Titel: | Vervollkommnung des Cauderay'schen Verfahrens zur Reproduction industrieller Zeichnungen; von J. Wesely in Prag. |
Autor: | J. Wesely |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. CII., S. 374 |
Download: | XML |
CII.
Vervollkommnung des Cauderay'schen Verfahrens zur Reproduction
industrieller Zeichnungen; von J.
Wesely in Prag.
Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
Wesely, abgeändertes Cauderay'sches Verfahrens zur Reproduction
industrieller Zeichnungen.
Bei dem Cauderay'schen Verfahren zur Reproduction
industrieller Zeichnungen kann man:
1) Die Copien bloß im Maaßstabe der Originalzeichnung erhalten, also so, daß alle
Dimensionen der Contouren von Copien mit jenen des Musterblattes vollkommen
übereinstimmen;
2) wird das Original längs den Contouren ebenso pikirt (durchlöchert), wie alle durch
den Strom erzeugten Copien, was in manchen Fällen sehr unangenehm seyn kann; denn
falls die Musterzeichnung ein Unicum ist, wird durch mehrmalige Verwendung —
ungeachtet der regelmäßigen Pikirung bei den Copien — die Originalcontour
doch unregelmäßig gereihte Durchstichpunkte zeigen, und die Zeichnung mit der Zeit
verderben;
3) außerdem ist Es durch die Cauderay'sche Anordnung nicht
möglich, uns von einem Original entweder eine im beliebigen Maaßstab vergrößerte
oder je nach Bedarf auch verkleinerte Copie zu verschaffen, was natürlich in vielen
Fällen nothwendig ist, z. B wenn eine sehr gelungene, jedoch große Zeichnung, uns
für bestimmte Zwecke bloß im kleineren Maaßstabe ausgeführt, als passend erscheint
und umgekebrt.
Alle erwähnten Unvollkommenheiten des Cauderay'schen
Apparates werden aber behoben durch Mitanwendung eines Instrumentes, welches ich zu
diesem Zwecke hiermit vorschlage und zur Benutzung empfehle; dasselbe verdient um so
mehr Berücksichtigung, als dadurch im Ganzen die Cauderay'sche Anordnung nur eine leicht ausführbare Modification erleidet.
Ich meine nämlich den Pantographen oder Storchschnabel, und zwar entweder in seiner älteren (Voigtländ'schen) Construction, oder den neueren (auch Mailänder PantographC. Hunäus, Lehrbuch der praktischen Geometrie,
zweite Auflage, Hannover 1868, S. 459 – 463. genannt), wie er vom Mechaniker Kraft in Wien in
einer in mancher Hinsicht von der ursprünglichen abweichenden, verbesserten
Einrichtung ausgeführt wird.
Obgleich sich beide Arten zu dem oben angegebenen Zwecke eignen, so dürfte doch (wie
ich mich selbst überzeugt habe) der Mailänder Pantograph wegen seiner größeren
Präcision und leichten Handhabung beim Copiren bedeutend sicherere Resultate
liefern.
Eine nähere Beschreibung und Erklärung dieses Instrumentes hier zu geben, halte ich
für überflüssig, da jedes Lehrbuch der praktischen Geometrie Es so behandelt, daß
jeder, der den Storchschnabel in die Hand bekommt, sehr bald mit dem Instrumente
sich vertraut machen kann. Es ist nicht zu läugnen, daß seine Verwendung einen
gewissen Grad von mechanischer Fertigkeit erheischt, worin man Es aber, wofür schon
viele Beweise bei Karten- und Katastral-Mappen-Copirungen
vorliegen, unschwer sogar bis zu einer Virtuosität bringen kann.
Zum Copiren und zugleich Reproduciren ist ein hinlänglich großer, ebener, polirter
Tisch von wenigstens 1 Quadratklafter (Länge und Form) nothwendig, wovon die Hälfte
II des Tischblattes, Fig. 15, eine vollkommen
ebene Metallplatte (z. B. eine Kupfer- oder Eisenplatte) trägt, welche so
eingelassen ist, daß
beide Oberflächen I und II
in derselben horizontalen Ebene liegen. Das Original wird an das Tischblatt I gelegt, die Hülsen des Pantographen werden auf die
erforderlichen Intervalle (Vergrößerung oder Verkleinerung) gestellt und hierauf
wird der unverrückbare Hauptdrehpunkt des Pantographen durch Versuche so
ausgemittelt, daß die äußersten Grenzen des Originals von dem sogenannten Führungsstifte erreicht werden können.
Man thut am besten, wenn man die Grenzen der Originalzeichnung mit einem Rechtecke
einfaßt, und das mit einer glatten Oberfläche versehene Papier für die Copie auf der
Metalltischplatte II so lange verschiebt, bis 3
Eckpunkte des nach gegebener Verjüngung auf demselben construirten Rechteckes von
dem Zeichnungsstift getroffen werden, wenn der Führungsstift auf die gleichnamigen
Punkte des Originals gebracht wird. In dieser Lage befestige man mit Sorgfalt sowohl
das vollkommen glatt aufgelegte Original, als die ebenso ausgebreiteten Blätter für
die Blei- und Pikir-Copien.
Ist das Original so groß, daß der Führungsstift des festgelegten Pantographen nicht
alle Contouren erreichen kann, so theile man das große Rechteck in so viele kleinere
als nöthig, damit das frühere Verfahren der Copirung benutzt werden kann. Nun wird
der Bleistift eingesetzt und untersucht, ob er centrisch gespitzt ist, was zur
genauen Copirung nothwendig ist. Für unsere Zwecke wählt man am besten einen in Holz
nicht eingefaßten Bleigriffel, weil dadurch eine bessere Leitungsfähigkeit des
Zeichnungsstiftes für den elektrischen Strom hergestellt wird. (Graphit ist
bekanntlich ein guter Elektricitätsleiter.) Oder man nehme eine Bleifeder, wie sie
gewöhnlich den kleinen Notizbüchern beigegeben werden, nämlich einen Metallstift (z.
B. von Messing), welcher unten mit einer Bleibekleidung versehen ist; jedoch muß die
Spitze selbstverständlich so beschaffen seyn, daß sie bei der Arbeit das Papier
nicht aufritzt. Die Zeichenfeder wird durch einen mit Seide umsponnenen Kupferdraht
in metallische Contactverbindung mit dem Inductor gebracht, damit der elektrische
Strom direct in dieselbe geleitet werde. Cauderay's
Handconductor D fällt demnach bei dieser Anordnung weg.
Natürlich muß auch hier die Metallplatte II durch einen
isolirten Kupferdraht mit dem Funkeninductor in Verbindung gebracht werden. Was nun
den Führstift anlangt, so kann dieser (wie beim Mailänder Pantographen von Kraft) ein doppelter seyn, und zwar ein breitbasiger,
welcher in fester Verbindung mit einem parallel laufenden spitzigen ist. Der
spitzige Stift, gewöhnlich von Stahl, berührt jedoch nicht die Zeichnungsfläche,
sondern man fährt bloß mit Hülfe des zweiten führenden mit der Spitze des ersteren über die
Zeichnungscontouren, welche dann vom Zeichenstift reproducirt werden. Besser wäre
jedenfalls zu diesem Zwecke ein Führstift von Elfenbein,
der zugleich den Vortheil gewährt, daß der ganze Pantograph — mit Ausnahme
des Zeichnungsstiftes — für den elektrischen Strom als isolirt zu betrachten
ist. Berücksichtigt man noch, daß das Instrument auf kleinen leicht beweglichen
Rollen von Elfenbein ruht, welche dazu dienen, die Bewegung des Apparates so sanft
als möglich zu machen und die Papierfläche des Originals nicht zu beschmutzen, so
leuchtet ein, daß diese Rollen zugleich zur Isolirung des Pantographen in Beziehung
auf den elektrischen Strom dienen. Läßt man den Strom wirken, und führt alsdann den
Führstift sorgfältig längs den Contouren der Originalzeichnung herum, so wird der
gleichmäßig fortgleitende Zeichenstift die verlangte Copie in ununterbrochenen
Linien darstellen, während alle anderen darunter befindlichen Papierblätter die
Reproduction derselben vergrößerten oder verkleinerten Zeichnung in bloß pikirten
Contouren repräsentiren. Soll während der Bewegung des Führers der Zeichenstift
außer Thätigkeit gesetzt werden, so wird bekanntlich mittelst einer eigenen, bei
allen Pantographen sich vorfindenden Vorrichtung der Zeichenstift so lange von der
Papierfläche abgehoben, als Es nöthig ist. Endlich muß noch von Zeit zu Zeit
untersucht werden, ob während der Arbeit sowohl der Drehungspunkt als auch das
Zeichenpapier ihre anfängliche Lage unverändert beibehalten haben.