Mittel zur Ausscheidung des Eisens aufzufinden. Endlich kam ich auf den
Gedanken, dasselbe als Hülfsmittel zu benutzen und ihm die Rolle eines
Trennungsmittels zu übertragen. Durch frühere Versuche hatte ich mich überzeugt, daß
die Phosphate der Alkalien und Erden, wenn sie mit geeigneten Verhältnissen von
Kieselsäure und Eisen in einem Kohlentiegel zum Weißglühen erhitzt werden, ihren
ganzen Phosphorgehalt an das Metall abgeben. Nachdem mittelst dieser einleitenden
Operation die Umwandlung der Phosphate bewerkstelligt war, blieb mir noch übrig, den
Phosphor aus seiner Verbindung mit dem Eisen abzuscheiden.
Diese Aufgabe ist keineswegs so einfach, als Es beim ersten Blicke erscheint; in den
meisten Fällen bleibt das Phosphoreisen, wenigstens theilweise, in den Silicaten
vertheilt und kann auf mechanischem Wege nicht ohne Verlust aus denselben entfernt
werden. Auch kann man das Gemenge nicht mit Königswasser behandeln; denn da die
Säure die Silicate
angreift, so würde die Phosphorsäure sich wieder mit denselben Basen verbinden,
welche durch die erste Operation von derselben getrennt wurden. Ich mußte demnach
ein Mittel zur Trennung des Phosphors vom Eisen aufsuchen, welches auf die Silicate
nicht einwirkt. Dieser Bedingung entspricht das Chlorgas.
Wenn man trockenes Chlorgas bei einer nicht zu hohen Temperatur. über Eisen leitet,
welches Phosphor und andere Metalloide, Arsen, Schwefel, Silicium enthält, so
verwandelt Es bekanntlich alle diese Körper in Chloride. Das Eisenchlorid ist
weniger flüchtig als die anderen Chloride, aber der Unterschied ist nicht bedeutend
genug, um eine genaue Trennung zu gestatten; bezüglich des Phosphors wird die
Schwierigkeit noch durch eine sich bildende Verbindung seines Chlorides mit
Eisenchlorid vermehrt. Es ist mir indeß gelungen, diese Verbindung zu zersetzen und
gleichzeitig den Unterschied in der Flüchtigkeit beider Chloride bedeutend zu
erhöhen und zwar durch einen sehr einfachen Kunstgriff, nämlich durch Anwendung von
Chlorkalium, welches sich mit dem Eisenchlorid
verbindet und Es bei der Temperatur des Versuches so gut fixirt, daß sich
sämmtliches Phosphorchlorid, absolut frei von Eisenchlorid, entbindet. Was ich hier
vom Phosphor sagte, gilt auch für den Schwefel, das
Silicium und das Arsen. Ich verfahre in nachstehender Weise:
Ein Rohr von grünem Glase wird vor der Glasbläserlampe so vorgerichtet, daß zunächst
ein 30 Centimeter langer Theil desselben, welchen wir mit A bezeichnen wollen und worin die Reactionen vor sich gehen, seine
ursprüngliche Weite behält; dieser Theil kommt auf einen horizontalen Rost zu
liegen. Der nächste Theil des Rohres wird auf eine Länge von etwa 15 Centimet. durch
Ausziehen verengert und nach abwärts gebogen; dann wird das Rohr mit Beibehaltung
seines ursprünglichen Durchmessers auf 10 Centimet. Länge wieder horizontal
gerichtet und mit einer kugelförmigen Erweiterung B
versehen, welche mit einer aufrechten Spitze endigt und als Vorlage zur Condensirung
des Phosphorchlorids dient. In den Theil A bringe ich
zunächst einen Asbestpfropf und auf diesen so viel reines, abgeknistertes und grob
zerriebenes Chlorkalium, daß dasselbe das Rohr auf eine Länge von 12 bis 15
Centimet. anfüllt und mittelst eines zweiten, sehr kleinen Asbestpfropfes
festgehalten wird; hierauf schiebe ich ein Porzellanschiffchen, welches das
Phosphormetall in Stückchen enthält, und dann einen dritten Asbestpfropf in das Rohr
ein und setze schließlich einen mit einem Glasrohrstückchen versehenen Korkstopfen
darauf. In die Kugel B gieße ich einige Kubikcentimeter
Wasser, und verbinde sie mit einem verticalen, angefeuchtete Porzellanstückchen enthaltenden
Rohre, in welchem die in B nicht condensirten
phosphorhaltigen Dämpfe zurückgehalten werden. Mit diesem Rohre steht eine kleine
Waschflasche in Verbindung, um den Chlorgasstrom überwachen zu können.
Nachdem das Chlorkalium erhitzt und jede Spur von Feuchtigkeit in A durch einen Strom trockener Luft vertrieben worden,
lasse ich das Chlorgas einströmen, erhitze das Schiffchen aber erst, nachdem alle
atmosphärische Luft aus dem Rohre verdrängt worden. Sobald die Reaction beginnt,
condensirt sich in der Umgebung des Schiffchens eine rothe Flüssigkeit und dringt in
das Chlorkalium ein. Dieses darf nur in der Nähe des Schiffchens bis zum Schmelzen
des Doppelchlorids erhitzt werden; sonst könnte sich das Rohr leicht verstopfen.
Gegen das Ende der Operation erhitzt man etwas stärker, jedoch nicht bis zur
Dunkelrothgluth, da bei einer solchen Hitze das Phosphorchlorid sein Chlor gegen den
Sauerstoff der Kieselsäure des Glases austauscht und Phosphate bildet. Das
Phosphorchlorid condensirt sich in dem verengerten Theile von A; von hier treibt man Es durch gelindes Erwärmen des Glases in die Kugel.
Die Analyse ist beendigt, wenn nicht mehr die geringste Condensirung
stattfindet.
Das Chlor muß beständig in geringem Ueberschusse vorhanden seyn, man muß daher seine
Entbindung vollkommen in der Gewalt haben. Um dieß zu erreichen, wende ich anstatt
des gewöhnlichen Chlorentbindungsapparates ein Paar jener tubulirten, zur
Darstellung von Wasserstoffgas, Kohlensäure etc. gebräuchlichen Flaschen an, bei
denen die Gasentwickelung sich durch einen Hahn reguliren läßt.
Zur quantitativen Bestimmung der Phosphorsäure, welche sich mit Chlorwasserstoffsäure
in der Kugel des Rohres condensirt hat, schneidet man das Glasrohr im ausgezogenen
Theile ab, läßt die Flüssigkeit in eine Porzellanschale laufen, wäscht das die
Porzellanstückchen enthaltende Rohr und die Kugel aus, fügt das Waschwasser zu der
Flüssigkeit in der Porzellanschale, versetzt die vereinigten Flüssigkeiten mit
Salpetersäure und dampft ab. Gegen Ende der Operation zersetzt sich die
Chlorwasserstoffsäure und entweicht ohne Spritzen; man hat dann nur noch freie
Phosphorsäure in Gegenwart von Salpetersäure zu bestimmen, wozu ich salpetersaures
Silberoxyd benutze.
Im Nachstehenden theile ich einige Analysen als Beweise für die Genauigkeit des
beschriebenen Verfahrens mit.
Zunächst untersuchte ich Phosphoreisen nach den bekannten Methoden und erhielt
nachstehende Resultate:
I.
II.
Angewendetes Phosphoreisen
401,25
Milligrm.
330,25
Milligrm.
phosphorsaures Silberoxyd
1284,00
1060,50
demnach Phosphor
95,03
23,68
78,59
23,70
Eisen
304,50
75,88
250,80
75,93
Kohle
0,30
0,30
–––––––
–––––––
99,86
99,93
Durchschnittlicher Procentgehalt an Phosphor
23,70
Dann analysirte ich verschiedene Gewichtsmengen dieses Phosphoreisens nach meinem
Verfahren und erhielt:
I.
II.
III.
Angewendetes Phosphoreisen
365,5
Mgr.
317,60
Mgr.
299,0
Mgr.
Phosphorgehalt desselben
86,6
75,24
70,9
Erhaltenes phosphorsaures Silberoxyd
1160,5
1007,00
957,0
Phosphorgehalt desselben
85,9
74,50
70,8
Ich untersuchte auch phosphorärmeres Metall von bekannter Zusammensetzung, welches
ich durch Zusammenschmelzen von reinem Eisen mit bestimmten Gewichtsmengen des
vorhergehenden Phosphoreisens erhalten hatte:
Phosphoreisen
197,5
Mgrm.
202,0
Mgrm.
14,0
Mgrm.
reines Eisen
1000,0
2000,0
2000,0
–––––––
–––––––
–––––––
1197,5
2202,0
2014,0
Phosphorgehalt
0,0392
0,0217
0,0016
Zur Analyse verwendet
1173,00
Mgr.
die ganze Menge
die ganze Menge
berechneter Phosphorgehalt
45,74
47,9
Mgr.
3,32
Mgr.
gefundener Phosphorgehalt
45,70
47,5
3,50
Diese ärmeren Phosphurete waren in Kohlentiegeln dargestellt worden und dabei hatte
sich das reine Eisen in Roheisen (Kohleneisen) verwandelt; auch enthielt das
Schiffchen nach der Analyse Kohle, welcher nur wenige Milligramme Eisenoxyd
beigemengt waren. Ich habe mich überzeugt, daß weder durch das Chlor, noch durch die
flüchtigen Chloride merkliche Spuren von Kohle fortgerissen wurden. Es folgt daraus,
daß Chlorgas, unter denselben Bedingungen wie bei meinen Versuchen angewendet,
genaue Resultate geben muß, wenn Es zur Analyse von Roheisen, Stahl und Stabeisen
benutzt wird, und zwar zur Bestimmung des Gehaltes dieser Substanzen an Kohlenstoff
sowohl, wie an Phosphor, und ohne Zweifel auch an Silicium, Arsen und Schwefel. Auf
diesen Gegenstand werde ich später zurückkommen.
In meiner nächsten Mittheilung werde ich die Umwandlung eisenhaltiger phosphorsaurer
Alkalien und Erden in Phosphoreisen besprechen.