Titel: | Die Panzerfregatte „König Wilhelm.“ |
Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. XXI., S. 106 |
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XXI.
Die Panzerfregatte „König
Wilhelm.“
Mit Abbildungen.
Die Panzerfregatte „König Wilhelm.“
Wie im Engineer, 1869 S. 156, berichtet wird, machte die
Panzerfregatte „König Wilhelm“ am 15. Februar d. J. ihre
officielle Probefahrt zur Feststellung ihrer Geschwindigkeit in Gegenwart einer
Commission von preußischen Seeofficieren; das Resultat war ein überaus
zufriedenstellendes, so daß einige Daten gewiß von Interesse seyn werden.
Der „König Wilhelm“ ist das stärkste und gewaltigste
Panzerschiff der Welt (die Engländer möchten natürlich ihren eigenen
„Hercules“ für ein wenig stärker ausgeben), sowohl was die
Dimensionen seines Panzers, was die Maschinenkraft, seine Geschwindigkeit, seinen
Kohlenraum, als auch seine Geschützbewaffnung betrifft. Der Entwurf zum Schiffe ist
von E. J. Reed, dem Hauptconstructeur der englischen
Marine, gemacht, während der Bau selbst von Thames Iron
Works ausgeführt und die Maschine von Maudslay
und Field geliefert ist.
Die Dimensionen sind: Länge zwischen den Perpendikeln 355 Fuß 10 Zoll engl. (108,45
Meter), größte Breite 60 Fuß (18,29 Met.), Tiefe im Raume 18 Fuß 10 1/2 Zoll (5,76
Met.), Tiefgang vorn 24 Fuß 6 Zoll (7,46 Met.), hinten 26 Fuß 6 Zoll (8,07 Met.),
bei einer Höhe der Stückpforten von 10 Fuß (3,05 Met.) über der Wasserlinie. Der
Panzer ist 8 Zoll (203 Millim.) stark in der Batterie mit einer Unterlage von 10
Zoll (255 Millim.) Teakholz und reicht 6 Fuß 8 Zoll (2,03 Met.) unter die
Wasserlinie.
Die Bewaffnung besteht aus 22 gezogenen Krupp'schen
300-Pfündern im Batteriedeck, vier leichteren Geschützen auf dem oberen Deck
in bombenfesten Thürmen, sowie zwei Bug- und zwei Heckgeschützen.
Die Maschinen sind nach dem bekannten Maudslay'schen
Dreicylindersystem gebaut und haben 1150 nominelle Pferdestärken. Die drei Cylinder sind mit
Dampfmänteln versehen, haben 95 Zoll (2410 Millim.) Durchmesser bei 4 Fuß 6 Zoll
(1,37 Met.) Hub und sollen Mit 25 bis 30 Pfd. Ueberdruck pro Quadratzoll (1,76 bis 2,11 Kilogrm. pro
Quadratcentimeter) arbeiten und circa. 64 Doppelhübe
machen. Die Schieber werden durch Sell's patentirten
Mechanismus, welcher im Engineer vom 29. Juni 1866
beschrieben ist, bewegt; bei ihm ist für jeden Cylinder nur ein einziger Schieber
vorhanden, durch welchen die Expansion innerhalb der Grenzen von 1/3 bis 1/6 variirt
werden kann. Die Oberflächencondensatoren enthalten 9272 Rohre von 3/4 Zoll (19
Millim.) äußerem Durchmesser bei 8 Fuß 6 Zoll (2,59 Met.) Länge und sind nach dem
Hall'schen Principe gebaut, so daß also der Dampf
durch die Rohre geht, während das Condensationswasser dieselben umgiebt. Zwei
doppeltwirkende direct vom Dampfkolben getriebene Pumpen von 17 1/2 Zoll (445
Millim.) Durchmesser treiben dieses Wasser durch die Condensatoren und zwar ein
Quantum von 12000 Gallons (54522 Liter) pro Minute.
Acht Kessel mit je fünf Feuerungen, deren Roste 7 Fuß 6 Zoll (2,28 Met.) lang und 2
Fuß 11 1/2 Zoll (0,902 Met.) breit sind, liefern den erforderlichen Dampf. Diese
Kessel sind gewöhnliche Röhrenkessel mit zusammen 4400 messingenen Röhren von 2 1/2
Zoll (64 Millim.) äußerem Durchmesser bei 6 Fuß 6 Zoll (1,97 Met.) Länge und haben
Field'sche Ueberhitzer mit flachen Röhren.
Die Schraube hat 23 Fuß (7 Met.) Durchmesser und vier Flügel, welche bei der
Probefahrt auf 22 Fuß 6 Zoll (6,85 Met.) Steigung gestellt waren.
Es wurde nun die gemessene Seemeile (1,85 Kilometer) sechsmal befahren, um daraus
einen mittleren Werth zu gewinnen; dabei waren die äußeren Umstände nicht sehr
günstig, denn das Schiff war vollständig getakelt, der Wind blies ziemlich stark und
die den Fluß passirenden Fahrzeuge nöthigten den „König
Wilhelm“ öfters von seinem Curse abzuweichen. Dennoch gaben die sechs
Fahrten folgendes günstige Resultat:
Dampfspannungin Pfunden
(Kilogram.)
Umdrehungender Schraube
Geschwindigkeitin Knoten (Kilometer)
1. Meile
30 (2,11)
63 2/3
15,652 (28,956)
2. „
30 1/2 (2,15)
63
13,139 (24,307)
3. „
30 (2,11)
63 2/3
15,652 (28,956)
4. „
30 (2,11)
63 2/3
13,846 (25,615)
5. „
30 1/2 (2,15)
63 2/3
14,400 (26,600)
6. „
31 1/2 (2,21)
65 1/3
15,652 (28,956)
Im Mittel ergab sich also die Zahl der Umdrehungen zu 64, während die mittlere
Geschwindigkeit 14,721 Knoten (27,234 Kilomtr.) erreichte. Der mittlere Dampfdruck
am Indicator war 22,483 Pfd. (1,57 Kilogrm.), der Vacuumstand 27 1/2 bis 28 1/2 Zoll
(700 bis 725 Millim.) und die mittlere indicirte Pferdstärke = 8344 oder 7 1/4 mal
der nominellen Pferdestärke. Auf der sechsten Fahrt erreichte die indicirte
Pferdestärke sogar die hohe Zahl 8663, bei einem mittleren Dampfdrucke von 22,866
Pfd. (1,60 Kilogrm.). Die nachstehenden drei Diagramme sind während der Fahrt auf
der sechsten Meile genommen.
Textabbildung Bd. 193, S. 108
Das gesammte Gewicht von Maschinen, Kesseln mit Wasser darin ist 1057 tons (21,985 Ctr.) oder 2 1/2 Ctr. pro indicirte Pferdestärke. Das Deplacement des Schiffes
bei der Probefahrt war 9602 tons (4993 Last), der
Querschnitt des eingetauchten Hauptspant gleich 1313 Quadratfuß (122 Qdrtmtr.). Im
Kohlenraume können 870 tons (18,100 Ctr.) Steinkohlen
untergebracht werden.
Das stärkste Schiff der englischen Marine, der „Hercules“, ist
325 Fuß (99 Met.) lang, also 30 Fuß (9,14 Met.) kürzer als der „König
Wilhelm“, 59 Fuß (17,98 Met.) breit, hat 50 nominelle Pferdestärken
wehr, aber ungefähr dieselbe indicirte Pferdestärke, nur 8680 tons (4514 Last) Deplacement, kann daher auch weniger Kohlen mit sich
führen, nämlich nur 600 tons (12,480 Gr.), außerdem ist
sein Panzer auch schwächer als der des „König Wilhelm.“ Zum
Vergleiche beider Schiffe mögen noch die Coefficienten nach Armstrong's und Atharton's Formeln dienen.
Diese sind:
für den „König Wilhelm“
für den „Hercules“
(Geschwindigkeit³ × Hauptspannt)/indicirte
Pferdestärke = 500
= 488
(Geschwindigkeit³ × Deplacement
²/³)/indicirte Pferdestärke = 172
= 157
Wären die Umstände für den „König Wilhelm“ bei der Probefahrt
günstiger gewesen, so würden seine Coefficienten noch mehr die des
„Hercules“ übertroffen haben.
Die preußische Marine besitzt somit in dieser schönen Panzerfregatte eines der
trefflichsten und allen anderen weit überlegenen Schiffe. R. (Zeitschrift des
Vereines deutscher Ingenieure, 1869, Bd. XIII S. 337.)