Titel: | Ueber das Verfahren zur Fabrication von künstlichen Edelsteinen; von M. A. Gaudin. |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XIV., S. 61 |
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XIV.
Ueber das Verfahren zur Fabrication von
künstlichen Edelsteinen; von M. A.
Gaudin.
Aus dem Comptes rendus, t. LXX p. 40; Januar
1870.
Gaudin, über Darstellung künstlicher Edelsteine.
Veranlaßt durch die der Akademie von Hrn. Feil
überreichten, im Schmelztiegel dargestellten künstlichen Edelsteine, erlaube ich mir
zu bemerken, daß ich schon seit zehn Jahren derartige Steine mittelst eines Verfahrens erzeugt habe,
welches darin besteht, Beryll (von Limoges) mit einem Flusse im Tiegel zu behandeln;
dieser Fluß kann in Phosphorsäure, Borsäure, Fluorcalcium, Erdmetalloxyden, wie
Kalk, Magnesia, Baryt etc. bestehen, nicht aber in Kali oder Natron.
Die Hauptschwierigkeit besteht darin, Krystallbildungen zu vermeiden, daher es nöthig
ist, eine beträchtliche Menge von Flußmittel anzuwenden, dadurch wird aber die Härte
der Producte beeinträchtigt. Aus diesem Grunde habe ich mich hauptsächlich darauf
gelegt, mittelst des Knallgas-Löthrohres kleine Kugeln oder
„Perlen“ zu erzeugen, weil bei Anwendung dieses
Instrumentes die flüchtigsten Bestandtheile aus der Masse verjagt werden und
letztere dann rascher erkalten kann, so daß ich Producte erhalte, welche die im
Schmelztiegel dargestellten an Härte weit übertreffen.
Bei meinen Untersuchungen hatte ich hauptsächlich den Zweck, klare und sehr harte
Substanzen zu erzeugen, welche die natürlichen Edelsteine ersetzen können, und wenn
ich Krystallbildungen erhielt, die übrigens sehr schön und in wissenschaftlicher
Hinsicht interessant waren, so betrachtete ich meine Operation als verfehlt. Da
meine Arbeiten ein industrielles Ziel verfolgten, so zögerte ich bisher, der
Akademie Proben meiner Producte vorzulegen.
Ich operire nur in Porzellangefäßen, indem ich die Sätze nach Erforderniß sehr
verschiedenartig zusammensetze und Sand, Thonerde, Kaolin, Talk, Kalkerde etc. dazu
nehme, wobei ich mich möglichst an die Formel des Granats
halte, da diese Verbindung nach der Schmelzung ihrer Natur nach zähflüssig ist und
sich nur schwierig entglast.
Die der Granatformel entsprechend combinirten Sätze sind allerdings schmelzbarer als
die Kieselsäure, sie lassen sich aber doch mit Leichtigkeit zu außerordentlich
dünnen Fäden ausziehen, welche eine solche Biegsamkeit besitzen, daß Froment sie anstatt der Spinnengewebefäden für die
Mikrometer der astronomischen Fernrohre anwenden konnte.
Ich lege mich demnach hauptsächlich darauf, mittelst des Knallgasgebläses wirklich
feine Steine zu erzeugen, welche von der Feile nicht
angegriffen werden, also mindestens so hart sind wie der natürliche Bergkrystall;
wogegen man es mit den im Tiegel erzeugten Producten niemals so weit bringen dürfte,
ohne daß diese Massen sich entglasen; dieselben werden daher nur halbfeine Steine
geben.