Titel: | Fr.Lürmann's Hohofen mit geschlossener Brust. |
Fundstelle: | Band 194, Jahrgang 1869, Nr. XCVII., S. 475 |
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XCVII.
Fr.Lürmann's Hohofen mit geschlossener Brust.
Aus Engineering, November 1869, S.
326.
Mit Abbildungen auf Tab.
X.
Lürmann's Hohofen mit geschlossener Brust.
Das Kohks-Hohofensystem von Fr. Lürmann,
Betriebsingenieur der Georgs Marienhütte bei Osnabrück – über welches in diesem Bande des polytechn. Journals S. 106 (zweites
Octoberheft 1869) ein Bericht mitgetheilt wurde – besteht im Wesentlichen in
der Beseitigung des gewöhnlichen Wallsteines, Vorherdes und Tümpels, im Niederziehen
der Herdwandungen um den ganzen Herd herum bis zur Sohle, und im Anbringen eines
Schlackenstiches oder eines Schlackenauslasses in einer gußeisernen Form, welche
durch das in ihr circulirende Wasser abgekühlt wird.
Fig. 23
stellt den Herd eines gewöhnlichen, Fig. 24 dagegen den Herd
eines nach Lürmann's System zugestellten Hohofens dar;
die Eigenthümlichkeiten des letzteren werden aus einer Vergleichung beider
Abbildungen klar werden.
Der in Fig. 30
in vergrößertem Maaßstabe abgebildete Schlackenauslaß (Schlackenform, cinder block), besteht in einem Gußeisenstücke, welches,
wie aus der Zeichnung zu ersehen, mit einem doppelt kegelförmigen Loche versehen ist
und in dem mehrere gebogene Röhren von zusammengeschweißtem Schmiedeeisen von 1 Zoll
lichtem Durchmesser liegen, in denen das Kühlwasser circulirt. Bei Anfertigung
dieser Wasserformen werden die schmiedeeisernen Röhren mit Vorsicht gebogen und dann mittelst der
Feile oder durch Abbeizen mit verdünnter Säure gereinigt, bevor sie in die Gießform
eingelegt werden; beim Umgießen mit dem Metalle ist dahin zu sehen, daß letzteres in
der Gießpfanne sich so weit abkühlt, bis es kaum mehr flieht, widrigenfalls man
Gefahr läuft, daß auch die Röhren schmelzen und somit der Guß verdorben wird. Dieses
Verfahren wird auch bei Anfertigung der anderen mit Wasser zu kühlenden Theile
befolgt, von denen noch näher die Rede seyn wird. Die Weite der
Schlackenabfluß-Oeffnung beträgt, der Beschaffenheit und der Menge der beim
Betriebe fallenden Schlacke entsprechend, 1 bis 2 Zoll; bei einem großen Ofen und
dünnflüssiger Schlacke genügt eine Oeffnung von 1 1/4 Zoll vollkommen. Der
Schlackenauslaß muß mit der Innenseite der Herdwand eine ebene Fläche bilden, oder
wenn er hinter der Brust liegt, oben und unten abschneiden, wie aus den Figuren 25,
26, 27 und 28 ersichtlich
ist. Sein Mittelpunkt liegt etwa 8 bis 10 Zoll unter den Mittellinien der Düsen und
letztere müssen mindestens 3 Fuß 4 Zoll über der Herdsohle liegen.
Eine Gußeisenplatte A, die
„Schlackenplatte,“ ist in der Herdwand befestigt und in
eine Oeffnung der ersteren wird der Schlackenauslaß eingesetzt. Die Figuren 25–28 zeigen eine
Art der Befestigung des letzteren, bei welcher der obere Theil desselben
Schwalbenschwanzform hat und in eine entsprechende Oeffnung der Schlackenplatte
eingefügt ist, während der ganze Schlackenauslaß, sobald er sich an Ort und Stelle
befindet, mittelst der in die Nuthen i, i eingreifenden
Stange k und der eisernen oder stählernen Keile b, b befestigt wird. Eine einfachere Methode zur
Befestigung des Schlackenauslasses, welche eine leichtere Auswechselung zuläßt, ist
in Fig. 31 u.
32
dargestellt; in diesem Falle ist der erstere in eine unterhalb der Schlackenplatte
in der Herdwand angebrachte Oeffnung eingesetzt und mit Lehm oder Thon verstrichen,
welcher zum Behufe der Entfernung der Form leicht weggebrochen werden kann. Letztere
wird durch die Wasserröhren und die Verbolzung d an
ihrem Platze gehalten.
In der Schlackenplatte sind, ebenso wie in dem Schlackenauslasse, Canäle angebracht,
in denen Wasser circulirt; mit ähnlichen Canälen ist auch die Gußeisenplatte D versehen, welche so weit über die Herdwandungen
hinausreicht, daß die gewöhnlichen Vorrichtungen zur Entfernung der Schlacke
angewendet werden können. Wegen der intensiven Hitze ist es im Allgemeinen
nothwendig, das Schlackengewölbe durch wassergekühlte Platten zu schützen; dieß kann
durch Anwendung besonderer Platten C, Fig. 25, 26 u. 27, oder dadurch
geschehen, daß man die Schlackenplatte, wie Fig. 28, 31 u. 32 zeigen, mit Flanschen
versieht.
Für den Betrieb der nach seinem Systeme zugestellten Hohöfen gibt Lürmann nachstehende Anweisungen. Nach dem Abstechen wird
das Stichloch in der üblichen Weise verschlossen und der Schlackenauslaß mit Thon
oder Sand verstopft. Sobald die Schlacke bis zum Düsenniveau tritt, wird der Auslaß
mittelst einer runden Eisen- oder Stahlstange, deren Durchmesser etwas
kleiner seyn muß als der der Auslaßöffnung, geöffnet, indem man diesen Rengel
(nöthigenfalls mit Hülfe eines Treibfäustels) eintreibt. Sobald die Stange wieder
herausgezogen wird, folgt ein Schlackenstrom nach. Wenn der Schlackenauslaß die
richtigen Dimensionen hat, so ist bis zum nächsten Abstiche Nichts weiter nöthig.
Sollte der Abfluß der Schlacke eine Zeit lang nachlassen, so tritt der Gebläsewind
durch den Auslaß heraus, sobald das Niveau der Schlacke tief genug gesunken ist.
Obschon ein solcher Zufall von geringer Bedeutung ist, so läßt sich ihm doch leicht
dadurch abhelfen, daß man einen Lehmpfropf mittelst einer runden Stange in die
Ausflußöffnung bringt und denselben wieder entfernt, nachdem sich von Neuem genug
Schlacke angesammelt hat. Geht der Ofen sehr schlecht, so daß gar keine Schlacke
durch den Auslaß abfließt, so braucht man nur das Futter b,
c, d, e oder einen Theil desselben zu entfernen. Die Schlacke, welche durch
die auf diese Weise hergestellte Oeffnung abfließt, bringt die vor dem Auslasse
entstandene Schlackenversetzung binnen kurzer Zeit zum Schmelzen und ersterer wird
dadurch wieder frei. Der Raum b, c, d, e wird dann
wieder ausgefüllt.
Das Abstechen muß nach einer gewissen Anzahl von Gichten geschehen, die sich nach der
Menge der durch den Auslaß abgeflossenen Schlacke zu richten hat. Letztere nimmt im
Herde den zwischen dem Niveau des niedergeschmolzenen Roheisens und dem
Schlackenauslasse befindlichen Raum ein, der einen Inhalt von ungefähr 10 Kubikfuß
haben muß, wenn man sicher vermeiden will daß das Eisen bis zur Auslaßöffnung
hinauftritt. Wenn nun die Menge der durch das Stichloch abfließenden Schlacke mehr
als 10 Kubikfuß beträgt, so können mehr Gichten aufgegeben werden; fließt weniger
Schlacke ab, so muß man auch an der Anzahl der von einem Abstiche bis zum anderen
aufzugebenden Gichten abbrechen. Soll abgestochen werden, so hat man nicht nöthig,
den Schlackenauslaß zu verstopfen, da die Schlacke dann bald von selbst auszufließen
aufhört. Auch braucht das Gebläse von einem Abstiche zum anderen gar nicht
abgestellt zu werden.
Man hat gegen die Oefen mit geschlossener Brust den Einwand gemacht, daß in denselben
in vielen Fällen Versetzungen entstehen werden, insofern Herdarbeiten mit
Gezähstücken nicht ausgeführt werden können. Praktische Erfahrungen mit Hohöfen, welche nach Lürmann's System zugestellt sind, haben jedoch diesen
Einwurf widerlegt und der Betrieb der gewöhnlichen Hohöfen gibt einen Grund dafür an
die Hand. Bei diesen erfordern die hinteren Theile des Gestelles kaum jemals
Gezäharbeiten; solche werden hauptsächlich an den Seiten, in der Nähe des Vorherdes
nöthig, wo die Temperatur niedriger ist. Andererseits werden bei den Lürmann'schen Oefen Düsen gleichförmig in alle Seiten des
Gestelles gelegt und die Hitze ist nicht allein größer, sondern im ganzen Herde
gleichmäßig vertheilt, so daß jeder Theil des letzteren sich in gleichem Zustande
befindet wie die hinteren Herdpartien eines älteren Ofens. In einem Ofen mit
geschlossener Brust kann die Abstichöffnung überall da angebracht werden, wo es den
örtlichen Verhältnissen am besten entspricht, ganz unabhängig von dem
Schlackenauslaß; in Fig. 29 liegt sie dem letzteren gegenüber.
In den meisten Fällen kann Lürmann's Einrichtung an
bereits im Betriebe stehenden Oefen leicht angebracht werden. Zwei oder drei Tage
vorher, ehe die Abänderungen vorgenommen werden, gibt man leichte Gichten auf, so
daß der Wind auf zwölf bis achtzehn Stunden abgestellt werden kann. Die
Tümpelplatte, sofern eine solche vorhanden ist, wird gegen die Schlackenplatte A ausgewechselt und eine neue Gebläseform eingezogen, so
daß sämmtliche Düsen gleichmäßig vertheilt sind. Dann werden Vorherd und Wallstein
weggenommen und die vorhandene Oeffnung wird mit feuerfesten Steinen geschlossen,
indem für das mit einer Wasserkühlung zu versehende Stichloch eine kleine Oeffnung
bleibt. Da der Schlackenauslaß mindestens 8 Zoll unterhalb des Düsenniveau's liegen
muß, so darf man die Einrichtung bei Oefen, deren Herd nicht viel Eisen zu halten
vermag, nicht anwenden, weil sonst zu häufige Abstiche nöthig werden. Meistens ist
es aber möglich, die Düsen höher zu legen, in welchem Falle die oben gegebene
Vorschrift befolgt werden kann. Der Betrieb eines solchen Ofens ist ganz derselbe
wie der eines neuen.
Für Lürmann's System wird, insofern Gezäharbeiten und
Herdreparaturen bei dessen Anwendung wegfallen, der Vorzug beansprucht, daß es eine
wesentliche Ersparniß an der bei den älteren Oefen durch Betriebsstörungen verloren
gehenden Zeit ermöglicht, und daß, da Unterbrechungen, in Folge deren der Ofen sich
abkühlen könnte, nicht vorkommen, der Ofengang regelmäßiger ist. Das neue System
gestattet auch die Windpressung zu verstärken, ohne befürchten zu müssen daß die
Beschickung aus dem Ofen hinausgeblasen wird und dieß ist bei sehr dichten Gichten,
wie dieselben beim Betriebe mit nicht verkohkter Steinkohle oder Anthracit
beschaffen sind, ein entschiedener Vortheil. In Amerika ist die
Lürmann'sche Zustellung bereits bei zahlreichen
Anthracitöfen angewendet worden, und in England, wo sie durch C. Holste (No. 14, Southampton-street, Covent-Garden,
London) eingeführt wurde, ist sie auf den Old Park Ironworks in Shropshire, sowie auf der
Hohofenhütte Willenhall in Staffordshire eingerichtet
worden.