Titel: | Ueber die Fabrication des Blut-Albumins; von C. Dollfuß-Galline. |
Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. LXIV., S. 246 |
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LXIV.
Ueber die Fabrication des Blut-Albumins;
von C. Dollfuß-Galline.
Aus dem Bulletin de la
Société industriele de Mulhouse, t. XXXIX p. 214; April und Mai
1869.
Mit Abbildungen.
Dollfuß, über die Fabrication des Blut-Albumins.
In Folge der hohen Preise, welche sowohl das Eier-Albumin als das
Blut-Albumin seit einiger Zeit erreicht hat, ernannte die Mülhauser
Industrie-Gesellschaft in ihrer Versammlung vom 3. März d. I. eine
Kommission, welche die dieser Preiserhöhung zu Grunde liegenden Ursachen ermitteln
und die geeigneten Maßregeln zur Beseitigung dieses, die Zeugdruckerei mit
ernstlichen Störungen bedrohenden Zustandes vorschlagen sollte.
Diese Kommission, bestehend aus G. Steinbach, Carlos Köchlin, Gustav Schäffer und
Dollfuß-Galline, ging sofort an's Werk. Ihre
Mitglieder erklärten einstimmig, die Ursache des Uebels liege darin, daß die
Production des Blut-Albumins dem Verbrauche nicht genüge, hauptsächlich
seitdem die englischen und amerikanischen Fabrikanten angefangen haben unechte
Artikel darzustellen, welche die Anwendung von Albumin erfordern und bisher fast
ausschließlich im Elsaß fabricirt worden waren. Nach der Ansicht der Kommission
besteht das richtige Mittel zur Verhütung dieser beständigen Preiserhöhung darin,
die Erzeugung von Blut-Albumin durch alle anwendbaren Mittel zu erhöhen, da
sie überzeugt ist, daß das Blut an vielen Orten verloren geht.
Bisher lieferten nämlich nur Oesterreich und Frankreich dieses Product für den großen
Verbrauch. Rußland, Norddeutschland und selbst England brachten von demselben nur
wenig oder gar nichts auf den Markt.
Die Commission hat sich daher die Aufgabe gestellt, die Albuminproducenten in den
genannten Ländern zu einer Vermehrung ihrer Production anzuspornen und nach ihrer
Ueberzeugung bestand das beste Mittel zur Erreichung dieses Zweckes darin, die
verschiedenen Methoden der Blut-Albuminfabrication eingehend zu untersuchen,
dieselben zu veröffentlichen und auf diese Weise Jedermann in den Stand zu setzen,
diesen Industriezweig zu betreiben, da derselbe, sobald man die Details desselben
kennt, sehr einfach ist.
Gustav Schäffer und ich haben diese Untersuchungen
ausgeführt; dieselben wurden uns durch die Unterstützung des Hrn. Keller, welcher seit einigen Wochen das Schlachthaus in
Dornach übernommen hatte, sehr erleichtert.
Ich werde im Nachstehenden diesen Fabricationszweig beschreiben und dabei in der Art
auf die Details eingehen, daß Jedermann im Stande seyn wird denselben zu
betreiben.
Zunächst werde ich erklären, auf welchen Principien die Trennung des Albumins von dem
Farbstoffe des Blutes beruht. Dann werde ich die zur Extraction des Albumins
erforderlichen Apparate beschreiben und die Mittel zur Erreichung dieses Zweckes
angeben. Schließlich werde ich eine kurze Berechnung der Kosten aufstellen, welche
die Beschaffung der Apparate zur täglichen Fabrication von etwa 40 Kilogr. trockenen
Albumins verursacht.
Das Blut ist eine rothgefärbte, alkalisch reagirende Flüssigkeit, welche bekanntlich
beim Erkalten, bald nach ihrem Ausfließen aus den Arterien und Venen, zu einer
gallertartigen Masse gerinnt.
Die hauptsächlichsten Bestandtheile des Blutes sind: Wasser, Fibrin, Albumin und
gefärbte Kügelchen, welche, so lange das Blut circulirt, in der Lösung des Fibrins
und Albumins schwimmen.
Sobald das Blut erkaltet, gerinnt das Fibrin und bildet eine Art Netz, welches in
seinen Maschen die Blutkügelchen comprimirt. Je mehr das Blut erkaltet, desto
stärker zieht sich dieses Netz zusammen und bald sickert die farblose Albuminlösung
durch seine Maschen hindurch.
Diese Lösung wird Serum genannt.
Zweck und Ziel der Fabrication von Blut Eiweiß ist es nun, dieses Serum zu sammeln
und es zu trocknen; dazu dient das im Nachstehenden beschriebene praktische
Verfahren.
Sobald das Thier geschlagen ist, öffnet man ihm die Luftröhre; sogleich strömt das
Blut aus der klaffenden Wunde und muß in Zinkgefäßen (Fig.
A) aufgefangen werden, deren Dimensionen
die folgenden sind:
Fig. A., Bd. 193, S. 246
Durchmesser 0,38 Met.; Höhe des Randes 0,10 Met.
Ein solches Gefäß, welches ich als Sammelgefäß bezeichne,
faßt ungefähr 8 Liter Blut; zum Auffangen des Blutes von einem Ochsen bedarf man zwei bis drei
derselben.
Gleich nach dem Auffangen wird das Blut an einen möglichst kühlen Ort transportirt,
welcher aber nur wenige Meter von der Stelle, wo das Thier geschlachtet worden,
entfernt seyn darf; hier läßt man es gerinnen. Es ist, wie ich wiederholt bemerke,
von Wichtigkeit, das Blut nicht zu weit zu transportiren so lange es noch warm ist,
sonst würden sich die Blutkügelchen dem Serum beimengen und dasselbe roth
färben.
Nach dem Gerinnen des Blutes – wozu, je nachdem die Temperatur der Luft mehr
oder weniger hoch ist, eine Zeit von einer halben bis anderthalb und selbst zwei
Stunden erforderlich ist – kann man dasselbe ohne Nachtheil mehrere hundert
Meter weit fortschaffen, muß es aber dann in demselben Gefäße lassen, in welchem es
geronnen ist.
Während es fast immer leicht ist, in einem Schlachthause eine zum Aufstellen der
Sammelgefäße hinlänglich große Oertlichkeit zu finden, hat es doch oft seine
Schwierigkeiten, die zur weiteren Behandlung des Blutes erforderlichen
Räumlichkeiten zur Verfügung zu erhalten. Man muß sich dann in geringer Entfernung
vom Schlachthause ein Local verschaffen, wohin das geronnene Blut transportirt
wird.
Nachdem das Blut vollständig geronnen ist, was man daran erkennt, daß die gelatinöse
Masse sich mit flüssigen, beinahe farblosen oder schwach grünlichgelb gefärbten
Kügelchen bedeckt, wird es in ein anderes Gefäß gebracht, welches ich „das Sieb“ nenne.
Fig. B., Bd. 193, S. 247
Dasselbe, in Fig. B
abgebildet, ist dem ersteren Gefäße ähnlich; es hat 38 Centimet.
Durchmesser und sein Rand ist 6 Centimet. hoch; sein Boden ist mit 4 Millimet.
weiten, etwa 2 1/2 Centimet. von einander entfernt stehenden Löchern
versehen.
Die gallertartige Masse wird mit einem Messer in würfelförmige Stücke von 2
Centimet. Seite zerschnitten; dann wird das Sieb auf ein Gefäß gestellt, welches
ich mit dem Namen „Heber“
bezeichne.
Fig. C., Bd. 193, S. 248
Dieser Behälter, welcher dieselben Dimensionen hat wie das Sammelgefäß (38
Centimet.
Durchmesser und eine Randhöhe von 9 bis 10 Centimet.), ist in der Mitte seines Bodens
mit einem Tubulus versehen (Fig. C). Dieser Tubulus muß eine solche Weite haben, daß er einen
starken durchbohrten Korkpfropfen aufnehmen kann, in welchem ein 20 Centimet. langes
Zinkrohr steckt und leicht verschoben werden kann. Sobald das obere Ende a dieses Zinkrohres über der in dem Heber enthaltenen
Flüssigkeit steht, kann letztere begreiflicher Weise nicht abfließen; schiebt man
dagegen das Ende dieses Rohres unter den Flüssigkeitsspiegel, so fließen die oberen
Schichten der Flüssigkeit ab, ohne sich mit ihrem unteren Theile zu vermischen.
Nachdem das Sieb auf den Heber gestellt worden ist, erscheinen die ersten
Serumtropfen, welche abfließen, stark roth gefärbt; diese Erscheinung hört aber nach
wenigen Augenblicken auf und die durch die Löcher des Siebes hindurchfiltrirende
Flüssigkeit läuft beinahe farblos ab. Nach Verlauf von 24 Stunden ist diese
Operation beendigt und das ganze Albumin, welches sich mittelst dieses Verfahrens
extrahiren läßt, befindet sich im Heber.
Das in dem Siebe zurückbleibende Gerinnsel bildet eine gelatinöse, ziemlich feste
Masse von schwärzlichrother Farbe.
Die im Heber befindliche Albuminlösung (das Serum) ist klar und schwach gelblich
gefärbt. Die zuerst abgeflossenen, roth gefärbten Tropfen bleiben am Boden des
Gefäßes zurück und lassen sich von dem klaren Antheile mittelst des zinkenen
Heberrohres ohne Schwierigkeit trennen.
Man erhält auf diese Weise zweierlei Flüssigkeiten; die eine derselben gibt beim
Trocknen ein beinahe farbloses Albumin, die andere ein schwärzlich gefärbtes,
welches aber für dunkle Farben benutzt werden kann.
Es ist jedoch zu empfehlen, beide Flüssigkeiten, bevor sie in den Trockenapparat
gebracht werden, in großen irdenen Gefäßen, welche in ungefähr 15 Centimet. Höhe
über dem Boden mit einem Hahne versehen sind, 24 Stunden lang ruhig stehen zu
lassen; sie klären sich darin vollständig und geben dann ein sehr durchsichtiges
Albumin.
Dieß ist das Verfahren zur Darstellung eines beinahe farblosen Blut-Albumins,
soweit dasselbe uns bekannt geworden. Meiner Ansicht nach dürfte dasselbe noch
mancher Verbesserung fähig seyn, denn es läßt sich nach dieser Methode bei weitem
nicht der ganze Albumingehalt des Blutes gewinnen.
Aus den Analysen von Nasse ergibt sich, daß 1000 Kilogr.
Blut beinahe 67 Kilogr.
Albumin enthalten; mittelst des im Vorstehenden beschriebenen Verfahrens aber
gewinnt man aus 1000 Kilogr. Blut nur etwa 25 Kilogr. Albumin.
Ein mit mehreren hundert Stück Hornvieh angestellter Versuch ergab die nachfolgenden
Resultate:
Ein Ochs oder eine Kuh gibt durchschnittlich 18 Liter Blut, welche 4 Liter Serum
liefern.
Um ein Kilogr. trockenen Eiweißes zu erhalten, sind 10 Liter Serum erforderlich.
Demnach ist zur Darstellung von 1 Kilogr. trockenen Albumins das Blut von 2 1/2 Stück
Vieh nöthig.
Das im Handel vorkommende Albumin wird aus Ochsen- und Kuhblut dargestellt;
ich glaube nicht, daß bis jetzt auch das Blut von Kälbern oder von Schafvieh in
dieser Weise verwerthet worden ist.
Das aus dem Blute der letztgenannten Thiere extrahirte Albumin hat ganz dieselben
Eigenschaften, wie das aus Ochsenblut gewonnene; ja das aus Schafblut dargestellte
ist demjenigen aus Ochsenblut insofern vorzuziehen, als es stärker verdickt.
Zur Gewinnung von einem Kilogr. trockenen Albumins ist das Blut von 10 Schöpsen oder
von 17 Kälbern erforderlich.
Das Serum von Schafblut ist so concentrirt wie das von Ochsenblut, denn 10 Kilogr.
desselben geben durch Trocknen 1 Kil. Albumin.
Dagegen geben 10 Kilogr. Serum von Kalbsblut nur 0,820 Kil. Albumin.
Wir haben ferner allen Grund zu glauben, daß das Blut des Schweines ganz vorzügliche
Resultate geben würde. In Frankreich (und wohl auch im übrigen Europa) hat dieses
Blut einen zu hohen Werth als Nahrungsmittel, als daß es zur Albuminfabrication
verwendet werden könnte; in den Vereinigten Staaten dagegen, wo jährlich eine so
ungeheure Menge von diesen Thieren geschlachtet wird, ließe sich ihr Blut in der
gedachten Weise mit Vortheil verwerthen.
Kosten der Gefäße, welche zur täglichen Fabrication von
40 Kilogrm. trockenen Blut-Albumins (wozu täglich 100 Stück Vieh
geschlachtet werden müssen) erforderlich
sind.
150 Sammelgefäße
à Stück
2,50 Frcs.
=
375 Fr.
300 Siebe
„
2,50 „
=
750 „
300 Heber
„
2,50 „
=
750 „
8 große irdene Gefäße
„
20,0 „
=
160 „
1100 Bleche (von Zink) zum Trocknen des
Serums
„
0,75 „
=
825 „
–––––––––––––––––––––
Zusammen: 2860 Fr.
Die Bleche zum Trocknen dürfen nicht zu groß seyn. Der bezieht
sich auf solche von 3 Decimet. Länge, 2,5 Decimeter Breite und 3 Centimeter
Randhöhe.