Titel: | Ueber einige Eigenschaften des auf galvanischem Wege niedergeschlagenen Eisens; von R. Lenz. |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XI., S. 44 |
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XI.
Ueber einige Eigenschaften des auf galvanischem
Wege niedergeschlagenen Eisens; von R.
Lenz.
Im Auszuge aus dem Bulletin de l'Académie de St.
Pétersbourg, t. XIV p. 337.
Lenz, über einige Eigenschaften des auf galvanischem Wege
niedergeschlagenen Eisens.
Das zu meinen Versuchen verwendete Eisen wurde durchgängig nach Klein's MethodeMan sehe Jacobi's Abhandlung „über die
Herstellung von Eisenniederschlägen auf galvanischem Wege nach Klein's Methode“ im polytechn.
Journal, 1868, Bd. CLXXXIX S. 480. aus mit schwefelsaurer Magnesia gemischter Eisenvitriollösung durch schwache
Ströme gefällt. Neutralisirt wurde die Lösung durch kohlensaure Magnesia. Zwei
Proben dieses Eisens von seltener Schönheit verdanke ich der Güte des Hrn. Klein, der sie speciell für meine Untersuchungen gewonnen
hatte; alle anderen Proben habe ich selbst auf dem angegebenen Wege erhalten.
Wenn das Eisen unter schwachem Strome aus einer Lösung gefällt wird, welche keine
freie Säure enthält, so zeigt es ein schönes feinkörniges Gefüge, an welchem sich
unter dem Mikroskope keine Krystallisation zeigt. Die Farbe ist ein weiches Helles
Grau. Auffallend ist die große Härte dieses Eisens, da es von einer Feile nur
schwach gefaßt wird; nach Bestimmungen welche in der Bergakademie ausgeführt wurden,
ist die Härte = 5,5, d.h. das Eisen ritzt Apatit und wird von Feldspath geritzt.
Nicht minder merkwürdig ist auch die große Brüchigkeit desselben; dünne Plättchen
lassen sich zwischen den Fingern zerreiben; ein Stück von 2 Millimet. Dicke, welches
sich am Zuleitungsdraht abgesetzt hatte, konnte mit größter Leichtigkeit zerbrochen
werden.
Während des Niederschlages des Eisens, selbst auf einer starken Kupferplatte
(Daguerreotypplatte), krümmt sich letztere, sobald die niedergeschlagene Schicht
eine gewisse Dicke erreicht hat, indem hierbei die concave Seite der zweiten
Elektrode zugekehrt wird. Ist die Platte, auf welcher das Eisen niedergeschlagen
wird, zu dick, oder bildet das gefällte Eisen eine Schicht von zu geringer
Mächtigkeit, so findet die Krümmung zwar nicht statt, die Neigung zu derselben
besteht jedoch fort; man bemerkt dieß beim Ablösen der Eisenschicht, welche sich
sogleich auf die angegebene Weise biegt. Die Krümmung geht hierbei stets so vor
sich, daß eine cylinderförmige Fläche gebildet wird, mit horizontal gestellter
Achse.
Wird das Eisen auf einer polirten Fläche langsam reducirt, so erhält man bei geringer
Dicke der Eisenschicht eine fehlerlose Oberfläche mit sammetartigem Ansehen; sobald
jedoch die Schicht eine größere Dicke erreicht, zeigen sich deutlich
Blasenbildungen, kenntlich als kleine Vertiefungen von ovaler Gestalt mit nach oben
gekehrter und gestreckter Spitze.
Viele der angeführten Eigenschaften verliert das Eisen, sobald es über Kohlenfeuer
geglüht wird. Die auffallende Härte nimmt ab und wird 4,5. Die Brüchigkeit schwindet
nicht nur vollständig, sondern das Eisen gewinnt die entgegengesetzte Eigenschaft in
sehr hohem Maaße. Während sich früher dünne Plättchen in den Fingern verreiben
ließen, wird es nun ganz unmöglich sie zu zerbrechen; wohl läßt sich das Eisen
zerreißen und mit der Schere wie Bleifolie zerschneiden, brechen aber läßt es sich
nicht, selbst wenn man es zu wiederholten Malen an ein und derselben Stelle hin und
wieder biegt und die Falze stark streicht; die Eisenplatte widersteht allen diesen
Manipulationen, bei welchen doch selbst Papier bricht.
Wird das Eisen im Vacuo oder in einer von Sauerstoff freien Atmosphäre ausgeglüht, so
ändert sich auch die Farbe desselben und wird fast so weiß, wie das zu Gefäßen
verarbeitete Platin, namentlich auf der Außenseite, wenn das Eisen auf einer
polirten Elektrode niedergeschlagen worden.
Auch in anderer Beziehung ändern sich die Eigenschaften des Eisens beim Ausglühen.
Das geglühte Eisen rostet sehr schnell, sowohl an der Luft, als in ausgekochtem
Wasser. Als ich zur Bestimmung des Volumens kleine Stücke ausgeglühten Eisens in
einer Stöpselflasche mit ausgekochtem Wasser übergoß, färbte sich letzteres während
des Wägens deutlich sichtbar grün. Als unter ganz gleichen Umständen geglühtes und
ungeglühtes Eisen in Wasser gebracht wurden, zeigte ersteres sich in wenigen Stunden auf der ganzen
Oberfläche mit Rost bedeckt, während an dem ungeglühten Eisen nur wenige Rostflecken
bemerkbar waren. Während des Rostens findet, wie ich unten zeigen werde, eine
Gasabsorption im Eisen statt und wahrscheinlich auch eine Wasserzersetzung.
Das geglühte und ungeglühte Eisen verhalten sich auch elektrisch wesentlich
verschieden. Um dieß zu untersuchen, bildete ich ein galvanisches Element aus
Aetzkalilösung und zwei Eisenplatten, von denen die eine geglüht, die andere
ungeglüht war. Zur Vergleichung dienten noch Kupfer- und Zinkplatten, welche
bald zusammen, bald an Stelle der einen oder anderen Eisenprobe in die Kalilösung
getaucht wurden. Bei allen Versuchen hatten die Platten nahezu gleichen Abstand von
einander, so daß der Widerstand der Ketten constant war und die Stromstärken daher
den elektromotorischen Kräften proportional gesetzt werden konnten. Hierbei fand ich
für verschiedene Combinationen folgende Abweichungen am Wiedemann'schen Galvanometer:
Element
Abweichung
f – Kali
– F
– 6
Cu – Kali
– F
– 9
Cu – Kali
– f
+ 1
Cu – Kali
– Zn
+ 114
f' – Kali
– Zn
+ 114
F – Kali
– Zn
+ 91
Hier bedeutet f geglühtes, F
ungeglühtes Eisen. So ungenügend diese Versuche auch sonst scheinen mögen, so geht
aus ihnen doch entschieden ein verschiedenes elektromotorisches Verhalten der beiden
Eisenarten hervor, indem das ungeglühte Eisen dem Kupfer näher steht, als das
geglühte; außerdem ist bei Anwendung von Aetzkalilösung die elektromotorische Kraft
eines Elementes aus geglühtem und ungeglühtem Eisen annähernd 20 mal kleiner, als
die von Kupfer und Zink in einer eben solchen Lösung.
Die große Veränderung, welche das Eisen beim Ausglühen in Bezug auf Härte und
Brüchigkeit erleidet, erinnerte mich an eine ähnliche, wenn auch viel weniger
auffallende Aenderung des mit Wasserstoff imprägnirten Palladiums, wie ich solche
bei der Wiederholung der Graham'schen Versuche gefunden
hatte. Wenn diese Aenderungen in den Eigenschaften des Palladiums dem aufgenommenen
Wasserstoff zuzuschreiben sind, so lag es nahe, den ähnlichen Erscheinungen beim
Eisen einen ähnlichen Beweggrund unterzulegen. In dieser Voraussetzung untersuchte
ich die Menge der, in dem auf galvanischem Wege reducirten Eisen enthaltenen Gase
und fand in der That, daß dieselben unter günstigen Umständen in sehr bedeutender Menge von
dem Eisen absorbirt werden, wie die weiter anzuführenden Versuche beweisen
werden.
Um das Volumen der Gase zu messen, welche das unter angeführten Umständen reducirte
Eisen enthält, wurde dasselbe in schmale Streifen gebrochen und in eine
Porzellanröhre gebracht, welche an dem einen Ende durch einen Kautschukpfropfen
luftdicht verschlossen wurde, während das andere Ende desselben mit einem Sprengel'schen Aspirator in Verbindung gebracht wurde.
Die Röhre wurde nun ohne Erwärmung evacuirt. Hierbei zeigten mehrfache Versuche, daß
das Eisen kein Gas entließ; in der That zeigte die aus dem Aspirator austretende
Luft, welche in einem Maaßrohre gesammelt und dann nach Bunsen's Methode untersucht wurde, keine Beimengungen fremder Gase; nur
zuweilen fand sich bei einigen Versuchen ein etwas erhöhter Kohlensäuregehalt bis
1,1 Volumprocent; doch war die ganze Menge desselben so gering, daß ich nicht mit
Bestimmtheit anzugeben vermag, ob dieser hohe Gehalt wirklich dem aus dem Eisen
getretenen Gase oder Beobachtungsfehlern zuzuschreiben ist. Nachdem aus dem
Aspirator und der Röhre alle Luft entfernt worden, wurde die Röhre entweder gleich
über Kohlenfeuer bis zum hellsten Roth oder bis zur Weißgluth, also etwa
1000° C., erhitzt, oder aber die Erwärmung wurde erst zu niedrigerem Grade
getrieben und dann bis zum hellsten Roth gesteigert, wobei die während jeder Periode
sich entwickelnden Gase einzeln gesammelt und untersucht wurden. Die Analyse der
Gase führte ich nach den von Bunsen angegebenen Regeln
aus. Im Nachfolgenden theile ich nun die Versuche über diesen Gegenstand mit.
1) Das Eisen ist von mir auf einer versilberten, hoch polirten Daguerreotypplatte
niederschlagen. Das Gefüge war äußerst feinkörnig und vollkommen frei von
Blasenbildung. Auf einer Platte von 370 Quadratmillimeter Oberfläche wurden täglich
nur 3–4 Grm. Eisen reducirt. Die Dicke der Eisenschicht, berechnet aus ihrem
Gewicht, wobei, wie immer, das spec. Gew. des Eisens zu 7,7 angenommen wurde, betrug
0,08 Millimet. Die erste Gasprobe wurde entwickelt bei dunkler Rothgluth, also etwa
bei 600°, indem die Porzellanröhre über Gasflammen erhitzt wurde. Nachdem
kein Gas mehr entwickelt wurde, erhitzte ich die Röhre über Kohlenfeuer; die nun
entweichenden Gase bildeten die zweite Probe. Bei diesen Versuchen erhielt ich
folgende Gasvolumina, bezogen auf 760 Millimet. Druck und 0° Temperatur,
wobei das Volumen des Eisens = 1 gesetzt ist.
1. Probe
2. Probe
Im Ganzen
Vol.
Proc.
Vol.
Proc.
Vol.
Proc.
Wasserdampf
38,4
58,5
13,9
43,2
52,2
53,4
Stickstoff
12,4
18,8
2,9
8,9
15,2
15,5
Kohlenoxyd
7,4
11,3
7,2
22,7
14,7
15,1
Kohlensäure
6,6
10,1
5,7
17,8
12,4
12,7
Wasserdampf
0,8
1,3
2,4
7,4
3,2
3,3
–––––––––––––––––––––––––––––––––
Summa
65,6
100,0
32,1
100,0
97,7
100,0
2) Zu diesem Versuche benutzte ich die erste der zwei Eisenproben, welche Hr. Klein die Güte hatte, mir auf die in der Expedition der
Staatspapiere gebräuchliche Weise zu präpariren. Auf einer Platte von gegen 100
Quadratcentimet. Oberfläche wurden täglich gegen 12 Grm. Eisen niedergeschlagen. Die
Oberfläche war feinkörnig mit deutlicher Blasenbildung. Dicke der Platte 0,125
Millimeter. Es wurden zwei Gasproben genommen; die erste wurde bei 100° C.
entwickelt, die zweite über Kohlenfeuer bei heller Rothgluth.
Bei 100°
Ueber Kohlen
Im Ganzen
Vol.
Proc.
Vol.
Proc.
Vol.
Proc.
Wasserstoff
2,7
94,5
13,1
65,1
15,8
68,7
Stickstoff
0
0
0,8
4,0
0,8
3,5
Kohlenoxyd
0
0
5,5
27,3
5,5
23,9
Kohlensäure
0,1
2,8
0,3
1,5
0,4
1,7
Wasserdampf
0,1
2,7
0,4
2,0
0,5
2,2
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Summa
2,9
100,0
20,1
100,0
23,0
100,0
3) Zu diesem Versuche nahm ich die zweite Probe des von Klein präparirten Eisens. Es war eben so feinkörnig wie das der ersten
Probe. Dicke der Platte 0,14 Millimet. Das Gas wurde entwickelt bei 100° und
über Kohlenfeuer.
Bei 100°
Ueber Kohlen
Im Ganzen
Vol.
Proc.
Vol.
Proc.
Vol.
Proc.
Wasserstoff
2,2
92,1
10,6
56,2
12,8
60,3
Stickstoff
0
0
1,2
6,3
1,2
5,6
Kohlenoxyd
0
0
5,7
30,1
5,7
26,7
Kohlensäure
0,08
3,4
0,8
4,6
0,9
4,3
Wasserdampf
0,1
4,5
0,5
2,7
0,6
3,0
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Summa
2,38
100,0
18,8
100,0
21,2
99,9
4) Das Eisen zu diesem Versuche habe ich selbst auf einer Kupferplatte unter sehr
schwachen Strömen reducirt; im Laufe von 5 Tagen erhielt ich 8 Grm. Eisen. Die Dicke
der Platte betrug 0,27 Millimet. Es wurde nur eine Probe von Gasen genommen, welche
über Kohlenfeuer entwickelt waren.
Vol.
Proc.
Wasserstoff
12,0
58,3
Stickstoff
1,2
5,8
Kohlenoxyd
3,6
17,4
Kohlensäure
2,8
13,6
Wasserdampf
1,0
4,9
–––––––––––
20,6
100,0
Aus den bisherigen Versuchen lassen sich einige Schlüsse über die Bestandtheile der
absorbirten Gase, über den Einfluß welchen die Temperatur auf die Entwickelung
derselben ausübt, sowie über die Abhängigkeit der absorbirten Gasmengen von der
Dicke der absorbirenden Eisenschicht machen. Außer den angeführten Gasen habe ich
keine anderen in dem Eisen aufgefunden; es bleibt dabei jedoch unbestimmt, ob
wirklich die angeführten Gase in dem Eisen in der gefundenen Zusammensetzung
enthalten sind, oder ob sich nicht einige derselben erst beim Ausglühen bilden. Das
Auftreten des Wasserstoffes ist leicht erklärlich; der Gehalt an Kohlensäure kann
daher rühren, daß die Flüssigkeit, aus welcher das Eisen reducirt worden, dieses Gas
gelöst enthält; nicht nur nimmt sie dieselbe aus der Luft auf, sie wird vielmehr
auch in der Flüssigkeit entwickelt, da zur Neutralisation der überschüssigen
Schwefelsäure kohlensaure Magnesia verwandt wird. Auf demselben Wege, wie die
Kohlensäure, kann auch der Stickstoff in das Eisen gelangen, nämlich aus der
Reductionslösung. Daß der Stickstoff etwa daher gefunden worden sey, daß der
Aspirator nicht vollständig geschlossen habe und atmosphärische Luft zugeströmt sey,
diesen Einwand muß ich beseitigen, da ich besondere Sorgfalt auf dichten Verschluß
verwandte und bei jedem Versuche mich hiervon überzeugte. Woher aber rührt der
Wasserdampf, woher das Kohlenoxyd? Ersterer scheint zum großen Theile sich beim
Glühen zu bilden, da der erste Versuch zeigt, daß bei einer Temperatur von
600° etwa nur 0,8 Vol. Wasserdampf frei werden, während bei 1000° 2,4
Vol. entweichen. Wäre der Wasserdampf schon als solcher in dem Eisen vorhanden, so
müßte er doch bei 600° frei werden. Wenn sich aber der Wasserdampf erst beim
Glühen des Eisens auf Kosten eines Theiles des vorhandenen Wasserstoffes bildet,
woher rührt dann der Sauerstoff? Es mögen wohl Rostflecke an dem Eisen vorhanden
gewesen seyn, die meiner Beobachtung entgangen sind, doch habe ich die Eisenstücke,
bevor ich sie in die Röhre einführte, sorgfältig betrachtet und nur rostfreie
eingelegt. Diese Voraussetzung ist auch nicht nothwendig, da die Entstehung des
Kohlenoxyds sich erklären läßt durch Desoxydation der Kohlensäure in Berührung mit
rothglühendem Eisen und durch darauf folgende Desoxydation des Eisens durch
Wasserstoff. Sollte es nicht auch denkbar seyn, daß Wasserstoff bei hoher Temperatur
die Kohlensäure direct zersetzt und sich auf diesem Wege Kohlenoxyd und Wasserdampf
bilden? Ich weiß nicht, ob die Chemie eine solche Zersetzung zuläßt, sie scheint mir
jedoch nicht unwahrscheinlich und, so viel ich weiß, sind die chemischen
Eigenschaften des Wasserdampfes bei hoher Temperatur noch wenig untersucht.
Diese Voraussetzung erklärt jedoch nicht vollständig das Vorhandenseyn des
Kohlenoxyds. Berechnet man nämlich in dieser Voraussetzung aus dem Volumen des
Wasserdampfes die Menge des entstandenen Kohlenoxyds, so findet man dieselbe in
Wirklichkeit viel größer, als die Rechnung es ergibt. Somit muß denn zugestanden
werden, daß in dem Eisen Kohlenoxyd als solches vorhanden war. Ich kann mir jedoch
keine Rechenschaft über das Entstehen desselben geben.
Vergleicht man die Resultate der beiden im zweiten und dritten Versuche untersuchten
Gasproben, so sieht man, daß die vom Eisen absorbirten Gase schon bei 100° C.
frei zu werden beginnen, doch entwickeln sich bei dieser Temperatur nur etwa 10
Proc. der absorbirten Gase, die übrigen 90 Proc. entweichen erst bei stärkerer
Erhitzung; bei dunkler Rothgluth sind bereits 2/3 der gesammten Gasmenge frei
geworden (Versuch 1); der letzte Theil entweicht dann erst bei einer Temperatur von
gegen 1000° C. Freilich bleibt es hier noch fraglich und zweifelhaft, ob bei
der höchsten Temperatur, welcher das Eisen bei meinen Versuchen ausgesetzt wurde,
wirklich alle Gase aus demselben entwichen. Ferner zeigen der zweite und dritte
Versuch, daß bei 100° C. vorzüglich nur der von dem Eisen absorbirte
Wasserstoff frei wird, indem er resp. 94 und 92 Proc. der gesammten, bei 100°
C. frei werdenden Gasmenge beträgt. Bei der Rothgluth werden auch schon die anderen
Gase, vorzüglich Kohlensäure, reichlich entwickelt; das Kohlenoxyd und der
Stickstoff treten erst bei den höchsten Temperaturen auf.
Was die Zusammensetzung des Gases anbetrifft, so scheint der Wasserstoffgehalt bei
den Versuchen ziemlich gleich gewesen zu seyn, wie folgende Zusammenstellung der
gefundenen Resultate zeigt:
Volumina der einzelnen Gase inProcenten der ganzen
Gasmenge
Wasserstoff
53,4
68,7
60,3
58,3
Stickstoff
15,5
3,5
5,6
5,8
Kohlenoxyd
15,1
23,9
26,7
17,4
Kohlensäure
12,7
1,7
4,3
13,6
Wasserdampf
3,3
2,2
3,0
4,9
Gesammtmenge
97,7
23,0
21,2
20,6 Volumina
Dicke der Schicht
0,08
0,125
0,14
0,27 Millim.
Wesentlich verschieden sind bei den Versuchen der Gehalt an Stickstoff, Kohlenoxyd
und Kohlensäure; doch muß bemerkt werden, daß die zwei von Hrn. Klein mir zugesandten Proben unter sich sehr wohl
stimmen, ebenso die beiden von mir erhaltenen Proben. Dadurch wird es
wahrscheinlich, daß die Stromstärke, bei welcher das Eisen reducirt wurde, einen
merklichen Einfluß auf die Zusammensetzung des absorbirten Gases ausübt, denn darin
vorzüglich unterscheiden sich die Gewinnungsweisen des Eisens des Hrn. Klein von der meinigen; ich habe jedoch die Frage in
dieser Richtung nicht weiter verfolgt.
Wenn in der Zusammensetzung die absorbirten Gase nicht sehr stark von einander
variiren, so zeigt sich hingegen die Menge des absorbirten Gases bei verschiedenen
Versuchen sehr veränderlich und zwar scheint sie in naher Beziehung zu der Dicke der
reducirten Eisenschicht zu stehen, wie obige Zusammenstellung der Resultate zeigt,
so daß mit zunehmender Dicke der Eisenschicht das Volumen des absorbirten Gases
abnimmt (das Volumen des Gases immer auf das des Eisens bezogen). Dieser Umstand
deutet darauf hin, daß es vorzüglich die ersten reducirten Eisenschichten sind, die
das Gas in größter Menge enthalten. Um mich von dieser Thatsache zu überzeugen,
verfuhr ich auf folgende Art:
5) Die Oberfläche einer versilberten Kupferplatte wurde der Länge nach von oben nach
unten durch einen eingeschnittenen Strich in zwei gleiche Theile getheilt, und eine
von den so erhaltenen Hälften durch einen zweiten Strich nochmals in zwei gleiche
Theile. Es wurde nun das Eisen erst auf der ganzen Platte reducirt, dann, nachdem
sich eine Schicht desselben niedergeschlagen hatte, die erste Hälfte mit einem
isolirenden Firnisse bedeckt und mit der Reduction des Eisens auf der zweiten Hälfte
fortgefahren. Nach einiger Zeit wurde dann der eine Theil dieser letzten Hälfte
gleichfalls isolirt, so daß nun die Reduction des Eisens nur auf dem letzten
Viertheile erfolgte. Es wurde alsdann, nach beendigter Reduction, der Firniß mit
Alkohol abgewaschen und die Eisenplatte nach den gezogenen Linien in drei Theile
zerbrochen. Auf diese Weise erhielt ich nun drei Proben reducirten Eisens von
verschiedener Dicke, die bei gleichen Bedingungen gewonnen waren. Diese drei Proben
wurden nun gesondert ausgeglüht. Die Untersuchung des Gases dieser drei Proben ergab
folgende Resultate:
1.
2.
3.
Gesammtmenge der Gase in Kub. Centim.
9,27
6,65
5,14
Gewicht des untersuchten Eisens in Grm.
0,3887
0,5325
0,6127
Volumen des Eisens in Kub. Centim.
0,0505
0,0692
0,0796
1 Vol. Eisen absorbirt Gasvolumina
185,4
96,4
64,3
1.
2.
3.
1 Quadratcentimeter der Platten wog
0,0153
0,0375
0,0690
Flächeninhalt der Eisenproben in Quadratcentim.
25,4
14,2
8,8
100 Quadratcentim. Fläche absorbirt Gase in K. C.
36
47
59
Dicke der Eisenschicht in Millim.
0,020
0,048
0,090
Beim Zuwachs der Dicke von 0 bis 0,020 Millimet. sind daher absorbirt 36
Kubikcentimet., von 0,20 bis 0,048 Millimet. 9 Kubikcentimet., von 0,048 bis 0,090
Millimet. 12 Kubikcentimet. Bei einem Zuwachs von 0,01 Millimet. absorbiren daher
die verschiedenen Schichten folgende Gasvolumina:
1.
Schicht
18
K. C.
2.
„
4
„
3.
„
3
„
Man sieht also, daß in der That mit zunehmender Dicke das Eisen die Gase in
geringerer Menge absorbirt.
6) Es wurde eine ähnliche Platte benutzt, wie die im vorigen Versuche beschriebene,
indessen mit dem Unterschiede, daß sie in vier Theile getheilt war, auf welchen das
Eisen in verschiedener Dicke ablagerte. Auf dem letzten Theile der Platte, wo das
Eisen die größte Mächtigkeit hatte, zeigten sich bereits Blasenbildungen, von denen
auf der dritten Platte noch keine Spur bemerklich war. Die Untersuchung der Gase
ergab:
Gesamtmenge der Gase in K. C.
34,08
46,82
57,68
64,72
Gewicht des untersuchten Eisens in Grm.
1,5823
2,6650
4,4974
6,7926
Volumen des Eisens in K. C.
0,205
0,346
0,583
0,882
1 Vol. Eisen absorbirt Gasvol.
164,4
135,3
101,4
73,2
1 Quadratcentim. der Platte wog in Grm.
0,0176
0,0296
9,0594
0,1046
Flächeninhalt der Eisenprobe in Quadratcentimeter
90
90
76
65
100 Quadratcentimeter absorbiren an Gasen in K. C.
38
52
76
99
Dicke der Eisenschicht in Millimeter
0,0228
0,0385
0,0771
0,1358
Mit Zuwachs der Dicke nimmt die Absorption zu:
von
0
bis
0,0228 =
0,0228
von
0
bis
38 = 38
„
0,0228
„
0,0385 = 0,0157
„
38
„
52 = 14
„
0,0385
„
0,0771 = 0,0386
„
52
„
76 = 24
„
0,0771
„
0,1358 = 0,0587
„
76
„
99 = 23
Daher nimmt für einen Zuwachs in der Dicke von 0,01 Millimet. die absorbirte Gasmenge
zu:
in der
1.
Schicht um
17
K. C.
„ „
2.
„ „
9
„
„ „
3.
„ „
6
„
„ „
4.
„ „
4
„
Die Ergebnisse dieses Versuches stimmen mit denen des 5. sehr wohl überein und zeigen
auf's Deutlichste, daß das Eisen mit zunehmender Dicke immer weniger und weniger
Gase absorbirt.
Durch die stärkere Ansammlung der Gase in den ersten Schichten des Eisens wird wohl
die Krümmung derselben beim Reduciren, von der ich oben gesprochen habe, zu erklären
seyn, sowie auch der Umstand, daß bei einer gewissen Mächtigkeit der gefällten
Schicht die Blasenbildung unvermeidlich auftritt.
7) Ich habe noch einen Versuch gemacht über das Rosten des galvanisch
niedergeschlagenen und dann geglühten Eisens, der zu einem interessanten Resultate
geführt hat. Ich benutzte dazu die 2. Probe des von Hrn. Klein mir zugesandten Eisens. Nachdem dasselbe bei einem früher
beschriebenen Versuche durch heftiges Glühen alle Gase verloren hatte, wurde es vier
Tage unter Wasser gehalten. In dieser Zeit hatte sich eine große Menge Rost
gebildet. Das Eisen wurde darauf sorgfältig abgetrocknet und der Rost, so viel es
sich thun ließ, abgeschabt. Das so gereinigte Eisen wurde alsdann in die
Porzellanröhre des Sprengel'schen Aspirators gebracht und
über Kohlenfeuer geglüht. Schon bei der Rothgluth begann eine Gasabscheidung, die
mit steigender Temperatur wuchs. Die Analyse der Gase ergab folgende
Zusammensetzung:
Vol.
Proc.
Wasserstoff
2,54
66,5
Stickstoff
0,06
1,5
Kohlenoxyd
0,02
0,5
Kohlensäure
0,53
13,9
Wasserdampf
0,67
17,6
–––––
3,82
Der sehr bedeutende Gehalt an Wasserdampf rührt hier wohl gewiß von nachgebliebenem
Roste her, dessen Sauerstoff einen Theil des freiwerdenden Wasserstoffes bei der
hohen Temperatur zu Wasser verbrannte. Berechnet man unter dieser Voraussetzung die
Menge des freien Wasserstoffes, so hat man folgende Zusammensetzung des absorbirten
Gases:
Vol.
Proc.
Wasserstoff
3,21
84,0
Stickstoff
0,06
1,5
Kohlenoxyd
0,02
0,5
Kohlensäure
0,53
13,9
––––––––––––
3,82
99,9
Es folgt hieraus, daß das Eisen beim Liegen unter Wasser 3,8 Volumina Gase
aufgenommen hatte, die vorwiegend aus Wasserstoff bestehen. Es hat demnach das galvanisch
reducirte Eisen die Eigenschaft, Wasser zu zerlegen und den Wasserstoff hierbei zu
absorbiren.
8) Um mich zu überzeugen, wie weit die Gasabsorption eine allgemeine, die galvanische
Reduction der Metalle begleitende Erscheinung sey, fällte ich Kupfer aus einer
Kupfervitriollösung und bestimmte das Volumen und die Zusammensetzung der in
demselben eingeschlossenen Gase. Das Kupfer resultirte aus der Lösung in
feinkörniger Platte und hatte große Brüchigkeit, die es auch nach dem Ausglühen
behielt. Bei der Analyse der Gase fand sich:
Vol.
Proc.
Wasserstoff
3,40
77,3
Stickstoff
–
–
Kohlenoxid
0,37
8,4
Kohlensäure
0,49
11,1
Wasser
0,14
3,2
–––––––––––
4,40
100,0
Man sieht demnach, daß auch Kupfer, während es reducirt wird, Gase in sich aufnimmt,
die überwiegend Wasserstoff enthalten.
Die Untersuchungen haben somit zu folgenden Resultaten geführt:
1) Durch galvanische Ströme reducirtes Eisen und Kupfer enthalten Gase, vorzüglich
Wasserstoff.
2) Das Volumen der vom Eisen absorbirten Gase schwankt in sehr weiten Grenzen, doch
ist das Eisen befähigt, zuweilen sehr bedeutende Mengen an Gas aufzunehmen: bei
meinen Versuchen bis 185 eigene Volumina.
3) Die Absorption der Gase findet vorzüglich in den ersten sich bildenden Schichten
des Eisens statt.
4) Beim Erwärmen des reducirten Eisens beginnt die Gasausscheidung bei Temperaturen
unter 100°; bei dieser Temperatur entweicht jedoch vorzüglich nur
Wasserstoff.
5) Ausgeglühtes, galvanisch reducirtes Eisen oxydirt im Wasser, zum Theil wenigstens
auf Kosten des Sauerstoffes desselben, indem es das Wasser zerlegt und den frei
werdenden Wasserstoff ganz oder theilweise absorbirt.