Titel: | Ueber Brocate (Krystallfarben) aus Glimmer. |
Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. CVI., S. 427 |
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CVI.
Ueber Brocate (Krystallfarben) aus
Glimmer.
Analysen aus dem chemischen
Laboratorium des Technicums von Dr. Carl O. Cech in Prag.
Cech, über Brocate aus Glimmer.
In Deutschland wurden schon mehrmals Versuche angestellt, um den Glimmer durch
Umwandlung in bronzeartige Farben zu verwerthen. Schwartze in London und Piller in Wien, stellen
nun dieselben fabrikmäßig dar, wodurch der Verwerthung des Glimmers ein neues Feld
eröffnet wurde.Wir verweisen auf die Mittheilung über die Brocate von Fr. Rotter in Amberg (Bayern), im polytechn. Journal
Bd CXCI S. 502 (zweites Märzheft 1869).A. d. Red. Der Glimmer wird zu diesem Behufe in Pochwerken zerkleinert, gemahlen, in
Salzsäure ausgekocht, durch Auswaschen mit Wasser von der anhängenden Säure
gereinigt, und mittelst Sieben der Größe nach in mehrere Sorten eingetheilt. Die so
präparirten Glimmerschuppen haben einen schönen glasigen Glanz, ein silberartiges
Ansehen und führen im Handel die Namen „Brocate,“
„Krystallfarben,“
„Glimmer-Bronze.“
Es kommen vier Sorten silberweißer und gefärbter Brocate in den Handel, welche je
nach der Größe der Lamellen sortirt werden.
Die Vorzüge dieser Glimmerbrocate sind folgende:
1) enthalten dieselben durchaus keine der Gesundheit schädlichen Bestandtheile;
2) besitzen dieselben Metall-Lüster wie die Metallbrocate, ja übertreffen
letztere noch vielfach an Farbenpracht;
3) ist Braun, Schwarz, Blau, Grün, Rosa ebenfalls in seltenem Glanze vertreten, was
bekanntlich bei den Metallbrocaten nicht der Fall ist;
4) verhalten sich diese Brocate gegen schwefelhaltige Ausdünstungen vollkommen
indifferent, eine Eigenschaft welche den Metallbrocaten abgeht.
Die Silberbrocate widerstehen allen, bei ihrer Anwendung möglicherweise einwirkenden
Agentien; die übrigen Nüancen sind mit soliden, im Lichte haltbaren Farbstoffen
erzeugt und verändern deßhalb, selbst der feuchten Luft ausgesetzt, gegenüber den
Metallbrocaten ihre Farbe nicht. Beim Export bedürfen daher die Glimmerbrocate auch
nicht der kostspieligen Blechverpackung. Ferner ist das specifische Gewicht
derselben ein sehr geringes und daher ihre Ergiebigkeit bei jedweder Anwendung eine
höchst vortheilhafte.
Verwendungen der Glimmerbrocate. – Im Allgemeinen
sind diese Brocate nicht nur für die meisten Metall-, Papp-,
Holz-, Glas-, Gyps-, Galanterie-, Spiel- und
Nutzgegenstände anwendbar, sowie in zahlreichen Fällen in der Farbentechnik, bei der
Blumen-, Buntpapier-, Tapeten-, Siegellack- und
Flaschenlack-Fabrication, in der Schreinerei und Malerei (namentlich für
Theaterdecorationen), sondern überhaupt wo seither die bekannten Metallbrocate
Verwendung fanden.
Bei dem Auftragen der Brocate auf irgend welche Gegenstände ist es zunächst zu
empfehlen, diese mit einer dem zu wählenden Brocat ähnlichen Farbe zu überstreichen;
so ist z.B. für Silber ein deckender Untergrund von Bleiweiß, für Blau ein solcher
von Ultramarin etc. angezeigt. Dieselben eignen sich gleich vortheilhaft für
Leimfarben wir für Oelfarben. Bei Anwendung von Leimfarben reibt man die Grundfarben mit Glycerin-Leim (4 Thle.
Leim und 1 Thl. Glycerin) ab, und trägt sie auf. Auf diesen Untergrund bringt man,
nachdem derselbe erhärtet ist, das Bindemittel für das Brocat, welches am
vortheilhaftesten aus ziemlich concentrirtem Glycerin-Leim oder
Glycerin-Kleister (4 Thle. Stärke und 1 Thl. Glycerin) besteht, siebt sodann
eine genügende Menge Brocat darüber, läßt es eine Viertelstunde in Ruhe und nimmt
sodann mit einer weichen Bürste den Ueberschuß von Brocat hinweg. Wünscht man die
Brocate glatt aufliegend, so wird das Anhaftende einfach mit einer entsprechenden
Walze angedrückt. Bei Anwendung von Oelanstrichen
verwendet man als Bindemittel am vortheilhaftesten Dammar- oder hellen Copallack, nur muß
derselbe, bevor man das Brocat darauf bringt, wie bei Bronzen so weit getrocknet
seyn, daß er gerade nur noch picht.
In dieser Weise behandelte Gegenstände gewinnen, besonders wenn sie schließlich noch
mit einem entsprechenden Spiritus-, Dammar- oder Copallack überzogen
werden, ein Lüster wie solches bisher an Pracht und Dauerhaftigkeit noch nicht
erzielt worden ist. – Ueberzieht man Gegenstände beliebiger Art mit
Asphaltlack und überstreut sie mit Silberbrocat nur spärlich, so erhalten sie ein
granitartiges Aussehen.
Die Krystallfarben sind insbesondere für den Buntdruck aller Gewebe zu empfehlen,
wobei sie durch ihr Feuer die theuren bisher angewendeten schweren buntgefärbten
Lyoner Draht- und Glasstaub-Fabricate verdrängen dürften. Ebenso für
Tapeten- und Buntpapierfabriken. Auch bei dieser Anwendung ist ein dünner
deckender Grundanstrich mit Glycerin-Leim (bei farbigen Brocaten mit dem zu
Velouté-Tapeten gebräuchlichen Dicköl) nöthig, während als Bindemittel
reiner Glycerin-Leim oder solcher mit Stärkekleister vereinigt zu empfehlen
ist. Zu wasserdichten Papieren dient ein fetter Copallack.
Wendet man diese Brocate als Unter- und Zwischenlagen bei der Bereitung
farbiger Gelatine an, so erzielt man durch dieselben prachtvolle Krystallisationen,
welche sich als Knopfeinlagen und zum Ueberziehen der mannichfachsten Gegenstände
eignen.
Zur Siegellack- und Flaschenlack-Fabrication empfehlen sich die
Brocate, weil sie die Hitze des schmelzenden Harzes vertragen, ohne an ihrem Lüster
einzubüßen.
Für Theaterdecorationen, namentlich zu Goldregen, Schnee etc. empfiehlt sich diese
Novität schon wegen des geringen specifischen Gewichtes und billigen Preises.
– Fertige Porzellan- und Glasgegenstände können durch nochmaliges
Erhitzen bis zur Schmelzung der Glasur mit den Silberbrocaten überzogen werden.
– Die Blumenfabrication bedarf wohl nach dem bereits Mitgetheilten keiner
besonderen Winke.
Die von mit und Hrn. Ludwig Schneider ausgeführten
Analysen ergaben, daß die Brocate mit folgenden Farben
hergestellt sind:
1) Rosa (F) – Der
Farbstoff besteht bloß in einem Absud der Cochenille; er
ist in heißem Wasser vollständig löslich, daher sich der Glimmer entfärbt; die
Farbstofflösung wird durch Ammoniakzusatz und durch Salzsäure bläulich gefärbt.
2) Carmoisin (4 F). –
In heißem Wasser löst sich der Farbstoff größtentheils; bei Zusatz von Ammoniak wird
derselbe zerstört, mit Salzsäure versetzt gelblich gefärbt. Ein Theil des
Farbstoffes löste sich in Weingeist mit rother Farbe, welche einen Stich in Blau
zeigte; Ammoniak
zerstörte abermals den Farbstoff. Es wurde also zur Fabrication das bläuliche Fuchsin angewendet.
3) Hochroth (F). –
Schön rothbraune Schuppen darstellend; heißes Wasser löste Fuchsin; der Rest blieb braun, worauf Weingeist einen rothbraunen
Farbstoff löste; derselbe wurde nach Zusatz von Ammoniak röthlichgelb, durch
Salzsäure citronengelb gefärbt. Das Pigment war Havannabraun.
4) Violett (4 F) –
Wasser löste sehr wenig des Farbstoffes; mit Essigsäure versetztes Wasser löste
alles Pigment. Ammoniak wirkte entfärbend; Salzsäure färbte die Lösung grünlich,
dann gelb. Der Farbstoff war Hofmann's Violett.
5) Hellblau (4 F). –
Der Farbstoff löste sich weder in reinem, noch in angesäuertem Wasser, auch nicht in
Weingeist; das einzige Lösungsmittel war Oxalsäure. Die übrigen Reactionen ließen
mit Sicherheit auf die Anwendung von Berlinerblau
schließen.
6) Dunkelblau (4 F). –
In reinem Wasser löste sich nur wenig Farbstoff; in angesäuertem Wasser löste sich
etwas mehr mit violettrother Farbe; durch Ammoniak wurde die Lösung vollständig
entfärbt, durch Salzsäure blau gefärbt. Die Glimmerschuppen blieben blau und gaben
den Rest ihres Farbstoffes an Weingeist ab; diese Lösung färbte Ammoniak violett,
dann roth und zuletzt röthlich; durch Salzsäure färbte sie sich grünlich. Der
Farbstoff scheint entweder ein wenig gereinigtes Anilinblau oder bloß Girard's Violett zu seyn.
7) Hellgrün (F) und
8) Dunkelgrün (F). –
Der Farbstoff beider Brocate löst sich nicht in Wasser, hingegen in Weingeist, und
ergab die Reaction eines Gemisches von Anilinblau und Curcuma. Bereitet man sich nämlich eine weingeistige
Lösung des Farbstoffes, verdünnt dieselbe und versetzt sie mit Ammoniak, so erhält
man einen rothbraunen Niederschlag, welcher auf Curcuma schließen läßt.
9) Violblau (F) – Der
Farbstoff löst sich sehr wenig in Wasser; in Weingeist ist er ganz unlöslich, aber
vollständig löslich in verdünnter Salzsäure mit rothvioletter Farbe. Aus der Lösung
fällen Alkalien schmutzig violette Flocken. Der Farbstoff ist in fein pulverisirtem
Zustande mit den Glimmerschuppen gemischt. Durch Kochen mit Oxalsäure wurde das
angewendete Reizmittel als unlösliches Oxalat entfernt, wornach die saure Lösung die
Reactionen des Blauholzes ergab.
10) Hellblau (4 F). –
Der Farbstoff ist in Wasser unlöslich; ebenso in Weingeist, Säuren, concentrirten
Alkalien und concentrirter Salpetersäure. Die mikroskopische Untersuchung ergab, daß
der Glimmer mit sehr geringen Mengen fein pulverisirten Indigo's gemischt war.
11) Gold (4 F) und Gold (F). – Der
Farbstoff beider Brocate ist in Wasser wenig, in Weingeist etwas mehr löslich und
ergab durch seine Reactionen, daß er aus Curcuma
besteht.
12) Silber (2 F) –
Reiner Glimmer, ohne Zusatz und Farbe.
13) Dunkelbraun (F) – In Wasser löst sich mehr Farbstoff als in
Weingeist; die Lösung gibt mit Salzsäure, Eisenvitriol und Bleizucker einen
Niederschlag, aus welchem man auf die Anwendung irgend eines Rindenabsudes schließen kann.
14) Schwarz (4 F). – In
Wasser und Weingeist löst sich zuerst mit gelber Farbe das Pigment des Blauholzes, dessen man sich zum Nüanciren bedient. Der
Glimmer bleibt dunkelblau gefärbt und hält einen Lack zurück, welcher mit Oxalsäure
zersetzt die Reactionen des Lackmus ergab.
Schließlich bemerke ich, daß die Namen und Chiffren der einzelnen Brocate bei
verschiedenen Fabriken verschieden sind.
Druckproben auf Perkai ergaben keine befriedigenden Resultate, da die Glimmerschuppen
noch nicht jenen Grad der Feinheit besitzen, um mit Metall Bronzefarben rivalisiren
zu können.
Prag, im Juli 1869.