Titel: | Der Monster-Inductions-Apparat des polytechnischen Institutes in London. |
Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. LVI., S. 198 |
Download: | XML |
LVI.
Der Monster-Inductions-Apparat des
polytechnischen Institutes in London.
Nach dem Engineer, Mai
1869, S. 344 und April S. 263.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Ueber den großen Inductions-Apparat des polytechnischen
Institutes in London.
Die Royal Polytechnic Institution besitzt gegenwärtig den
größten Inductionsapparat der Welt, welcher von Hrn. Apps
(am Strand in London) verfertigt wurde, und in Fig. 12 und 13 in Ansicht
und Durchschnitt dargestellt ist.
Die primäre Spule dieses neuen Apparates ist 9 Fuß 10 Zoll
(2,99 Met.) lang und mißt 2 Fuß (0,60 Met.) im Durchmesser. (Ruhmkorff's Inductionsrolle hat 0,5 Met. Länge.)
Der Kern der primären Drahtspule besteht aus einem großen
Bunde sehr weicher Eisendrähte, und zwar ist jeder derselben 5 Fuß (1,52 Met.) lang
und hat 0,0625 Zoll (1,59 Millimeter) Durchmesser. Der innerste Draht besteht aber
aus einer Litze von drei Drähten, indem eine solche Drahtverbindung
zweckentsprechender und bequemer ist, als die Benutzung eines einfachen dickeren
Drahtes. Nöthigenfalls können auch die einzelnen Drähte der Litze unabhängig von
einander benutzt werden; bis jetzt hat sich jedoch keine Nothwendigkeit zu ihrem
getrennten Gebrauch gezeigt. Diese Mitteldrahtlitze besteht aus 4 Längenstücken; die
zwei Enden jedes Stückes sind mit zwei Endstäben verbunden, was im Ganzen acht Stäbe
gibt, welche sämmtlich (wie die Abbildung zeigt) vom einen Ende des Inductoriums
vorstehen. Die Enden der 4 Litzenstücke können entweder so mit einander verbunden
werden, daß der Strom alle nach einander durchlaufen muß, oder in der Art, daß der
Strom sich theilt und durch alle 4 Litzenstücke gleichzeitig hindurchgeht. Der Durchmesser der combinirten Drahtseile beträgt 4 Zoll
(0,10 Met.) und das Gewicht dieses eingeschobenen Drahtseilkernes 123 Pfund (45,91
Kilogrm.).Bei Ruhmkorff 120 mit Wachspapier umgebene
Eisenstäbchen.
Die diesen Kern umgebende primäre Drahtspule oder inducirende Rolle besitzt 145 Pfund
(54,12 Kilogrm.) sorgfältig isolirt aufgewundenen Kupferdrahtes von der höchsten
Leitungsfähigkeit, dessen Durchmesser 0,0925 Zoll (2,35 Millimeter) bei [Ruhmkorff 2 Millm.] beträgt und dessen Länge 3770 Yards
(3447,2 Meter) mißt. Er ist mit Baumwolle umsponnen, und bildet 6000 Windungen in
entsprechenden Lagen um den Eisenkern. Der Leitungswiderstand der ganzen Länge des
primären Drahtes beträgt 33560 Einheiten der British
Association.
Jeder Draht der Litze ist mit Baumwolle und
Schellackfirniß isolirt. Jede Litze ist einmal vom linken Ende des Kernes zum
entgegengesetzten, das anderemal wieder zurückgewunden, und zwar in der Spiralform
der gewöhnlichen Aufwindungen.
Der auf der secundären Drahtspule (inducirten Rolle)
aufgewundene Draht hat eine Länge von 150 engl. Meilen (141395,9 Met.) – also
beiläufig 41395,9 Meter Draht mehr als der größte Ruhmkorff'sche Funkeninductor –, und einen Durchmesser von 0,015
Zoll (0,381 Millimeter).Bei Ruhmkorff 0,2 Millim. Der secundäre Draht ist mit Seide umsponnen, und auf einer zweiten Spule von
4 Fuß 2 Zoll (1,27 Met.)
Durchmesser aufgewickelt. Die primäre Spule ist von der secundären durch eine Röhre
von Kamm-Masse (ebonite) isolirt, deren Wanddicke
0,5 Zoll (12,69 Millm.) und deren Länge 8 Fuß (2,44 Met.) beträgt. Der secundäre
Draht ist in 6 spulenähnlichen Theilen um den Kern in der Art gewickelt, daß jeder
dieser Theile von der Rolle weggeschoben werden kann. Jeder dieser Theile ist
wiederum in etwa 50 Partien getheilt, so daß nöthigenfalls der schadhaft gewordene
Theil leicht herausgefunden und reparirt werden kann, ohne daß man die ganze
Drahtlänge abzuwickeln braucht.
Die ganze Länge des secundären Drahtes wiegt 606 Pfund (226,18 Kilogrm.) und
repräsentirt einen Widerstand von 2201400 Einheiten der British Association. Der Draht ist mit Seide und kreisförmigen Scheiben
von Kamm-Masse, isolirt. Diese Scheiben sind in geringen Entfernungen vom
einen bis zum anderen Ende des Inductors angebracht.
Beide Rollen (die primäre und secundäre) sind in ein Rohr von Kamm-Masse
eingesetzt, und auf massiven Füssen von solcher Masse aufgestellt.
Der hohle Cylinder, welcher den Kern und die beiden Spulen umgibt, ist der größte,
welcher je in den Silvertown-Werken verfertigt wurde. Die sämmtlichen aus
Kamm-Masse bestehenden Theile des Inductors wiegen 477 Pfund (177,9
Kilogrm.).
Der Condensator des Monster-Inductors besteht aus Zinnfolie und gefirnißtem
Papier, und ist in 6 Theile getheilt. Jeder dieser Theile enthält 125 Quadratfuß
(11,61 Quadratmeter) Zinnfoliefläche, also sind im Ganzen 69,66 Quadratmeter
Condensatorfläche (bei Ruhmkorff
10–25
Quadratmeter) vorhanden. Den galvanischen Strom für die primären Drahtwindungen
liefert eine Batterie von 40 Bunsen'schen Elementen.
Der gewöhnliche automatische Stromunterbrecher zeigte sich als unverwendbar, weil die
Verbindungsstücke schnell abbrannten. Nach vielen Versuchen entschied sich Professor
Pepper für einen Stromunterbrecher, welcher mit der
Hand bethätigt wird, und in den beigegebenen Figuren abgebildet ist. Er besteht aus
einem großen, starken, bedeckten Glasgefäße, welches zum Theil mit Platinamalgam und
zum Theil mit Alkohol gefüllt ist. Ein verticaler Stab, an dessen Ende ein dickes
Platinstück befestigt ist, taucht, wenn auf denselben mit der Hand gedrückt wird, in
das Amalgam, und wird, sobald der Druck mit der Hand aufhört, durch eine Spiralfeder
wieder gehoben. Bei jeder solchen Bewegung des Stabes bemerkt man ein Aufblitzen
eines brillanten Funkens im Glasgefäße des Unterbrechers.
Wir bemerken noch, daß das eine isolirte Ende (der eine Pol) des Ausladers fein
zugespitzt ist, während das andere eine flache kreisrunde Scheibe trägt und
gleichfalls isolirt ist. Diese Scheibe gibt der Elektricität in der Wegrichtung
(zwischen den beiden Polen) mehr Spielraum, und verursacht einen längeren
Funken.
Der Inductor erzeugt im Auslader Funken bis 29 Zoll (73,66 Centimeter) Länge (Ruhmkorff bis 36,87 Centim.). Diese Funken (von scheinbar 3/4 Zoll Dicke)
treffen die Gegenscheibe des Ausladers mit einem betäubenden Schlag.
Die mechanische Kraft dieses Funkens (oder vielmehr Blitzschlages) ist so groß, daß
er eine 5 Zoll (12,67 Centim.) dicke Glasplatte vollständig durchschlägt; der Weg
desselben in der Platte hat 1/50 Zoll (0,51 Millm.) Durchmesser und geht im
Zickzack, aber ringsherum ist das Glas übersäet mit radialen Linien, welche den
Durchbruch breiter erscheinen lassen, als er wirklich ist.
Wenn die beiden Pole des Ausladers ungefähr auf 3 Zoll (7,62 Centim.) einander
genähert sind, so scheint die Entladung langsamer, als ein Strom von wallenden
Flammen auszufließen, und diese Flammen können als eine breite Fläche fortgeblasen
werden, welche die eigentliche Entladungslinie (die durch ihre verschiedenen Farben
sichtbar bleibt) unberührt läßt.
Als Quelle gewöhnlicher Elektricität benutzt, übertrifft dieser Apparat alle
Erwartungen. Es wurde eine Leydener Batterie von 40 Quadratfuß (3,71 Quadratmeter)
Oberfläche durch viermalige Funkenberührung geladen, bei der Entladung dieser
Batterie schmolz eine bedeutende Länge eines in den Bogen eingeschalteten
Eisendrahtes mit großer Schnelligkeit.
Bei einigen früheren Versuchen mit dem Apparate fand Professor Pepper zu seiner Verwunderung, daß er einen längeren Funken erhielt, wenn
er die Größe des Condensators in gewissen Grenzen verringerte. Augenscheinlich
brachte dieß jedoch eine größere Spannung im Inductor selbst hervor, indem ein Theil
der Isolation durchbrochen wurde, welchem Fehler man aber schnell wieder abhalf.
Andere Erscheinungen, welche bisher nur durch die feinsten Instrumente zu entdecken
waren, können ohne Weiteres gesehen werden, und es ist sehr wahrscheinlich, daß
durch Anwendung dieses Apparates auch neue Entdeckungen gemacht werden.
Gegenwärtig wird eine Leydener Batterie construirt, welche aus 30 Flaschen bestehen
soll, deren jede 10 Gallons (45,4 Liter) Rauminhalt haben wird.
J. Wly.