Titel: | Ueber die englischen und französischen alkalimetrischen und chlorimetrischen Grade; von John Pattinson. |
Fundstelle: | Band 194, Jahrgang 1869, Nr. XVII., S. 47 |
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XVII.
Ueber die englischen und französischen
alkalimetrischen und chlorimetrischen Grade; von John Pattinson.
Vorgetragen in der Newcastle Chemical Society am 28. Januar 1869.
– Aus Chemical
News, vol. XIX p. 111.
Pattinson, über die englischen und französischen alkalimetrischen
etc. Grade.
Die Beziehungen zwischen den englischen und den ausländischen alkalimetrischen und
chlorimetrischen Graden sind bei Kaufleuten, Mäklern und Anderen, welche große
Geschäfte mit Soda und Chlorkalk zu machen Wegen, nur wenig bekannt; ja selbst in
manchen Laboratorien der chemischen Fabriken Großbritanniens kennt man diese
Beziehungen nur unvollkommen. Es ist ein gewöhnlicher Irrthum, daß man annimmt, daß
die Decroizilles'schen Grade Procente von kohlensaurem
Natron anzeigen; andererseits wird sowohl von englischen als von ausländischen
Chemikern, welche mit den Usanzen des Sodahandels nicht bekannt sind, als ausgemacht
angesehen, daß die englische Sodaprobe auf das Atomgewicht des Natrons, wie es zuletzt
festgestellt wurde, nämlich 31, basirt ist, während ihr doch in Wirklichkeit die
Zahl 32 zu Grunde liegt.
Der Mangel an Kenntniß über diesen Gegenstand ist hauptsächlich dem Umstande
zuzuschreiben, daß die chemischen Handbücher denselben meist nicht berücksichtigen.
Er bildet natürlich bei dem Handel mit Soda und Chlorkalk, welcher in England eine
so große Bedeutung hat, eine ergiebige Quelle von Mißverständniß und Streit. Um zur
Beseitigung dieses Uebelstandes beizutragen, habe ich die folgenden zwei Tabellen
entworfen, von denen die erste die Beziehungen zwischen den Procenten von Natron und
kohlensaurem Natron und den englischen und Decroizilles'schen alkalimetrischen Graden, die zweite die Beziehungen
zwischen den englischen und den französischen chlorimetrischen Graden angibt.
Alkalimetrische Tabelle.
Textabbildung Bd. 194, S. 48
Procente von Natron; Kohlensaures
Natron; Englische Grade; Grade nach Decroizilles
Die erste Columne dieser Tabelle enthält Procente von Natron, berechnet nach dem
richtigen Atomgewicht des Natrons, nämlich 31. Sie stimmen mit den in Frankreich
gebräuchlichen Gay-Lussac'schen Graden
überein.
Die zweite Columne gibt die Mengen von kohlensaurem Natron an, welche den
Natron-Quantitäten der ersten Columne entsprechen. In Deutschland, Rußland
etc. wird die calcinirte Soda nach dem procentischen Gehalt an kohlensaurem Natron
verkauft.
Die dritte Columne enthält die Procente an Natron nach der englischen Probe, welche
auf das alte, im Sodahandel bisher noch beibehaltene Atomgewicht des Natrons, 32,
gegründet ist.
Die vierte Columne zeigt die entsprechenden Grade des Decroizilles'schen Alkalimeters an, welche in Frankreich und einigen
anderen Theilen des Continents angewendet werden. Ich verdanke die correcte Angabe
des Werthes dieser Grade dem Hrn. Kuhlmann in Lille. Die
Decroizilles'schen Grade geben darnach an, wie viel
Theile Schwefelsäure-Monohydrat (SO³, HO) von 100 Theilen der
untersuchten Substanz neutralisirt werden.
Chlorimetrische Tabelle.
Textabbildung Bd. 194, S. 49
Französische Grade; Englische
Grade
Die französischen Grade geben an, wie viel Liter Chlorgas 1 Kilogramm des
betreffenden Chlorkalkes bei der Temperatur von 0° und dem Luftdruck von 760
Millimetern zu liefern vermag.
Die englischen Grade drücken aus, wie viel Gewichtstheile wirksames Chlor in 100
Gewichtstheilen Chlorkalk enthalten sind. Diese Art der Gehaltsangabe wird auch in
Deutschland, Rußland, Amerika etc. angewendet.
Es ist, was die alkalimetrischen Grade anbetrifft, ohne Zweifel zu wünschen, daß man
in England die Zahl 31 als Atomgewicht des Natrons statt der bisherigen Zahl 32 als
Basis für die Sodaprobe annehmen möge. Es ist indeß immer schwierig Handelsgebräuche
zu ändern, und hier liegt ein besonderer Grund vor, warum man sich nicht beeilen
wird den bisherigen Gebrauch zu ändern. Dieser gewährt nämlich, da das Atomgewicht
des Natrons größer angenommen wird, als es wirklich ist, und deßhalb die Soda in
Wahrheit nicht so viel Natron enthält, als die Probe angibt und folglich der
Fabrikant bezahlt erhält, diesem einen Vortheil; der Fabrikant verkauft z.B. eine
Soda, die in Wirklichkeit nur 49,35 Proc. Natron enthält, nach der englischen Probe
als Soda von 50 Proc. Natrongehalt, hat also in diesem Fall einen Vortheil von 0,65
Proc. Auf dem Londoner Markt besteht aber andererseits beim Sodageschäft der
Gebrauch, daß man nur die ganzen Grade, nicht die Bruchtheile von Graden bezahlt, so
daß z.B. eine Soda, welche nach der englischen Probe 50,9 Proc. Natron enthält, nur
mit 50 Proc. angesetzt und bezahlt wird. Durch diesen Gebrauch, welcher dem
Fabrikanten zum Nachtheil gereicht, wird der aus dem ersteren Gebrauch für denselben
entspringende Vortheil mehr oder weniger aufgewogen. Wollte man also den einen
Gebrauch abschaffen, so müßte dieß auch mit dem anderen geschehen. Ein anderer
Handelsgebrauch, welcher dem chemischen Fabrikanten Schaden bringt, besteht darin,
daß man den Gehalt des Braunsteins an Mangansuperoxyd als gleich annimmt mit dem
Gewichtsverlust, welchen er bei der Prüfung mit Oxalsäure ergibt, d.h. mit dem
Gewicht der 2 Aequivalente Kohlensäure, welche dabei entweichen, während doch in
Wirklichkeit das Aequivalent des Mangansuperoxyds nur = 43,5, das doppelte
Aequivalent der Kohlensäure dagegen = 44 ist. Diese Handelsgebräuche sind oft eine
Ursache von Mißverständniß und Störung, und es würde daher gut seyn, wenn man sie
abschaffen und eine richtige Anwendung der analytischen Bestimmungen einführen
könnte. Dieß kann aber auf wirksame Art nur durch den Handel selbst geschehen, und
ich empfehle diesen Gegenstand dem Verein der brittischen Sodafabrikanten zur
Erwägung.
Bei der Berechnung der chlorimetrischen Tabelle habe ich das Aequivalentgewicht des
Chlors nach Stas und Marignac
zu 35,46 und das Gewicht eines Liters Wasserstoffgas bei der Temperatur von
0° und dem Luftdruck von 760 Millimetern zu 0,08961 Grm. angenommen. Das
Gewicht eines Liters Chlorgas ergibt sich daraus für dieselbe Temperatur und
denselben Druck zu 3,17763 Grammen.