Titel: | Zur Leistungsbestimmung bei Dampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 194, Jahrgang 1869, Nr. II., S. 15 |
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II.
Zur Leistungsbestimmung bei
Dampfmaschinen.
Nach Engineering, Juli 1869, S. 65 und 74; Engineer, Juli 1869, S. 4.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Rigg's continuirlicher Indicator und Ashton-Storey'scher
Dampfkraftmesser.
So lange die von einer Dampfmaschine verrichtete Arbeit ziemlich constant ist, werden
die in verschiedenen Zeiträumen abgenommenen und sorgfältig berechneten
Indicatordiagramme zur Leistungsbestimmung dieser Maschine mit einer für die Praxis
genügenden Genauigkeit dienen können; aber mit Ausnahme von Pump- und
Gebläsmaschinen ist die von Maschinen verrichtete Arbeit selten während mehr als
einigen Minuten constant, so daß die gewöhnlichen Diagramme, wenn nicht gerade in
rascher Aufeinanderfolge und beträchtlicher Zahl abgenommen, keineswegs jene
Anhaltspunkte liefern, um die in einer gegebenen Zeit entwickelte totale Leistung
zuverlässig zu erhalten. Da ferner die Berechnung einer größeren Zahl von Diagrammen
eine beschwerliche Aufgabe ist, selbst bei Zuhülfenahme eines Planimeters einen
großen Zeitaufwand erfordert, so wird nur selten der Versuch gemacht, die
Arbeitsleistung einer ungleich belasteten Maschine mit Genauigkeit zu bestimmen.
Um die Abnahme einer Anzahl aufeinanderfolgender Diagramme zu erleichtern, verwendete
vor mehreren Jahren Daniel Gooch bei seinen Versuchen auf
der Great Western Railway einen continuirlichen Indicator, welcher die Diagramme auf einem ununterbrochen
bewegten Papierstreifen verzeichnete, eine Methode, welche einige Schwierigkeiten
dieses Falles wohl beseitigt, aber die Mühe der Berechnung der theoretischen, resp.
wirklichen Leistung keineswegs vermindert.
Ganz kürzlich schlug Arthur Rigg in Chester die Anwendung
einer Art eines continuirlichen Indicators vor, welcher wohl einige kleine Vortheile
gegenüber der vorhergehenden Methode, aber dafür einige andere Mängel besitzt.
Nach Rigg wird ein Indicator mit einem Dampfcylinder in
kurzen Zwischenräumen, für etwa 3 von je 100 oder 1000 Umdrehungen in Verbindung
gebracht, während der Schreibstift an der Indicatorkolbenstange auf einen
Papierstreifen drückt, welcher auf geeignete Weise langsam bewegt wird.
Während der Zeit der unterbrochenen Verbindung des Indicators mit dem Dampfcylinder,
beschreibt der Stift eine atmosphärische Linie; wird dagegen die Communication
hergestellt, so verzeichnet der Schreibstift auf- und abgehende verticale Linien, welche das
Maximum des Dampfdruckes und des Vacuums im Cylinder anzeigen. Die Länge der
Intervalle zwischen diesen einzelnen Linien ist nach den während des Stillstandes
des Indicatorkolbens stattgehabten Umdrehungen verschieden.
Das in Fig. 5
angegebene Diagramm rührt von einer Condensations-Balanciermaschine für eine
24stündige Arbeitszeit her. Die Einrichtung war so getroffen, daß der Indicator nach
je so vielen Umdrehungen functionirte, als pro Stunde
gemacht wurden; somit erscheinen auch 24 Intervalle. Die dicke verticale Linie und
die horizontalen Linien zeichnete der Schreibstift, während die anderen zur
leichteren Prüfung des Diagrammes gezogen wurden.
Aus den aufgezeichneten Daten berechnet sich die von der Maschine entwickelte
Leistung annähernd genau, wenn der Kesseldruck constant oder nahezu gleichbleibend
ist und die Geschwindigkeit der Maschine nur durch die Drosselklappe geregelt wird.
Bei Expansionsmaschinen wird dieses System aber ganz unbrauchbar, da von zwei
Diagrammen, welche beide dasselbe Maximum des
Dampfdruckes und des Vacuums anzeigen, das eine in Folge der Aenderung des
Füllungsgrades einer zwei- oder dreimal so großen Leistung entspricht als das
andere.
Auf der letzten Ausstellung der Royal Agricultural
Society in Manchester befand sich ein von Ashton
und Storey construirter Dampfkraftmesser und
continuirlicher Indicator, bei welchem das Resultat der Multiplication des
Dampfdruckes mit der Kolbenbewegung in Fußpfunden ausgedrückt durch einen geeigneten
Mechanismus auf einem Zifferblatt ersichtlich gemacht wird, ein Instrument, welches
in praktischer Hinsicht den zu stellenden Anforderungen vollkommen entspricht und
nun näher beschrieben werden soll.
Beschreibung des Dampfdynamometers von
Ashton und Storey in Manchester.
Dieser Apparat, dessen allgemeine Anordnung aus Fig. 6 ersichtlich ist,
besteht in einem doppeltwirkenden Indicatorcylinder von 1 1/2 engl. Zoll
Durchmesser, dessen oberes und unteres Ende durch die möglichst kurz zu haltenden
Röhren g und g' mit den
entsprechenden Enden des Maschinencylinders in Verbindung gebracht wird. Die
Indicatorkolbenstange a trägt ein leichtes Rädchen b mit flachem Rande und über demselben das Getriebe c, welches mit dem Zahnrädchen d im Eingriff steht. An dem oberen (in der Zeichnung jedoch nicht zu
ersehenden) Ende dieser Stange a befindet sich eine
Spiralfeder, welche dem Auf- oder Niedergange des Kolbens Widerstand
entgegensetzt. Das Rädchen d ist an dem unteren Ende einer Spindel
befestigt, an deren oberem Ende ein Schneckengetriebe die verschiedenen Zeiger des
Zifferblattes in Bewegung setzt. Der ganze Mechanismus hat ein geringes Gewicht und
ist so eingerichtet, daß er mit der größten Leichtigkeit bewegt werden kann, somit
die zum Betriebe erforderliche Kraft ganz unbedeutend ist.
Die Zeigerbewegung erfolgt nun in nachstehender Weise:
Wie aus der Abbildung zu entnehmen ist, sitzen an einer kurzen horizontalen Welle
zwei Rädchen e und f. Das
erstere wird durch eine Feder mit einer gewissen, aber nicht zu starken Kraft gegen
das schon erwähnte Frictionsrädchen b gedrückt. Das
zweite Rädchen f, welches sich mit e gleichmäßig umdreht, ist am Umfange mit einer Rinne
versehen; eine darum geschlungene und mit dem Kreuzkopf oder einem anderen
hin- und hergehenden Dampfmaschinentheil verbundene Schnur bewerkstelligt
eine Drehung dieser Scheibe f
in einem Sinne, während die entgegengesetzte von einer
Feder aus erfolgt. Es haben somit beide Scheiben e und
f eine in beiden Sinnen abwechselnde drehende
Bewegung, welche mit dem Kolbenhub der Dampfmaschine correspondirt.
So lange nun an den beiden Enden des Indicatorcylinders ein gleicher Druck herrscht,
bleibt der Kolben in demselben im Gleichgewicht und es ist die Feder an dem oberen
Ende der Stange a so justirt, daß das Rädchen
b
sich auf den Mittelpunkt der Scheibe
e
einstellt. In dieser Stellung wird somit keine Bewegung auf den Zeigermechanismus übertragen.
Steigt oder fällt dagegen der Indicatorkolben, resp. das Rädchen b, so wird dasselbe gedreht, und zwar mit einer um so
größeren Geschwindigkeit, je größer der Abstand der Berührungsstelle vom Mittelpunkt
der Frictionsscheibe ist.
Daraus ist zur Genüge zu erkennen, daß durch die vereinigte Bewegung des
Indicatorkolbens und der Scheibe e die vom
Dampfmaschinenkolben verrichtete Arbeit durch dieses Instrument angegeben werden
kann.
Beispielshalber sey vorausgesetzt, daß bei einer Dampfmaschine die Schnur des Rades
f direct mit dem Kreuzkopf in Verbindung steht, also
der Radumfang sich mit derselben Geschwindigkeit und
während derselben Zeitdauer wie der Maschinenkolben
bewegt. Ferner genüge ein Druck von 50 Pfund pro
Quadratzoll Kolbenfläche, um das Rädchen b so hoch zu
heben, daß die Berührung im Abstand des halben Radius stattfinde. Die Scheiben e und f haben, wie erwähnt,
gleiche Winkelgeschwindigkeit und gleiche wirksame Durchmesser.
So lange daher ein Druck von 50 Pfund pro Quadratzoll des
Kolbens auf der einen Seite des Indicatorcylinders ausgeübt wird, so lange bleibt die Stellung von
b unverändert und das Rädchen b wird sich mit einer Umfangsgeschwindigkeit bewegen, welche gleich ist
der Hälfte der Umfangsgeschwindigkeit der Scheibe e oder
f; d.h. für jeden vom Dampfmaschinenkolben
zurückgelegten Fuß wird der Radumfang b um 6 Zoll
weiterbewegt.
Wenn nun das Uebersetzungsverhältniß zwischen c und d und dem weiter oben befindlichen Schneckengetriebe
derart gewählt ist, daß sich die Zeigerspitze am großen Zifferblatt 1/24 des Weges
eines Punktes am Radumfang b verschiebt, so beträgt für
den oben angenommenen Fall die Zeigerverrückung 1/4 Zoll. Diese entspricht somit
einer Maschinenleistung von 50 Fußpfund pro Quadratzoll
des Dampfcylinderkolbens.
Steigt der wirksame Druck auf 75 Pfund pro Quadratzoll,
so wird sich das Rädchen b, zufolge der Wirkung der
Spiralfeder, in einem Abstand vom Mittelpunkte e = 3/4
des Radius einstellen, somit die Zeigerspitze für jeden vom Maschinenkolben
zurückgelegten Fuß um 3/8 Zoll weiterrücken, also 75 Fußpfund Arbeitsleistung pro Quadratzoll des Dampfkolbens anzeigen.
Oben wurde bemerkt, daß die Scheibe f resp. e mit Hülfe einer Schnur und einer Feder eine
abwechselnd drehende Bewegung erhält; es ist nun zu erklären, wie die Arbeit der
einzelnen Kolbenschübe addirt wird.
Es entspreche das Aufsteigen des Indicatorkolbens über die Mittelstellung dem
Dampfkolbenaufgang und umgekehrt, so steht das Rädchen b
beim Dampfkolbenaufgang über und beim Niedergang unter dem Mittelpunkt der Scheibe e. Da aber die Drehung der letzteren beim Auf- und Niedergang des
Dampfkolbens nach umgekehrten Richtungen stattfindet, so wird das Frictionsrädchen
b
stets im gleichen Sinne
gedreht, das Zeigerwerk also die Summe der einzelnen Leistungen angeben.
Die von Ashton und Storey
angenommene Maaßeinheit ist 1000 Fußpfund pro
Quadratzoll Dampfkolbenfläche. Zur Berechnung der
theoretischen Leistung (in dieser Maaßeinheit) einer
Dampfmaschine für eine gegebene Zeit ist somit
nur die Zahl der während dieses Zeitraumes am Zifferblatte angegebenen Einheiten (1000 Fußpfund) mit der Zahl der Quadratzolle der Dampfkolbenfläche zu
multipliciren.
Zur Bequemlichkeit ist noch ein kleines Zifferblatt mit einem Zeiger vorhanden, durch
dessen Beobachtung die von der Maschine in einer Minute verrichtete Arbeit in
Fußpfunden abgelesen werden kann unter der Voraussetzung, daß die Uebersetzungszahl
des bezüglichen Triebwerkes in einem bestimmten Verhältniß zu den Dimensionen der
Maschine steht, für welche der Apparat zur Verwendung gelangt.
Die Angaben des großen Zeigers sind für alle Maschinen richtig, so lange das Rad f die correcte Bewegung erhält und das Rad b die richtige Stellung einnimmt.
Ashton und Storey's
sinnreicher Apparat wurde bis jetzt als solcher besprochen, um mit demselben die
totale Leistung einer Dampfmaschine zu bestimmen; aber er kann auch verwendet
werden, um die relativen Leistungsbeträge während zwei Kolbenschüben zu bestimmen
oder auch um anderen Zwecken zu entsprechen.
Wenn z.B. gewünscht würde, die während einer gewissen Zeit nur durch den Aufgang des
Dampfkolbens verrichtete Arbeit kennen zu lernen, so schließt man für diesen Fall
den Hahn an der Röhre g, um die Verbindung zwischen dem
Indicator und dem oberen Cylindertheile aufzuheben und öffnet den Hahn h, um der atmosphärischen Luft freien Zutritt zum
Indicatorraum oberhalb dem Kolben zu gestatten. Dadurch wird der Indicator einfachwirkend und die Arbeitsleistung für den
Kolbenaufgang registrirt.
Kommt der Apparat unter diesen Umständen bei einer Maschine ohne Condensation zur Anwendung, so wird das Frictionsrad b
nie über den Mittelpunkt der Scheibe e steigen, sondern auch während dem ganzen Niedergange
des Dampfkolbens in einer geringen Entfernung darunter
bleiben. Dann aber wird während dieser Periode der Zeiger entsprechend dem
Kraftverlust durch den Gegendruck des ausblasenden Dampfes zurückgedreht werden.
Hiermit wäre das (trotz der etwas länger ausgefallenen Beschreibung) sehr einfache
InstrumentDieser Dampfkraftmesser (Steam power meter) kann
von Isaac
Storey
and
Sons, Knott Mill,
Brass Works in Manchester bezogen
werden. genügend erklärt und es bliebe nur noch zu bemerken, daß dasselbe auch mit
einer Vorrichtung zur Abnahme gewöhnlicher Indicatordiagramme versehen werden kann,
was unter Umständen wünschenswerth erscheinen wird.
J. Z.