Titel: | Ueber das Xylidinroth; von Prof. H. W. Hofmann. |
Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. CXX., S. 508 |
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CXX.
Ueber das Xylidinroth; von Prof. H. W. Hofmann.
Aus den Berichten der deutschen chemischen
Gesellschaft zu Berlin, 1869, Nr. 13.
Hofmann, über das Xylidinroth.
Die von mit (im Vorstehenden) beschriebenen Versuche über das Naphtalinroth haben
mich lebhaft an die ersten Untersuchungen erinnert, aus denen ich die
Zusammensetzung des Rosanilins ableitete. Das Naphtalinroth wie das Anilinroth
entstammt 3 Molecülen Monamin, welche eine gewisse Anzahl von Wasserstoffmolecülen
verloren haben, nur gehören diese 3 Molecüle nicht verschiedenen Reihen, wie bei dem
Rosanilin, sondern derselben Reihe an. Die Bildung solcher höher gegliederten
Farbammoniake durch Verschmelzen dreier Monaminmolecüle scheint demnach wirklich
eine allgemeine zu seyn, wie dieß auch schon aus den Versuchen der HHrn. Girard, de Laire und Chapoteaud hervorgeht. Leider sind die von den letztgenannten Chemikern
erhaltenen Farbenbasen noch nicht genauer untersucht worden; sie weichen jedoch,
namentlich was Färbekraft und Farbeton anlangt, von dem Rosanilin so wesentlich ab,
daß es wünschenswerth erschien, ein dem Rosanilin möglichst analog construirtes
Farbammoniak darzustellen und zu untersuchen.
Eine erwünschte Gelegenheit zu dieser Untersuchung bot sich mit in dem Besitze einer
größeren Menge von Xylidin, welche ich der Güte des Hrn. Dr. Martius verdanke. Von der chemischen
Reinheit des Präparates welches constant bei 112° C. siedete, hatte ich mich mehrfach durch die
Analyse überzeugt. Für sich mit Oxydationsmitteln behandelt, liefert das Xylidin
keinen rothen Farbstoff, ebenso wenig, wenn dasselbe in Gegenwart von Toluidin der
Einwirkung der gewöhnlichen, bei der Darstellung des Rosanilins verwendeten Agentien
unterworfen wird.
Ganz anders gestaltet sich der Versuch, wenn man eine Mischung von reinem Xylidin und
reinem Anilin (welches für sich keinen rothen Farbstoff erzeugt) mit einem der bei
der Darstellung des Rosanilins angewendeten Agentien zum Sieden erhitzt.
Augenblicklich nimmt die Mischung eine prachtvolle gesättigt carmoisinrothe Färbung
an, welche einem dem Rosanilin homologen Farbstoff angehört. Das neue aus Anilin und
Xylidin gebildete Farbammoniak, welches Wolle und Seide kaum weniger lebhaft roth
färbt, als Rosanilin selbst, hat wahrscheinlich die Zusammensetzung:
C⁶ H⁷ N + 2C⁸ H¹¹ N +
H²O – 3HH = C²² H²³ N³,
H²O
Eine eingehende Untersuchung dieses Farbstoffes, dem man ein gewisses theoretisches
Interesse nicht wird absprechen wollen, hoffe ich später mittheilen zu können.
Hier werde nur noch erwähnt, daß sich bei der Behandlung einer Mischung von Anilin
mit dem dem Toluidin isomeren Benzylamin kein Farbstoff erhalten läßt.