Titel: | Der Verdampfungsmesser, ein Mittel zu bedeutender Kohlenersparniß und Vergrößerung der Dampfproduction, von Fischer und Stiehl in Essen a. d. Ruhr. |
Autor: | Fischer , Stiehl |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. I., S. 1 |
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I.
Der Verdampfungsmesser, ein Mittel zu bedeutender
Kohlenersparniß und Vergrößerung der Dampfproduction, von Fischer und Stiehl in Essen a. d. Ruhr.
Patentirt in Preußen, Oesterreich, Sachsen,
Belgien, Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von
Nordamerika.
Mit einer Abbildung auf Taf. I.
Fischer und Stiehl's Verdampfungsmesser.
Die mehrfach von verschiedenen Seiten angestellten Versuche über die
Verdampfungsfähigkeit verschiedener Kesselconstructionen und Brennmaterialien haben
bekanntlich sehr bedeutende Abweichungen in der Leistung constatirt.
Der Grund dieser Abweichungen ist zu suchen:
1) in der Construction der Kessel und Feuerungsanlagen;
2) in der Qualität des Brennmateriales;
3) in der Qualifikation des Heizers.
Die Beschaffung des Brennmateriales für Dampfkessel beansprucht so bedeutende Summen,
daß es für jeden Kesselbesitzer gewiß von größter Wichtigkeit ist, das Verhältniß
kennen zu lernen, in welchem die Dampfproduction seiner Kessel zum Kohlenverbrauch
steht, und letzteren wo möglich zu reduciren.
Ueber die Leistungsfähigkeit verschiedener Kesselconstructionen, Feuerungsanlagen und
die Qualität verschiedener Kohlensorten geben die erwähnten, wiederholt angestellten
und veröffentlichten Versuche wichtige Aufschlüsse; die Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit des Heizers dagegen, ein wesentlicher
Factor bei der Kohlenersparniß, kann nicht durch einzelne Versuche, sondern nur
durch eine fortlaufendedauernde Controlle geprüft und
durch Einführung einer Kohlenersparniß-Prämie
gesteigert werden.
Welche günstigen Resultate hierdurch herbeigeführt werden können, ersieht man aus der
Thatsache, daß seit Einführung der Kohlen-Prämie bei den Locomotiven eine Kohlenersparniß von 10 Proc.
durchweg erzielt wurde. Bei den Eisenbahnen geschieht die Controlle der Leistung
jeder einzelnen Locomotive durch fortlaufende Notirung der Lasten und der
Entfernungen, auf welchen dieselben bewegt wurden. Die Terrainverhältnisse werden
durch Einführung von Coefficienten berücksichtigt.
Bei stationären Maschinenanlagen ist eine ähnliche Controlle nicht anwendbar, weil
die Art der einzelnen Nutzleistungen in der Regel sehr verschieden ist, und ein
richtiger Maaßstab für dieselben nicht existirt, auch die Nutzleistung hier nicht
vom Maschinisten und Heizer allein, sondern auch von den bei den Arbeitsmaschinen
beschäftigten Arbeitern abhängt. Ueberdieß ist die ganze Manipulation noch
complicirter, als bei den Eisenbahnen. Ein viel directerer Weg zur Bestimmung der
Leistung des Heizers ist die genaue Messung des producirten Dampfes. Diese ist denn
auch schon mehrfach versucht worden durch Anwendung von Wassermessern, welche in die
Speiseleitung eingeschaltet wurden. Indessen haben diese Apparate nur eine
beschränkte Anwendung in der Praxis gefunden, weil sie den an sie zu stellenden
Anforderungen nicht genügen. Die Mangelhaftigkeit derselben beruht einestheils in
der Ungenauigkeit ihrer Messung, anderentheils in der Unhaltbarkeit ihrer
Construction, vorzugsweise der Dichtungen.
Aber auch abgesehen von diesen Uebelständen, sind sämmtliche
Wassermesser zur Verwendung bei Dampfkesseln deßhalb nicht geeignet, weil sie die Temperatur des Speisewassers unberücksichtigt
lassen. Es handelt sich hier im Grunde nicht um die Bestimmung der Quantität des
verdampften Wassers, sondern um die Ermittelung derjenigen Wärmemenge, welche dem
Kessel durch den Brennstoff zugeführt worden ist. Das Verhältniß dieser nutzbar
gemachten Wärmemenge zu der im verbrauchten Brennstoff enthaltenen bildet den
Maaßstab für die Leistung des Heizers und die Vollkommenheit der Kesselanlage. Das
Speisewasser bietet allerdings das Mittel zur Messung dieser nutzbar gemachten
Wärmemenge, indessen genügt es nicht, die Quantität desselben allein zu messen,
sondern es muß auch seine Temperatur beim Eintritt in den Kessel berücksichtigt
werden. Bei Versuchen von verhältnißmäßig kurzer Dauer kann man allerdings die
Temperatur des Speisewassers messen und in Rechnung ziehen, indessen wird dieß
praktisch durchaus unausführbar, wenn es sich nicht um einzelne kurze Versuche,
sondern um eine fortlaufende Beobachtung handelt, wie sie zum Zweck der Controlle
über die Heizer nöthig ist.
Unser im Folgenden beschriebener Verdampfungsmesser genügt
allen an ihnen zu stellenden Anforderungen. Er wird durch
heißes Speisewasser
nicht beschädigt. Die Messung ist durchaus genau. Er berücksichtigt die
Wassertemperatur beim Eintritt in den Kessel, so daß an seinem Zählwerk die
nutzbar gemachte Wärmemenge in Calorien direct abgelesen
werden kann.
Beschreibung des
Verdampfungsmessers.
Durch den Stutz a, Figur 18, an welchem das
Speiseventil angeschraubt wird, tritt das Speisewasser in den Apparat, steigt in dem
Canal b nach oben, und fällt auf die Cascade c, auf welcher es langsam herabfließt. Hierbei kommt es
in innige Berührung mit dem Dampf des Kessels, welcher durch den weiten Stutz d Zutritt zu dem Inneren des Apparates hat. Nachdem sich
das Speisewasser hierdurch bis auf die Temperatur des Dampfes erwärmt hat, fällt es
sammt dem dabei gebildeten Condensationswasser in den Kasten e. Von hier aus tritt es durch den Auslauf f
in eine Trommel g, welche sechs schraubenförmige Zellen
s enthält. Die Trommel ist an einer Seite bis auf
eine centrale Oeffnung, durch welche der Auslauf f
tritt, geschlossen, an der anderen Seite dagegen offen. Der untere Theil der Trommel
taucht in das halbcylindrische Becken h, dessen oberer
Rand j sich unterhalb der Unterkante des Auslaufes f befindet. Das eintretende Speisewasser füllt die
Zellen und bringt dadurch die Trommel in Drehung. Die Anzahl ihrer Umdrehungen ist
genau proportional dem durchgeflossenen Quantum. Zur möglichsten Herabziehung der
Zapfenreibung ist die Trommel an beiden Seiten auf Frictionsrollen o und n gelagert. Das an der
offenen Seite des Rades austretende Wasser fällt über den Rand j hinweg in den Kessel. Die Drehungen der Trommel werden
auf eine in dem Deckel k angebrachte und mit einem
Dichtungs-Kegel versehene Achse l übertragen,
welche ein außerhalb des Dampfraumes befindliches Zählwerk in Bewegung setzt. Auf
dem oberen Deckel des Apparates befindet sich ein Lufthähnchen, welches zum Ablassen
der etwa mitgeführten atmosphärischen Luft dient.Hinsichtlich der Montirung ist zu beachten, daß
der Verdampfungsmesser mit dem Stutz
d
unmittelbar auf dem Kesselstutzen stehen und daß
die lichte Weite des letzteren mindestens ebenso groß seyn muß, als diejenige
von d. Ein bis unter den Wasserspiegel
reichendes Speiserohr darf nicht angewandt
werden, damit der Dampf Zutritt zu dem Inneren des Apparates hat. Mit Hülfe
einer Wasserwaage ist der Apparat genau vertical zu montiren. – Vor
Inbetriebsetzung ist der obere Deckel abzunehmen, und der zur Verpackung
dienende Holzdeckel zu entfernen.
Ueber die Richtigkeit der
Messung.
Die Richtigkeit der Messung durch unseren Verdampfungsmesser zeigt folgende
Rechnung:
Bezeichnet: T die Temperatur des Dampfes im Kessel,
t die Temperatur des Speisewassers beim Eintritt in den
Kessel (in Graden Celsius),
q das Gewicht des eingeführten Speisewassers in
Kilogrammen,
r = 607 – 0,708 T die
Verdampfungswärme nach Clausius,
Z die Anzahl der Wärme-Einheiten, welche nöthig
sind um das Wasserquantum q von der Temperatur t in Dampf von der Temperatur T überzuführen,
so ist:
Z = q (T – t) + qr . . . . . . . . I.
Es wurde schon erwähnt, daß das Speisewasser in dem Vorwärmer des Verdampfungsmessers
vor der Messung bis auf die Dampf-Temperatur erwärmt und das dabei gebildete
Condensationswasser mitgemessen wird.
Bezeichnet noch:
Q diejenige Wassermenge in Kil., welche den Meßapparat
passirt, wenn q Kil. Speisewasser von der Temperatur t dem Verdampfungsmesser zugeführt werden, und
q¹ das Gewicht des bei der Erwärmung gebildeten
Condensationswassers,
so ist:
Q = q¹ + q und ferner
q¹ = (T –
t)/r q, also
Q = q (T – t)/r + q oder
rQ = q (T – t)
+ qr . . . . . . . . . II.
also
rQ = Z.
Da in der Praxis die Dampfspannung annähernd constant gehalten wird, so ist auch die
Verdampfungswärme r als constant anzunehmen. Wir nehmen
bei Adjustirung unserer Apparate durchgängig eine mittlere Dampfspannung von 3 1/2
Atmosphären Ueberdruck und dem entsprechend
r = 500 an.
Bei 5 Atm. Ueberdruck würde r = 494 und bei 2 Atm.
Ueberdruck r = 511 seyn. Auf Verlangen können wir nach
Angabe der Dampfspannung den genauen Werth von r bei der
Adjustirung berücksichtigen. Man ersieht jedoch aus obigen Zahlen, daß in den
Grenzen wie sie in der
Praxis vorkommen, ohne erheblichen Fehler r = 500
angenommen werden kann.
Das Zählwerk des Apparates ist so eingerichtet, daß der Index desselben 500 Einheiten
anzeigt, wenn 1 Kil. Wasser von 150° Cels. den
messenden Theil des Apparates passirt hat. An dem Zählwerk kann demnach die
Wärmemenge Z in Calorien direct abgelesen werden. Zur
weiteren Erläuterung mögen folgende Beispiele dienen:
1) Um 1 Liter Wasser von 10° Cels. oder 0,9956 Kil. in
Dampf von 5 Atm. Ueberdruck oder 160° Cels. überzuführen, ist nach Gleichung
I. die Wärmemenge erforderlich:
Z
= (160 – 10) 0,9956 + 494 . 0,9956
= 641,16 Calorien.
Der Verdampfungsmesser würde an seinem Zählwerk angeben:
500 Q
= (500q)/r (T – t) +
500q
= (500 . 0,9967)/494 (160 – 10) + 500 . 0,9967
= 649,67 Calorien.
2) Es möge 1 Liter Wasser von 80° Cels. oder 0,9665 Kil.
in Dampf von 3 1/2 Atm. Ueberdruck oder 150° Cels. übergeführt werden. Die
hierzu erforderliche Wärmemenge ist nach Gleichung I.:
Z
= (150 – 80) 0,9665 + 500,8 . 0,9665
= 551,68 Calorien.
Unser Verdampfungsmesser zeigt nach Gleichung II:
500 Q
= (500q)/r (T – t) + 500q
= 500/500,8 0,9665 (150 – 80) + 500 . 0,9665
= 550,79 Calorien.
Die Angabe unseres Verdampfungsmessers weicht beim ersten Beispiel um 1 1/3 Proc. ab,
beim zweiten Beispiel stimmt sie mit der wirklich erforderlichen Wärmemenge genau überein. Ein Wassermesser welcher mittelst Wasser
von 10° Cels. adjustirt ist, würde im ersten Beispiel 1 Liter und im zweiten
1,03 Liter angeben; also im zweiten Falle 3 Proc. mehr
anzeigen als im ersten, während umgekehrt die erforderliche Wärmemenge Z im zweiten Beispiel 16,3 Proc. weniger beträgt. Die Angabe eines Wassermessers
würde also in diesem Falle von der Wirklichkeit um 19,3 Proc.
abweichen.
Die in den beiden Beispielen gewählten Differenzen der Wassertemperatur von 10° und 80° C.
kommen in der Praxis vielfach vor, namentlich da, wo abwechselnd mit Pumpen und
Injecteurs gespeist wird.
Vorzüge der Construction des
Apparates.
Als Vorzüge unseres Verdampfungsmessers heben wir hervor, daß derselbe ohne jede Dichtung hergestellt ist, und dadurch die
größten Garantien für die Haltbarkeit bietet. Ferner führt die Trommel die Messung mit einer solchen Genauigkeit aus, daß sie darin
alle Wassermesser weit übertrifft; auch wird diese Genauigkeit durch vom Wasser
mitgeführte Unreinigkeiten durchaus nicht beeinträchtigt.
Ablagerungen von Kesselstein können diesen Apparat weit weniger alteriren als alle
bisher bekannten Wassermesser, indem, wie schon erwähnt, keine Dichtungen vorhanden
und die Durchflußquerschnitte sehr weit sind. Das Zählwerk ist dem Einfluß des
Wassers und Dampfes vollständig entzogen. Das Becken mit der Trommel, sowie die
Cascade können leicht herausgenommen und durch Abklopfen oder Behandlung mit
verdünnter Salzsäure gereinigt werden.
Ein großer Nachtheil verschiedener Wassermesser ist noch
der, daß durch etwa vorkommende Störung in ihren Functionen die Speisung des Kessels
unterbrochen wird. Ein solcher Fall kann bei unserem Verdampfungsmesser nicht
vorkommen.
Zur bequemen Handhabung der Controlle liefern wir auf besondere Bestellung
Controlbücher nach untenstehendem Schema bei, welches wir des besseren
Verständnisses wegen mit Zahlen ausgefüllt haben.
Kessel Nr.
Datum
NamedesHeizers
Stand desZählers
Differenz
Kohlenverbrauch100 Kil.
Calorienpro1
Kil. Kohle
Bemerkungen
Jan. „Febr. „März „
1.15.1.15.1.15.
027530362104742058250667507738
– 86811211083 8501063
–285370355290345
–3046––––
Kohlen von Zeche . .
.Reinigung des Kesselsam 16. März.
MärzApril
18.1.
0784608627
– 781
–260
––
Nachdem der Kesselwieder gefüllt worden.
Beispiel: Die vom Zähler angegebene Differenz 868
bedeutet: 868 × 100,000 Calorien. Es wurden in derselben Zeit verbraucht 285
× 100 Kilogrm. Steinkohlen, also pro 1 Kilogrm.
86800000/28500 = 3945 Calorien erzeugt.
Wir verfertigen den Verdampfungsmesser in
nachstehenden drei Größen.
Textabbildung Bd. 196, S. 7
Nr.; Heizfläche des Kessels;
Quadratmeter; Quadratfuß; Pferdekraft; Max.-Messung pro Minute; Stutz a;
Lichte Weite, Millimeter; Flanschendurchmess., Millim.; Stutz b; Abstand des
Flansches; d von Mitte a, Millimeter; a von Mitte d, Millimeter; Preis,
Thlr.
Die Preise verstehen sich loco Essen.
Fischer und Stiehl.