Titel: | Neues Verfahren, Jodgrün auf Wollengarn, Thibets, Lastings und Halbwolle, Orleans etc. vortheilhaft zu färben; von Theodor Peters, Anilin- und Orseillefarben-Fabrikant in Chemnitz. |
Autor: | Theodor Peters |
Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. LXVII., S. 276 |
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LXVII.
Neues Verfahren, Jodgrün auf Wollengarn, Thibets,
Lastings und Halbwolle, Orleans etc. vortheilhaft zu färben; von Theodor Peters, Anilin- und
Orseillefarben-Fabrikant in Chemnitz.
Peters, Verf. zum Jodgrün-Färben auf Wollengarn, Thibets
etc.
Die großen Schwierigkeiten, welche sich schon vor zwei Jahren herausstellten, als die
ersten Versuche gemacht wurden Jodgrün auf Wolle zu färben, haben bis jetzt
verhindert dieses prächtig färbende Product der Anilinfarbenindustrie auf Wolle etc.
zu verwenden, während auf Baumwolle dieser Farbstoff von hoher Bedeutung geworden.
Namentlich war es sehr mühevoll, gleichmäßige Nuancen zu färben, und unmöglich,
diese Nuancen so billig den Fabrikanten zu offeriren, daß für die große
Textil-Industrie Verwendung gesucht werden konnte.
Ich glaube durch nachstehendes Verfahren, das Resultat unzähliger Versuche seit der
Verwendung des Jodgrüns auf Baumwolle, und seitdem ich Jodgrün fabricire, die
bisherigen Uebelstände beseitigt und die Vortheile gefunden zu haben, welche eine
sehr lebhafte Verwendung in der Wollfärberei zulassen werden.
Die Vortheile fasse ich zusammen:
1) die Wolle und Halbwolle kann in kurzer Zeit in den reinsten
Nuancen gefärbt werden;
2) erzielt man hinter einander gleichmäßige Nuancen;
3) wird aller Farbstoff ausgenutzt;
4) werden die Herstellungskosten dadurch bedeutend gemindert und
schließen sich diese vorläufig denen des Aldehydgrüns an; gegen letzteres das
Jodgrün aber
5) den Vorzug größerer Reinheit und Haltbarkeit der Nuancen
hat;
6) die gelblichsten und bläulichsten Nuancen in Nachtgrün leicht
erzeugt werden können und wodurch eine bedeutende Reihe schöner Modenuancen
erschlossen wird.
Die größere Anzahl Färbeversuche zur Bestätigung meines Verfahrens habe ich in meinem
Laboratorium angestellt; die erste Prüfung des Verfahrens in der großen Praxis ist
in der hiesigen Färberei des Hrn. C. F.
Neubert mit bestem Erfolg geschehen;Weitere Versuche im Großen sind gemacht worden: bei den HHrn. Fiernkrantz und Ehret in Glauchau, Ernst Gehrenbeck und Heinrich Körner in Chemnitz. ebenso günstig ist das West, Kammgarn und der Lasting gefärbt worden, so daß
anzunehmen ist, die Praktiker werden sich schnell des Verfahrens bedienen und die
etwaigen Schattenseiten, welche sich durch verschiedene Umstände oftmals anfangs
einfinden, glücklich zu beseitigen wissen; sowie ich mich gern erbiete, auf
schriftliche Anfragen weitere Auskunft zu ertheilen.
I. Imprägnationsbad.
für bläuliche Nuancen
50 Pfd.150 „
flüssiges Jodgrün für Wollenfärberei,>Wasser,
für gelbliche Nuancen 1 1/2 Loth Pikrinsäure.
Für bläuliche Grüns läßt man die Pikrinsäure ganz weg oder vermindert das Quantum;
für gelblichere Grüns hingegen ist ein größerer Zusatz von Pikrinsäure nöthig.
Das Imprägnationsbad mit obigen Materialien wird kochend gemacht und darin
10 Pfd. gut gewaschenes Wollengarn, Thibet, Lastingoder
entsprechend gut schmakirte Orleans
während 1/4–1/2 Stunde gut manipulirt; das Garn etc.
muß man gut abtropfen lassen und alsdann die noch darin befindliche Flüssigkeit (ich nenne sie
Imprägnationsflüssigkeit) durch Ausringen oder Ausschleudern entfernen, und diese,
da sie dem Gewichte nach noch 50 Proc. Farbstoff enthält, wieder zum Imprägniren
verwenden.
Dieses imprägnirte Garn, Gewebe etc. wird nun in einem heißen Bade, genannt
II. Grünerzeugungsbad,
bestehend aus 200 Pfd. Wasser, 1/2 Pfd. engl. Schwefelsäure,
1/4 Pfd. flüssigem Doppelt-Chlorzinn (Zinnchlorid), lau bis heiß, je nach
Stoff, durchgezogen und nach 3–4maligem Umziehen das Garn etc. abtropfen
gelassen; wenn es angeht, ebenfalls ausgeschleudert und die ausgeschleuderte
Flüssigkeit wieder zum Grünerzeugungsbad gegossen.
Das Garn etc. muß aus dem Imprägnationsbad nur schwach grünlich gefärbt herauskommen,
nimmt aber im Grünerzeugungsbad sofort die mittlere Nuance an.
Dunklere Nuancen entstehen durch längere Imprägnation oder Anwendung größerer Mengen
flüssigen Jodgrüns zum Imprägnationsbad, und so umgekehrt hellere; letztere kann man
aber auch am schönsten erhalten, nachdem dunklere oder mittlere Nuancen erzeugt
worden sind. Das Princip ist gleich wie bei den meisten hellen Nuancen, welche große
Reinheit erhalten sollen. Das Nuanciren geschieht durch Abmustern aus dem
Imprägnationsbad.
Nachdem die erste Partie von 10 Pfd. gefärbt (wie ebenso 50 Pfd. in dem gewöhnlichen
Farbebottich proportional in Arbeit genommen werden können), setzt man zum
Imprägnationsbad
25 Pfd. flüssiges Jodgrün für Wollenfärberei,
1/2 Loth kryst. Pikrinsäure;
darin werden wie oben wieder
10 Pfd. Garn etc.
manipulirt, und nach dem Entfeuchten im Grünerzeugungsbade,
welchem man nochmals
1/4 Pfd. engl. Schwefelsäure
und
1/8 „
flüssiges Doppelt-Chlorzinn
zugesetzt hat, wird die zweite Vollendung der Nuance
erzielt.
Die dritte Partie färbt man wie die zweite und zwar 1. das Imprägnationsbad der
zweiten Partie.
Dazu
25 Pfd. flüssiges Jodgrün,
1/2 Loth kryst. Pikrinsäure,
und ebenso setzt man
dem Grünerzeugungsbad der zweiten Partie
1/4 Pfd. engl. Schwefelsäure,
1/8 „
flüssiges Doppelt-Chlorzinn
hinzu, und färbt das Garn etc. durch 3–4maliges
schnelles Manipuliren.
Die vierte Partie habe ich fast ohne Zusatz auf gleicher Nuance wie die drei ersten
Partien erhalten etc.
Um nun den durch das Grünerzeugungsbad frei gewordenen, in diesem befindlichen
Farbstoff, welcher nicht auf der Wolle etc. nach der Imprägnation fixirt wurde,
wieder zu verwerthen, wird dieser zum Verdünnen des flüssigen Jodgrüns des
Imprägnationsbades verwendet, und somit ist der Turnus hergestellt, welcher
gestattet, nachdem bei regelmäßiger Färberei auch das Imprägnationsbad durch neue
Partien erschöpft ist, nicht nur sämmtlichen Farbstoff des Jodgrüns zu fixiren,
sondern auch dadurch die billigere Herstellung der jodgrünen Nuancen auf Wolle,
Orleans etc. sich erzielen läßt.
Für das Ausland ist das flüssige Jodgrün wegen zu hoher Fracht und Steuer nicht
vortheilhaft zu verwerthen, und ist die Teigform vorzuziehen.
Um nun auch mit dieser, wie oben angegeben, die Färbemanipulationen vornehmen zu
können, verdünnt man 10 Theile Jodgrün in Teig mit 200 Theilen Wasser, hat aber nur
einen sehr geringen oder gar keinen Zusatz von Pikrinsäure nöthig; ferner setzt man
etwas englische Schwefelsäure oder Essigsäure hinzu; verdünne davon.
50 Theile mit 150 Theilen Wasser, füge 1 Theil Salmiakgeist hinzu; filtrire und
verwende diese Flüssigkeit als Imprägnationsflüssigkeit.
Ich übergebe hiermit dieses Verfahren zur häufigen Anwendung in der großen Praxis, um
die Lücke auszufüllen, welche bisher noch in der Wollenfärberei für das so
werthvolle Jodgrün vorhanden war.