Titel: | Field's Dampfkessel. |
Fundstelle: | Band 195, Jahrgang 1870, Nr. CXXIX., S. 483 |
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CXXIX.
Field's Dampfkessel.
Mit einer Abbildung auf Tab. IX.
Field’s Dampfkessel.
Ueber den Röhrendampfkessel von Field findet man
ausführliche Mittheilungen in diesem Journal Bd.
CLXXVII S. 258 und Bd. CLXXXVI S.
81.
Das Urtheil über Field's Kesselsystem ist noch kein
feststehendes. Von einer Seite wird seine allgemeine
Anwendung als wünschenswerth erkannt;Bergrath Prof. Jenny im
officiellen österreichischen Ausstellungsbericht, Bd. II S. 60 u.s.f. Als
Jurymitglied hatte derselbe Gelegenheit sich von der ausgezeichneten
Leistungsfähigkeit dieser Kesselconstruction, insbesondere was die
Schnelligkeit in der Erzeugung hochgespannter Dämpfe anbelangt, bei in Paris
angestellten Versuchen mit Merryweather'schen
Dampffeuerspritzen, zu überzeugen. Bei einem Probeversuche sur la berge de la Seine erhielt man in acht Minuten vom Augenblicke des Unterzündens aus kaltem Seinewasser von etwa 12 bis 14°
C. Dampf von 80 Pfund
Spannung. „In dieser Hinsicht übertrifft die Field'sche Kesselconstruction alle bisher
bekannt gewordenen Systeme, entspricht aber dabei auch den höchsten Anforderungen in Bezug auf
Brennmaterial-Ersparniß, ohne die praktisch so wichtigen
Rücksichten auf Sicherheit, leichte Herstellung, Unterhaltung und
Ueberwachung, sowie selten vorkommende und wenig kostspielige
Reparaturen, außer Auge zu verlieren. Die
Field'sche Kesselconstruction verdient
daher in hohem Grade die Aufmerksamkeit des technischen
Publicums.“
eine andere gelangte zu dem Endschlusse, daß, bevor längere und mehrfache
Erfahrungsresultate über die Vortheile und Nachtheile dieser Kesselgattung
entschieden haben würden, deren allgemeine Verwendung nicht zu rathen und höchstens für gewisse Gattungen
kleiner Dampfbetriebe ihre Anwendung zu empfehlen sey.Als Hauptbedenken gegen die ganz allgemeine
Empfehlung der Field'schen Kessel führt Prof.
Rühlmann in einem
Aufsatz: „über die (Röhren-) Dampfkesel des Engländers Field (Mittheilungen des hannoverschen
Gewerbevereines, 1869 S. 196 etc.) Folgendes an:
„Muß auch zugestanden werden, daß durch die wahrscheinlich sehr
rasche Strömung des Wassers in und zwischen den Hängeröhren ein Anhaften
ganz fester Kesselsteinniederschläge kaum zu erwarten ist, so wird es
doch zuweilen andere mit dem Wasser mechanisch
vermengte Körper, wie Sand oder sonstige mehr oder weniger erdige
Theile geben, welche sich aus dem Wasser, trotz aller Strömung an
den tiefsten Stellen der äußeren Röhren, absetzen und wodurch
zweierlei Uebel herbeigeführt werden können. Erstens wird eine
Unterbrechung der Wasserströmung in den Röhren denkbar seyn, zweitens
aber ein Durchbrennen der Röhren stattfinden können.“„Von diesen Nebeln ist letzteres offenbar das größte, weil im
Falle des Durchbrennens einer der Röhren, deren Verstopfung, Reparatur
oder Auswechselung nicht so bequem und schnell
möglich ist, wie es der ungestörte Kesselbetrieb erfordert und
wie dieß bei den gegenwärtig benutzten horizontalen Röhrenkesseln der Locomotiven und Locomobilen in
der That der Fall ist, wo beziehungsweise Fahrt und Arbeit – nach
Eintreibung gehöriger Pfropfe – ununterbrochen fortgehen kann,
wenn auch eine oder selbst mehrere Röhren während des Betriebes leck
werden oder gar durchbrennen. Deßhalb wird man wohl auch
das Field'sche Kesselsystem niemals für
Eisenbahnlocomotiven anwendbar machen und empfehlen können.“„Dasselbe Urtheil dürfte sich aber auch für alle größeren Kessel
feststehender Dampf. Maschinen herausstellen, wo die besonderen Umstände
ein sehr schnelles Dampfmachen nicht
erfordern und es auch nicht nöthig ist, eine sehr große Feuerfläche in
möglichst kleinem Raume zusammenzudrängen.“Rühlmann's Gründe gegen eine allgemeine
Verwendung des Field'schen Systemes bei größeren feststehenden Dampfkesseln waren früher
fast ausschließlich auf die etwas zweifelhafte Haltbarkeit basirt. Seit dem
Bekanntwerden der unten mitgetheilten vergleichenden Versuche mit
gewöhnlichen Cornwallkesseln hat sich aber auch das Ideal der
Leistungsfähigkeit unangenehm verschoben, da ein Gewinn von 15 Proc.
Brennmaterial ein Vortheil ist, der sich auch durch aufmerksames geschicktes
Heizen, durch Ertheilen von Prämien für Kohlenersparung etc. erreichen
lassen dürfte.Günstiger wird natürlich das Urtheil über die Field'schen Kessel, wenn man sie im Falle der Anforderungen
empfiehlt, sehr schnell Dampf zu machen –
wie dieß u.a. bei Dampffeuerspritzen, auch wohl in besonderen Fällen bei
gewissen Gewerbebetrieben vorkommen kann – oder wo man mit einem
Minimum von Feuerfläche ein Maximum von Dampf
erzeugen will, wie dieß bei sehr vielen namentlich Kleingewerben in Städten
vorkommt, wo man zur Aufstellung des Betriebsdampfkessels sehr wenig Platz
verfügbar hat und durch die sicherheitspolizeiliche Verordnung auf eine
geringe Größe des Kessels beschränkt ist, wenn man solchen bequem unterhalb
oder unmittelbar in Arbeitsräumen aufstellen will.Eine interessante Angabe entnimmt Rühlmann aus Oppermann's „Portefeuille économique des machines etc.“
durch die Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, Bd. XI S. 476,
nämlich die oben erwähnten Resultate von vergleichenden, in England
ausgeführten Versuchen zur Ermittelung der Leistung eines Field'schen Kessels – mit (nur) 36 Röhren ausgestattet – gegenüber
einem sonst ganz gleichen Cornwallkessel (mit einem inwendigen Feuerrohre,
Roste etc.). Bei den Versuchen wurde mit derselben Kohle gefeuert, mit demselben
Wasser gespeist und der Kessel von einem und demselben Heizer bedient. Die Ergebnisse waren nachstehende:Cornwall-Kessel.Field'scher
Röhrenkessel.verbrannte Kohlen 22400 Pfd. 22400 Pfd.hierzu erforderliche
Zeit 73
Std. 76
Std.verdampftes Wasser187680 Pfd.207600 Pfd.Hieraus berechnet sich ein Brennstoffersparniß von 13 Procent.
In Fig. 46 ist
nach dem Mechanics' Magazine, Januar 1870, S. 65 ein
Durchschnitt durch den Field'schen Kessel skizzirt, auf
welche Anordnung kürzlich von Field und Wise ein Patent genommen wurde. Die auf dem Rost R entwickelten Verbrennungsgase steigen aufwärts,
umspielen die in den Feuerkasten hineinragenden Röhren, Passiren den durch die
verticale Wand K gebildeten Canal und gelangen endlich
in den Schornstein.Prof. Rühlmann bringt
in dem vorher citirten Aufsatz die Abbildung einer gleichen Kesselanlage und
bezeichnet dieselbe (S. 102) als Combination des Field'schen Systemes mit dem von Dunn,
Thomas und Comp. in Manchester
construirten halbstationären Kessel (polytechn. Journal Bd. CXXVII S. 425).Speciell für einen Fall bestimmt, wo größtentheils Gerberlohe als Brennmaterial angewendet werden soll, hat man es
für angemessen gehalten, die Dunn-Thomas'sche Wasserkammer durch eine Wand
K (Fig. 46) zu ersetzen.
Bei den getheilten Ansichten über das Field'sche
Kesselsystem sind die im „Civilingenieur,“ 1869 S. 418 von F.
C. Glaser, Ingenieur in
Paris, nach amtlichen Quellen gelieferten Mittheilungen über drei
Field'sche Dampfkessel nicht ohne Werth und Interesse.
Dieselben sind seit einiger Zeit in den Maschinenwerkstätten der französischen
Ostbahnen, und zwar zu Epernay, Mahon und Montigny aufgestellt. (Genaue Zeichnungen
sind in der bezeichneten Quelle beigegeben.)
Die Epernayer und Mahoner Kessel werden durch die verloren gehenden Gase eines
Schweißofens geheizt; der Montignyer Kessel dagegen durch Gase, welche in einem Ofen
aus Holzspänen und Sägemehl erzeugt werden.
Ueber sämmtliche Kessel wird ein günstiges Urtheil ausgesprochen und es muß bemerkt
werden, daß dasselbe auf einen mehr als einjährigen Gebrauch hinsichtlich der beiden
erstgenannten Generatoren gestützt ist. Die Inbetriebsetzung des Kessels in der
Wertstätte zu Montigny ist neueren Datums, indessen kann schon jetzt behauptet
werden, daß sein Verhalten wie seine Production wenigstens ebenso befriedigend seyn
wird, als dasjenige der beiden anderen.
Bestimmt und unbestreitbar für den Berichterstatter steht fest, daß die drei Kessel
„kräftige und unersetzliche Hülfsapparate
geworden sind.“
Der Kessel zu Epernay ist Ende April 1868 in Gang gebracht worden und hat seit dieser
Zeit, d.h. seit fünfzehn Monaten ohne Unterbrechung
gearbeitet. Oefters wurde der Kessel aufgemacht, um den Stand der Röhren zu
untersuchen; dieselben wurden aber immer rein und ohne Kesselsteinabsatz, fast blank vorgefunden. Es liegt dieß an der Heftigkeit, mit welcher das Wasser die
Röhren durchströmt und welche so groß ist, daß die Strömung selbst Bleikörner
auswirft. Hierdurch werden die Unreinigkeiten und schwimmenden Theilchen
aufwärts und abwärts gerissen und finden nirgends Ruhe, als in den Seitentheilen des
Kastens, von wo sie alsdann in Schlammform mit der größten Bequemlichkeit durch
Hähne oder Pfropfen abgelassen werden können.
Dieselben Resultate wurden auch in Mahon erzielt, wo der Kessel erst gegen Ende 1868
aufgestellt wurde. Die Montignyer Anlage ist, wie schon oben bemerkt wurde, neueren
Datums, so daß über dieselbe noch nichts weiter zu bemerken ist. Weder in Epernay
noch in Mahon ist bisher an die Erneuerung der Röhren gedacht
worden und ist auch kein Grund vorhanden, eine derartige Nothwendigkeit
bald zu erwarten.
Zwei vorgekommene Unfälle sind zu erwähnen, obwohl sie den
Werth des Field'schen Systemes nicht beeinträchtigen
können; es kann aber aus diesen Erfahrungen Nutzen gezogen werden.
Zu Mahon wurde am ersten Tage des Betriebes der Kopf einer der Röhren verbrannt; der
Gang wurde hierdurch unterbrochen und es fand sich bei der Untersuchung, daß auf dem
Boden ein Knäuel Lumpen befindlich war, welche beim Ausputzen hereingefallen seyn
mochten. Die Ersetzung der Röhre durch eine neue hat sofort und mit der größten Leichtigkeit
stattgefunden.
Bei dem Epernayer Kessel kam ebenfalls eine Röhrenverbrennung vor. Die Untersuchung
ergab, daß das Mundstück eines Rohres durch allerlei
Unrath und kalkigen Absatz verstopft war, welcher von dem diesem Rohre nahe
liegenden Mundstücke der Dampfstrahlpumpe herrührte. Die Speisung der Kessel erfolgt
bei jedem mittelst eines an der Seite aufgeschraubten Giffard'schen Injectors.
Der über dem Roste in der Mitte des Feuerkastens aufgehängte Obturator – ein
starker Cylinder aus feuerfestem Thon zur Verhinderung des directen Abzuges der
Verbrennungsproducte – hatte anfänglich einige Zweifel über seine Dauer
eingeflößt; doch haben bisher diese Stücke auch nicht im Geringsten gelitten. Bei
directer Rostfeuerung dürfte es zweckmäßig sein, den Obturator theils aus Eisen,
theils aus feuerfesten Steinen herzustellen.
J. Z.