Titel: | Die fünf Modelle der Boxer-Patrone. |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XCVII., S. 362 |
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XCVII.
Die fünf Modelle der Boxer-Patrone.
Ueber die verschiedenen Modelle der
Boxer-Patrone.
Die mit ursprünglicher Beibehaltung des Prittschett'schen
Expansionsgeschosses für das nach Snider's Methode zur Hinterladung eingerichtete Enfield-Gewehr von Oberst Boxer, erstem
Inspector der königl. Laboratorien zu Woolwich, construirte Metall-Patrone, deren neuestes Modell
auch bei dem Martini-Henry'schen HinterladungsgewehrBeschrieben nach beigegebener Abbildung S. 274 im vorhergehenden Heft. zur Anwendung gebracht worden ist, besteht ihrem Wesen nach bekanntlich aus
einer zur Centralzündung eingerichteten Patrone mit Kupferhülse und vorstehendem
Metall-Bodenrande, an welchem letzteren der Patronenextractor des
Gewehrverschlusses zur Thätigkeit kommt, während eine in das Innere des
Patronenbodens eingesetzte und aus Kupferblech gefertigte Kapselhülse mit centraler
Oeffnung zur Aufnahme des Zündhütchens vom Enfield-Gewehr dient, dem noch ein
mit der Spitze gegen dessen Zündsatz gerichtetes, andererseits aber ausgehöhltes und
seitwärts mit Rinnen versehenes Metallstück, der sogenannte Amboß hinzugefügt wird,
welcher beim Vorschnellen des Schlagstiftes der Verschlußvorrichtung des Gewehres in
den Zündsatz einzudringen und so die Entzündung der Pulverladung des Gewehres durch
Explodiren der Zündmischung des mit seiner offenen Seite dem Patronenpulver
zugekehrten Zündhütchens zu bewirken hat.
Wie so ziemlich jede neu der Praxis übergebene Einrichtung hat dann im Laufe der Zeit
auch diese Patrone einige Aenderungen im Detail erlitten, worüber sich im Engineer vom 13.
November 1868 nebst einem Rückblick auf die bisherigen Zündungsmethoden
der Hinterladungsgewehre, und mit der beigefügten Warnung, in solchen kleinen
Aenderungen dieser Patrone eine Schwäche des ganzen Constructionssystemes derselben
finden zu wollen — das Material zu den hier folgenden Notizen vorfindet.
Das erste oder Modell
I dieser Patrone erhielt zur Aufnahme der aus 0,003 Zoll
dickem Messingblech und dünnem weißen Papier 2 1/9 fach übereinander gerollten,
sowie unten umgebogen mit eingesetztem Papierpfropf versehenen Seitenwandhülse eine
kurze, mit centraler Oeffnung und mit Bodenrand versehene Bodenhülse, welche aus
einem einzigen Stück Messing ausgeprägt war. Das mit Thonpfropf versehene Expansionsgeschoß war
1,12 Zoll lang, 525 Gran schwer und hatte zur Aufnahme seiner Fettung 4
Cannelirungen. Der mit dem Zündhütchen in die central durchbohrte Kapselhülse des
Patronenbodens eingesetzte Amboß war nach der durch Fig.
1 dargestellten Durchschnittsform construirt.
Textabbildung Bd. 192, S. 363
ModellII wurde, an Stelle der aus einem einzigen Stück Messing
dargestellten Bodenhülse mit vorstehendem Bodenrand (welcher letztere dabei meistens
sich zu dünn ausprägte und dadurch beim Schusse häufig zum Ausblasen der Patrone
nach hinten hin Veranlassung gab), mit einer aus Messingblech gerollten Seitenwand
der Bodenhülse und einer an deren unterem Umbug sich anlehnenden central
durchlochten Bodenscheibe von Messing versehen; diese Bodenscheibe wurde dann durch
den unteren Rand, respective den nietartig umgebogenen Kopf der im Boden der Patrone
(in den Papierpfropfen ihrer Seitenwandhülse) eingepreßten Kapselhülse für das
Zündhütchen des Enfield-Gewehres mit diesen Patronentheilen fest verbunden.
Der Zündhütchen-Amboß aber erhielt die durch Fig.
2 dargestellte Durchschnittsfigur, damit er beim Einsetzen in das
Zündhütchen an seinen Stellen c, c von dem oberen Rande des letzteren festgehalten und so der
Zündhütchensatz gegen unbeabsichtigte Berührungen mit der Amboßspitze (Fig. 1 und 2) sicher
gestellt werden konnte, auch ohne demselben zu diesem Zwecke eine Wachsschicht
auffügen zu müssen.
Textabbildung Bd. 192, S. 363
ModellIII unterschied sich vom vorigen nur durch das Geschoß,
welchem bei 3 Cannelirungen nur 1,04 Zoll Länge und 480 Gran Gewicht gegeben
wurden.
ModellIV erhielt ein Geschoß mit drei sägenförmig anstatt drei
muldenförmig gestalteten Cannelirungen und aus Sparsamkeitsrücksichten an Stelle der
Bodenscheibe von Messing eine solche von Eisen.
ModellV endlich wurde zur weiteren Ersparung von
Fabricationskosten an Stelle der aus 0,03 Zoll dickem Messingblech und weißem Papier
21/9 fach übereinander gerollten Seitenwandhülse mit einer solchen von nur 1¼
fach mit braunem Papier zusammengerolltem Messingblech und anstatt der bei den
Modellen II bis IV ebenfalls
aus aufgerolltem Messingblech bestehenden Bodenhülsen-Seitenwand mit zwei aus
dünnem Messingblech gestoßenen und dann gepreßten, sowie hernach ineinandergesetzten
Bodenkapseln von verschiedener Höhe versehen.
Die Anfertigung der Boxer-Patronen neuesten
Modelles besteht demnach darin, daß eine eiserne Bodenscheibe, sowie zwei
aus dünnem Messingblech bestehende Bodenkapseln und ein aus zusammengerolltem Papier
gepreßter Pfropf, an den sich die aus gerolltem Messingblech und braunem Papier bestehende
Patronen-Seitenwand durch Umbug anschließt, vermittelst einer in ihre
centralen Durchbohrungen eingesetzten Kapselhülse durch starke Pressung fest
miteinander verbunden werden, indem sich dadurch der Kopf dieser Kapselhülse über
den Papierpfropf hinbiegt, während gleichzeitig ihr unterer Rand fest an die untere
Fläche der central durchbohrten eisernen Bodenscheibe angelehnt wird, wornach zur
Vollendung der Patrone ein Loch in den Boden der Kapselhülse einzuschlagen ist, um
den Zündmassen-Feuerstrahl des mit Amboß in dieselbe eingesetzt werdenden
Enfieldgewehr Zündhütchens zur hiernach einzubringenden Pulverladung der Patrone
dringen zu lassen, sobald das Gewehr abgefeuert werden soll. Auf das Pulver der
Patrone kommt endlich das zu seiner Fettung in Wachs eingetauchte Geschoß, in dessen
Reifelungen man nach seinem festen Aufsetzen auf das Ladungs-Pulver die
Seitenwand der metallenen Patronenhülse eindrückt.
Stade, im April 1869.
Darapsky.