Titel: | Ueber die Möglichkeit eines Gas-Hohofens; von C. Schinz. |
Autor: | C. Schinz |
Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. XC., S. 338 |
Download: | XML |
XC.
Ueber die Möglichkeit eines Gas-Hohofens;
von C. Schinz.
Schinz, über die Möglichkeit eines Gas-Hohofens.
Obgleich ich die Ehre hatte, dem Verfasser des in diesem JournalIm vorhergehenden Heft S. 254.
„über die Möglichkeit eines Gas-Hohofens“ erschienenen
Aufsatzes, Hrn. Fritz Lürmann,
vor einiger Zeit brieflich meine Ansichten über diesen Gegenstand mitzutheilen, so
ist einerseits letzterer doch interessant genug um hier auf denselben
zurückzukommen, und andererseits hatte ich gerade in der letzten Zeit Gelegenheit,
das Allgemeine dieser Frage zu studiren, so daß ich hoffen kann, in diesen
Betrachtungen dem Leser einige Belehrung darüber zuzuführen, wenn ich zu der
Schlußfolgerung komme, daß eigentlich erst das Experiment diese Frage entscheiden
könne.
Es ist nicht einzusehen, was eigentlich Hr. Lürmann meint, wenn er bemerkt: „nach
angestellter Berechnung würde auf 1 Theil C etwa 1 Theil HO zersetzt werden
können,“ da dieser Satz nicht sagt, wie viel C neben dem durch den
Sauerstoff der Luft verbrannten, Wärme erzeugen soll. Wollte er damit sagen, daß
gleich viel C durch den Sauerstoff der Luft verbrannt, wie durch HO in CO,
übergeführt werden soll, so ist seine Berechnung nicht richtig, denn:
1 Kub. Met. Kohlenstoff = Kil. 1,07272 zerlegt sich in 1/4 =
0,26818 C, die zu
CO² verbrannt à 8000 geben
2145 W. E.
dagegen absorbiren dann 0,26818 C die aufgenommen werden um
CO zu bilden, 0,26818 .
2400 =
643 „
„
–––––––––
und die wirklich producirte Wärme
ist
1502 W. E.
Die andere Hälfte des 1 Kub. Met. C = Kil. 0,53636
können6 : 0,53636 = 9 : x
= 0,80454 Wasser zersetzen, wobei 1/9 =
0,08939 H als Gas frei werden, gerade 1 Kub. Met. und
die eben so viel Wärme latent machen als sie durch
Verbrennung erzeugt haben würden, mithin 0,08939 .
34000 = 3039 W. E. während die 8/9 des
zersetzten
HO = O
produciren 0,53636
. 2400 = 1287 „
Die
Differenz =
1752
W. E.
zeigt also daß der Wärme-Consum bedeutend größer seyn
würde als die Production.
Wir müssen folglich den consumirten Kohlenstoff anders zwischen dem O der Luft und
dem des HO theilen.
Nehmen wir versuchsweise das Verhältniß 3/4 und 1/4, so haben wir:
3/4 . 1,07272 = 0,80454 C und
0,80454/2 . 8000 geben
3218
W. E.
und 0,80454/2 . 2400 „
965
W. E.
–––––––––––
durch Verbrennung producirt
2253
W. E.
1/4 . 1,07272 = 0,26818 C
zersetzen 0,40227 HOdadurch werden absorbirt 0,04469 H . 34000 = 1519
W. E.
und
producirt 0,26818 C . 2400 =
643 „
876
W. E.
–––––––––––
nach Abzug der Differenz bleiben
1377
W. E.
Die Producte sind:
1,5 K. M. CO wodurch Verbrennung
erzeugt0,5 „
„ CO durch Zersetzung von HO
= 2 .
0,31024 = 0,62048
0,5 „ „
H
„ „
„
= 0,5 . 0,30842 = 0,15421
1,5 CO =0,75 O =
3 „
„ N
= 3 .
0,30661 = 0,91983
––––––––––––––––––––––
specifische Wärme 1,69452
und die resultirende Temperatur ist: 1377/1,69453 = 812°
C.
Diese genügt vollkommen, um den Wasserdampf in CO und H zu zerlegen, indeß würde,
wenn wir nicht noch eine andere Wärmequelle zur Benutzung hätten, diese Temperatur
noch merklich herabgedrückt durch:
a) Ofenwand-Transmission;
b) freie und latente Wärme der
gebildeten und zu schmelzenden Schlacken;
c) mit den Gasen evacuirte Wärme, denn
der Betrieb würde übermäßig wenig leisten, wenn die Gase mit der
Luft-Temperatur evacuirt werden mühten und der Inhalt des Ofens hierbei
übermäßig groß seyn;
d) freie und latente Wärme des im
Brennstoffe enthaltenen Wassers.
Aber darin liegt eben der Vortheil des Lürmann'schen Vorschlages, daß die von der hohen
Brennstoffsäule absorbirte Wärme sich derjenigen beifügt welche durch Verbrennung entwickelt
wird, und dadurch wird es möglich werden, diese Temperatur von 812°
beizubehalten trotz dem Aufwande, welchen die eben erwähnten Quellen des Verlustes
noch veranlassen.
Da von der Verwerthung geringerer Sorten Brennstoff die
Rede ist, so wollen wir annehmen daß die Kil. 1,07272 Kohlenstoff = 1 Kub. Met. an
Kohks-Abfällen geben: 1,20683 Kil. enthaltend 20 Proc. fremde Bestandtheile.
Diese = 0,13409 sollen zerfallen in 3 Proc.
Wassergehalt des Kohks, somit
0,03620
und Asche
0,09789
mit dieser Flußmittel gleich viel
0,09789
somit Schlacken
0,19578.
Nun verlangen 0,03620 Kil. Wasser an latenter
Wärme = 0,0362 . 536
=
19,4
W. E.
und freie Wärme, wenn wir annehmen daß die Gase
mit 100° evacuirt werden: 0,0362 . 0,475 .
100
=
1,7
„ „
–––––––––––
21
W. E.
––––––––––––
Die Kil. 0,19578 Schlacken verlangen an latenter
Wärme: 0,19578. 60
=
11,7
W. E.
an freier Wärme, um auf den Schmelzpunkt =
1300° und wenigstens noch 100° Ueberschuß
über diesen zu gelangen, specif. Wärme der Schlacken bei
1400° = 0,309 = 0,19578 . 0,309.
1400°
=
84,7
„ „
––––––––––––
96,4
W. E.
––––––––––––
Die evacuirte Wärme wird betragen: 1,69452 =
specif. Wärme der Gase = 1,69452 . 100
=
169,4
W. E.
Die Ofenwand Transmission kann, wie ich in diesem Journal, Jahrgang 1866, Bd. CLXXXII
S. 101 gezeigt habe, sehr verschieden groß ausfallen je nach der Dicke und
Leitungsfähigkeit der Wände, hauptsächlich aber je nach dem Verhältnisse der Fläche
zum Inhalt und endlich nach der im Ofen herrschenden Temperatur. Dieser letztere
Factor wird in diesem speciellen Falle ausnahmsweise günstig seyn, so daß wir für
einen Ofen von 300 Kub. Met. Capacität ein Minimum von 25 W. E. annehmen können (der
Ofen nicht höher als 12 Met., aber von entsprechendem Querschnitt), während ein Ofen
herkömmlicher Construction von nur 100 Kub. Met. Capacität ein Maximum von 293 W. G.
hervorbringen könnte.
Nehmen wir das Mittel, so würde die Transmission
betragen (25 + 293)/2
=
159
W. E.
und die gesammten Wärme-Verluste wären
dann: 21 + 96,4 + 169,4 + 159
=
446
W. E.
so daß also von ursprünglich erzeugten 1377 W. E.
nur noch 1377 – 446
=
931
„ „
zur Erwärmung der Kohks übrig bleiben. Diese sind nach Abzug
von0,09789 Asche plus 0,03620 HO = Kil.
1,07274 und brauchen umsich auf 812° zu erwärmen nur 812 .
1,07274 . 0,236
=
205
W. E.
Es fügen sich also der producirten Wärme =
1377 hinzu 205 und wir haben
1162
„ „
davon gehen ab für die aufgezählten Verwendungen
446
„ „
––––––––––––
und es bleiben
716
W. E.
welche noch die Temperatur = 716/1,69452 = 423° C.
zulassen, was offenbar nicht mehr genügen würde, um den Wasserdampf in CO und H
umzusetzen.
Stellen wir die Bedingung, daß das Minimum der Transmission verwirklicht werde, so
haben wir
Textabbildung Bd. 195, S. 341
Auch diese Temperatur ist noch zu niedrig und wir müssen also einen noch größeren
Antheil des verzehrten Kohlenstoffes als Wärme producirend wirksam machen.
Nehmen wir dazu anstatt 3/4 = 7/8, so erhalten wir höhere Temperaturen als wir sie
nöthig haben.
Machen wir die Vertheilung 13/16 und 3/16, so erhalten wir:
(13/16 . 1,07272)/2. 8000
= 3846 W. E.
( 3/16 . 1,07272)/2. 2400
= 1046 W. E. = 2440 W. E.
3/16 . 1,07272 = 0,2011
C welche zersetzen:
0,3017 NO, davon 1/9 = 0,0335 H . 34000 = 1139 W. E.
3/16 . 1,07272 = 0,2011 C. 2400 = 482 W. E., Differenz 657,
daher Production 1783 W. E.
Volumen und specifische Wärme der Gase sind:
Kub. Met. 1,625 CO durch
Verbrennung „
„ 0,375 CO durch Zersetzung von
HO
Kub. Met.
2 . 0,31024
= 0,62048
„
„ 0,375
H
„ „ „
„ „
0,375 . 0,30842
= 0,11566
„
„ 3,25
N aus eingeblasener Luft
„ „
3,25 . 0,30661
= 0,99648
–––––––––
1,73262
Daher die Temperatur = 1783 W. E./1,73262 = 1029° C.
Die Transmission wird dadurch im Minimum 32 W. E., im Maximum 371 W. E. und im Mittel
201 W. E.; durch die Kohks können aufgenommen werden
1,07274. 0,340. 1029 = 375 W. E.
Daher wird die Temperatur für die mittlere Transmission
Textabbildung Bd. 195, S. 342
und für das mögliche Minimum
Textabbildung Bd. 195, S. 342
Auch diese Temperaturen sind allerdings noch etwas über dem Nothwendigen; aber wenn
man an die Umstände denkt, welche störend einwirken können und unter welche
besonders die Schwierigkeit gehört die Dampfmenge richtig abzumessen, so wird es
jedenfalls besser seyn, eher einen Ueberschuß als eine genügende Temperatur walten
zu lassen.
Die Zusammensetzung und Wärme-Production der so erhaltenen Gase ist nun:
Textabbildung Bd. 195, S. 342
Kub. Met.; CO; Volum-Proc.;
welche à geben W. E.; H; N; per Kub. Met. 100
Gas.; HO; minus latente Wärme von Kub. Met. Wasserdampf
Die specifische Wärme der Verbrennungsproducte ist:
CO²
Vol.
35,3 . 0,42557
= 15,011
HO
„
60,2 . 0,38225
= 23,011
N – 57,3 + aus 17,65 O = 70,6
N
„
127,9 . 0,30661
= 39,215
–––––––
77,237
und die daraus resultirende Temperatur = 100123/77,237 =
1296°.
Um also diese Gase zu Operationen zu verwenden, welche eine höhere Temperatur
erfordern, müßten dieselben vorerst wieder erwärmt werden; aber wenn dieß auch durch
die vom Ofen abgehende Wärme in einem gewissen Grade erzielt werden kann, so würden
sie doch niemals zur Erreichung solcher Temperaturen dienen können wie z.B. die sind
um Stahl zu schmelzen, weil bei so großem Wassergehalt in den Verbrennungsproducten
die Volum-Einheit derselben zu wenig W. E. enthält.
Auch zu sehr kleinen Feuerungen wie die eines Küchenherdes oder eines Zimmerofens
würden sich solche Gase wenig eignen, weil sie nicht so leicht von selbst
fortbrennen wenn der Herd, in welchen sie strömen, nicht alsbald eine höhere
Temperatur annimmt, welche die Fortdauer der Verbrennung sichert.
Nun kommt aber noch ein weiteres Bedenken. Ich habe zwar selbst bisher den geringen
Wasserstoffgehalt welchen z.B. Holz und Steinkohlen in die Gase bringen, als Wärme
producirend in Rechnung gebracht; dieser Gehalt ist aber zu klein, um beobachten zu
können, ob auch dieser Wasserstoff wirklich verbrennt und dadurch Wärme erzeugt.
Dagegen sind nun andere Beobachtungen und Erfahrungen gemacht worden, welche zu dem
Schlusse führen, daß der Wasserstoff nicht zur Verbrennung komme, wenn er dem
Volumen nach nur wenige Procente ausmacht.
So z.B. haben wir in den Gichtgasen der Hohöfen stets beträchtliche Mengen von H und sogar Sumpfgas, die an dem sich reducirenden Erze
hinstreichen, ohne sich mit dem O in denselben zu
verbinden. So hat ferner Scheurer
Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse von 1868 und 1869, t. XXXVIII
p. 195, 311; t.
XXXIX p. 385. bei seinen zahlreichen Analysen von gewöhnlichen Verbrennungsproducten bei
Dampf-Generatoren stets nicht unbeträchtliche Mengen von der Verbrennung
entgangenem H erhalten, obgleich solche immer Ueberschuß
an O enthielten. Ebenso erhielt ich selbst bei den
Versuchen über Contactflächen (man s. dieses Journal 1866, Bd. CLXXXI S. 1) sogar
bei Kohks merkliche und bei Anthracit sehr bedeutende Wasserstoffmengen die nicht
verbrannt waren.
Wenn daher die 6,6 Volum-Procente H, welche wir in
diesen Gasen des Gas-Hohofens gefunden haben, wirklich der Verbrennung
entgehen, so würde es dann sicher vortheilhafter seyn, die
Einführung von Wasserdampf ganz zu unterlassen. Dabei ist nicht, wie Hr.
Lürmann glaubt, zu
befürchten daß der Hohofen-Schacht allzu heiß werde, denn:
1,07272/2. 8000 = 4291
W.
E.
1,07272/2. 2400 = 1287
„
„
= 3004 W. E.
Producte:
Kub.„
Met.„
2 CO4 N
==
specif. „
Wärme „ 4 .
0,30661
==
0,620481,22644
1,84692
daher Temperatur = 3004/1,84692 = 1626° C.
Und bringt nun auch die Vorwärmung der Kohks 1626 . 1,07274 . 0,455 = 794 W. E.
hinzu, so kann in solchem Falle das Maximum der Transmission veranlaßt werden und
wieder 759 W. E. auf die negative Seite bringen, während latente und freie Wärme für
HO und Schlacken und Evacuation mit 278 W. E. auf derselben Seite bleiben. Wir haben
dann: W. E. (3004 +
791) – (759 + 278) = 2761 W. E. und die Evacuations-Temperatur wird
2761/1,8641 = 1481°, indem wir die specif. Wärme der Gase wegen Wassergehalt
um 0,01719 vermehren, und auch diese Temperatur könnte sehr leicht weiter herunter
gebracht werden, ja man könnte sogar den Gas-Hohofen noch anderweitig
nutzbringend machen, wenn man leichte Gichten von Fe²O³ + SiO³
aufgäbe, welche zwar ein schlechtes Roheisen liefern, aber keine CO² in die
Gase bringen würden.
Solche ohne Dampfzuführung erzeugte Gase werden dann
zusammengesetzt seyn und produciren:
CO
Kub.
Met.
2
=
33,3 Proc.
und 33,3 . 2400 = 79920 W. E.
N
„
„
4
=
66,7 Proc.
Die Verbrennungsproducte und deren specif. Wärme wären:
Kub.„
Met.„
33,3 CO²133,4 N
==
14,17140,901
55,072
daher die resultirende Temperatur = 79920/55,072 = 1451° C.
Diese wäre also um 1451 – 1296 = 155° höher als die oben gefundene und
würden die Producte in der Volum-Einheit viel mehr Wärme enthalten.
Könnte ein solcher Gas-Hohofen im Centrum einer größeren Zahl von
metallurgischen oder anderen Oefen hoher Temperatur aufgestellt werden, so würde es
auch nicht unmöglich seyn, den Gasen ihre Temperatur großentheils zu erhalten, statt
ihnen solche absichtlich zu entziehen, und man würde den Vortheil haben, mit
schlechtem Brennstoffe dasselbe zu leisten was jetzt mit weniger schlechtem
geleistet wird.
Die Gas-Production eines solchen Ofens ohne Wasserdämpfe könnte sogar ohne
große Capacität wohl auf 2000 Kil. Kohks oder 10000 Kub. Met. Gas per Stunde gebracht werden, weil wir ja der von der
Brennstoffsäule aufgenommenen Wärme nicht mehr bedürfen.
Daran kann kein Zweifel seyn, daß ein solcher Gas-Hohofen mit nicht backenden
Steinkohlen, mit Kohks und Anthracit, alle in nicht allzu kleinen Stücken, ohne
Anstand functioniren würde, auch mit Holz und Torf in nicht allzu großen Stücken.
Wenn aber der Brennstoff sich der Pulverform nähert oder zum Theil Pulver enthält,
so ist es fraglich, ob der Betrieb ohne Anstand wäre; wie weit man darin gehen
dürfte und könnte, müßte eben erst durch Versuche ermittelt werden.