Titel: | Ueber ein neues Verfahren zum Reproduciren industrieller Zeichnungen; von H. Cauderay, Telegraphen-Inspector in Lausanne. |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. CI., S. 370 |
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CI.
Ueber ein neues Verfahren zum Reproduciren
industrieller Zeichnungen; von H.
Cauderay, Telegraphen-Inspector in Lausanne.
Aus dem Bulletin de la Société vaudoise des sciences
naturelles, 1868, vol. X p. 137.
Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
Cauderay's Verf. zum Reproduciren industrieller
Zeichnungen.
Um in den Künsten und verschiedenen Industriezweigen eine oder mehrere Copien von
einer Originalzeichnung zu erhalten, macht man häufig Gebrauch von einer
eigenthümlichen leicht ausführbaren Pausirmethode, die im Durchstechen einer großen
Zahl von feinen Löchern besteht, welche die Contouren einer Zeichnung
repräsentiren.
Eine derartig durchgestochene Zeichnung kann wieder unmittelbar als Pausirblatt
verwendet werden.
Um diese Methode auf dem Holze, der Leinwand, dem Glase, Papiere oder anderem Stoffe
anzuwenden, auf denen man ein Muster durch Malerei, Zeichnung oder Stickerei
reproduciren will, genügt es, wenn man das durchgestochene Muster oder die Patrone
mit einer sogenannten Poncette (Tuch-Tupfer, einem spiralförmig
zusammengerollten Tuchbande), welche mit einer colorirenden Substanz bedeckt ist,
behutsam schlägt.
Die Substanz, welche sich vom Tupfer ablöst, geht durch die Löcher der Zeichnung
(Patrone) hindurch, und haftet an der Oberfläche des betreffenden Stoffes, auf
welchen pausirt werden soll, indem sie eine Reihe von gefärbten, den
durchgestochenen Löchern entsprechenden Punkten zurückläßt.
Die auf diese Art mit gepulverter Zeichnungskohle, gepulvertem Graphit etc.Ueberhaupt können alle Substanzen angewendet werden, welche sich leicht in
Pulver verwandeln lassen; außer den oben genannten kann man auch Bleiweiß,
Stärke und selbst Mehl benutzen. erzeugten Contouren können mit einem Pinsel beseitigt (abgestaubt) werden,
was nützlich wird, wenn eine nicht gelungene Zeichnung erneuert werden soll. Wenn Es
erforderlich ist, die Contouren der Zeichnung stetig zu erhalten, so macht man von
einem harzigen Pulver Gebrauch,Textabbildung Bd. 192, S. 370Schwarzes Pulver für Tüll;
6 Theile Judenpech; 13 Theile Copal; 1 Theil BeinschwarzTextabbildung Bd. 192, S. 370Schwarzes Pulver für
Musselin; 17 Theile Copal; 2 Theile Colophonium; 1 Theile Beinschwarz;
Blaues Pulver; Sandaratharz mit ein wenig Indigo; zum Färben; Anderes
blaues Pulver; 17 Theile copal; 2 Theile Mastix (ausgesuchter); 1 Theile
Beinschwarz; Weißes Pulver; 17 Theile Colophonium; 2 Theile Copal; 1
Theile Bleiweiß.Man gibt eine Portion dieser Gemenge in ein irdenes Gefäß und läßt sie am
Feuer schmelzen, indem man nur nach Maaßgabe des Schmelzens weitere
Portionen zugibt. Man zerreibt dann das Product mittelst eines gläsernen
Läufers auf einer Glastafel oder einem steine. über das man mit einem heißen Bügeleisen fährt, nachdem man vorher zwischen das
betreffende Pulver und das Bügeleisen ein Blatt reinen Papieres gelegt hat.
In früheren Zeiten bediente man sich, um eine Zeichnung durchzustechen, einer feinen
Nähnadel, welche einen großen Siegellackkopf hatte. Gegen das Jahr 1824 erfand ein
französischer Ingenieur, Barthélemy, eine Maschine mit
Federn, deren Spiel eine Nadel in Bewegung setzte, welche sich in einem kleinen Rohr
befand, das der Arbeiter oder die Arbeiterin nur längs der Zeichnung zu führen
hatte. Im Jahre 1830 construirte Barthélemy aber zum
Durchstechen von Zeichnungen einen Tretmechanismus mit Schwungrad; dieses setzte
mittelst Transmissionen eine Reihe von Rollen in Thätigkeit, deren letzte mit
excentrischer Achse bei ihrer Rotation die Durchstechnadel hob und senkte.
Gegen Ende des Jahres 1866 hatte ich Gelegenheit, in einem
Stickerei-Etablissement in Lausanne die zuletzt erwähnte Varthélemy'sche Maschine zu sehen und die von derselben
producirte Arbeit kennen zu lernen. Einige Zeit später beobachtete ich eine große
Analogie zwischen den durch die Nadel dieser Maschine und den durch die Funken des
Ruhmkorff'schen Inductionsapparates im Papier
erzeugten Löchern, was mich zu Versuchen in dieser Richtung mit letzterem Apparate
veranlaßte, welche schließlich ausgezeichnete Resultate lieferten.
Als daher bald darauf eine Barthélemy'sche Maschine nicht
mehr regelmäßig functionirte, machte ich den Vorschlag, statt derselben den Ruhmkorff'schen Funkeninductor zu verwenden, was auch
angenommen wurde. Nach verschiedenen Versuchen ließ ich einen vollständigen Apparat
zu diesem Zweck zusammenstellen, welcher sehr befriedigte und definitiv in Gebrauch
kam.
Dieser Apparat ist in Fig. 14 dargestellt und
besteht:
1) Aus einer Batterie A, nämlich zwei einfachen
Zinkkohlen-Elementen (ohne Diaphragma) mit doppelt-chromfaurem Kali
als Erregungsflüssigkeit.Zur Darstellung der Flüssigkeit löst man in 800 Grm. heißen Wassers 100 Grm.
doppelt-chromsaures Kali auf und setzt dann 100 Grm. Schwefelsäure
zu. Diese Elemente werden derartig mit einander verbunden, daß man das eine oder
das andere, oder nöthigenfalls beide gleichzeitig wirken lassen kann, was die
Erregungsflüssigkeit so viel als möglich auszunutzen gestattet; dazu genügt es, das
eine oder das andere, oder beide Gläser, welche die Flüssigkeit enthalten, in die
Höhe zu heben; soll der Apparat nicht mehr functioniren, so läßt man die Gläser
wieder herab. Zum Heben und Senken der Gläser dienen die hölzernen Würfel a und b, welche beliebig
unter dieselben geschoben werden können.
2) Aus einer kleinen Ruhmkorff'schen Spirale B.
3) Aus einer großen Weißblechtafel C, welche mit dem
negativen Pol der Inductionsspirale in Verbindung steht.
4) Aus einem Halter (Conductor) D, welcher mit dem
positiven Pol der Spirale in Verbindung steht und an einer gewundenen Feder hängt.
Dieser Halter ist ein mit Gutta-percha umhülltes Eisenstäbchen, welches sich
in einer Glasröhre befindet (um den Stift S bezüglich
des elektrischen Stromes bei Verrichtung der Arbeit zu isoliren).
5) Mittelst eines hölzernen oder metallenen Ständers E
kann der Conductor (Halter) D von der Person, welche
letzteren in der Hand hält, leicht bewegt und daher der Stift längs den Contouren
der ganzen Zeichnung herumgeführt werden.
Die zu pausirende Zeichnung wird auf das Papier, auf welches pausirt werden soll,
gebracht und dann werden beide auf die Metallplatte C
gelegt und irgendwie befestigt (z. B. durch Ankleben der Ecken). Um die Zeichnung zu
copiren, braucht man nun bloß längs den Contouren derselben so schnell als möglich
den Stift S des isolirten Conductors D, resp. dessen Spitze, herumzuführen, und zwar
möglichst senkrecht auf die Zeichnungsebene (Metallplatte), damit man nicht Löcher
außerhalb den Linien des Originals erhält. Auf diese Weise erhält man eine genaue
Copie des Originals, deren Contouren durch nahe an einander liegende Löcherchen
gebildet werden, welche von dem Inductionsfunken durchgeschlagen wurden.
Die Sicherheit in der Führung des Stiftes braucht nicht so groß zu seyn, als man
glauben könnte, denn die Funken scheinen vorzugsweise den mit Tinte oder Bleistift
gezogenen Linien zu folgen, deren Leitungsfähigkeit größer ist als die der nicht
bezeichneten Theile des Papieres.
Selbst wenn man mehrere Bögen weißen Papieres unter die Originalzeichnung bringt,
werden dieselben auf gleiche Weise durchgestochen.
Die Personen, welche sich das erstemal des Apparates bedienen, erhalten von Zeit zu
Zeit elektrische Schläge; dieser nicht bedeutende Uebelstand verschwindet aber mit
der Uebung.
Wie man sieht, gewährt die Elektricität durch Benutzung des Funkeninductors große
Vortheile vor der Barthélemy'schen Durchstechmaschine;
mein Apparat arbeitet schneller, nimmt einen viel geringeren Raum ein, und da der
unangenehme Gebrauch des Pedales wegfällt, so kann der Arbeiter seine ganze
Aufmerksamkeit der Zeichnung zuwenden.
Erst kürzlich wurde ich auf das von Du Moncel in Paris
(1867Im J. 1866 erschien die fünfte Auflage dieses
Werkes.) erschienene Werk: Notice sur
l'appareil d'induction électrique de Ruhmkorff aufmerksam gemacht, worin
p. 389 bemerkt ist, daß Martin
de Brettes die Anwendung eines Eisenstäbchens und der Unterbrechungsfunken
des Inductors zum Durchstechen von Zeichnungen für die Stickerei vorgeschlagen hat;
bis jetzt konnte ich aber nicht in Erfahrung bringen, daß sein Vorschlag irgendwo in
Anwendung kam.
J. W.