Titel: | Verbesserter Morse'scher Farbendrucker. |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. CIII., S. 376 |
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CIII.
Verbesserter Morse'scher Farbendrucker.
Aus dem Mechanics' Magazine vom 19. März
1869.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Verbesserter Morse'scher Farbendrucker.
Lange Jahre hindurch behauptete sich der sogenannte „Morse“ in der Praxis als der einzige die
telegraphische Depesche aufschreibende Apparat, welcher die üblichen Schriftzeichen
in einen Papierstreifen eindrückt und dadurch sichtbar macht.Schon Morse hat Versuche gemacht, um bei seinem
Systeme mittelst eines Bleistiftes oder einer Feder etc. die aus Punkten und
Strichen zusammengesetzten Schriftzeichen darzustellen, ist aber wegen
Schwierigkeiten, auf welche er bei der Ausführung stieß, bei der
Reliefschrift stehen geblieben. W. In Amerika waren und sind noch bis jetzt größtentheils Morse'sche Apparate im Gebrauche, jedoch gewöhnlich als bloße
Schlaginstrumente (sounders), indem die Depeschen nur
nach den hörbaren Schlägen und den zugehörigen Zeitintervallen von geübten
Telegraphisten niedergeschrieben werden, ohne daß der Apparat selbst die Zeichen
aufnimmt.
In England wie in Europa ist die Hauptform des Druckapparates größtentheils dieselbe
geblieben, wenn auch seine verschiedenen Theile mannichfach verändert wurden.Froment construirte im Jahre 1852 im Auftrage der
sardinischen Regierung einen dem Morse'schen
ähnlichen Schreibapparat, bei welchem die Depesche selbstthätig in Chiffern
mittelst eines Bleistiftes auf einer mit Papier umkleideten Trommel
niedergeschrieben wird. Der Stift hatte eine hin- und hergehende und
zugleich drehende Bewegung; die letztere deßhalb, um denselben während des
Arbeitens von selbst zu spitzen. Ob diese Froment'sche Anordnung in der Praxis sich bewährte und weitere
Verbreitung gefunden hat, darüber fehlen nähere Nachrichten. W. Der Druckapparat bestand schon ursprünglich aus einem Elektromagnete und
einer Armatur, an der ein Hebel von verschiedener Länge befestigt war, welcher an
seinem Ende einen Metall-(meistens Stahl-) Griffel (Stift) trug. Durch
Anziehung des Ankers wurde der Stift gegen einen sich gleichmäßig fortbewegenden
Papierstreifen angedrückt, und auf diese Art die Morse'schen Zeichen eingedrückt dargestellt (Reliefschriftzeichen). Diese Art
von Zeichenschrift war jedoch nicht dauerhaft, indem die Zeichen leicht zum
Verschwinden gebracht werden konnten; Es ist daher natürlich, daß der Aufzeichnung
mit einer Art Farbe (Drucktinte) große Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Die erste
Einführung der Tintenschrift beim Morse'schen Apparate
verdanken wir Th. John, sie erfolgte im Jahre 1856.Nach H. Schellen's Handbuch „Der
elektromagnetische Telegraph“(dritte Auflage) S. 279 wurden
schon im Jahre 1854 nach der Angabe des
Telegraphen-Ingenieur-Assistenten Th. John auf der Wiener-Central-Station Apparate mit
Schwarzschrift benutzt. Erst später hat die Schwarzschrift in Frankreich,
wohin John seinen Apparat gebracht hat, Eingang
gefunden, und zwar nach einer Construction von Baudouin und den Gebrüdern Digney in
Paris. W. Bei dessen Einrichtung geht das Papier an einer kleinen Scheibe vorbei,
welche zur Hälfte in eine aus Tusche bestehende Tinte eingetaucht ist. Die mit dem
Anker in Verbindung gebrachte Scheibe wird gegen das Papier angedrückt, und sobald
das Zeichen gemacht wurde, ist Es sofort sichtbar. Hiermit war ein weites Feld zu
Verbesserungen eröffnet; bei allen blieb jedoch das System dasselbe, denn die
Zeichen wurden immer durch die Anziehung des Ankers (respective durch Hebung des
Hebels sammt Stift) bewerkstelligt. In einigen Fällen hebt der Anker das Papier
gegen die Druckscheibe, in anderen wird wieder die Scheibe gegen das Papier
angedrückt.
Digney benutzt eine Filzrolle, welche mit Drucktinte
versehen wurde. Durch diese wurde eine dünne Scheibe gedreht, deren Peripherie
folglich mit Tinte reichlich getränkt erhalten werden konnte. An der Scheibe vorbei
bewegte sich der Papierstreifen, unterstützt durch einen mit dem Anker in Verbindung
stehenden Hebel. Die Zeichen erhielt man durch Andrücken des Papieres an die
Scheibe.Dieser Apparat ist näher beschrieben in: Bulletin de
la Société d'Encouragement, 1859 S. 8; polytechn. Centralblatt,
1859 S. 625; Du Moncel, Revue des applications de l'électricité, p.169.W.
Diese Einrichtung fand in Frankreich, Belgien, Preußen und anderen Staaten eine sehr
günstige Beurtheilung und allgemeine Aufnahme,Cosmos, Revue
encyclopédique, 1858, t. XII p.360; polytechn. Journal Bd. CXLIX S.
115; Du Moncel, Revue des applications etc., p. 168.W sowie auch jene Versuche Anerkennung fanden, welche in dieser Hinsicht von
H. Siemens gemacht wurden. Der erste dieser Versuche
weicht ein wenig von jenem Digney's ab, indem Siemens bei seinem polarisirten Schwarzschreiber —
wie er den Apparat nennt — statt der Filzwalze, welche oftmaliges Tränken
erforderte, eine kleine Flasche mit Tintenvorrath in Anwendung brachte, deren Hals
mit dickem Filz verstopft war, und hiermit die Digney'sche Walze ersetzte. Dieß hatte aber seine Nachtheile, indem durch
Wärmen, etc. der Filz trocken wurde, und somit die Tintenzuleitung eine
unzureichende war. Indem nun die Beamten durch Nadelstiche nachhalfen, wurde die
zugeführte Tintenmenge zu groß und der Apparat sowie die Schrift selbst durch
Tintenflecke verunreinigt. Bei seinem zweiten Versuche (Brix, Zeitschrift des deutsch-österr. Telegraphen-Vereines,
Jahrg. IX S. 205) tauchte H. Siemens die Scheibe zur Hälfte in ein Gefäß welches mit Tinte gefüllt
war.In der letzten Zeit ist auch von Wernicke in
Berlin eine Abänderung des Morse'schen Apparates
in dieser Richtung angegeben worden (Brix,
Zeitschrift des deutsch-österr. Telegraphen-Vereines, Jahrg.
VIII S. 119). Eigenthümlich bei dieser
Construction ist die Papierführung, von welcher die Herstellung einer
deutlichen Schrift bei allen derlei Apparaten am meisten abhängig ist. Bei
der Central-Station zu Berlin wurden Versuche mit drei Apparaten
dieser Art angestellt, von welchen während 3 Monaten zwei ohne, und einer
mit Relais gearbeitet haben. Dieselben hatten auf den verschiedenen Linien
sich gut bewährt und lieferten eine stets deutliche und reine Schrift.
W. Die anderen Modificationen in dieser Richtung verdienen keine weitere
Erwähnung.
Alle diese Methoden haben jedoch den Nachtheil einer schlechten Zuführung der Tinte,
was bei telegraphischen Apparaten möglichst zu vermeiden ist.
Die letzte Anordnung in dieser Hinsicht ist die der India-rubber, Gutta-percha and
Telegraph Works Company patentirte.
Außerdem daß durch die neue Anordnung die erwähnten Nachtheile als beseitigt
erscheinen, besitzt der im Folgenden beschriebene Apparat noch mehrere
schätzenswerthe Vortheile. Die Figuren 16 bis 18 zeigen die
Ansichten des Druckapparates selbst, und die Figuren 19 – 23 stellen die
Construction der Tintenfeder (Schreibfeder) dar.
Der Elektromagnet E, E zieht
den Anker A an (Fig. 17 und 18). Mit dem
Anker steht ein Arm L in Verbindung, welcher an seinem
freien Ende die Feder P trägt, unter der das Papier sich
fortbewegt. Dieses wird von der Rolle D so abgewickelt
wie Es die Figur darstellt. Das Aufzeichnen der Depesche geschieht auf dieselbe
Weise wie bei anderen Morse'schen Apparaten. Wird der
Elektromagnet thätig, so zieht er den Anker an, die Feder berührt das Papier, und
zeichnet eine Linie oder einen Punkt auf, je nachdem der Strom mehr oder weniger
lang andauert; oder sie zeichnet die gebräuchlichen Morse'schen Zeichen, je nach dem Willen des Telegraphirenden.
In der Construction der Feder liegt der große Unterschied des patentirten Apparates
von allen bisherigen Anordnungen. Der Schreibapparat bildet nämlich nicht eine bloße
Feder, sondern ein Reservoir, welches nur sehr selten mit Tinte gefüllt zu werden
braucht, eine Feder die nie austrocknet, sich außerordentlich rein erhält und stets
zum augenblicklichen Gebrauche bereit ist.
Fig. 19 zeigt
den Aufriß der Feder, und Fig. 20den Durchschnitt
derselben. Die Tinte ist im Reservoir R enthalten und
wird dadurch eingefüllt, daß man den Hintertheil b, b abschraubt. Sie fließt in das Reservoir durch die
Löcher c
Fig. 22. Vor
dem Reservoir ist eine concave Platte B, welche als die
eine Spitze der Feder dient und durchlöchert ist (0,0 Fig. 21). Durch diese
Löcher fließt die Tinte in die Feder. Die andere Spitze dieser Feder bildet ein
ähnliches metallisches Stück B ohne Oeffnungen. Auf
derselben Achse zwischen den beiden Spitzen (Fig. 20) ist die gezackte
Scheibe x
Fig. 23
angebracht, welche dazu dient, die Tinte gegen die beiden Spitzen zu leiten. Daraus
ist einleuchtend, daß die Feder ganz sicher und rein arbeiten und so lange in
Thätigkeit bleiben muß als Tinte vorhanden ist, ohne daß solche verschwendet wird,
indem die Tinte nur dann verbraucht werden kann und aus der Feder heraustritt, wenn
das Papier dieselbe berührt.
J. W.