Titel: | Ueber die Auflösung reducirender Gase durch Eisen und Eisencarburete in geschmolzenem Zustande; von H. Caron. |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XXXIX., S. 127 |
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XXXIX.
Ueber die Auflösung reducirender Gase durch Eisen
und Eisencarburete in geschmolzenem Zustande; von H. Caron.
Aus den Comptes rendus. t. LXX p. 451; Februar
1870.
Caron, über die Ursache des Aufschäumens geschmolzener
Eisencarburete.
Gelegentlich der Mittheilung von Troost und Hautefeuille über die Verbrennungswärme des Siliciums
machte H. Sainte-Claire Deville einige Bemerkungen
über das Aufschäumen (Spratzen) des Stahles oder über die in demselben stattfindende
Blasenbildung.Im vorhergehenden Heft S. 59 mitgetheilt. Ich erlaube mir nun einige diesen Gegenstand betreffende Gegenbemerkungen zu
machen.
Wird Roheisen im Kalktiegel mittelst eines mit Sauerstoffgas und Leuchtgas gespeisten
Löthrohres gefrischt und ist dabei die Flamme eine reducirende, so rührt nach Deville's Ansicht die beim Frischen auftretende
Funkenbildung und das während des Erkaltens wahrzunehmende Aufschäumen (die
Blasenbildung) von der Auflösung oder Bindung von Kohlenoxyd in dem flüssigen
Metalle her.
Eine vor mehreren Jahren von mir an die Akademie gerichtete MittheilungPolytechn. Journal, 1866, Bd. CLXXX S. 228. scheint mir gegen diese Hypothese zu sprechen.
Beim Schmelzen von Stabeisen, Stahl oder Roheisen in einem Strome von
Wasserstoff- oder Kohlenoxydgas beobachtete ich, daß diese Metalle niemals schäumen, wenn
sie nicht mit einem durch den Kohlenstoffgehalt des Stahles reducirbaren und die
Entwicklung von Kohlenoxyd veranlassenden Oxyde eines Erdmetalles in Berührung sind.
Man kann also das Schäumen der Eisencarburete nicht einem Aufgelöstwerden von Gas in
den Metallen zuschreiben. Daß Stahl und gewisse Roheisensorten beim Erstarren
schäumen oder Blasen bilden, stellt Niemand in Abrede; das hierbei entweichende Gas
war aber nicht direct im Metalle aufgelöst, sondern ist wahrscheinlich das Product
einer Reaction, deren Nachweisung ich hier versuchen will.
H. Sainte-Claire Deville versteht unter
„Reductionsflamme“ zweifelsohne eine Flamme mit
überschüssigem Wasserstoff; bei den für diese Schmelzversuche erforderlichen
Hitzegraden kann aber die Flamme einen Ueberschuß an Wasserstoff enthalten und doch
– vermöge des denselben begleitenden Wasserdampfes – auf das Eisen
oxydirend wirken.Diese auf das Eisen oxydirend wirkende Flamme
würde auf das Kupfer reducirend wirken, weil
dieses Metall in der Rothglühhitze den Wasserdampf nicht zersetzt. Dieser Vorgang findet auch wirklich statt.
Schmilzt man daher ein Eisencarburet in einer beliebigen Flamme, so oxydirt sich das
Metall stets in merklicher Weise; das gebildete Eisenoxyd wirkt dann auf den
Kohlenstoff des Stahles oder des Roheisens und es entsteht Kohlenoxyd. Das während
des Schmelzens erfolgende Frischen ist wohl bekannt; so muß man z.B. in der Praxis,
um Gußstahl mit ungefähr 1 Procent Kohlenstoffgehalt zu erzeugen, die Tiegel mit
cementirtem, 2 bis 2,5 Procent Kohlenstoff enthaltendem Stabeisen beschicken. Die
eben erwähnte Entwickelung von Kohlenoxyd findet continuirlich statt und ist beim
Schmelzen fast gar nicht wahrnehmbar, indem die Oberfläche des flüssigen Metalles
von dem Gase kaum gekräuselt wird; wenn aber die Masse beim Erkalten dick zu werden
beginnt, so concentriren sich die letzten gasförmigen Producte des Frischens in der
Mitte des Zaines und erzeugen in Form von Blasen das was wir als Schäumen (Blasenbildung, Spratzen, rochage) bezeichnen.
Als ergänzenden Beweis will ich anführen, daß gutes, im Handel bezogenes Stabeisen,
wenn es unter denselben Bedingungen wie der Stahl im Tiegel geschmolzen wird, sich
zwar wie dieser oxydirt, jedoch niemals Blasen bildet. Oft zieht es sich sogar beim
Erstarren zusammen, es schwindet, anstatt Blasen zu bilden. Wenn das Schäumen oder
Blasenwerfen von dem Auflösen von Kohlenoxyd im Metalle herrühren würde, so müßte
das Stabeisen diese Erscheinung ebenso wie der Stahl zeigen. Daß dieß nicht der Fall
ist, erklärt sich dadurch, daß das beim Schmelzen entstehende Eisenoxyd in diesem
Metalle nicht mit Kohlenstoff in Berührung kommt, somit kein Kohlenoxyd sich
entwickeln kann.
Es scheint daher sicher zu seyn, daß das Aufschäumen oder die Blasenbildung der
Eisencarburete nicht durch eine Auflösung von Gasen in diesen Metallen, sondern
durch eine Reaction hervorgerufen wird, welche während der ganzen Dauer des
Schmelzprocesses, bis zum Momente des vollständigen Erstarrens stattfindet.
Hiernach ist als erwiesen anzunehmen, daß die Funken des verbrennenden Stahles nicht
von der Absorption reducirender Gase herrühren; es läßt sich sogar leicht zeigen,
daß diese Gase bei der Erzeugung dieser Erscheinung gar nicht in's Spiel kommen. Das
Stabeisen verbrennt nämlich mit derselben Funkenbildung wie Stahl, wenn es in reinem
Sauerstoffe zum Rothglühen erhitzt wird, und doch ist hier weder Wasserstoffgas,
noch Kohlenoxyd vorhanden, welches absorbirt werden könnte. Der Fall ist derselbe,
wenn man aus einem Stücke Eisen durch Schlagen gegen Feuerstein oder einen anderen
harten Körper Funken hervorlockt. Man wird mir vielleicht einwerfen, daß auch das
Schmiedeeisen stets einen gewissen Kohlenstoffgehalt besitzt; derselbe ist jedoch so
gering, daß dieses Eisen, wenn es in einem Schmelztiegel eingeschmolzen wird,
niemals schäumt oder Blasen wirft, d.h. niemals wahrnehmbare Mengen von Kohlenoxyd
entwickelt. Uebrigens ist es ja auch leicht, sich einige Gramme ganz reinen Eisens
darzustellen; die Funken welche dasselbe gibt, sind fast ebenso schön wie diejenigen
des Stahles.
––––––––––
H. Sainte-Claire Deville bemerkt zu der
vorstehenden Mittheilung:
„Die von Major Caron angeführten Beobachtungen
entkräften das was ich über die Funkenbildung in den Metallbädern veröffentlicht
habe, in keiner Weise. Ich habe hauptsächlich der Ursache nachgeforscht, welche
flüssige Massen von Roh- oder Stabeisen auf oft weite Entfernungen
fortzuführen vermag, und habe diese Ursache nur in der
Thatsache der Entwickelung eines Gases gefunden.
Ob nun dieses Gas Kohlenoxyd und Wasserstoff ist, wie L. Cailletet nachgewiesen hat,Polytechn. Journal Bd. CLXXIX S.
208. oder, wie Major Caron annimmt, Kohlenoxyd
welches sich in regelmäßiger und constanter Weise bildet, ändert an meinen
Schlußfolgerungen Nichts.“