Titel: | Ueber die osmotische Methode Dubrunfaut's zur Reinigung der Melassen und Syrupe; von V. de Luynes. |
Fundstelle: | Band 194, Jahrgang 1869, Nr. XX., S. 60 |
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XX.
Ueber die osmotische Methode Dubrunfaut's zur Reinigung der Melassen und Syrupe;Zur Orientirung über diesen Gegenstand verweisen wir auf die Mittheilungen im
polytechn. Journal Bd. CLXIII S. 215,
Bd. CLXXXIX S. 143 und 154; sowie auf den Jahresbericht für
Zuckerfabrication I, II S. 346, VII S. 311 und VIII S. 303.A. d. Red. von V. de
Luynes.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Juni 1869, S. 337.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
de Luynes, über die osmotische Methode Dubrunfaut's zur Reinigung
der Melassen und Syrupe.
In einer Arbeit, welche er am 12. November 1855 der französischen Akademie vorlegte
(polytechn. Journal Bd. CXXXIX S. 305),
kündigte Hr. Dubrunfaut an, daß es ihm gelungen sey, die
Osmose zur Analyse gewisser Gemische zu benutzen. Die erste Anwendung war die zur
Reinigung der Melassen und zur Zuckergewinnung daraus. Diese Melassen bestehen aus
einem Gemisch von Zucker und verschiedenen Salzen, hauptsächlich salpetersaurem Kali
und Chlorkalium, welche die krystallinische Ausscheidung des Zuckers verzögern oder
selbst verhindern. Es ist also immer nöthig, den Gehalt an diesen Salzen zu
vermindern, um die Melasse wieder in den Stand zu setzen, durch Krystallisation neue
Zuckermengen abzuscheiden.
Dieses Resultat hat Hr. Dubrunfaut erreicht, indem er in
einem Dutrochet'schen Endosmometer Wasser mit Melasse von
normaler Dichtigkeit in Berührung brachte. Es entstehen dann zwei sehr kräftige
Strömungen, eine vom Wasser zur Melasse und eine andere, schwächere von der Melasse
zum Wasser. Diese letztere führt die größere Menge der Salze der Melasse in's Wasser
über, so daß im Endosmometer eine Melasse zurückbleibt, welche ungefähr den früheren
Zuckergehalt,Hier ein Beispiel dieser Art von Analyse, in ihrer Anwendung auf eine
preußische Melasse, welche 50 Proc. Zucker und 14 Proc. Asche enthielt. Es
wurde dieselbe 6mal nacheinander osmosirt, wobei jedesmal die Melasse von 40
auf 30° Baumé verdünnt wurde und daher jedesmal wieder auf
40° eingedampft werden mußte. Die Osmose geschah also in
gleichmäßiger, den Vergleich gestattender Weise. Die sechs abgelaufenen Wässer
von 100 Grammen in Arbeit genommener Melasse enthielten:Grm. ZuckerGrm. Ascheerstes
Wasser 0,54,0zweites „0,52,0drittes „0,51,0viertes „0,50,5fünftes
„0,50,3sechstes „0,50,3Diese absichtlich etwas abgerundeten Zahlen zeigen deutlich das Gesetz,
wornach die Reaction unter den gegebenen Umständen stattfindet: indem der
osmosirte Syrup an Zucker zunimmt, verändert sich die schwache
Diffundirbarkeit des Zuckers nicht, wenn die Dichtigkeit des Syrups, welche
einen wesentlichen Factor derselben bildet, dieselbe bleibt. Ferner nimmt
aus demselben Grunde die ausgeführte Salzmenge in geometrischer Proportion
ab, in demselben Maaße wie der Gehalt der osmosirten Flüssigkeit an leicht
diffundirenden Salzen abnimmt, bis unter den Verhältnissen, wobei dieser
Versuch angestellt wurde, keine weitere Abnahme der Diffundirbarkeit der
Salze wehr stattfindet, nämlich in demjenigen Punkt, wo noch 6/14 der Salze
zurückbleiben.Der Versuch zeigt außerdem, daß in diesem Falle die im Syrup bleibenden Salze
organische und wenig diffundirende sind. aber weniger
Salze enthält, und die also bei der Raffination Zucker in Krystallen liefert. Dieß
ist das Princip der neuen Arbeitsweise, welcher Dubrunfaut sowohl Melassen, als auch andere Zuckerflüssigkeiten in seinem
Apparate unterwirft.
Dieser Osmosirungs-Apparat besteht im Wesentlichen aus zwei durch eine poröse
Scheidewand getrennten Gefäßen.
Das eine enthält die Melasse oder den Syrup, das andere Wasser; die Scheidewand
besteht aus Pergamentpapier. Jedes Gefäß wird durch einen dicken Holzrahmen von 1
Meter Breite, 66 Centimeter Höhe und 15 bis 20 Millimeter Dicke gebildet. Vier
Querhölzer theilen den inneren Raum dieses Rahmens in fünf Unterabtheilungen, welche
mit einander durch Löcher in Verbindung stehen; zu beiden Seiten des Rahmens
befindet sich ein mit dünnen Bindfäden befestigtes Blatt Pergamentpapier.
Tritt Melasse unten ein, so steigt sie in den fünf Abtheilungen des Rahmens im
Zickzack empor und kann oben abfließen.
Ein zweiter Rahmen neben dem ersteren ist mit Wasser gefüllt, so daß dieses von der
Melasse durch ein Blatt Pergamentpapier getrennt ist. So entsteht ein osmotisches
Element, deren zur Herstellung einer größeren Oberfläche 25 mit einander vereinigt
sind, so daß also eigentlich 50 Gefäße neben einander liegen, welche abwechselnd
Melasse und Wasser enthalten und gleichzeitig in Thätigkeit sind. Dieses System
nennt Dubrunfaut
Osmogène.
Die einzige zur guten Arbeit nothwendig zu erfüllende Bedingung ist die, daß alle
Melassen- und alle Wasserräume gleichzeitig gefüllt und geleert werden
können, als ob sie nur ein Gefäß wären.
Zu diesem Ende hat jeder Rahmen zwei Oeffnungen oben und zwei unten. In den
Melasseräumen steht die eine untere Oeffnung, z.B. die an der rechten Seite,
mittelst einer kleinen durch die Dicke des Rahmens gehenden Bohrung mit der ersten
Abtheilung des Rahmens in Verbindung, während die obere linke Oeffnung ebenso die
Verbindung mit der letzten Abtheilung des Rahmens bewirkt; die beiden übrigen
Oeffnungen sind vom inneren Raume des Rahmens ganz getrennt.
Bei den Wasserräumen ist es ähnlich, nur ist hier die untere linke Oeffnung
durchgebohrt und die obere rechte vermittelt die Verbindung mit der letzten
Abtheilung.
Bei der Zusammenstellung aller Rahmen eines Apparates bilden die oberen und unteren
Oeffnungen durch ihre Nebeneinanderstellung horizontale Röhren. In der unteren zur
Rechten befinden sich alle Oeffnungen, welche mit den Melasseräumen in Verbindung
stehen, so daß, wenn man durch diese Röhre Melasse einfließen läßt, sich alle Räume
zugleich füllen; sie entleeren sich ebenso durch die obere linke Röhre, in welche
alle Oeffnungen der unteren Abtheilungen einmünden. Dasselbe gilt von den
Wasserräumen.
Man erzielt auf diese Weise einen ununterbrochenen Ausfluß von Melasse und Wasser aus
dem Apparate, während im Inneren beide Flüssigkeiten stets durch Pergamentpapier
getrennt sind.
Die beigegebene Zeichnung stellt den ganzen Apparat in allen feinen Theilen dar; Fig. 1 ist ein
Längenaufriß einer Batterie von vier Appaten, Fig. 2 ein senkrechter
Schnitt nach der Linie I, II der Figur 1.
A, A Wärmpfannen für die von den Schleudern oder von den
Behältern kommende Melasse.
C, C, C Batterie von vier Osmogene-Apparaten;
jeder einzelne besteht aus einer Anzahl auf einander durch Bolzen und zwei
Kopfstücke C' festgeschraubten Rahmen.
D Zuleitungsröhre für die Melasse, mit kleinen Hähnen
über den Trichtern D' der Apparate.
E Wasserrohr, vom Kessel B
kommend und ebenfalls durch Hähne und Trichter mit den Apparaten verbunden.
F, F' Ausflüsse mit Proberöhren.
G Aufkoch- oder Klärpfanne für die osmosirten
Syrupe.
H, H Knochenkohlefilter; I
Saftheber (Monte-jus).
J, J Lager, worauf die Apparate symmetrisch und in
passender Höhe ruhen. Die Kopfstücke C' der Apparate
haben unten zwei Zapfen, welche sich in Pfannen auf diesen Lagern drehen, so daß man
zum Wechseln des Pergamentpapieres nur die Bolzen herauszunehmen und die Kopfstücke
umzulegen braucht,
nachdem die Röhren von denselben losgeschraubt worden sind.
K Kupferschalen zur Aufnahme der ab- oder
überlaufenden Flüssigkeit.
L Luftabzugsrohr, auch zum Zufällen zu gebrauchen.
M Hauptdampfrohr.
N Dampfrohr des Safthebers;
O Retourrohr desselben.
P Dampfrohr des Kessels G.
Q Dampfrohr der Kessel A,
A.
Diese Anordnung ist seit dem Beginn der Arbeiten wie folgt abgeändert worden: die
Kessel A, A stehen am Ende der Batterie und senkrecht
auf deren Richtung. Die Vertheilungsröhren für Syrup und Wasser D und E sind den Apparaten
genähert, so daß ein Arbeiter die Arbeit mittelst der in
seinem Bereiche befindlichen Hähne leiten kann.
Die Figuren 3
und 4 stellen
einen einzelnen Apparat in zwei verschiedenen Aufrissen dar. Die Buchstaben sind
dieselben wie bei den vorhergehenden Figuren. Außerdem ist Folgendes zu
bemerken:
C', C' Kopfstücke der Apparate, aus Eichenholz mit
dichten Verbindungen von Nuth und Feder; ringsumher läuft ein Rahmen von Eisen zum
festen Zusammenhalten.
R, R Bolzen zur Verbindung aller Rahmen.
1, 3, 5, 7 etc. Melasseräume;
2, 4, 6, 8 etc. Wasserräume, mit den vorhergehenden abwechselnd. S, S eiserne Ansätze, mit Schrauben zur Aufnahme der
Ansätze.
T Kupferrohr, welches die beiden Rahmenreihen
verbindet.
U Verbindungshahn für beide Reihen, während der Arbeit
geschlossen.
V Standröhren aus Glas.
D' Speisetrichter für den Syrup;
E' Speisetrichter für das Wasser.
F, F' Probirröhrchen für die Abläufe von Syrup und
Wasser.
L Luftröhre für die Wasserräume.
X Ausleerhahn für die Verbindungscanäle.
Y, Z Ablaufröhren für den osmosirten Syrup und das
Ablaufwasser, entsprechend den Probirröhren F, F'.
Die Figuren 5
und 6 stellen
einen Rahmen des Apparates in zwei Schnitten dar; an zwei Stellen sind die
Bindfäden, welche darüber gespannt sind, weggenommen, um die Oeffnungen in den
Rahmen zu zeigen.
a ist der mit vier Querleisten versehene
Hauptrahmen.
b sechs Löcher für die Verbindungsbolzen.
c, c' ovale Oeffnungen an zwei Ecken des Rahmens; die
eine c
bildet einen Theil des
Einflußcanales für das Wasser, die andere c' einen Theil
des Abflußcanales.
d, d' eben solche Oeffnungen, als Theile der Canäle für
den Zufluß und Abfluß des Syrups.
e, e' Bohrungen, welche diese Oeffnungen mittelst in die
Dicke des Rahmens eingelassener Messingröhrchen mit dem inneren Raume des Rahmens in
Verbindung setzen.
f vier Durchgänge an den Enden der Querleisten,
abwechselnd angebracht zum Durchlassen des Inhaltes.
g Wasserstandrohr.
Die zahlreichen senkrechten Linien stellen die zu beiden Seiten des Rahmens
befestigten Bindfäden dar, unter denen auf der einen oder anderen Seite ein
Pergamentpapierbogen liegt, in welchem den Oeffnungen b, c,
c', d, d' entsprechende Löcher sich befinden. Diese Bindfäden, welche durch
Löcher in den Längsseiten des Rahmens gehen, sollen die Berührung der beiden Papiere
zweier neben einander liegender Rahmen verhindern.
Man sieht, daß in Folge der Lage und Durchbohrung der Querrippen die Flüssigkeit in
den Rahmen den durch die Pfeile bezeichneten Weg nehmen muß.
Die Melasserahmen sind ebenso eingerichtet wie die Wasserrahmen, und haben dieselben
Oeffnungen, nur mit dem Unterschiede, daß bei den Melasserahmen die Bohrungen e, e' nicht bei den Oeffnungen c,
c', sondern bei den Oeffnungen d, d' sich
befinden und daß auch die Durchgänge in den Querrippen f
an den entgegengesetzten Enden angebracht sind, so daß der Syrup bei d eintritt und nach dem Durchgang durch alle
Abtheilungen bei d' ausfließt.
Wenn alle Rahmen zusammengeschraubt sind (die geraden für Wasser, die ungeraden für
Syrup), so bilden die Oeffnungen c, c', d, d' durch ihre
Aufeinanderfolge vier parallele Canäle, in deren beiden ersten das Wasser und in
deren beiden letzten die Melasse fließt. Während dieses Nebeneinanderfließens findet
die Osmose statt. Die osmosirte Melasse und das Abfallwasser fließen dann durch die
Trichter und Abflußröhren F, F' und Y, Z ab.
Der Apparat wird wie folgt in Gang gefetzt und bedient:
Zwischen je zwei Rahmen wird ein Pergamentpapierbogen mit, den Oeffnungen b, c, c', d, d' entsprechenden Löchern gelegt, dann das
Ganze mittelst der Bolzen und Schraubenmuttern zusammen gedichtet, der Hahn U (Fig. 3) geschlossen und
Wasser durch E' und Melasse oder Syrup durch D' eingeführt. Die Höhe beider Flüssigkeiten muß die
gleiche seyn, was man an
dem Standrohr V sehen kann. Wenn der Apparat voll ist,
so muß die Wasserlösung durch das Probirrohr F' und der
osmosirte Syrup durch F ablaufen. Am eingehängten
Aräometer erkennt man fortwährend die Dichtigkeit beider, und richtet darnach den
Zufluß des Syrups ein, der stets von der bestimmten Grädigkeit abfließen soll.
Dasselbe gilt von der Wasserlösung; da aber ihre Dichtigkeit nur sehr gering ist, so
richtet man den Zufluß besser nach der Stärke des Abfließens. Es soll nämlich stets
das doppelte Volumen Wasser gegen das des Syrups abfließen.
Der Grad, bis auf welchen die Schwere des Syrups bei dessen Ausfluß herunterkommen
soll, hängt von der Beschaffenheit des zu osmosirenden Productes und von dem
beabsichtigten Grade der Reinigung ab. Man kann die mit 40° Baumé
einfließenden Syrupe mit 30, 25, 12 oder 10 Grad und noch weniger abfließen
lassen.
Die Temperatur des Syrups beim Eintritt kann zwischen 60 und 75° C., die des
Wassers soll nicht unter 85° C. betragen. Die einmal festgesetzte Temperatur
muß unverändert beibehalten werden.
Das Abwaschen muß entweder täglich oder alle 2–3
Tage geschehen; es wird durch das Verschmieren der Rahmen und durch die Entstehung
kalkiger Niederschläge, der Folge eines secundären osmotischen Vorganges bedingt,
sowie auch noch andere Zersetzungen stattfinden, wie man an der Gasentwickelung
durch die kleinen Glasröhren g (Fig. 5) erkennt.
Zum Zweck des Abwaschens wird der Apparat entleert, indem man beide Flüssigkeiten
durch die Hähne X, wovon nur einer in Fig. 4 sichtbar ist,
abzieht. Dann öffnet man den Verbindungshahn U (Fig. 3) und
läßt heißes Wasser sowohl durch den Trichter E', wie
durch D' in den Apparat. Da die Verbindung aller Räume
offen ist, so kann kein ungleicher Druck entstehen und das Wasser daher in raschem
Strom einfließen. Ist der Apparat voll, so kann man das Wasser eine Zeit lang durch
die Standröhren austreten lassen; dann schließt man den Hahn U, entleert den Apparat und setzt ihn wieder in Gang.
Der Syruptrichter D' (Fig. 3) ist oval und
enthält zwei Stäbe, auf denen ein kleiner Drahtkorb von 1 Decimet. Breite und 1
Decimet. Höhe steht, um mechanische Verunreinigungen zurückzuhalten, welche den
freien Durchlauf der Flüssigkeit hindern würden.
Wenn man mit Verlust des Ablaufwassers arbeitet, so kann dasselbe mit
1–2° Baumé abfließen; wenn man dasselbe aber wieder eindampfen
will, so muß man es concentrirter halten und nicht unter 3 bis 4 oder 5°
Baumé kommen lassen.
Wenn man salzige Syrupe vom eingedampften Ablaufwasser früherer Osmosirungen zum
zweiten Male osmosirt, so kann man das Wasser dieses zweiten Ablaufes auf
6–7° Baumé halten.