Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. , S. 339 |
Download: | XML |
Miscellen.
Miscellen.
Beheizung von Personenwagen.
Im Auftrage des königl. bayerischen Handelsministeriums hat der Maschinenund
Röhrenfabrikant Johann Haag in Augsburg vier Wagen I. und II. Classe mit der
von ihm projectirten Dampfheizung versehen und wurde am 25. Januar d. Is. die erste
Probefahrt damit angestellt. Das Ergebniß war ein sehr günstiges. Bei einer Kälte
von 160 R. wurden die Wagen angeheizt und binnen
einer Stunde bis zur Abfahrt des Zuges war die Temperatur bis zu 40 Wärme, und im Verlaufe der 1½ stündigen
Fahrt bis zu 120 Wärme, also in 2½ Stunden um
280 R. gestiegen.
Der Kohlenverbrauch betrug in den 2½ Stunden 90 bis 100 Pfund; auf der Fahrt
zwischen München und Augsburg selbst wurden jedes Mal 28 bis 29 Pfd. Kohlen
verbraucht, welche beiläufig 190 Pfd. Wasser in Dampf von 2 Atmosphären Spannkraft
verwandelten. Wenn auch die erste Herstellung einer solchen Dampfheizung theurer zu
stehen kommt als die bisherige Erwärmung der Wagen mit Heißwassercylindern, so
werden diese Mehrkosten mehr als aufgewogen durch die sehr große Abnutzung der
Wärmcylinder und ihrer Ueberzüge, durch die Ersparung an Personal, Zeit und
Brennmaterial, welche zur Füllung, Vertheilung etc. der Wärmrollen nöthig sind.
Diese Heizungseinrichtung selbst ist der Art, daß in dem den Eil- und
Postzügen beigegebenen Gepäckwagen ein Drittel des Raumes zur Aufstellung eines
kleinen aufrechtstehenden Dampfkessels, welcher 10 bis 12 Waggons zu beheizen
genügt, verwendet wird. Von diesem Dampfkessel aus geht die Dampfleitung in die
verschiedenen Waggons, welche dadurch vermittelt wird, daß unter denselben
schmiedeeiserne geschweißte, einen Zoll im Lichten haltende Röhren sich befinden,
welche zur Verhütung der Erkaltung gehörig durch Umhüllung mit schlechten
Wärmeleitern geschützt und welche zwischen den Wagen mittelst starker Schläuche von
vulcanisirtem Gummi verbunden sind, welche das Zusammenstoßen und Auseinandergehen
der Waggons anstandslos gestatten, ohne daß die Circulation des Dampfes gehindert
wird. An dem tiefsten Punkte dieser im Bogen hängenden Verbindungsschläuche befindet
sich ein kleiner Hahn zur Ablassung des sich bildenden Condensationswassers. Von
dieser Dampfleitung gehen nun in jedes Coupé kleinere Dampfröhren, um die unter
jeder Sitzbank befestigte cylindrische, schmiedeeiserne, an beiden Enden
geschlossene Röhre durch Dampf erwärmen zu können; ein eigener Dampfhahn ermöglicht
es, den Zufluß des Dampfes zu jeder einzelnen Röhre unter den Sitzbänken nach
Belieben zu moderiren oder ganz abzusperren und so die Temperatur entsprechend zu
halten, ohne daß hierdurch der Dampfzufluß zu einer anderen Sitzbankröhre irgendwie
alterirt würde. (Zeitung des Vereines deutscher Eisenbahnverwaltungen, 1869, Nr.
8.)
Neues Verfahren zur Herstellung von
Eisenbahnwagenachsen.
In der amerikanischen Railway-Times wird folgende
Methode zur Herstellung hohler Stahlachsen beschrieben: Vor allen Dingen wird der
Stahl für diesen Zweck besonders sorgfältig hergestellt und alsdann nur derjenige
ausgewählt, welcher tauglich erscheint. Ein massiver Block von passender Größe wird
dann genommen und derselbe in der Art mit einem conischen Durchschlag gelocht, daß
kein Metall herausfallt, sondern dasselbe nur zusammengepreßt wird; in diesem Theile
der Herstellung beruht ihre große Ueberlegenheit über alle anderen Weisen, denn
durch die erwähnte Operation wird die Qualität des Stahles hinlänglich erprobt. Denn
wenn der Block eine oder mehrere Blasen hat, wozu aller Stahl geneigt ist, und
welche jede daraus gemachte Achse unsicher machen würden, wird sie sicher entdeckt
und in Folge dessen der Block verworfen werden, anstatt ihn auszuschmieden und eine
Achse zu produciren, deren Fehler nicht eher zu entdecken sind, als bis sie einen
schrecklichen Unfall verursacht haben. Die Blöcke, welche diese Prüfung bestanden
haben, gelangen in das nächste Stadium der Fabrication. Ein Dorn wird in das
ausgestoßene Loch eingebracht und der Block unter einem Hammer ausgeschmiedet.
Hierbei hat, in Folge des Dornes, jeder einzelne Schlag eine doppelte Wirkung, sowohl auf
die Innen- als Außenseite; die Achse wird sodann innen und außen mittelst
eines Walzenpaares vollendet, und nun folgt ein wichtiger Zug in der Herstellung
dieser Achsen. Die Zapfen werden eingepreßt, so daß sie eben so viel oder selbst
noch mehr Stärke haben als andere Theile der Achse. Dieß wird als ein Hauptvortheil
über alle anderen gebräuchlichen Herstellungsweisen von Achsen angesehen, da deren
Zapfen die schwächsten, statt, wie sie sollten, die stärksten Punkte sind. Die
Patentträger geben auch an, daß sie, weil sie Achsen von außerordentlicher Stärke
fabriciren, das Gewicht derselben um 20 bis 25 Proc. gegen gewöhnlich hergestellte
reduciren. (Mechanics' Magazine, December 1868, S. 444;
polytechnisches Centralblatt, 1869 S. 484.)
Ersatzmittel für die matt geschliffenen Scheiben in der
Photographie.
Die Photographen, besonders diejenigen, welche mit Verkleinerungen zu thun haben,
fühlten schon lange das Bedürfniß nach einem feineren Material als matt
geschliffenes Glas. Wenn man eine Platte, welche mit dem feinsten Schmirgel
geschliffen ist, mit einer Loupe untersucht, so entdeckt man auf ihr eine ungeheure
Menge kleiner, verschieden gestalteter Flächen, welche das Licht nach allen
Richtungen hin zerstreuen. Diesem Uebel abzuhelfen, schlägt Hr. Forrest vor, die Platte nicht mehr zu schleifen, sondern
mit Flußsäure zu ätzen. Die so hergestellte Platte ist so hell, daß man den feinsten
Druck durch dieselbe lesen kann, und zeigt unter einem starken Vergrößerungsglase
nicht die geringste krystallinische Structur. In der Camera besitzt sie noch
Durchsichtigkeit genug, um ein vollkommenes Bild zu zeigen, welches man mit Hülfe
des Augenglases bis zur äußersten Schärfe einstellen kann. (Photogr. News.)
Die Redaction der photographischen Mittheilungen, denen wir diese Notiz entlehnen,
bemerkt zu derselben, daß der Glasfabrikant Hr. Meyer,
Spandauer-Straße 67 in Berlin, schon seit einem Jahre geätzte matte Scheiben
vertauft. Dieselben übertreffen in der Mattirung selbst die wohl renommirten
englischen. (Photographische Mittheilungen, 5. Jahrgang, S. 289.)
Verfahren, die Farbe des Zinnobers für die Stubenmalerei
haltbar zu machen; von Prof. Dr. W. Artus in Jena.
Bekanntlich wird der Zinnober wegen seiner schönen Farbe häufig in der Stubenmalerei
angewendet; sein Farbenton verändert sich indeß sehr bald, besonders wenn er nicht
rein, sondern, um eine größere Deckkraft zu erlangen, mit etwas Bleiweiß verrieben
angewendet wird. Die Farbe wird schnell schmutzig braun, indem Schwefelblei
entsteht.
Der Verf. wurde von einem Stubenmaler befragt, wie der Farbe des Zinnobers eine
größere Dauer zu geben wäre, und fand nach vielen Versuchen, daß Schwefel im fein
zertheilten Zustande, als Schwefelblüthe, das geeignetste Mittel ist, diesen Zweck
zu erreichen. Der Zinnober wird mit dem achten Theile seines Gewichtes
Schwefelblumen vermischt, d. h. auf einem Präparirstein damit verrieben, und weiter
in bekannter Weise verarbeitet, (Vierteljahresschrift für technische Chemie, 9.
Jahrgang S. 157.)
Verhalten von Chlor, Brom und Jod gegenüber einer Lösung von
übermangansaurem Kali; von W. Lindner.
Die neuerdings in der Technik mit gutem Erfolge angewandte Eigenschaft des
übermangansauren Kalis bei gewöhnlicher Temperatur auf leicht zersetzbare
Verbindungen oxydirend zu wirken, macht, verbunden mit seiner stark tingirenden
Kraft, dasselbe zu einem ausgezeichneten Unterscheidungsmittel gegenüber Halogenen,
mit dessen Hülfe sich selbst Spuren derselben mit Bestimmtheit charakterisiren
lassen. Versetzt man
die Lösung irgend einer Jodverbindung mit einem Tropfen einer verdünnten Lösung von
übermangansaurem Kali, so geht die rothe Farbe desselben sofort in eine braune über,
d.h. Es tritt unter Ausscheidung von Jod Reduction des Kalisalzes ein. Es ist
hierbei vollständig gleichgültig, ob die Lösung des Jodids alkalisch oder sauer
reagirt nur daß im ersteren Fall die Flüssigkeit trübe, im letzteren klar erscheint.
Die neutrale Lösung einer Bromverbindung verändert dagegen die Farbe des Reagens
nicht und natürlich ebenso wenig eine alkalische. Säuert man sie jedoch durch einige
Tropfen Salpetersäure schwach an, so erfolgt dieselbe Erscheinung wie bei der
Jodidlösung. Die Lösung eines Chlorids endlich wirkt weder alkalisch noch angesäuert
auf übermangansaures Kali ein.
Die erwähnten Reactionen besitzen eine solche Schärfe, daß Brom-, resp.
Jodsalzlösungen von einer solchen Verdünnung, daß Silbersalze darin kaum eine
schwache Trübung erzeugen, nach Verlauf einiger Minuten die Reaction in genügender
Schärfe eintreten lassen. Selbstverständlich ist die Constatirung der sämmtlichen
drei Halogene, falls sie sich neben einander befinden, auf diese Weise unmöglich,
indessen dürfte das Reagens in solchen Fällen, wo die Anwesenheit anderer darauf
einwirkenden Stoffe ausgeschlossen ist, immerhin Beachtung verdienen. —
schließlich möge, als auf denselben Reactionen beruhend, noch eine interessante
Bildung des mangansauren Baryts erwähnt werden. Es scheidet sich derselbe nämlich
stets als schön grüner Niederschlag aus, wenn eine Barytlösung mit übermangansaurem
Kali und hierauf mit Jodkaliumlösung versetzt wird. (Chemisch-technisches
Repertorium.)
Englisches Flavin zum Gelbfärben der Wolle; von E. Wolffenstein.
Flavin wird schon seit mehreren Jahren als Ersatz des Quercitrons in der
Wollenfärberei benutzt. Die Anwendung desselben ist bedeutend angenehmer als
diejenige des Quercitrons. Man spart das leidige Auskochen, und die Farben werden
klarer und brillanter, da dem Flavin die braunen und schmutzigen Farbstoffe, welche
in der Quercitronrinde noch enthalten sind, vollständig fehlen,
Das Flavin, welches bisher zum Preise von Circa
17½ Sgr. Pro Pfund in den Handel kam, war ein
amerikanisches Product, dessen Darstellung lange Zeit unbekannt war, bis sie vor
Kurzem aufgeklärt wurde. Man erhält es, indem man die Rinde mit kochendem Wasser
auszieht und das Decoct erkalten läßt, als einen gelben Niederschlag.
Vor Kurzem wurde uns ein englisches Flavin vorgelegt, welches sich von dem
Amerikanischen sehr vortheilhaft unterscheidet. Die amerikanischen Sorten, wie
Cheasepeake und Sandford, enthalten nämlich Circa 80
Proc. Mischung, welche das Gewicht bedeutend erhöht und den niedrigen Preis des
Materiales zu einem imaginären macht, das englische Flavin dagegen ist ein ganz
reines Product, dessen Reinheit am besten durch die Leichtigkeit bewiesen ist. Eine
Kiste Sandford-Flavin, welche 56 Pfd. netto enthält, kann nicht 10 Pfd. von
dem englischen Flavin fassen. Das englische Flavin ist daher, trotz seines hohen
Preises, wegen seiner Reinheit bedeutend billiger als die gemischten amerikanischen
Sorten. (Musterzeitung, 1869, Nr. 3.)
Das Marron, ein neues Farbmaterial.
Bekanntlich war Es Rudolph Knosp in Stuttgart, welcher
zuerst die Fähigkeit der Rückstände von der Auslaugung der Fuchsinschmelze erkannte,
die Faserstoffe in Einem mehr oder meniger ternirten Kirschroth bis Braun zu
färben.Man vergleiche: M. Reimann, die Technologie des
Anilins. Berlin, Jul. Springer. Seitdem haben diese Producte Tausende von Centnern Orseillepräparate
ersetzt. Der unter dem Namen „Cerife“ in den Handel kommende
Farbstoff enthält neben vielen noch nicht genau genug untersuchten violetten,
braunen und rothen Pigmenten viel von dem als Auilin
orange oder Phosphin bekannten Chrysanilin.Siehe ebendaselbst das Capitel „Chrysanilin.“
Weit größere Wichtigkeit, als jenes so genannte Cerise
jemals erlangt hat, verspricht indessen ein anderes Farbmaterial zu bekommen,
welches von derselben Firma unter dem Namen „Marron“ (Kastanienbraun) in den Handel gebracht wird.
Während die Farbe des alten Cerise eigentlich immer nur die eines recht schmutzigen
gelbstichigen Fuchsins war, sind die mit Marron erzeugten
Farben entschieden rein braun und machen Es dem Färber recht bequem, die
verschiedenen Nüancen des Braun zu färben.
Das Marron soll nach der Angabe des Hrn. Knosp wesentlich das Product der Oxydation der höheren
Homologen des Anilins und Toluidins seyn. Diese Oxydationsproducte der höheren
Homologen zeichnen sich besonders durch die Schwerlöslichkeit ihrer neutralen Salze
aus, und dieser Umstand ermöglicht ihre Reindarstellung. Sie werden mit Kochsalz
niedergeschlagen und geben ein vollkommen krystallinisches dunkelbraunes Product,
mit dessen Lösung sich ohne Weiteres färben läßt. Der Preis dieses Präparates ist,
ganz verschieden von dem anderer Anilinproducte, so niedrig, daß das Marron
voraussichtlich den Farbhölzern, mit denen sonst billiges Braun gefärbt wird, eine
bedeutende Concurrenz machen wird. Daneben ist natürlich das Färbeverfahren für
Marron viel einfacher, als das bei Farbhölzern gebräuchliche.
Das Marron kostet pro Centner zehn Thaler preuß.
Wir glauben nicht, daß jemals ein ähnlich billiger Preis für ein Anilinproduct
gezahlt worden ist.
Für das Färben mit dem Marron gibt Hr. Knosp folgende
Anhaltspunkte.
Man löst in heißem, resp. kochenden Wasser, auf, filtrirt und färbt unter Zusatz von
Alaun,Der Alaun der Knosp'schen Vorschrift spielt hier
nur die Rolle eines sauren schwefelsauren Salzes, da er leicht durch
Weinsteinpräparat (saures schwefelsaures Kali) ersetzt werden kann.R. jedoch mit Vermeidung weiterer saurer Zusätze, weil sonst der gelbliche
Antheil des Farbstoffes nicht aufgeht, nur bei gelindem Kochen.
Baumwolle muß vorher stark schmackirt oder in anderer Weise vorbereitet werden. Dann
nimmt auch diese den Farbstoff schnell auf.
Im Allgemeinen sorge man immer dafür, daß die Flotte gut abgeschäumt sey.
Man färbe möglichst auf einem Bade fort, und zwar zuerst
die dunklen, später die helleren Töne.
Für Woll-Druck empfiehlt Es sich, den Farbstoff in Alkohol aufzulösen und die
erhaltene Lösung mit Wasser bis zur gewünschten Intensität zu verdünnen.
Nüancirungen lassen sich leicht erreichen. Für dunklere nimmt man Pensélack, für
hellere gelbes Vesuvin, einen ebenfalls von Rudolph Knosp in Stuttgart in den
Handel gebrachten gelben Farbstoff, über den wir nächstens berichten werden.
Wir lassen nun die „G“Gebrauchsanweisung folgen, welche Hr. Knosp selbst für Benutzung seines Marron gibt.
Auflösung.
1 Pfund Marron wird mit
2 Pfund Wasser gut verrührt und sodann mit wenigstens
50 Pfund Wasser aufgekocht,
hierauf zum Gebrauch entweder filtrirt oder absetzen gelassen, unter Wegnahme des
etwa an der Oberfläche sich bildenden Schaumes.
Färben der Wolle. Es geschieht wie mit Fuchsin, jedoch
unter Zusatz von Alaun und vorherigem Auskochenlassen und Abschäumen des mit
Farbstofflösung angesetzten Bades; man färbt zuerst die dunkleren, dann die helleren
Töne.
Diese Farben sind haltbarer als mit Fuchsin hergestellte.
Um gelberes Braun zu erlangen, nimmt man einen Zusatz von Vesuvin, für dunklere
Pensélack.
Färben der Baumwolle. Dieselbe
braucht bloß schmackirt zu werden, um dann in einem Marronbade sich sehr leicht und
angenehm zu färben; jede andere für Anilinfarben dienende Beize kann jedoch auch
hier angewendet werden.
Druck auf Wolle. Ein prachtvolles Braun, weit billiger als
mit Orseilleextract, erhält man, indem
1 Pfund Marron mit etwa 20 Theilen Wasser aufgekocht, filtrirt und hierauf die
Flüssigkeit mit Stärke oder Gummi verdickt wird. Sollten noch dunklere Töne verlangt
werden, so kann man
auch mit einer geringeren Menge Wasser auflösen, indem man demselben etwas
Essigsaure zusetzt. Filterrückstände können bis zu vollständiger Auflösung stets
neuen Operationen zugefügt werden. Man dämpft wie bei Orseilleextract. M . Reimann. (Musterzeitung für Färberei etc., 1869, Nr.
8.)
Die Ramiepflanze.
In einigen Gegenden des nordamerikanischen Südens beschäftigt man sich in sehr
ausgedehnter Weise mit der Cultur der Ramiepflanze. Ein
einzelner Pflanzer am Mississippi bietet 500,000 Stücke dieser Pflanze zum Verkauf
aus und aus Europa laufen in New-Orleans zahlreiche Aufträge auf diese
Pflanzenfaser ein. Die Ramiepflanze gehört zur Familie der Disteln, wird durch
Setzlinge ohne Mühe verpflanzt, ist Perennirend und gibt jährlich 3 — 4
Ernten. Die Fäden dieser Pflanzenfaser sind länger und seidenartiger als Baumwolle,
und liefern mit Wolle oder Baumwolle vermischt einen sehr schönen Stoff und
unvermischt verarbeitet ein Gewebe, welches der Lyoner Seide ähnelt.
Anwendung des Dégras; von Franz Sünn.
In eine Tonne schütte man 3 Theile des käuflichen Dégras und gieße 1 Theil über dem
Feuer zerlassenen Talg unter beständigem Umrühren hinzu. Dieses Verhältniß von
Dégras und Talg ist indeß nicht für alle Fälle maßgebend; vielmehr sind verschiedene
Umstände auf dasselbe von Einfluß. Ist z. B. das in der Gerberei verwendete Wasser
sehr kalkhaltig, so muß etwas mehr als 1 Theil Talg genommen werden; ist hingegen
das Wasser sehr eisenhaltig, so nimmt man etwas mehr als 3 Theile Dégras. Man
bereitet sich von dieser schmiere vortheilhaft einen größeren Vorrath, weil sie,
wenn sie zwei bis drei Wochen hindurch stehen bleibt, viel mürber Und zarter
erscheint als eine Schmiere, welche erst kurz vor dem Gebrauche bereitet wurde.
Diese Schmiere wird nun nicht warm, sondern kalt aufgetragen, und zwar auf die
Fleischseite; für die Narbenseite verwendet man die weiter unten angegebene
schmiere. Durch das Kaltauftragen werden mehrere wesentliche Vortheile erzielt.
Zunächst wird dabei die Farbe gleichmäßiger. Ferner hat man die kalte und somit
steifere schmiere mehr in der Gewalt, als eine warme, dünnflüssige. Während man die
kalte schmiere auf die sogenannten Stellungen, welche besonders viel Fett erfordern,
leicht auftragen kann, würde eine warme Schmiere gerade von den Stellungen abfließen
und sich an den Theilen ansammeln, welche am wenigsten Fett vertragen können, wie an
den Flemen, dem Halse und dem Bauche. Weiterhin wird beim Kaltschmieren das Leder
glatter, und endlich hält sich die Schärfe des Vlanchireisens viel besser bei einem
Leder, welches mit kalter Schmiere bearbeitet ist, als bei dem warm geschmierten.
Statt der oben beschriebenen Schmiere wird nun namentlich in Deutschland noch
vielfach Thran angewendet, welcher aber durchaus zu verwerfen ist; das Leder
verliert dadurch Seine wesentlichsten und besten Eigenschaften. Es wird
fuchsig-schwammig und lose, bedeckt sich bald mit einem wie Schimmel
aussehenden Ueberzug, und erhält nie die schöne Farbe, welche die Dégrasschmiere ihm
gibt. Eine wichtige Vorbedingung für das Gerathen der Dégrasschmierung ist es, daß
die Haut weich in den Kalk gearbeitet ist; getrocknete Häute erweicht man daher
gehörig vor der Einarbeitung in den Kalk. Ist nämlich das Innere der Haut noch
hornig, so wird dieselbe leicht verschmiert. Eine zweite Vorbedingung ist es, daß
die Haut genug Feuchtigkeit enthält, da sonst das Fett nicht gleichmäßig und
successive auf den Kern vordringen kann. Drittens muß die Haut genug gegerbt seyn;
ist sie das nicht, so kann sie weniger Fett vertragen, und dieses schlägt dann
leicht durch. Geräth also die Dégrasschmierung nicht nach Wunsch, so möge man viel
eher in mangelhafter Erfüllung dieser sehr wichtigen Vorbedingungen die schuld
suchen, als in dem Dégras, womit jedoch nicht behauptet werden soll, daß Es nicht
auch schlechte Dégras gebe. Das Schmieren der Narbenseite geschieht in Frankreich
mit hellem Thran, welchen man dazu mit etwas Talg versetzt, etwa I Theil Talg auf 4
Theile Thran. Diese Mischung ist weit vortheilhafter als die einfache
Thranschmierung, wie sie in Deutschland durchgehends im Gebrauche ist. Der Talg,
welcher dem Dégras oder
dem Thrane zugesetzt wird, soll reines Stierfett seyn, was besonders für die
Fleichseite von Wichtigkeit ist. So ist namentlich der russische Talg, welcher in
Deutschland vielfach in Gebrauch ist, mit Schweine- und Schaffett versetzt,
und also nicht immer zur Verwendung rathsam. Freilich hat derselbe einen zarteren
Griff, was Viele täuscht, welche gerade aus diesem feinen Griff auf die Güte des
Talges schließen zu dürfen glauben. Am besten ist daher jedenfalls, den Talg aus
einer zuverlässigen einheimischen Quelle zu beziehen. (Chemisch-technisches
Repertorium, 1868 1. Halbjahr, S. 47.)
Brennende Fette oder Harze zu löschen.
Ein leicht anzuwendendes Mittel, welches bisher wenig berücksichtigt wurde und doch
vor anderen manche Vorzüge hat, ist ein engmaschiges Drahtgitter, und stützt sich
die Anwendung auf den bekannten physikalischen Grundsatz, daß keine Flamme durch ein
ziemlich engmaschiges Sieb brennt. Man faßt ein solches Drahtgitter, wozu man auch
einen alten Siebboden verwenden kann, in einen Rahmen und hebt ihn irgendwo auf, so
daß man ihn immer zur Hand hat. Fängt nun z. B. Fett, oder wie in Brauereien oder
Theerfabriken oder beim Firnißsieden u. s. w. Harz zu brennen an, so bringt man das
Sieb auf das Gefäß, Es erlischt bald die Flamme und die Gefahr ist vorüber. Diese
Methode hat vor den übrigen den Vorzug, daß man das noch vorhandene Fett nicht durch
Hineinwerfen von Asche oder Erde zu verderben braucht, und den sich entwickelnden
Gasen ein hinreichender Raum zum Austritte gestattet ist, und auch durch den
erleichterten Zutritt kälterer Luft eine schnellere Abkühlung erfolgt, die
nöthigenfalls durch Hineinblasen beschleunigt werden kann. (Gewerbeblatt für das
Großherzogthum Hessen, 1869 S. 72.)
Schwefelkohlenstoff als Mittel gegen Kopfweh.
Dr. Kennion rühmt den
Schwefelkohlenstoff als ein sich. sehr bewährendes Mittel gegen Kopfweh und Migräne.
Es wird dasselbe in der Weise angewendet, daß man die Oeffnung eines Glases, in dem
sich ein mit Schwefelkohlenstoff getränktes Stück Watte befindet, an die Schläfen
oder hinter das Ohr oder an die schmerzende Stelle hält; Es tritt darnach zunächst
ein prickelndes Gefühl, dann rasch Nachlaß des Schmerzes, besonders wo Es sich um
nervöses Kopfweh handelt, ein. (Aus Medical Times and
Gazette, durch Neues Jahrbuch für Pharmacie, Bd. XXXI S. 185.)
Anwendung der Meerzwiebel als Mittel zur Vertilgung von Ratten
und Mäusen.
Die Meerzwiebel ist in Frankreich als das sicherste und am schnellsten wirkende
Vertilgungsmittel für Mäuse, Ratten und andere Nagethiere erkannt worden, besser als
Phosphor, Arsenik und sonstige Gifte. Es wird versichert, daß diese Thiere den Stoff
mit Begierde verzehren, was man bei dessen Bitterkeit und Schärfe nicht erwarten
sollte. Beim Verbrauch im frischen Zustande wird die Zwiebel zerkleinert, in Fett
geschmort, dann die Rückstände vom Fett abgesondert, und dieses allein ausgesetzt,
da Es allen Giftstoff aufgenommen hat. Zum Versenden und zu mehrjähriger
Aufbewahrung wird ein pulverförmiges Präparat hergestellt, indem man die Zwiebeln in
Brei verwandelt, mit Mehl zu einem steifen Teige mischt und diesen in dünne Blätter
ausrollt, an der Luft trocknet und pulverisirt. Da die Zwiebel in Algier massenhaft
wild wächst und für die Kosten des Ausreißens zu erlangen ist, so hoffen die
Franzosen darauf ein Handelsgeschäft zu gründen, bei welchem sie alle Welt zu Kunden
haben. (Industrie-Blätter, 6. Jahrgang, Nr. 5.)