Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 193, Jahrgang 1869, Nr. , S. 88 |
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Miscellen.
Miscellen.
Verwendung von sogenanntem Hartgummi für Maschinentheile; von
Professor O. Beylich.
Der gehärtete Kautschuk, welcher besonders zur Fabrication von Kämmen, aber auch zur
Herstellung noch zahlreicher anderer Gebrauchsartikel, ausgedehnte Anwendung findet,
hat sich auch als Material für gewisse Maschinentheile ausgezeichnet bewährt.
Ein mit befreundeter, intelligenter Fabrikant von NähmaschinenHerr Klug in Hildburghausen, dessen Nähmaschinen
vereinfachten Singer'schen Systemes durch
gelungene Construction, gediegene Ausführung und besonders auch durch ihren
mäßigen Preis – mit gußeisernem Tisch und verschiedenem Zubehör für
specielle Arbeiten beträgt derselbe bei eleganter Ausstattung 36 Thlr.
– sich auszeichnen und alle Empfehlung verdienen. verarbeitet dasselbe seit einem Jahre mit dem befriedigendsten Erfolge.
Derselbe fertigt daraus gerade solche Theile, welche bei Verwendung von Metallen der
Abnutzung durch Anfressen am stärksten ausgesetzt sind, wie namentlich die
Curvenscheiben zum Treiben der Nadelstange, auch die schnell laufenden Zahnräder
etc. Bei gehöriger Schmierung zeigt sich das Material äußerst dauerhaft, und auch
die sich darauf reibenden Metalltheile conserviren sich sehr gut. In einem Falle war
ein in gecurvtem Schlitze laufender halbharter stählerner Zapfen mehrere Monate lang
gar nicht geschmiert worden, wornach zwar der Zapfen, nicht aber der kautschukne
Theil mit dem Schlitze, eine Abnutzung zeigte.
Das günstige Verhalten dieses Materiales in Bezug auf Abnutzung durch Reibung,
scheint wohl begreiflich, wenn man bedenkt, wie dieser Stoff eine gewisse
Aehnlichkeit mit Lignum sanctum besitzt, das sich z.B. für Spurplatten
und Lagerfutter so vorzüglich eignet. Diese Masse ist aber zudem vollkommen homogen,
was bei Holz nie der Fall ist.
Noch ist zu erwähnen, daß der gehärtete Kautschuk jede Bearbeitung, wie Feilen,
Abdrehen, Gewindeinschneiden von Radzähnen etc. ohne Schwierigkeit bewerkstelligen
läßt, und daß nicht jedes Fabricat für die hier in Rede stehenden Zwecke gleich gut
brauchbar ist. Der Kautschuk soll nicht allzu hart, sondern noch merklich elastisch
seyn, von gleicher Sorte wie sie für Kämme taugt.
Das Rohmaterial wird von den Fabriken in jeder gewünschten Form, z.B. von Platten,
Cylindern etc., selbst auch nach Modellen geliefert, und ist in einfachen Formen zu
1 Thlr. 5 Sgr. pro Zollpfund von der Firma: Fonrobert und Reimann in
Berlin zu beziehen. (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, Mai 1869, S.
158.)
Verbesserung in der Magnetfabrication; mitgetheilt von F. Dietlen in Klagenfurt.
Diese Verbesserung besteht darin, daß man die Magnete bei ihrer Herstellung bloß an der Fläche, die den Anker anzieht, hart läßt.
Dadurch sollen zweierlei Vortheile erreicht werden; einmal soll der Magnet immer
gleich stark bleiben, sodann soll er leicht eine ziemlich starke Zugkraft annehmen,
da der übrige welche Theil leicht in magnetische Schwingungen versetzt werden kann,
die sich in dem kurzen glasharten Theile concentriren. Beim Magnetisiren selbst wird
der gehärtete Stahlmagnet auf einen kräftigen Elektromagnet gestellt, und von der
Biegung aus an beiden Seiten von oben herabgestrichen. Durch dieses Verfahren können
einfache Lamellen von 18 Millimeter Breite und 5 Millimeter Dicke zu 3 Pfd.
constanter Tragkraft gebracht werden. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1869, Nr.
25.)
Neuer Polarisator; von Jamin.
In der Sitzung der Pariser Akademie vom 1. Februar d. I. zeigte Jamin einen nach seiner Angabe von H. Soleil
verfertigten neuen Polarisator vor. Derselbe besteht aus einem parallelepipedischen
Trog von Glas, gefüllt mit Schwefelkohlenstoff, in welchem eine sehr dünne
Kalkspathlamelle unter zweckmäßiger Neigung aufgestellt ist. Jeder natürliche
Lichtstrahl wird in dem Kalkspath in zwei andere zerlegt, einen ordentlichen und
einen außerordentlichen; allein da der Index des letzteren Strahles geringer ist als
der des Schwefelkohlenstoffes, so wird er total reflectirt und bloß der ordentliche
Strahl, polarisirt in der Einfallsebene, geht durch den Trog.
Dieser Apparat ersetzt das Nicol'sche Prisma in allen
seinen Anwendungen vollständig; er gewährt ein großes Gesichtsfeld, und da er nur
eine sehr dünne Kalkspathplatte erfordert, ist er auch nicht kostspielig. (Comptes rendus, t. LXVIII p.
221.)
Legirungen für Klingeln.
Seit einiger Zeit wird eine bestimmte Sorte Klingeln sehr geschätzt und zwar wegen
ihrer hellen, dem Neusilber sehr nahe kommenden Farbe, sowie wegen ihres hohen,
hellen und dabei angenehmen Tones; in Folge dieser Vorzüge wird ihr Ursprung sowie
ihre innere Beschaffenheit sehr geheim gehalten. Sie sollen aus Schlesien kommen. Um
nun deren Zusammensetzung zu ermitteln, unternahm Chemiker G. E. Lichtenberger in
Dresden (Dresdener Gewerbevereins-Zeitung) die Analyse mehrerer Stücke von
verschiedener Größe:
I. einer größeren Hausglocke,
II. einer kleineren Klingel,
III. einer Schelle zu Schlittengeschirren und endlich zum
Vergleich
IV. einer gewöhnlichen gelben Klingel.
Es ergab sich dabei, daß die sämmtlichen Proben nur aus Kupfer und Zinn bestanden und
zwar im Mittel in folgenden Verhältnissen:
I.
II.
III.
IV.
Kupfer
=
83,22
83,09
84,50
79,90
Zinn
=
16,76
16,80
15,42
20,03
–––––
–––––
–––––
–––––
99,98
99,89
99,92
99,93
Es fragt sich nun, ob diese Legirungen etwas Neues sind oder ob man sie in irgend
einer Form schon kannte. Die nächste Uebereinstimmung damit zeigt unter allen zu
diesem Zwecke aufgesuchten Angaben über Kupfer-Zinn-Legirungen eine
solche von 86 Proc. Kupfer und 14 Proc. Zinn, welche als belgisches Lagermetall für
schwer belastete Achsen angeführt wurde. Noch bekannter ist die Legirung im
Verhältnis von 80 Proc. Kupfer und 20 Proc. Zinn. Ueber die erstere, im Verhältniß
von 83 Proc. Kupfer auf 17 Proc. Zinn findet sich dagegen noch keine Angabe, und
gerade diese ist es, welche in entsprechender Weise dünn und hart gegossen, dann
äußerlich glatt abgedreht, die so gesuchten Glocken bildet. Dazu zeigt sich noch,
daß die zu Nr. III der stärkerwandigen Schelle benutzte Legirung etwas mehr Kupfer
enthält, daß sie also zäher ist, und scheint somit bei der Herstellung aller
ähnlichen Gegenstände in der Fabrik, aus welcher Nr. I-III gleichzeitig
stammen, eine ganz genau berechnete Eintheilung getroffen zu seyn. (Deutsche
Industriezeitung, 1869, Nr. 24.)
Das Mineral-Schmieröl aus West-Virginien.
Das westvirginische Schmieröl, welches auf der letzten Pariser
Welt-Ausstellung so vielen Beifall fand, hat seitdem eine ausgedehnte
Verbreitung gefunden.
Die natürlichen Eigenschaften des Mineralöles machen dasselbe bekanntlich ganz
besonders zu Schmiermitteln geeignet, wenn es fett und haltbar genug ist, um als
solches zu dienen. Dieser Anforderung entspricht nun vollkommen das Oel der vor etwa
vier Jahren in Westvirginien entdeckten Quellen. Dasselbe ist specifisch bedeutend
schwerer als gewöhnliches Erdöl, 0,87–0,9; das mittlere specifische Gewicht
ist 0,885 und es genügt dieses für ein brauchbares gutes Schmieröl. Dieses Oel wird
nur in Tiefen bis zu 400 Fuß gewonnen; in größerer Tiefe erhält man bloß leichtes
Oel, welches zum Schmieren untauglich ist. Das gute schwere Oel wird, nachdem es
durch ein einfaches Filter vom gröbsten Schmutz gereinigt worden, in große Behälter
(tanks) gebracht, worin es unter gelinder Erwärmung
mittelst Dampf (bis 70° C.) oft monatelang ruht, bis sich aller Schlamm,
Wasser etc. abgesetzt hat; dabei gehen zugleich die leichtflüchtigen Theile des
Oeles ab. Dann wird es in Fässer abgezogen, erfordert aber nach der Ankunft in
Europa immer noch eine Reinigung.
Das leichte Oel wird theils zur Darstellung von Brennöl mittelst Destillation, theils
zur Fabrication künstlichen Schmieröles verwendet. In
welchem Betrage Letzteres geschieht, ist daraus ersichtlich, daß die ganze
Production echten Schmieröles nicht den dritten Theil von dem beträgt, was auf den
Markt kommt. Diese Fälschungen sind bereits so zahlreich, daß die Oelcompagnien in
einer deßhalb zu Parkersburg abgehaltenen Versammlung eine öffentliche Warnung zu
erlassen beschlossen, der wir entnehmen, daß das Oel von den Quellen stets ächt und
unverfälscht verschickt und erst in den Handelsplätzen, namentlich in Cincinatti,
Cleveland, Pittsburg, Parkersburg, Baltimore und New-York gefälscht wird.
Dieses geschieht durch Beimischung von rohem Petroleum, Petroleum-Rückständen
oder Paraffinöl. Die Farbe und das sonstige Aussehen des Oeles wird dadurch nicht
verändert, so daß es selbst für einen Sachverständigen schwer ist, Fälschungen zu
erkennen. Bei der Anwendung sind diese gefälschten Oele jedoch sofort an dem
Warmlaufen der Maschinen und dem Geruch zu erkennen. Es kommt deßhalb beim Bezuge
solchen Oeles wesentlich auf die Quelle an, von der man es erhält.
Die Güte des Schmieröles und die Fälschungen desselben erkennt man:
1) an dem specifischen Gewicht;
2) an dem Geruch;
3) an der Verdampfungsfähigkeit und
4) an dem Widerstand gegen Kälte.
Die gefälschten Oele sind meist leichter als 0,88; man hat daher, um zu täuschen, das Oel durch Rückstände
möglichst dick gemacht. Eine Partie solchen Oeles ist erst kürzlich in einem
deutschen Hafen angekommen; selbstverständlich ist dasselbe noch weniger brauchbar
als dünnes Oel, nicht einmal als Wagenschmiere nimmt man es gern; die sehr leichten
Schmieröle, wie z.B. Solaröl Nr. 0 sind mit rohem Petroleum, dem die flüchtigsten
Bestandtheile entzogen sind, gemischt und können schon am schärferen Geruch erkannt
werden, noch besser aber an der leichten Verdampfungsfähigkeit. Nach einer
Untersuchung des Hrn. Dr. Hallwachs in DarmstadtPolytechn. Journal, 1868, Bd. CLXXXIX S. 83. entwickelt die schwerste Sorte Vulcan-Oel schon bei 100° C.
entzündliche Dämpfe, und die gewöhnlich gebrauchte Sorte schon bei 64°,
während nach der unten folgenden Untersuchung echtes Oel erst bei 350° C.
anfängt in großer Masse überzugehen und bis 150° C. noch nicht einmal 3 Proc.
durch Dämpfen verliert. Diese Feuerbeständigkeit ist natürlich von großem Werth, da
mit ihr auch die Haltbarkeit zusammenhängt. Feuergefährlich ist ferner das
virginische Oel überhaupt nicht. Das mit Petroleum-Rückständen vermischte Oel
ist durch Erniedrigung der Temperatur leicht zu erkennen; manches stockt schon bei +
10° und wird erst bei 15–160 recht flüssig; alle aber erstarren
sicher, wenn sie unter 0° erkaltet werden. Echtes Oel dagegen bleibt selbst
bei – 30° noch flüssig, wie Ingenieur Reuß
in St. Petersburg constatirt hat.
Bemerkenswerth ist neben der Feuerbeständigkeit der geringe Rückstand, welchen echtes
Oel hinterläßt, während er bei gefälschtem sehr bedeutend ist.
Im nieder-österreichischen Gewerbeverein zu Wien
ist kürzlich in Folge einer sehr gründlichen Untersuchung, welcher das echte
westvirginische Schmieröl unterworfen wurde, ein Bericht über dasselbe erstattet
worden, welchen wir des allgemeinen Interesses wegen, den die Sache hat, hier folgen
lassen. Das Oel war von den HHrn. Wirth u. Comp. in Frankfurt a. M., welche directe Verbindungen mit
Westvirginien unterhalten, bezogen und lieferte nur 3,2 Proc. Kohks, welche beim
Verbrennen 0,006 Proc Asche hinterließen. Mit diesem Ergebnisse der
wissenschaftlichen Untersuchung stimmte denn auch die praktisch-mechanische
vollkommen überein und es sind damit auch die höchst widersprechenden Urtheile
erklärt, welche über anscheinend ein- und dasselbe Oel da und dort gefällt
werden.
Gutachten der Abtheilung für Chemie und Physik über ein
von den Herren Wirth und Comp. in Frankfurt a. M. zur Prüfung vorgelegtes
Maschinenöl aus West-Virginien.
Die grünlich-braun undurchsichtige Flüssigkeit von der Consistenz eines
dicken Oeles und von schwachem Steinölgeruche zeigt bei 140 R. eine Dichte von
0,885, welche also genau der angegebenen entspricht.
Mit Wasser abgekocht, ertheilt es diesem keine saure Reaction, wodurch sich das
Oel als völlig frei von jeder Mineralsäure erweist. Kocht man das Oel über
schwacher Aetzlauge, so verschwindet die alkalische Reaction der wässerigen
Flüssigkeit nur dann, wenn sie bloß mit einer äußerst geringen Alkalimenge
versetzt wird.
Nach diesem Verhalten kann das betrachtete Oel keine nennenswerthe Menge eines
harzartigen Körpers saurer Natur enthalten.
Beim Verbrennen hinterläßt dieses Oel so gut wie keinen Rückstand, und die nicht
mehr als 6/1000 Procente betragende Asche besteht aus Eisenoxyd.
Wird dieses Maschinenöl erhitzt, so tritt circa bei
100° C. Aufschäumen unter geringer Dampfentwickelung ein, und die trübe
Flüssigkeit klärt sich. Stärker erwärmt, gehen allerdings fortwährend Dämpfe
weg, allein selbst bis auf 150° C. erhitzt, beträgt die hierbei
verflüchtigte Oelmenge noch nicht volle 3 Procente. Die Verdampfung der
Hauptmenge des Oeles findet erst in verhältnißmäßig hoher Temperatur statt.
In der folgenden kleinen Tabelle sind die Resultate, welche 50 Gramme dieses
Oeles bei der Destillation gaben, zusammengestellt.
Verdampfungs-Temperaturin Graden
Celsius.
Abdestillirt
Specifisches Gewichtdes
Destillates.
in Grammen.
in Procenten.
bis 100
0,6
1,2
von 100 „
150
0,8
1,6
„
150 „ 300
5,55
11,1
0,836
„
300 „ 350
2,15
4,3
0,853
über
350 Kohks
39,3 1,6
78,6 3,2
I. 0,843II. 0,835
Man sieht daraus, was besonders hervorzuheben wichtig erscheint, daß volle 4/5
Theile – genau 81,8 Proc. – des Oeles eine Temperatur von selbst
350° C. ertragen, ohne verflüchtigt zu werden.
Setzt man das Schmieröl längere Zeit einer Temperatur von 100° C. aus, so
tritt keine Abnahme seines Flüssigkeitsgrades ein, und es verharzt sich
nicht.
Vergleicht und erwägt man alle diese erörterten und nachgewiesenen Eigenschaften
des in Rede stehenden Maschinenöles, als:
daß es säurefrei,
sowie frei von allen Mineralstoffen,
daß eine namhafte Verflüchtigung seiner Bestandtheile erst in
verhältnißmäßig hoher Temperatur vor sich geht, sowie,
daß es auch in der Wärme seine Flüssigkeit nicht ändert,
so kann man mit Recht behaupten, daß dieses virginische
Maschinenöl völlig als Schmieröl geeignet ist, und daß es allen an ein solches gestellten billigen Anforderungen entspricht.
Gutachten der Abtheilung für
Mechanik.
Die Versuche wurden an einer Maschine mit conischer Spindel, deren Durchmesser 1
1/8 W. Zoll hatte, von ungehärtetem Gußstahl gemacht. Lager-Tiefe 7/8 W.
Zoll von eingesetztem Gußeisen. Die Spindel hatte per Minute eine Umdrehungszahl 1700.
Während einer Arbeitsdauer von 14 Tagen, täglich 10 Stunden bei einer Temperatur
von 12-13° R. im Arbeitslocale wurden mit einem Schmierapparate
von Civilingenieur J. Munk 15/16 Loth von diesem
Schmieröle verbraucht.
Während dieser 14 Tage wurden weder Spindel noch Lager und Maschine geputzt, und
es zeigte sich weder eine Verdichtung noch Verflüchtigung des
Schmiermittels.
Auch wird constatirt, daß weder Lager noch Spindel auf irgend eine Weise
angegriffen wurden, und merklich kühlend einwirkten.
Ueber die Selbstentzündlichkeit mit Leinölfirniß getränkter
Papiere; von Eugen Dieterich, techn. Leiter der chem.
Fabrik für präparirte Papiere von Jul. Schäfer in
Dresden.
Bekanntlich ist der Proceß des Eintrocknens von Oelen und Firnissen der einer
Oxydation; weniger bekannt dürfte seyn, welche bedeutende Temperaturerhöhung
gleichzeitig damit verbunden ist. Ich machte diese Erfahrung gelegentlich eines
Mißfalles, den ich bei der Fabrication von Bauspapier erlebte. An Bauspapier wird
nämlich die Forderung gestellt, daß dasselbe so weit geölt ist, um völlig
durchsichtig zu seyn, daß es aber auch Bleifeder wie Tusche und Wasserfarbe gut
annimmt. Besonders um der letzteren Anforderung zu genügen, kann nur ein
austrocknendes Oel oder Firniß, und dieses nur in verdünntem Zustande verwendet
werden. Meine Herstellungsmethode ist folgende: Man verdünnt 1 Theil gewöhnlichen,
mit Bleioxyd gekochten Leinölfirniß mit 2 1/2-3 Theilen Benzin, je nachdem
der Papierstoff mehr oder weniger Oel erfordert, erwärmt das Gemisch in
aufrechtstehenden und gutschließenden Blechkästen mittelst Dampf auf 60-700
C. und setzt nun 3-5 Ries Papier auf einmal ein. Die Oellösung muß dabei mindestens 3 Hand hoch das
Papier überdecken. Es entsteht sofort durch das Entweichen der im Papier
befindlichen Luft ein förmliches Kochen, welches anhält, so lange noch eine Stelle
Papier ungetränkt ist, und kann dieser Proceß abgekürzt werden, wenn man dem Oele
das Eindringen durch Spalten des Papierstoßes mittelst eines Holzspatels
erleichtert. Das Papier wird dann unter einer scharfen Presse vom überschüssigen
Oele befreit und in einzelnen Bogen auf dem Dampftische getrocknet, resp. das Benzin
verjagt. Ich lasse gewöhnlich von 5 Personen diese Operation ausführen, zwei legen
auf und zwei nehmen ab; letztere haben den strengsten Befehl, den trockenen Bogen
erst in der Hand erkalten zu lassen, ehe derselbe mit anderen trockenen vereinigt
wird; sind circa 12 trockene Bogen fertig, so werden
dieselben von der Arbeitskraft Nr. 5 als Lage auf Stäbchen aufgehangen und dem
Luftzutritte ausgesetzt. Geschieht dieß nämlich nicht sogleich und solches Papier
bleibt nur eine Stunde auf einander liegen, so entzündet es sich von selbst. Ich
habe leider einmal diese Erfahrung gemacht und glaubt, das Feuer sey durch
Unvorsichtigkeit der Leute entstanden; überzeugte mich aber später, als ich, um die
Qualität eines frisch bereiteten Papieres zu prüfen, mit der Hand in das Innere
eines Stoßes fuhr, von der wahren Ursache dadurch, daß ich mit die Hand verbrannte
und mit bereits der Rauch in's Gesicht stieg. Eigenthümlich dabei ist ein Dunst, der
sich beim Aufhängen solcher Papiere bemerklich macht. Derselbe reizt, wie Senföl,
auf das Unerträglichste zu Thränen, riecht ähnlich wie Raps, bringt aber noch
obendrein heftigen Schwindel und Kopfweh hervor. Möglich, daß diese Gase denen
analog sind, welche das Kochen von Leinölfirniß so unangenehm machen, nur hier durch
die oft colossale Fläche von Tausenden von Quadratfußen Firnißfläche dem
entsprechend concentrirter wirken.
Zur Erklärung der heftigen Einwirkung der Luft auf den Firniß dürften folgende Data
genügen. Ein Ries Seidenpapier gewöhnlicher Größe (sog. Sub. Regal) beansprucht zum
Präpariren 1 1/2 Pfd. Firniß und hat eine Fläche von 2281 1/2 Quadratfuß Leipziger
Maaß. Da die Luft, resp. deren Sauerstoff von beiden Seiten des Papieres auf den
Firniß einwirkt, so ist letzterer (1 1/2 Pfd.) auf einer Fläche von 4563 Quadratfuß
vertheilt. Da das Papier nur theilweise getränkt ist, so besitzt es Porosität genug,
um auch noch in seinem Inneren eine Einwirkung der Luft zu gestatten. (Wittstein's Vierteljahresschrift für praktische
Pharmacie, 1869, Bd. XVIII S. 401.)
Versuche in Betreff der Explosionsgefahr beim Transport von
Zündhütchen.
Nachdem unsere Eisenbahn- und in letzter Zeit der Beförderung von Zündhütchen vielfach Schwierigkeiten in den Weg gelegt
hatten, satz die Handelskammer von Birmingham sich
veranlaßt die Nichtigkeit des erhobenen Einwandes der Explosionsgefährlichkeit durch
eine Reihe von Experimenten darzuthun. Im Ganzen wurden neun Versuche angestellt,
welche die bei denselben anwesenden Vertreter der Regierung, der
Versicherungs- und Eisenbahngesellschaften vollständig befriedigten. So
wurden unter Anderem 50,000 Zündhütchen in der gewöhnlichen Verpackung, einer
Holzkiste, in einen Schmelzofen geworfen: das Holz brannte allmählich weg, aber
nicht die geringste Explosion erfolgte. Dann wurden Papierpackete mit je 5000 Stück
Zündhütchen unter eine Eisenmasse von 1 Centner Gewicht gebracht und letztere aus
einer Höhe von 12 Fuß auf dieselben fallen gelassen; aber auch hier fand keine
Explosion statt, obwohl die Zündhütchen des einen Packetes in Baumwolle verpackt
waren, und obwohl sie sämmtlich platt geschlagen wurden. Das letzte Experiment
bestand darin, daß zwei hölzerne Packkisten mit je 50,000 Stück Zündhütchen an dem
Buffer einer Locomotive befestigt wurden, und daß die Locomotive mit einer
Schnelligkeit von 12 englischen Meilen per Stunde gegen
einige Güterwagen anfuhr Die Kisten wurden vollständig zertrümmert, die Zündhütchen
flogen nach allen Richtungen auseinander, aber nur einzelne explodirten. Das
Ergebniß der Versuche wurde, wie gesagt, als ein vollkommener Beweis für die
Nichtexplodirungsfähigkeit von Zündhütchen angesehen, wenn sie in Massen aufeinander
gepackt sind. (Augsburger Allgemeine Zeitung.)
Ueber die Fabrication der Sicherheitsstreichhölzchen; von H.
Howse in London.
Bekanntlich sind schon viele Feuersbrünste und sonstige Unglücksfälle durch
Streichzündhölzchen entstanden, welche sorglos zur Erde geworfen werden in dem
Glauben, daß sie, nachdem ihre Flamme erloschen ist, nachdem sie also
„ausgegangen“ sind, unschädlich jenen, während sie in
Wahrheit jede leichte und trockene Substanz recht gut in Brand setzen können, indem
die Holzstückchen beim Wegwerfen eine dazu genügend hohe Temperatur besitzen, wenn
sie auch keine Flamme mehr haben.
H. Howse hat sich vor Kurzem ein Verfahren zur Fabrication
von Zündhölzchen patentiren lassen, welches darin besteht, die Hölzchen vor dem
Tauchen mit einer Lösung eines der im Nachstehenden angeführten Salze zu
imprägniren, da diese Substanzen die Eigenschaft besitzen, zu verhindern daß das
Holz nach dem Erlöschen der Flamme weiter brennt oder fortglimmt und verkohlt, ohne
gleichzeitig die Entzündlichkeit der Streichhölzchen zu beeinträchtigen, und auf
diese Weise die Unfälle zu verhüten, welche die Hölzchen verursachen können, wenn
sie nach dem Ausgehen der Flamme weggeworfen werden.
Ganz zweckentsprechend und vortheilhaft in Bezug auf das Material fand Howse den Alaun; es gibt aber
noch andere Salze, welche dieselben Eigenschaften haben und deren Anwendung
ebenfalls zum Ziele führt, so z.B. schwefelsaure Magnesia
(Bittersalz), wolframsaures Natron, kieselsaures Natron
(Natron-Wasserglas), borsaures, schwefelsaures,
phosphorsaures Ammoniak, Salmiak und schwefelsaures
Zinkoxyd (unter diesen gibt Howse dem
wolframsauren oder dem kieselsauren, borsauren, schwefelsauren und phosphorsauren
Natron den Vorzug).
In eine starke Lösung von einem dieser Salze oder einem beliebigen Gemenge derselben
werden die Hölzchen vor dem Tauchen so lange eingeweicht, bis sie davon ganz
durchdrungen sind; darauf läßt man sie abtropfen, trocknet sie scharf und behandelt
sie schließlich in der gewöhnlichen Weise.
Die zum Einweichen erforderliche Zeit ist je nach dem angewendeten Salze und der
Menge des zu behandelnden Holzes verschieden; indessen läßt sich als allgemeine
Regel aufstellen, daß die Hölzchen in einer kalten und gesättigten Lösung der
genannten Salze etwa 48 Stunden verweilen müssen.
Die in dieser Weise behandelten Zündhölzchen fangen und brennen ebenso gut als die
gewöhnlichen; sobald aber die Flamme erloschen oder ausgeblasen ist, wird das
Hölzchen schwarz und ist durchaus unschädlich. (Armengaud's
Génie industriel, Mai 1869, S. 264.)
Higgin's Darstellung von
Anilinschwarz.
James Higgin, Chemiker in Birmingham, will (nach seinem in
England genommenen Patent) das salzsaure Anilin, welches sich als das geeignetste
Anilinsalz für die Erzeugung von Anilinschwarz erwiesen hat, anstatt durch directes
Zusammenbringen von Anilin mit Salzsäure, dadurch darstellen, daß er auf das Anilin
die Chlorverbindung eines geeigneten Metalles einwirken läßt, wodurch salzsaures
Anilin ohne überschüssige Säure erhalten wird. Die zweckmäßigsten Chlorverbindungen
sind nach Higgin Eisenchlorid und Chromchlorid, und zwar
werden bei Anwendung des ersteren auf 100 Maaßtheile käufliches Anilin je nach
dessen Sättigungsvermögen 250-280 Maaßtheile einer wässerigen Lösung von
Eisenchlorid genommen, deren Eisengehalt einem Gehalt von 12 Thln. Eisenoxyd in 100
Thln. Flüssigkeit entspricht. Bei Anwendung von Chromchlorid werden auf 100
Maaßtheile käufliches Anilin 400-450 Maaßtheile einer wässerigen
Chromchloridlösung von 50° Twaddle (= 1,250 specifisches Gewicht, = 30
1/2° Baumé) genommen. Zur Darstellung von Anilinschwarz empfiehlt Higgin anstatt des Schwefelkupfers Schwefelcyankupfer,
welches in verdünnten Säuren unlöslich ist, durch das salzsaure Anilin nicht gelöst
und in Gegenwart von chlorsaurem Kali nicht oxydirt wird, bevor die Farbe gedruckt
und getrocknet ist. Das Schwefelcyankupfer wird dargestellt, indem 2 Thle.
krystallisirter Kupfervitriol und 3 Thle. krystallisirter Eisenvitriol in Wasser
gelöst werden und hierzu so lange eine Losung von Schwefelcyankalium gesetzt wird,
als sich ein weißer Niederschlag bildet. Nachdem dieser Niederschlag sich abgesetzt hat,
gießt man die klare Flüssigkeit ab, setzt mit Salzsäure oder Schwefelsäure
angesäuertes kochendes Wasser zu dem Niederschlage, rührt gut um, läßt absetzen und
gießt dann die klare Flüssigkeit ab. Dieß wird so lange wiederholt, bis der
Niederschlag vollständig weiß geworden ist, worauf er auf einem Filter abgetropft
wird, bis 1 Liter des Teiges 3 1/2 Pfund wiegt. Mit diesem Teig und den obigen
Chlorverbindungen stellt nun Higgin Anilinschwarz als
Druckfarbe nach einer der beiden folgenden Vorschriften dar:
I. 5 3/4 Pints1 Pint = 1/8 Gallon = 0,57 Liter = 1/2 Quart. Wasser und
1 1/4 Pfund Stärke
werden gekocht und dazu
8 Unzen16 Unzen = 1 Pfd. gepulvertes chlorsaures Kali
gesetzt. Wenn die Masse ziemlich abgekühlt ist, setzt man
33 Unzen Eisenchloridlösung
von dem oben angegebenen Gehalte, nach vollständigem
Abkühlen
12 Unzen käufliches Anilin
und nach gutem Umrühren
1 3/4 Unzen von dem teigigen Schwefelcyankupfer
zu; dann mischt man gut und läßt abtropfen, die Farbe ist nun
gebrauchsfertig. Hat das Anilin das durchschnittliche Sättigungsvermögen, so ist
kein Ueberschuß von Eisenchlorid vorhanden.
II. Auf
1 1/4 Pfund Stärke werden
5 Pints Wasser
genommen, und zwar wird die Stärke zuerst mit ein wenig Wasser
angemacht, dann werden
1 3/4 Unzen Schwefelcyankupfer
und das übrige Wasser zugesetzt und gekocht. Während des
Abkühlens werden
8 Unzen chlorsaures Kali
und, wenn die Masse fast vollständig kalt ist,
12 Unzen käufliches Anilin mit
54 Unzen Chromchloridlösung von 500 Twaddle (30 1/2°
Baumé)
zugesetzt. Dann wird auf 38° C. erwärmt, bis sich alles
Anilin gelöst hat, gut umgerührt und abtropfen gelassen, worauf die Farbe zum
Gebrauche fertig ist.
Eine gute Druckfarbe für Anilinschwarz läßt sich auch mit dem gewöhnlichen salzsauren
Anilin und Schwefelcyankupfer darstellen, indem man
1 1/4 Pfund Stärke und
1 Gallon (4,5 Liter) Wasser
anwendet, die Stärke zuerst mit etwas Wasser anmacht,
1 3/4 Unzen der Schwefelcyanverbindung
zusetzt, darauf das übrige Wasser dazu gibt und kocht, beim
Abkühlen
8 Unzen chlorsaures Kali
und bei fast vollständigem Erkalten
16 Unzen salzsaures Anilin
zusetzt und abtropfen läßt. (Mechanics'
Magazine, April 1869, S. 243; deutsche Industriezeitung, Nr. 16.)
Verfahren, das Leder lichtgrün zu färben.
Das gegenwärtig so beliebte lichtgrüne Leder wird nach dem Moniteur de la teinture gefärbt wie folgt:
Mit Hülfe einer Bürste oder eines Schwammes trägt man eine Lösung des grünen
Farbstoffes auf, welche man sich durch Vermischen von
100 Grammen
Jodgrün in Teigform,
5 „
Schwefelsäure,
10 „
Pikrinsäure und
25 Litern
Wasser
hergestellt hat.
Selbstverständlich muß das Leder wie zu jeder anderen Färberei sauber vorbereitet
seyn. Die Flüssigkeit muß kalt und darf höchstens lauwarm seyn. Man erzeugt die
verschiedenen Intensitätsgrade durch zwei-, drei-, viermal auf
einander folgendes gleichmäßiges Färben. (Musterzeitung für Färberei etc., 1869, Nr.
11.)
Neues Verfahren zum Bleichen der Schmuckfedern; von Viol und Duflot.
Dieses Verfahren ist vollkommen neu und gestattet sogar schwarze Strauß- und
Geierfedern zu bleichen und ihnen dadurch einen viel höheren Preis zu geben.
Das Verfahren ist folgendes. Man läßt die Federn 3-4 Stunden lang in einer
lauwarmen verdünnten Auflösung von doppelt-chromsaurem
Kali, welcher man eine geringe Quantität Salpetersäure zugefügt hat.
Nach dieser Zeit haben die Federn eine grünliche Färbung angenommen. Die Ursache
derselben ist, daß die Federn in Folge der Zersetzung der freien Chromsäure –
welche durch die Einwirkung von Salpetersäure auf das Chromsalz entsteht –
und der Einwirkung des dabei frei werdenden Sauerstoffes gebleicht werden. Das
gleichzeitig aus der Chromsäure bei der Reduction entstehende Chromoxyd lagert sich
aber auf der Feder ab und färbt sie grünlich.
Um das niedergeschlagene Chromoxyd fortzunehmen, bringt man die Federn in eine
verdünnte Auflösung von schwefliger Säure. Diese nimmt
das Chromoxyd vollkommen fort, indem sich schwefelsaures Chromoxydul bildet. Die
Federn werden in Folge dieser Behandlung vollkommen weiß und können nun als weiße
Federn direct Verwendung finden oder in jeder beliebigen Farbe gefärbt werden.
Zu beachten ist noch, daß man die angewendete Lösung von chromsaurem Kali nicht zu
stark ansetze und ebenso nicht zu viel Salpetersäure zufüge. Besonders mit dem
Zusatz der letzteren muß man sehr vorsichtig seyn. Am besten verwendet man eine
Salpetersäure, welche weder raucht noch gelb ist, denn eine solche enthält
salpetrige Säure und könnte schädlich (gelb färbend) auf die Federn einwirken.
Besonders die Fahnen der Federn müssen sehr schonend behandelt werden. (Nach dem Moniteur de la teinture; Musterzeitung für Färberei
etc., 1869, Nr. 11.)
Vorschrift zu einer Holzbeize; mitgetheilt von F. Dietlen in Klagenfurt.
Gleiche Theile doppelt-chromsaures Kali und Oxalsäure werden in Wasser
aufgelöst; je concentrirter die Lösung ist, desto dunkler
wird die Farbe des gebeizten Holzes. Sobald die Gasentwickelung aufhört, ist die
Beize fertig und immer zum Gebrauch bereit. Wird durch einmaliges Ueberfahren des
geschliffenen Gegenstandes die gewünschte Dunkelheit der Farbe noch nicht erreicht,
so wird solches wiederholt. Das Abschleifen des gebeizten Holzes geschieht besser
mit feinem Schmirgelpapier als mit Bimsstein, da die feinen Masern des Holzes besser
hervortreten. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1869, Nr. 24.)
Explosion durch Ammoniakgas.
Am 18. Februar d. J. erfolgte dieselbe in der chemischen Fabrik der HHrn. Kunheim u. Comp. in Berlin in
einem gußeisernen Gefäße, in welchem Ammoniakgas über freiem Feuer aus einer
breiartigen Flüssigkeit entwickelt wird. Seit länger als zwanzig Jahren ist eine
größere Anzahl derartiger Apparate in stetigem Betriebe, ohne daß ein ähnlicher
Unfall bisher vorgekommen ist. Bei allem Schaden, welcher an dem Apparate selbst, an
dem Gebäude, in welchem er stand, und an in der Nähe befindlichen Producten
verursacht wurde, ist doch zum Glücke keine Verletzung eines Menschen zu bedauern,
obgleich die Sprengstücke weit umherflogen und viele Arbeiter in der Umgebung
beschäftigt waren.
Die Untersuchung, zu welcher Schreiber Dieses bald nach der Explosion Gelegenheit
hatte, ergab Folgendes:
Der zerstörte Apparat war ein Cylinder von 6 Fuß (1,88 Met.) Durchmesser und 4 1/2
Fuß (1,41) Met. Höhe, bei 13/16 Zoll (20 Millim.) mittlerer ziemlich gleichförmiger
Wandstärke. Das Gußeisen, vor vier Jahren aus der königl. Gießerei in Berlin
hervorgegangen, zeigte einen fast durchweg gesunden Bruch. Der obere etwa dritte
– Theil des Gefäßes war weggeschleudert, während der untere Theil mit etwa
2000 Pfd. Flüssigkeit unversehrt und ohne auch nur, dem sich aus der
stehengebliebenen Einmauerung ergebenden Anscheine nach, im Moment der Explosion
angehoben worden zu seyn, stehen geblieben war. Vor der Explosion war das Gefäß mit
4000 Pfd. Flüssigkeit beladen. Sowohl der fehlende Theil derselben als auch die
centnerschweren Bruchstücke waren hauptsächlich nach einer Seite hin geworfen worden. An der entgegengesetzten Seite
unmittelbar über dem ursprünglichen Niveau befand sich die Mündung eines mit einem
Hahnverschlusse versehenen 3zölligen (78 Millim.) Rohres. Den Kegel, welcher mit
einem Schraubenverschlusse nicht versehen war, fand man aus seinem Sitze
herausgehoben, dagegen alle anderen Hähne verschlossen.
Der die Aufsicht habende Arbeiter hatte vergessen, das Gasabführungsrohr zu öffnen,
und darin war unzweifelhaft die erste Ursache der Explosion zu suchen.
In dem ganzen Thatbestande jedoch glaubte ich wieder eine Bestätigung der Kayser'schen Ansicht und die Gültigkeit derselben auch
für andere Luftarten als Wasserdampf zu finden.
Wenn auch durch das vollständige Abschließen des Apparates während einer lebhaften
Gasentwickelung eine nicht unbedeutende Spannung entstanden seyn mag, so kann
dieselbe doch bei weitem nicht so hoch gewesen seyn, daß dadurch die in dem sehr
unebenen Bruchquerschnitte gegebene absolute Festigkeit, letztere auch nur zu 20,000
Pfd. pro Quadratzoll (1460 Kilogrm. pro Quadratcentimeter) gerechnet, hätte überwunden
werden können.
Bei einer dem entsprechenden Spannung von mindestens 75 Atmosphären würde entweder
der nur 1/2 Zoll (13 Millim.) starke, etwas nach Innen gewölbte schmiedeeiserne
Boden nachgegeben haben, oder eines der mit dem Gefäße verbundenen Bleirohre
gesprungen oder endlich jener in einer mit seiner Achse parallelen Richtung
aufgerissen seyn.
Die Spannung war aber jedenfalls hoch genug zum Herausdrängen jenes 3zölligen
Hahnkegels. Dadurch entstand plötzlich eine bedeutende Oeffnung und Spannungsabnahme
nicht nur im Gasraume, sondern auch in dem noch von der Flüssigkeit absorbirten
Gase. Durch die augenblickliche Expansion des letzteren wurde ein großer Theil der
Flüssigkeit gegen die Decke, und besonders an die der entstandenen Oeffnung
entgegengesetzte Seite geworfen und dadurch ein Stoß gegen den Deckel ausgeübt und
der obere Theil des Cylinders abgesprengt, während die auf dem Boden verbleibende
Flüssigkeit eine den Boden gegen den Rückstoß schützende Masse darbot.
Nach dem durch den Stoß entstandenen Risse kam erst die Expansivkraft des
freigewordenen Gases ähnlich wie die auf ein Geschoß wirkenden Pulvergase zur
Geltung.
Zur ferneren Verhütung eines ähnlichen Unfalles sind jetzt sämmtliche
Ammoniakentwickler mit Sicherheitsventilen versehen worden. R. R. Werner. (Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
1869, Bd. XIII S. 327.)