Titel: | Verfahren zum Raffiniren von Rohzucker mittelst Kalkcarbonat-Saccharat; von Boivin, Loiseau und Comp. |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XXII., S. 84 |
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XXII.
Verfahren zum Raffiniren von Rohzucker mittelst
Kalkcarbonat-Saccharat; von Boivin, Loiseau und Comp.
Aus der Sucrerie indigène, 1870, Nr.
14
Boivin und Loiseau's Verfahren zum Raffiniren von
Rohzucker.
Das Verfahren der Genannten ist seit dem Mai vorigen Jahres in der Gesammtarbeit der
Raffinerie von A. Sommier und Comp. in Anwendung, wo nach demselben täglich 110,000 Kilogrm. Rohzucker
zur feinsten Raffinade verarbeitet werden. Es besteht wesentlich in der Darstellung
eines neuen, oder doch wenigstens neu angewendeten Körpers, des
Kalkcarbonat-Saccharats (sucrate d'hydrocarbonate de
chaux)Man sehe über diese Verbindung dieses Journal Bd. CLXXXIX S. 501., welchen die Genannten als Reinigungsmittel der geringsten Zucker an Stelle
der Klärung mit Blut und Kohlenstaub, sowie des Ausschleuderns gebrauchen.
Um die bezeichnete Verbindung darzustellen, verdünnt man Kalkhydrat mit Absüßwässern
der Raffinerie und setzt so viel Syrup zu, daß das Gemisch 20° Baumé
schwer wird. Dieses wird nun durch einen Montejus gehoben und umgerührt, damit seine
Temperatur von 40° auf 20° C. herabsinkt. Aus dem Rührkessel kommt die
Flüssigkeit in die Saturationspfanne, wo sie bis zu einem gewissen Punkt mit
Kohlensäure saturirt wird; man hört damit nämlich auf, wenn das Ganze in Folge der
Ausfällung der beabsichtigten Verbindung aus Zucker, Kalk und kohlensaurem Kalk, zu
einer gelatinösen Masse gesteht.
Nachdem so das Reinigungsmittel dargestellt worden, wird es in folgender Weise
benutzt.
Die Rohzucker werden in einem cylindrischen Kessel, ähnlich dem Vacuumapparat, bei
Luftleere aufgelöst. Ein Schöpferriemen führt dieselben in einen Fülltrichter über
dem Kessel; ist eine Ladung vorhanden, so öffnet man den Boden des Trichters, der
Zucker fällt in den Kessel und trifft darin mit dem Kalkcarbonat-Saccharat
zusammen, welches vorher in einer je nach der Natur der Rohzucker wechselnden Menge
in den Kessel gebracht worden war. Meist nimmt man 25 Hektoliter auf 4000 Kilogrm.
Zucker. Man setzt, wenn nöthig, Wasser zu, erhitzt zum Kochen und bewirkt so Lösung
und Klärung gleichzeitig. Der nun stattfindende Vorgang ist noch unvollständig
aufgeklärt; jedenfalls zersetzt sich das Reinigungsmittel unter dem Einfluß einer
höheren Temperatur, und der Kalk und der kohlensaure Kalk wirken wahrscheinlich
ähnlich wie bei der Scheidesaturation. Dabei findet der günstige Umstand statt, daß
der Syrup in Gegenwart von Kalk gekocht, also Ammoniak entwickelt, Glykose zerstört
und vorhandene Fermente zersetzt werden.
Der aus dem Kessel abfließende trübe Syrup geht nach den Sackfiltern; dann saturirt
man, um den Kalküberschuß zu entfernen, kocht auf und filtrirt abermals über
Sackfilter. Das 30° Baumé schwere Klärsel geht nun auf Kohlenfilter
und wird wie gewöhnlich weiter verarbeitet.
Der gesammte beim Klären und beim Saturiren sich bildende Schlamm wird in
Filterpressen abgeschieden und methodisch dreimal nacheinander ausgewaschen, so
daß schließlich Kuchen zurückbleiben, welche kaum Spuren von Zucker enthalten und
die fortgeworfen werden.
Die sämmtlichen Waschwässer werden zur Darstellung des Reinigungsmittels benutzt.
Die Vortheile dieses Verfahrens sind so einleuchtend, daß sie nicht einzeln
aufgeführt zu werden brauchen. Dasselbe soll nach Angabe der Erfinder auch zur
Zuckergewinnung aus Melasse benutzt werden können. Da die dabei anzuwendenden
Apparate etc. sich in jeder Zuckerfabrik finden, so eignet sich das Verfahren auch
zur Saftmelisfabrication.