Titel: | Ueber die Zersetzbarkeit des Schwefelkohlenstoffes in der Hitze; von W. Stein. |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. CXXXI., S. 495 |
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CXXXI.
Ueber die Zersetzbarkeit des
Schwefelkohlenstoffes in der Hitze; von W.
Stein.
Aus dem polytechnischen Centralblatt, 1869 S.
392
Stein, über Zersetzung des Schwefelkohlenstoffes in der
Hitze.
Um über die näheren Bestandtheile des Ultramarins in's Klare zu kommen, machte sich
die Darstellung von Schwefelaluminium nöthig, welche auf verschiedene, u. A. auch
nach der von Fremy angegebenen Weise, jedoch unter
Anwendung von Porzellanschiffchen, versucht wurde. Hierbei zeigte sich, daß das bei
Hellrothglühhitze erhaltene Präparat, welches wenig zusammengesintert und von
kohksähnlichem Aussehen war, reichlich freien Kohlenstoff enthielt. Auch hatte sich
während der Arbeit in der Röhre, welche die Glühröhre von Porzellan mit einem Kühler
zur Verdichtung des Schwefelkohlenstoffdampfes verband, viel Schwefel abgeschieden;
ebenso war das Destillat von aufgelöstem Schwefel gelb gefärbt.
Da die, wie Es scheint, allgemein angenommene Voraussetzung, daß der
Schwefelkohlenstoff durch Glühhitze nicht zersetzt werde, weil er sich bei einer
solchen Temperatur bildet, mit diesen Beobachtungen im Widersprüche stand, so wurde
der zu den Versuchen benutzte Schwefelkohlenstoff zuerst sorgfältig gereinigt, und
dann das specifische Gewicht, der Siedepunkt und die Zusammensetzung unter der
Leitung des Hrn. Assistenten Naschold von dem
Polytechniker Hrn. Pfund bestimmt.
Specifisches Gewicht bei + 17° C. 1,2684,
Siedepunkt 46,5° C.
Die Schwefelbestimmung war nach Carius auf die Weise
ausgeführt worden, daß man den in Glaskügelchen eingeschlossenen Schwefelkohlenstoff
mit doppelt-chromsaurem Kali und Salpetersäure von 1,4 specifischem Gewicht
in zugeschmolzener Röhre auf 160 bis 170°C. erhitzte.
1) 0,1093 Schwefelkohlenstoff lieferte 0,670 schweselsauren Baryt,
entsprechend 84,18 Proc. Schwefel.
2) 0,1102 Schwefelkohlenstoff lieferte 0,6755 schwefelsauren Baryt,
entsprechend 84,17 Proc. Schwefel.
Von diesem Schwefelkohlenstoff, welcher, wie aus dem Angeführten ersichtlich ist,
vollkommen rein war, wurde nun
1) der Dampf durch eine mit Meißener Porzellanscherben gesullte böhmische Röhre
geleitet, bis die Luft verdrängt war, diese alsdann mittelst Bunsen'scher Brenner zum angehenden Rothglühen erhitzt und längere Zeit bei dieser
Temperatur erhalten. Nach Beendigung des Versuches hatte sich weder Kohlenstoff auf
dem Porzellan abgelagert, noch Schwefel abgeschieden.
2) Der vorhergehende Versuch wurde wiederholt, die Röhre jedoch in einem
Verbrennungsofen mit Kohlen bis zur Hellrothgluth erhitzt, wobei sie erweichte.
Dießmal war die Oberfläche der Porzellanscherben mit Kohlenstoff bedeckt, und sowohl
in der Verbindungsröhre, als in dem Destillate war Schwefel vorhanden.
Außer bei diesen, mit specieller Absicht angestellten Versuchen ist bei der
Darstellung von Schwefelaluminium die Abscheidung von Kohlenstoff und Schwefel aus
dem Schwefelkohlenstoff so oft von uns beobachtet worden, daß über die
Zersetzbarkeit desselben bei Hellrothglützhitze kein Zweifel bestehen kann. Wenn
diese Resultate mit den Versuchen von Berthelot (Will's Jahresbericht für 1859 S. 83) und Playfair (Ebend. 1860 S. 82) im Widersprüche zu stehen
scheinen, so ließe sich dieß allenfalls aus einem Rückhalte an Luft in dem von
Beiden angewendeten Bimsstein oder einer nicht genügend hohen Temperatur erklären.
Anders verhält sich der Schwefelkohlenstoffdampf allerdings gegen glühende
Kohle.
3) Holzkohle in haselnußgroßen Stücken wurde in einer böhmischen Röhre zuerst im
Wasserstoffstrome vollständig ausgeglüht, der Wasserstof dann durch
Schwefelkohlenstoffdampf verdrängt, und endlich zum hellen Nothglühen erhitzt, wobei
die Röhre wieder erweichte. Da eine Abscheidung von Schwefel in der Verbindungsröhre
nicht bemerkbar war, so wurde der verdichtete Schwefelkohlenstoff bei möglichst
niedriger Temperatur vollständig abdestillirt. Hierbei blieb eine sehr geringe Menge
Schwefel zurück, und Es hatte sonach eine allerdings nur sehr unbedeutende
Zersetzung des Schwefelkohlenstoffes auch hier stattgefunden.
Der letzte Versuch zeigt, daß der Schwefelkohlenstoff in Gegenwart von glühenden
Kohlen nicht zersetzt wird, oder, was wahrscheinlicher ist, sich immer wieder neu
bildet. Bedingung ist dabei allerdings, daß der ganze glühende Raum, durch welchen
der Dampf passirt, mit Kohlen gefüllt ist. Wenn nämlich die Darstellung von
Schwefelaluminium unter Anwendung von Kohlenschiffchen, wie Fremy Es beschreibt, ausgeführt wurde, so fand die Zersetzung zwar an der
Stelle des Schiffchens nur unbedeutend statt, denn das gebildete Schwefelaluminium
enthielt nur wenig freien Kohlenstoff ; im übrigen Theil der Röhre aber wurde der
Schwefelkohlenstoff zerlegt, denn in der Nerbindungsröhre und im Destillate war
reichlich Schwefel enthalten.
Für die Praxis der Schwefelkohlenstoffbereitung dürften die vorstehenden
Beobachtungen insofern einiges Interesse haben, als sich daraus ergibt, daß Verluste
an Schwefelkohlenstoff entstehen, wenn der Apparat nicht fortwährend mit Kohlen
gefüllt erhalten wird.