Titel: | Ueber Ponsard's Darstellung von Gußeisen im Flammofen; von C. Schinz. |
Autor: | C. Schinz |
Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. LXXXI., S. 304 |
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LXXXI.
Ueber Ponsard's
Darstellung von Gußeisen im Flammofen; von C. Schinz.
Schinz, über Ponsard's Darstellung von Gußeisen.
Es scheint, daß der (im vorhergehenden Heft dieses Journals S. 222 besprochene) für
Ponsard und Boyenval
patentirte Apparat zur directen Darstellung von Eisen und Stahl aus den Erzen, wie
vorauszusehen war, diesem Zwecke nicht entsprochen hat, denn in einem von Ponsard in seinem Namen allein (durch Vermittlung von Dumas) der Académie des
sciences in ihrer Sitzung vom 19. Juli d. J. eingereichten AufsatzLes Mondes, 1869, t.
XX p. 510. wird nun derselbe Apparat als etwas ganz Neues vorgelegt, aber nicht mehr
als ein Mittel um Eisen aus den Erzen direct darzustellen, sondern bloß um Gußeisen darzustellen und den Hohofen entbehrlich zu
machen.
Dieses Verfahren ist somit nichts Anderes als was die Probirkunst von jeher
practicirt hat um den Gehalt der Eisenerze durch eine Schmelzprobe zu bestimmen, mit
dem bloßen Unterschiede daß zu letzterem Zwecke dem Erze ein Ueberschuß von
Kohlenstoff und Schmelzmitteln zugefügt wird, während Ponsard diese nur im nothwendigen Verhältnisse anwendet um eben Kohlung
und Schmelzung zu bewirken.
Unter solchen Umständen ist der Vorgang derselbe wie in der Schmelzzone des Hohofens,
wenn die Erze im unreducirten Zustande in dieselbe gelangen; das im
Schlackenmaterial aufgelöste Eisenoxydul (in diesem Falle wohl auch Eisenoxyd) wird
durch den Contact mit fester Kohle reducirt, gleichzeitig aber auch aus den fremden
Körpern Schwefel, Phosphor, Silicium etc., welche die Qualität des Productes so sehr
beeinträchtigen.
Diese Ursache der Verschlechterung des Gußeisens, welche im Hohofen durch Anwendung
von heißem Wind, unzureichenden Zusatz von Schlackenmaterial etc. nur auf einen
Theil des Productes einwirkt, weil immer ein Theil des Erzes in reducirtem Zustande
in die Schmelzzone gelangt, muß also im Ponsard'schen
Apparate auf die ganze Masse des producirten Gußeisens einwirken, welches daher kaum
für Gußwaaren die einiger Festigkeit bedürfen verwendbar seyn wird; soll aber dieses
Product zu Eisen raffinirt werden, so wird eine allenfallsige Brennstoff-Ersparniß bei
der Darstellung des Rohproductes durch diese Operation sicher mehr als aufgewogen
werden.
Ponsard behauptet, daß er mit einer Tonne Kohle in seinem
Apparate eine Tonne Gußeisen dargestellt habe, während man bei Anwendung des
Hohofens dazu drei Tonnen Kohle brauche; dazu kommen 12 Proc. Kohle zur Reduction
des Erzes in den verticalen Reductionsröhren, was per
Tonne Gußeisen 286 Kil. ausmacht (das Erz à 42
Proc. angenommen); somit stellen sich auf 1 Kil. Gußeisen 1,286 Kil. Kohle (circa 1,170 Kil. Kohlenstoff) heraus.
Dagegen consumirte der Hohofen in Seraing, welchen Ebelmen
beschrieben hat (siehe meine „Documente betreffend den
Hohofen,“ Artikel 25), per 1 Kil.
Gußeisen 1,333 Kil. Kohlenstoff bei einer Beschickung von ebenfalls 42 Proc. Eisen,
wovon die Hälfte im reducirten Zustande in die Schmelzzone gelangte.
Diese Differenz von 0,263 Kil. Kohlenstoff zu Gunsten des Ponsard'schen Verfahrens, erhöht sich noch um 33 Proc. und wird = 0,509
Kil., weil im Flammofen rohe Steinkohle verwendet wird, während im Hohofen von
Seraing der Brennstoff in Kohks besteht.
Darnach gewährt das Ponsard'sche Verfahren eine
Brennstoff-Ersparniß von 39 Proc., welche aber höchst wahrscheinlich eine
ganz illusorische ist, wenn nachher das Rohproduct affinirt werden soll.
Abgesehen von dieser Ursache der Täuschung, wird aber auch aus anderen Gründen der
Ponsard'sche Apparat nicht als ein praktischer
erkannt werden können.
In dem erwähnten Hohofen von Seraing wurden stündlich 708 Kil. Gußeisen producirt;
heut zu Tage ist man mit einer solchen Production nicht mehr zufrieden, man steigert
dieselbe auf 1000 und sogar 2000 Kil. per Stunde,
während der Flammofen in 12 Stunden nur 1000 Kil., also per Stunde nur 83 1/3 Kil. liefert, und es wären also 8 Flammöfen
nothwendig um den Hohofen in Seraing zu ersetzen und 11 1/2 bis 23 um der jetzt
verlangten Production eines Hohofens zu genügen.
Ist irgend eine Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß die 6 × 23 = 138
Schacht-Tiegel, welche im Gewölbe des Flammofens herunterhängen, länger als 2
× 24 Stunden aushalten werden ohne theilweise als Schlacken in den Herd
abzufließen, und was würden jährlich 150 × 138 = 20700 solcher
Schacht-Tiegel (wie sie Ponsard anwendet) von 0,2
Met. Durchmesser und 1 Meter Höhe kosten? Müssen diese Kosten die Ersparniß im
Brennstoff nicht weit überwiegen?
Welchen Mehraufwand an Arbeitskräften würden 23 Flammöfen zur Beschickung der 138
Schacht-Tiegel etc. erfordern?
Welche Kosten würde das Pochen der Erze, Kohlen und Zuschläge, die in die
Schacht-Tiegel aufgegeben werden, veranlassen?
Nur die durch Mangel an Sachkenntniß gesteigerte Eitelkeit eines Erfinders kann sich
solcher Täuschung hingeben.