Titel: | Ofen zum Glühen von Draht und Blechen; von Jos. Thoma, Ingenieur in Memmingen. |
Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. LVIII., S. 234 |
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LVIII.
Ofen zum Glühen von Draht und Blechen; von
Jos. Thoma,
Ingenieur in Memmingen.
Mit einer Abbildung.
Thoma's Ofen zum Glühen von Draht und Blechen.
Zum Glühen des Drahtes, sowie zur Verarbeitung der Bleche für façonnirte
Gefäße etc. muß das zu verarbeitende Material wiederholt ausgeglüht werden, um die
Arbeit fertigen zu können.
Da aber das Glühen in offenem Feuer beim Kaltwerden immer Zunder erzeugt, so ist es
bekanntlich nur möglich, das Glühen vorzunehmen, wenn der Draht, Blech etc. in einen
hermetisch verschlossenen Kessel eingelegt wird, welcher so lange geheizt werden
muß, bis der Inhalt ganz rothwarm ist, der nachher im Kessel ganz langsam erkaltet,
wodurch das Abzundern verhütet wird.
Allein dieses Verfahren ist sehr langweilig und mit Kosten und Umständlichkeiten
verbunden, weil das Heizen oft 6–10 Stunden in Anspruch nimmt, zum Zwecke des
Herausnehmens der Ofen erkalten muß und diese Erkaltung ebenfalls nur langsam
stattfinden darf.
Um den gleichen Zweck ohne diese Umständlichkeiten zu erreichen, construirte ich
einen besonders eingerichteten Ofen, der nach der Größe des zu glühenden Materiales
angelegt wurde. Derselbe besteht aus zwei Theilen, nämlich dem Feuerraum a und dem eigentlichen Glühraum b, welche durch 4 gußeiserne Platten abgeschlossen sind.
Der Feuerraum hat einen gewöhnlichen Rost c durch die
ganze Breite des ausgemauerten Ofens. Die Füllung desselben geschieht von oben,
durch eine an einer Kette mit Gegengewicht versehene schiefliegende Thür d. Die Wand, welche den Feuerraum vom Glühraum trennt,
ist bis oben an das Gewölbe mit rechteckigen Löchern versehen, durch welche das
Feuer streicht.
Textabbildung Bd. 195, S. 235
Die Gußplatte, mit welcher die Thür d verbunden ist, hat durch die ganze Breite des Feuerraumes einen
Schlitz, in welchem sich eine gußeiserne Platte k
auf- und abschieben läßt.
Der Glühraum hat am Boden bei f einen Abzugscanal, der
zum Kamin führt. Derselbe kann durch einen horizontalen Schieber g regulirt und geschlossen werden. In der hinteren Wand
des Ofens befindet sich eine Thür oder Falle h, durch
welche die zu glühenden Gegenstände in den Ofen eingelegt und herausgenommen werden
können.
Ist nun der Ofen zum Glühen angefüllt, so hat man besonders darauf zu achten, daß die
Feuerung langsam und gleichmäßig beginnt, damit der Glühraum überall gleich erwärmt
wird, was man durch ein in der Thür h angebrachtes Loch
beobachten und durch den Schieber g reguliren kann. Auf
diese Art wird sich der Glühraum nach und nach ganz gleichmäßig bis zur
Rothglühhitze erwärmen, wo der Zeitpunkt eintritt, den Schieber g nach und nach ganz zu schließen, in dem gleichen Maaße
wie die gleichmäßige Rothglühhitze zunimmt. Je näher dieses Ziel erreicht wird,
desto langsamer und aufmerksamer muß die Feuerung stattfinden.
Sobald nun durch das Loch in der Thür h die gleichmäßige
Hitze im Ofen bemerkt wird, läßt man den senkrechten Schieber im Feuerraum fallen
und öffnet die Klappe in dem Rohr i, welches auf der
Seite des Feuerraumes
angebracht ist, – ebenso schließt man den Luftzug unter dem Feuerrost, so daß
der ganze Glühraum, sowohl vom Feuer als vom Zug in's Kamin, abgeschlossen wird, und
somit weder Hitze noch Luft zu- oder abströmen kann.
Auf diese Art kann ein gefüllter Ofen mit circa 15
Centnern Blech in 2 bis 2 1/2 Stunden rothwarm und in 4–5 Stunden so kalt
gemacht werden, daß die Verarbeitung des Materiales wieder beginnen kann. Wenn
möglich, ist es am vortheilhaftesten, den erwärmten Ofen über Nacht erkalten zu
lassen.
Mit circa 120 Stück gut getrocknetem Torf nebst dem
nöthigen Holz zum Anfeuern kann ein Glühraum von 5 Fuß Länge, 2 1/2 Fuß Breite und 2
1/2 Fuß Höhe vollständig gefüllt, vollkommen geglüht werden. (Württembergisches
Gewerbeblatt, 1870, Nr. 2.)