Titel: | Die Darstellung des Gußstahles durch Frischen von Roheisen mittelst Erhitzung durch intermoleculare Verbrennung; von S. Jordan, Ingenieur und Professor der Metallurgie an der École centrale. |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. LXX., S. 225 |
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LXX.
Die Darstellung des Gußstahles durch Frischen von
Roheisen mittelst Erhitzung durch intermoleculare Verbrennung; von S. Jordan, Ingenieur und
Professor der Metallurgie an der École
centrale.
MitgetheiltWenn der folgende Aufsatz auch manches Bekannte enthält, und in vielen Punkten
auf die französischen Verhältnisse besonders Rücksicht nimmt, so bringt derselbe
doch manche Thatsachen bezüglich der neueren Hüttenprocesse in einer Weise
zusammengestellt und begründet, wie dieß bis jetzt in der Literatur noch nicht
geschah. Vielen Fachgenossen wird es gewiß erwünscht erscheinen, Thatsachen,
welche als bekannt und richtig angesehen wurden, aufgeklärt und nachgewiesen,
Größen, welche beiläufig beurtheilt wurden, in Zahlen ausgedrückt zu finden. Da
eine derartige Arbeit dadurch so schwierig wird, daß es noch in vieler Beziehung
an einer entsprechenden Grundlage, an genügenden Versuchen und Bestimmungen
fehlt, so kann dieselbe noch keinen Anspruch auf Vollkommenheit machen, muß aber
auf jeden Fall als ein sehr werthvoller Beitrag zur Kenntniß der neueren
Eisenhüttenprocesse angesehen werden, weßhalb ich dieselbe unverkürzt
wiedergeben will.Kupelwieser.aus den Memoiren der Société des Ingénieurs civils von Franz
Kupelwieser, Professor an der k. k. Bergakademie in Leoben.
Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1870, Nr.
16.
Jordan, über Darstellung des Gußstahles durch Frischen von
Roheisen.
I. Allgemeine Betrachtungen.
Bekanntlich sind die constituirenden Bestandtheile des Roheisens der Hauptsache nach
das Eisen, der Kohlenstoff in
einer wechselnden Menge von 2 bis 5 Proc., das Silicium,
welches in einer Menge von 0,25 bis 3,50 Proc. selten fehlt, sowie manchesmal das
Mangan, welches von 0 bis 10, ja selbst 12 Proc. zu finden ist; endlich verschiedene
Metalloide, wie Schwefel und Phosphor, welche die Qualität des Metalles immer
vermindern, was jedoch in geringerem Grade der Fall ist, wenn beide zu gleicher Zeit
vorhanden sind.
Das Frischen des Roheisens hat den Zweck, das Eisen dem Zustande des reinen Eisens
näher zu bringen, indem Schwefel und Phosphor abgeschieden, durch Verbrennen des
Kohlenstoffes das Eisen entkohlt wird. Silicium und Mangan werden gleichzeitig
beinahe vollkommen abgeschieden und in die Schlacke übergeführt. Es ist nicht meine
Absicht, die hinreichend bekannte Theorie der Frischprocesse zu wiederholen, sondern
nur einige durch die Praxis constatirte Thatsachen, sowie einige Grundsätze dieser
Theorie in's Gedächtniß zurückzurufen.
Das erste fremde Element, welches beim Frischen abgeschieden wird, ist das Silicium.
Sowohl im Frischfeuer wie im Puddlingsofen wird Silicium in der ersten Periode als
Kieselerde abgeschieden, während sich der Kohlenstoff in dem Bade concentrirt. Diese
Thatsache ist durch die Analysen verschiedener Chemiker, welche die Frischprocesse
studirten, vorzüglich aber durch Crace Calvert und Johnson nachgewiesen worden.
Bei einem gut geführten Frischprocesse muß die Reinigung, sowie die Entkohlung so
weit wie möglich vorwärtsschreiten.
Bei der Entkohlung, es mag dieselbe durch directe Einwirkung, wie bei der
Trockenfrischung, oder durch an Eisenoxydul reiche Silicate erfolgen, entweicht der
Kohlenstoff immer in Form von Kohlenoxydgas und nicht von Kohlensäure.Kohlensäure kann außerdem bei hoher Temperatur in Gegenwart von Eisen nicht
bestehen. Es ist auch bekannt, daß das Resultat der Reduction des
Eisenoxydes durch Kohlenstoff Kohlenoxydgas und nicht Kohlensäure ist. Es ist leicht, dieß während des Aufkochens im Puddlingsofen, sowie im
Bessemerofen während der Entkohlungsperiode nachzuweisen.
Wenn das Roheisen wenig Kohlenstoff, hingegen aber bedeutendere Mengen von Schwefel
und Phosphor enthält, so wird eine Reinigung nicht vor einer vollkommenen Entkohlung
zu Ende gehen und man erhält als Resultat des Frischprocesses ein entkohltes Eisen,
welches weich und sehnig ist, wenn die Reinigung vollkommen war, spröde und
rothbrüchig, wenn das Eisen schwefelhaltig ist, brüchig und grobkörnig, wenn
Phosphor zurückblieb.
Wenn man hingegen ein sehr kohlenstoffreiches Roheisen hat, welches wenig Schwefel
und Phosphor, hingegen um so mehr Mangan enthält (welches letztere durch seine
Anwesenheit allein schon einen großen Grad von Reinheit, sowie die Neigung, sich
leicht reinigen zu lassen und die Gutkohlung zu verzögern, anzeigt), so kann die
Reinigung schnell vollendet seyn und man erhält ein Product welches entweder Stahl,
oder ein mehr oder weniger stahlartiges Eisen oder Feinkorneisen ist, je nachdem der
Frischproceß früher oder später unterbrochen wurde. Diejenigen Sorten Roheisen,
welche diesen Bedingungen entsprechen, nennt man Stahlroheisen. Die Stahlhüttenleute
wissen gegenwärtig recht gut, was sie von dem alten Geheimniß über die Stahlnatur
des Roheisens zu halten haben.
Das Frischen des Roheisens erfolgte bis in die letzten Jahre einzig dadurch, daß man
dasselbe in flüssigen Zustand entweder in unmittelbarer Berührung mit reinem
Brennstoff, wie in Frischfeuern, oder in einem Flammofen, der durch festen
Brennstoff oder durch Gase erhitzt wird, versetzte und sodann Luft oder
Eisen- und Manganoxydate oxydirend einwirken ließ. Bei diesen verschiedenen
Processen bekümmerte man sich nicht um den Gewinn oder Verlust an Wärme, welche
durch die Reactionen im flüssigen Bade hervorgebracht wurden, sondern man führte von
außen bedeutende Mengen von Wärme zu, von welcher der größte Theil durch die
Verbrennungsgase, sowie durch Ausstrahlung der Ofenwände verloren geht, während nur
ein sehr geringer Theil dem Metallbade durch eine oberflächliche Berührung mit der
Flamme, sowie durch strahlende Wärme der Wände zu Gute kommt. Um in einem
Puddlingsofen, bei welchem das Einschmelzen des Roheisens circa eine halbe Stunde dauert, eine Charge von 200 Kil. Roheisen
einzuschmelzen und auf eine Temperatur von beiläufig 1400° C. zu erhitzen,
braucht man 100 Kil. Kohle. Von den 750000 Calorien, welche man annäherungsweise
erzeugt, werden 5–600000 durch die Verbrennungsproducte weggeführt, 100000
gehen durch Ausstrahlung der Ofenwände verloren, während nur annäherungsweise 60000
oder 1/12 der Gesammtmenge im Roheisenbade nutzbar gemacht wird.
Seit beiläufig 15 Jahren erschienen neue Frischmethoden, bei welchen man bemüht war,
an Wärme bedeutend zu sparen. Ist das Roheisen einmal flüssig, so vermeidet man
jeden weiteren Brennstoffverbrauch, und man erhitzt das Bad, indem man durch
Zuführung von oxydirenden Mitteln Silicium, Mangan, Kohlenstoff, welcher sich im
Roheisen befindet, sowie selbst einen Theil des Eisens verbrennt. Die Wärmemenge,
welche im Inneren der weißglühenden Masse durch intermoleculare Verbrennung erzeugt
wird, wird viel besser ausgenutzt, den Ofenwänden wird dieselbe so zu sagen erst aus
zweiter Hand mitgetheilt. Sie absorbiren und geben um so weniger Wärme ab, je
schneller die Operationen durchgeführt werden; sie werden aber auch durch die
erzeugte Wärme weniger angegriffen. Es ist wohl kaum erforderlich zu bemerken, daß
der Typus dieser neuen Reihe von Frischprocessen durch den Bessemer-Proceß
charakterisirt ist. Man erinnere sich nur an das Aufsehen, welches durch das
Auftreten Bessemer's im Jahre 1856 in der metallurgischen
Welt hervorgebracht wurde, indem er ankündigte, daß er direct aus Roheisen ohne
Anwendung von Brennstoff Gußstahl erzeuge. Die Oxydationsmittel, welche theils
vorgeschlagen, theils angewendet oder versucht wurden, sind vorzüglich: Sauerstoff, Luft und Wasserdampf.
Ich beabsichtige hier so sorgfältig als möglich zu untersuchen, auf welche Weise
diese Mittel auf die Temperatur des flüssigen Roheisenbades einwirken können, um mit
Hülfe der durch dieses Studium erlangten Kenntnisse mehrere dieser neuen Processe
beurtheilen zu können.
Um einen bestimmten Fall zu betrachten, will ich ein Bad von 1000 Kil. grauen
flüssigen Roheisens, welches auf eine höhere als die Schmelztemperatur, z.B. auf
1400ºC. erhitzt ist, annehmen. Wie groß wird die im Bade enthaltene
Wärmemenge seyn?
Nach Pouillet und Péclet
sind die Schmelztemperaturen des Roheisens folgende:
1050º für
stark gekohltes weißes
Roheisen
1200º „
graues graphitisches
„
1250º „
„
manganhaltiges
„
Die Wärme-Capacitäten sind nach Regnault:
0,1098 für
Eisen zwischen
0º und 100º
0,1255 „
„
„
0º „ 350º
0,1273 „
feinirtes Roheisen zwischen
0º „ 100º
0,1298 „
weißes hochgekohltes Roheisen.
Nach den Versuchen eines geschickten schwedischen Chemikers ist die mittlere
Wärmecapacität des gewöhnlichen grauen Roheisens:
0,13 zwischen 0º
und 200º
0,17 „ 0º
„ 1000º
0,21 für flüssiges
Roheisen.
Die latente Schmelzwärme beträgt nach demselben Autor nahe 46 Calorien.Ich glaube nicht 233 Calorien, wie kürzlich von einem Schriftsteller
angegeben wurde, einführen zu dürfen, weil diese Zahl durch Anwendung einer
unrichtigen Formel erhalten zu seyn scheint. Die größte Menge von Wärme
welche man im Roheisen, das über seinen Schmelzpunkt erhitzt wurde, finden
konnte, überstieg nicht 330 Calorien. Würden 233 Calorien der latenten Wärme
entsprechen, so wären nur 100 Calorien erforderlich, nm das Roheisen von
0º auf 1400º zu erhitzen, was der Erfahrung widerspricht.
Die Menge Calorien, welche von 1000 Kil. flüssigen Roheisens aufgenommen werden, sind
demzufolge:
1000 (1200 × 0,17 + 46 + 200 × 0,21) = 292000
Cal.
Man müßte 210 Calorien hinzufügen oder wegnehmen, wenn man die Temperatur um je 1
Grad ändert.
Wenn man 42000 Wärmeeinheiten wegnimmt, so erhält man das Roheisen auf dem
Schmelzpunkte.
Ich werde annehmen, daß das Roheisen in einem feuerbeständigen Gefäße, dessen Wände
für Wärme undurchdringlich sind, enthalten sey und in dasselbe Sauerstoff, Luft oder
trockener Wasserdampf in feinzertheiltem Zustande eingeführt werde.
Verbrennung des Eisens.
1. Durch reines Sauerstoffgas. – Für jedes
Hundertel (10 Kil.) verbranntes Eisen sind erforderlich 10/3,5 = 2,857 Kil.
Sauerstoff, welche 12,857 Kil. Eisenoxydul geben, bei deren Erzeugung nach Dulong 2,857 × 4327 = 12362 Calorien
entwickelt werden.
Diese Wärmemenge wird aber dem Eisenbade nicht vollkommen zu Gute kommen, weil
das gebildete Oxyd eine viel größere Wärmecapacität als metallisches Eisen hat
(0,17 anstatt 0,11 im festen und vermutlich noch mehr im flüssigen Zustande),
und um auf die Temperatur des Bades gebracht zu werden, noch (12,857 ×
0,17 – 10 × 0,11) × 1400 = 1520 Calorien absorbiren
würde.
Es würden somit zur Erhitzung des Bades noch 10840 Calorien übrig bleiben, und
somit für jedes Hundertel durch Sauerstoff verbrannten Eisens die Temperatur des
Bades um nahe 50 Grade steigen. Da das Eisenoxydul unverändert im Bade
zurückbleibt, so wird dem Gefäße nach Außen keine Wärme entnommen. Durch
Einleitung eines kräftigen Strahles Sauerstoff würde aber die Temperatur so hoch
steigen, daß kein Gefäß aushalten würde, die Reaction wäre sehr lebhaft und
rasch, das Gefäß würde wenig Wärme durch Ausstrahlung verlieren.
2. Durch atmosphärische Luft. – Für je 10 Kil.
verbrannten Eisens sind 2,857 Kil. Sauerstoff erforderlich, welchem 2,857
× 77/23 = 9,570 Kil. Stickstoff entsprechen. Die Menge der erzeugten
Calorien würde wie oben nahezu 10840 erreichen, wenn nicht der Stickstoff,
nachdem er die anfängliche Temperatur des Metallbades angenommen hat, entweichen
und somit 9,57 × 0,244 × 1400 = 3269 Calorien wegführen würde. Es
würden dem Bade somit nur 7570 Calorien zugeführt werden, eine Zahl, welche
hinreichend groß erscheint, um durch das Verbrennen von einigen Hunderteln
Eisens die Temperatur rasch zu steigern.
3. Durch Wasserdampf. – Ich will trockenen
Wasserdampf auf 100º erhitzt annehmen. (Den Dampf zu überhitzen, würde
von keinem großen Werthe seyn, und es wäre besser das Bad zu überhitzen, weil
die Leitungsfähigkeit desselben eine größere, die specifische Wärme hingegen
eine geringere als die des Dampfes ist.) – Für je 10 Kil. verbrannten
Eisens sind erforderlich 2,857 Kil. Sauerstoff und somit 2,857 × 9/8 =
3,214 Kil. Dampf, welche 0,357 Kil. Wasserstoff enthalten. Der Wasserdampf kommt mit
100º an, absorbirt bei seiner Zersetzung1 Kil. O und 8 Kil. H von 100 Graden erzeugen, indem sie sich verbinden, 34462
Calorien und 9 Kil. Wasserdampf auf 1000 erhitzt, d. i. (34462 –
5950) = 29512 Calorien. – Ebenso werden bei ihrer Zersetzung 9
Kil. Wasserdampf 29512 Calorien absorbiren. 29512 × 0,357 = 10538 Calorien und führt, indem er entweicht,
0,357 × 3,40 × 1300 = 1578 Calorien mit. Der Gesammtverlust
beträgt somit 10538 + 1578 = 12116 Calorien.
Will man jedoch genau rechnen, so muß man die Wärmemenge welche die 2,857 Kil.
Sauerstoff mitbringen, somit 2,857 × 0,218 × 100 = 62 Calorien in
Abrechnung bringen, wodurch sich der Verlust auf 12054 Calorien reducirt.
An Wärme würden, wie oben gezeigt, nahe 10840 Cal. erzeugt, und es würde ein
schließlicher Wärmeverlust für je 10 Kil. durch Wasserdampf verbranntes Eisen,
von 1214 Calorien resultiren.
Wenn man Wasserdampf in flüssiges Roheisen einführt, würde man ein Gemenge von
Eisen und Eisenoxydaten erhalten, dessen Temperatur stark abnehmen würde, wenn
man nicht Wärme von Außen zuführt. Durch Ueberhitzen der Wasserdämpfe wäre dieß
nicht leicht möglich, weil man bei der Wärmecapacität des Wasserdampfes von
0,475 denselben auf 850º erhitzen mühte, wenn man das Metallbad nur auf
der gleichen Temperatur erhalten wollte, während eine derartige Ueberhitzung
praktisch nicht leicht durchführbar ist.
Allerdings habe ich vorausgesetzt, daß der Wasserstoff mit der anfänglichen
Temperatur des Metallbades entweicht, was nicht ganz richtig ist; andererseits
habe ich aber auch auf die Abkühlung des Gefäßes keine Rücksicht genommen, so
daß kein wesentlicher Fehler entstehen dürfte.
Verbrennung des Mangans.
Das Aequivalent des Mangans ist wenig verschieden von dem des Eisens, während
seine Wärmecapacität etwas größer ist. Hingegen ist die Wärmecapacität des
Manganoxydes nahezu gleich der des Eisenoxydes. Es ist daher anzunehmen, daß die
calorischen Erscheinungen beider Stoffe sehr ähnlich sind.
Verbrennung von
Kohlenstoff.
1. Durch reines Sauerstoffgas. – Um je ein
Hundertel Kohlenstoff (10 Kil.) zu 23,333 Kil. Kohlenoxydgas zu verbrennen, sind
13,333 Kil. Sauerstoff erforderlich. Es mag die Verbrennung direct oder
indirect, das ist durch Vermittlung von Eisenoxydaten welche in Berührung mit Kohlenstoff
reducirt werden, erfolgen: so wird das Product immer Kohlenoxydgas seyn. Die
erzeugte Wärmemenge wird immer der entsprechen, welche bei Verbrennung des
Kohlenstoffes zu Kohlenoxydgas entwickelt wird, denn wenn sich auch unmittelbar
Eisenoxydate bilden, so werden dieselben bei der Oxydation des Kohlenstoffes
zerlegt und die beiden Reactionen werden sich vom Standpunkte der Wärme aus
aufheben. Die Resultate der Verbrennung werden seyn: 23,333 Kil. Kohlenoxydgas
und 10 × 2473 = 24730 Calorien.
Kohlenoxydgas wird, indem es mit einer Temperatur von 1400º entweicht, an
Wärme entführen
(23,333 × 0 . 2479 – 10 × 0,241) 1400 =
4518 Calorien.
Es bleiben somit im Bade:
24730 – 4718 = 20012 Calorien für jedes Hundertel
mit Sauerstoff verbrannten Kohlenstoffes.
2. Durch atmosphärische Luft. – Um je 10 Kil.
Kohlenstoff zu verbrennen, sind 13,333 Kil. Sauerstoff erforderlich, welchen ein
Gewicht von 13,333 × 77/23 = 44,666 Kil. Stickstoff entspricht.
Die erzeugte Wärmemenge wird immer 24730 Cal. betragen, von welchen jedoch 4718
Cal. durch Kohlenoxydgas und 44,666 × 0,244 × 1400 = 15260 Cal.
durch Stickstoff entführt werden. Es bleiben somit für die Erwärmung des Bades
nur 24730 – (4718 + 15260) = 4752 Calorien, wodurch nur eine Erwärmung
des Bades um 22º möglich wird.Demzufolge wird ein Einblasen von Kohlenstoff (Holzkohlenpulver die
Temperatur im Converter nicht wesentlich zu erhöhen im Stande seyn.Kupelwieser
Aufmerksam zu machen ist darauf, wie groß der Wärmeverlust durch Erhitzung der
gasförmigen Verbrennungsproducte ist, während der Gewinn an Calorien ein
bedeutender ist, wenn die Producte im flüssigen oder festen Zustande im
Metallbade zurückbleiben.
3. Durch Wasserdampf. – Um je 10 Kil.
Kohlenstoff zu verbrennen, sind 13,333 Kil. Sauerstoff erforderlich, welche mit
1,667 Kil. Wasserstoff 15 Kil. Wasserdampf geben. Die Zerlegung dieses
Wasserdampfes absorbirt 1,667 × 29512 = 49187 Calorien; der Wasserstoff,
welcher während seines Durchganges von 100 auf 1400º erhitzt wird, nimmt
1,667 × 3,4 × 1300 = 7367 Cal. mit; der Gesammtverlust beträgt
somit 49187 + 7367 = 56554 Calorien.
Der Gewinn an Wärme wird, wie oben gezeigt, nur 24730 – 4718 = 20012
Calorien betragen. Die Wärmemenge welche das Bad abgeben müßte, würde somit 56554
– 20012 = 36542 Cal. ausmachen, von welchen jedoch die Wärmemenge welche
der Sauerstoff mitbringt, sonnt 13,333 × 0,218 × 100 = 290 Cal.
abzuziehen wären. Der schließliche Verlust würde somit 36252 Cal. betragen.
Die Temperaturabnahme, hervorgerufen durch diesen Verlust, macht die Entkohlung
des Roheisens durch Wasserdampf unmöglich, wenn man nicht durch
Temperaturzuführung von Außen die rasche Abkühlung, welche durch Verbrennung von
einigen Hunderteln Kohle hervorgebracht wird, verhindert.
Verbrennung des
Siliciums.
1. Durch reines Sauerstoffgas. – Zur
Verbrennung von einem Hundertel oder 10 Kil. Silicium sind 10 × 24/21,5 =
11,16 Kil. Sauerstoff erforderlich, welche 21,16 Kil. Kieselerde geben. Welche
Wärmemenge wird durch diese Verbrennung erzeugt?
Die Physiker haben leider weder die Wärmemenge welche beim Verbrennen des
Siliciums entwickelt wird, noch weniger die specifische Wärme desselben
bestimmt. Wenn man jedoch einerseits berücksichtigt, daß das Silicium nach
Versuchen im Laboratorium, wenn auch langsamer als dichter Kohlenstoff, so doch
mit großer Energie verbrennt, andererseits aber die Verbrennung eine
vollständige, das Product ein fester Körper und viel beständiger als Kohlensäure
ist: so kann man, ohne sehr große Fehler zu begehen, annehmen, daß die
Wärmemenge welche beim Verbrennen des Siliciums zu Kieselerde entwickelt wird,
gleich sey jener, welche bei der Verbrennung des Kohlenstoffes zu Kohlensäure
entsteht, das sind 8000 Calorien.Troost und Hautefeuille haben kürzlich die Verbrennungswärme des
Siliciums bestimmt; man s. ihre Abhandlung in diesem Bande des polytechn. Journals S. 55 (erstes Aprilheft
1870). Sie fanden, daß 1 Aequivalent Silicium
mehr als doppelt so viel Wärme entwickelt als 1 Aeq. Kohlenstoff, indem dieser sich mit Sauerstoff
zu Kohlensäure verbindet. Wenn der Kohlenstoff nur in Kohlenoxyd
übergeht, so entwickelt er ungefähr dreimal weniger Wärme als die
gleiche Gewichtsmenge Silicium, welche zu Kieselsäure verbrennt.A. d. Red.
10 Kil. Silicium auf 1400 Grade erhitzt geben bei ihrer Verbrennung in Sauerstoff
80000 Cal. Ein Theil dieser Wärmemenge wird durch Bildung von Kieselerde
gebunden. Es ist allerdings unmöglich, diese Menge genau zu berechnen, da man
die Wärmecapacität des Siliciums nicht kennt, aber man kann sie nahezu gleich
setzen jener Wärme, welche erforderlich ist um den eingeblasenen Sauerstoff auf
die Temperatur des Bades zu bringen, das sind 11,16 × 0,218 × 1400 = 3406 Cal. Das
Metallbad erhält somit die enorme Quantität von 76594 Cal.
Man ersieht daraus, daß das Silicium es der Beständigkeit der erzeugten
Kieselerde verdankt, daß dieselbe, indem sie im Bade zurückbleibt, eine so große
Wärmequelle bietet. Durch Verbrennung eines Hundertels von Silicium in
Sauerstoff wird die Temperatur so weit gesteigert, daß kein Gefäß widerstehen
könnte.
2. Durch atmosphärische Luft. – Unter denselben
Bedingungen wie oben würde der Gewinn an Wärme 76594 Cal. betragen, weniger der
Wärmemenge welche durch den Stickstoff der Luft weggeführt wird. Um dieß
beurtheilen zu können, müßte man die erzeugte Temperatur kennen. Als untere
Grenze der Temperatur mit welcher der Stickstoff entweicht, sind 1400 Grade
anzunehmen.
Die Menge Stickstoff beträgt 11,16 × 77/23 = 37,386 Kil. und die Menge
Wärme welche derselbe wegführt, beträgt 37,386 × 0,244 × 1400 =
12770 Cal.
Das Bad erhält somit 76594 – 12770 = 63824 Cal., eine noch immer sehr
beträchtliche Menge.
3. Durch Wasserdampf. – Die Verbrennung von 10
Kil. Silicium in Sauerstoff würde in diesem Falle 76594 Wärmeeinheiten
hervorbringen, allein 11,16 Kil. werden durch Zersetzung von 12,555 Kil.
Wasserdampf, welche 1,395 Kil. Wasserstoff enthalten, erhalten. Die bei der
Zersetzung absorbirte Wärme gibt aber 1,395 × 29512 = 41169
Wärmeeinheiten; Wasserstoffgas führt außerdem noch weg 1,395 × 3,40
× 1300 = 6166 Cal.
Es bleiben daher im Bade zurück:
76594 – (41169 + 6166) = 29259 Cal., welchen man
noch die durch den Sauerstoff zugeführte Wärmemenge 11,16 × 0,218
× 100 = 236 Cal. zufügen müßte.
Es ist somit die ganze dem Bade zugeführte Wärmemenge gleich 29502 Cal.
Zu bemerken ist noch, daß das Silicium das einzige der Elemente im Roheisen ist,
welches bei der Verbrennung in Wasserdampf einen Gewinn von Wärme für das Bad
gibt. Diese Thatsache erklärt die von mehreren Metallurgen empfohlene
Durchführung des Frischens mit Wasserdampf in den ersten Stadien des
Processes.
Auf Grundlage des vorhergehenden Studiums über die Erhitzung eines Roheisenbades
von 1000 Kil. will ich nun die Zusammensetzung eines gut brauchbaren
Bessemer-Roheisens, wie dasselbe in Terrenoire, Saint-Louis oder
Givor erzeugt wird, substituiren:
1000 Kil. Roheisen enthalten
42,50 Kohlenstoff 20,00
Silicium937,50 Eisen und Mangan.
Ich will auch annehmen, daß die Entkohlung in allen drei Fällen, welche wir nun
betrachten wollen, eine vollkommene sey, sowie man es in der That in den Hütten
durchführt, um schließlich durch Zusatz von Spiegeleisen rückzukohlen.
Wenn man den Abgang wie gewöhnlich rechnet, so würde man 850 Kil. entkohltes
Metall erhalten.
II. Pneumatisches oder
Wind-Frischen.
Wenn man feinvertheilten Wind in ein Bad von Roheisen einbläst, so wird man an Wärme
gewinnen:
durch Verbrennung von
20 Kil. Si
2 × 63824
= 127648 Calorien
42,5 Kil. C
4,25 × 4752
=
20176 „
87,5 Kil. Fe u. Mn
8,75 × 7570
=
66237 „
––––––––––––––––
Zusammen
214061 Calorien.
Nimmt man an, daß die Wärmecapacität des geschmolzenen Eisens 0,16 sey (die
Wärmecapacität des Roheisens wird um die Hälfte vermehrt, wenn dasselbe von
0º bis zur Schmelztemperatur erwärmt wird, weßhalb ich annehme daß dasselbe
auch beim Eisen der Fall ist), so sieht man, daß die vom Bade aufgenommene
Wärmemenge hinreicht, die Temperatur um beiläufig 1350º zu erhöhen, wenn es
nur aus Eisen ohne Schlacken bestünde, keine Wärmeausstrahlung durch die Wände des
Gefäßes stattfände und die Gase nicht mit einer höheren Temperatur als mit
1400º, wie in der Berechnung angenommen wurde, ausströmen würden, was
vermuthlich der Fall ist. Hinzufügen muß ich noch, daß bei den hohen Temperaturen,
und ungeachtet der Windpressung von 1 Atmosphäre, mit welcher man gewöhnlich
arbeitet, die Kraft der Zersetzung einen großen Einfluß ausübt, und daß sich die
Verbindungen nicht so exact und vollkommen bilden, als in der Berechnung angenommen
wurde.
Die oben angeführten Ziffern reichen noch nicht hin, die bis jetzt ungekannten
Temperaturen, welche man im Bessemer-Ofen erhält, zu erklären, denn bei den
Temperaturen welche man bei der Verarbeitung sehr siliciumreichen Roheisens erhält,
sieht man den weichen Stahl mit einer Dünnflüssigkeit und mit einer Farbe, welche lebhaft
an die Flamme des Alkohols erinnert.
Die Praxis hat gezeigt daß, wenn das in den Converter gebrachte Roheisen weniger als
1 1/4 Proc. Silicium enthält, die Chargen häufig wegen Mangel an Hitze verunglücken.
Wenn man bedenkt, daß das in den Bessemerofen eingetragene Roheisen beim Umschmelzen
im Flammofen 1 Proc. Silicium verliert, so ist erklärlich, daß die Stahlhütten
selbst die reinsten Roheisensorten nicht anwenden wollen und können, wenn sie nicht
wenigstens 2 oder 2,5 Proc. Silicium enthalten, wie ich dieß schon im Jahre 1864 in
den Stahlhütten des Siegenerlandes beobachtet habe. Die Schwierigkeit, reine
Roheisensorten mit einem hinreichenden Gehalt an Silicium zu erzeugen, ist die
größte, mit welcher die französischen Hütten, welche Bessemer-Roheisen
erzeugen, zu kämpfen haben. Die Hütte in Terrenoire war die erste in Frankreich,
welche diese Schwierigkeit dadurch beseitigt hat, daß das Roheisen direct vom
Hohofen entnommen wird. Jene Hütten, welche die zweite Schmelzung umgehen können,
reichen mit einem Siliciumgehalt von 1 1/2 Proc. aus; selbst bei regelmäßigem
Hohofengange erhält man leicht 1 1/2 bis 2 Proc., aber 2 1/2 bis 3 Proc. nur bei
Schwankungen des Betriebes, um sicher zu seyn, daß keine Charge verunglücke.
Bei der Roheisen-Fabrication schließen sich gleichsam Mangan und Silicium
gegenseitig aus, weßhalb graues Roheisen, welches auch selbst nur 2 Proc. Mangan
enthält, nicht die erforderliche Menge Silicium besitzt, um mit Sicherheit nach
einer zweiten Schmelzung im Bessemer-Ofen verwendet werden zu können. Die
manganreichen, aber siliciumarmen Roheisensorten nennt man in den Bessemerhütten
kalte Roheisensorten und man wendet sie gewöhnlich gemengt mit anderen, den
sogenannten heißen Roheisensorten an, welche im Gegentheil reich an Silicium (über 2
1/2 Proc.) und arm an Mangan sind. Um weiche Stahlsorten für Bleche, Bandagen und
Gewehrläufe zu erzeugen, wendet man weiche, manganarme Roheisensorten an, da man
viel Hitze und wenig Kohlenstoff im Roheisenbade braucht.
Die englischen Hämatit-Roheisensorten, welche für Erzeugung eines weichen
Bessemerstahles einen bedeutenden Ruf haben, enthalten nicht mehr als 1/2 Proc.
Mangan. Um hingegen harten Stahl für Eisenbahnschienen zu erzeugen, setzt man oft
eine bedeutende Menge von kaltem, manganreichen Roheisen zu.
In beiden Fällen treibt man die Entkohlung bis zu Ende, um geschmolzenes Eisen, ja
selbst etwas verbranntes Eisen zu erhalten, bei welchem so zu sagen etwas
Eisenoxydate zwischengelagert sind. Hierauf setzt man eine bestimmte Menge Spiegeleisen (mit
4–5 Proc. Kohlenstoff und 7–10 Proc. Mangan, aber höchstens mit 1/2
Proc. Silicium) zu, und zwar um so mehr, je härter man den Stahl haben will. Die
Menge des zugesetzten Spiegeleisens schwankt zwischen 6 und 12 Proc. Dieser
Roheisenzusatz bewirkt die Reduction der aufgenommenen Eisenoxydate, sowie die
größere oder geringere Rückkohlung des Eisens. Man gibt noch etwas Wind und
schreitet zum Guß.
Die Temperatur des Metallbades braucht nicht so hoch zu seyn, wenn der Stahl hoch
gekohlt, hart ist, als wenn er wenig gekohlt, d. i. weich ist. – Bei gleicher
Temperatur ist der höher gekohlte Stahl aber immer flüssiger. Ein Ueberschuß an
Temperatur ist immer von Vortheil, und man kann denselben dadurch ausnutzen, daß man
Eisen- und Stahlabfälle in den Converter wirft, welche sich im Bade
vollkommen auflösen, wenn dasselbe hinreichend heiß ist; endlich kann man das Metall
eine Zeit lang in der Gußpfanne stehen lassen (manchmal 10 Minuten), damit Blasen
von Luft und Kohlenoxydgas, sowie Schlacken an die Oberfläche kommen, wodurch
dichtere Güsse erzielt werden.
Um die Blasenräume in den Gußblöcken thunlichst zu vermeiden, muß man das Gebläse
abstellen, sobald die Entkohlung vollendet ist, und nicht zu viel Eisenoxydate
bilden. Je mehr von den letzteren vorhanden ist, desto mehr Kohlenoxydgasblasen
werden sich bilden nach dem Zusatz von Spiegeleisen, und man wird um so mehr
zusetzen müssen, um den gleichen Grad von Härte zu erhalten.
Um den Moment in welchem der Kohlenstoff verbrannt ist, zu erkennen, bedient man sich
folgender Mittel:
1) Das Aussehen der Flamme und Funken, welche aus dem Halse der Retorte entweichen.
Sobald nur mehr wenig Kohlenoxydgas entwickelt wird, sinkt die lange, hell
leuchtende Flamme, welche aus dem Apparate entweicht, schnell; man sieht nur noch
einen mehr oder weniger rothen Lichtbüschel, gebildet von weißglühendem Stickstoff,
in welchem Staub von Eisenoxydaten eingemengt ist. Die noch durch metallische
Kügelchen hervorgebrachten Funken sind, so lange das Bad noch gekohlt ist, roth,
werden aber in dem Maaßs als das Eisen rein wird, weiß.
2) Der Wechsel des Geräusches im Apparat. Wenn aus der Eisenmasse nur mehr Stickstoff
entweicht, ist das Aufkochen nicht mehr dasselbe, als wenn zu gleicher Zeit
Kohlenoxydgas entweicht.
3) Die Spectral-Analyse der Flamme. Wenn alle Linien verschwunden sind und nur
noch die des Natriums übrig bleibt, ist die Entkohlung vollendet.
4) Die Schlackenprobe. Dieses Mittel, in Frankreich wenig gekannt, wird vorzüglich in
Deutschland angewendet.
Ich habe dasselbe in der Stahlhütte zu Hoerde angewendet gesehen. Man nimmt mit einer
Eisenstange, welche man in den Converter eintaucht, ein wenig Schlacke und kühlt
dieselbe ab. Wenn sie gelbgrün ist (welche Farbe nur einen, geringen Gehalt von
Eisenoxydaten anzeigt), so ist das Metall noch gekohlt; ist sie hingegen graublau
(von einem großen Gehalt an Eisenoxydaten), so ist das Metall entkohlt.
In einigen Gegenden, wo man schwer siliciumreiche Roheisensorten erhält, suchte man
nach Mitteln, um siliciumarme Roheisensorten im Bessemerofen verarbeiten zu
können.
In Hoerde, wo man zur Erzeugung von weichem Stahl englisches Hämatit-Roheisen
verarbeitet, sah ich für harten Stahl wenig Silicium haltendes Roheisen, erblasen
aus rothen Hämatiten, Spatheisensteinen und Kieseleisensteinen, angewendet. Man
gattirte in der Weise, daß das ursprüngliche Metallbad 1 Proc. Silicium und
wenigstens 2,75 Proc. Mangan enthielt. Auf diese Weise konnte man den Proceß gerade
noch durchführen, obwohl der Verlauf viel kürzer als in den englischen und
französischen Stahlhütten war. Die durch Verbrennung des Mangans, welches früher
oxydirt wird als Eisen, und der geringen Menge des Siliciums erzeugte Temperatur
reichte eben hin, um harten Stahl genügend flüssig zu erhalten. Man konnte aber das
Ende des Processes nicht mit Hülfe der gewöhnlichen Mittel erkennen, da ein dicker
Rauch, ohne Zweifel hervorgebracht durch die im festen Zustande durch den Wind
ausgeblasenen Oxyde des Mangans und Eisens, die Beobachtung der Flamme verhinderte,
und daher zur Schlackenprobe Zuflucht genommen werden mußte.
In Turrach wird, so sagt man, Blei zugesetzt, um auf diese Weise ein besseres Product
zu erzielen. Das Blei kann offenbar nur als Brennmaterial dienen und geht in die
Schlacken. In Neuberg wird Kohlenpulver eingeblasen.
Ich habe nichts über den Schwefel und Phosphor gesagt. Durch das Windfrischen selbst
wird von diesen beiden Körpern nichts abgeschieden. Der Schwefel bleibt in dem
entkohlten Metall. Man kann übrigens eine gewisse Reinigung am Ende der Operation
hervorbringen und die Gegenwart des Schwefels durch Zusatz von sehr manganreichem
Spiegeleisen überdecken. Allein der erhaltene Stahl wird immer etwas rothbrüchig,
sobald die Menge des Schwefels im Roheisen einige Zehntausendtel übersteigt.
Um den Phosphor zu beseitigen, kennt man keine Mittel; sobald das Roheisen davon eine nur
halbwegs größere Menge enthält, werden Wärme Erscheinungen von sehr großer
Intensität hervorgebracht, der Converter ist in der Regel sehr beschädigt; man hat
aber die Umstände noch nicht genügend studirt, um denselben leicht zu entfernen.
Bessemer hat sich sehr bemüht Mittel zu finden, um Stahl
aus unreinem, vorzüglich phosphorhaltigem Roheisen zu erzeugen. Er hat zwei
verschiedene Processe versucht, welche beide jedoch auf die Abscheidung des
Phosphors durch Einwirkung von eisenreicher Schlacke in einer oxydirenden Atmosphäre
basirt waren. Man weiß in der That, daß bei der gewöhnlichen Puddlingsarbeit der
Phosphor großentheils aus dem Roheisen in die Schlacke übergeführt werden kann, wenn
die Schlacke hinreichend mit Eisenoxydaten gesättigt ist.
Bei der ersten Methode der Arbeit, welche nichts anderes als eine Modification des
Processes von Parry ist, unterwirft Bessemer das phosphorhaltige Roheisen einem eigentlichen Durcharbeiten in
einem oscillirenden Puddlingsofen, welcher durch Gase geheizt wird. Die so erhaltene
Eisenmasse kohlt er zurück, indem er sie im Tiegel oder im Kupolofen mit Kohlenstoff
haltenden Materialien umschmilzt, und behandelt dieselbe schließlich im Gemenge mit
grauem, siliciumreichen aber hinreichend reinen Roheisen im Converter.
In einem zweiten weitaus neueren Processe wendet Bessemer
allein seinen Converter an, bringt aber in demselben zwei um 90º von einander
getrennte, mit Düsen versehene Böden an. Er beginnt das Frischen auf dem kleinen
Boden, der sowie der Herd des Puddlingofens mit Schlacken umgeben ist, und steigert
nun die Temperatur, indem Wind eingeblasen und Silicium verschlackt wird. Nun wird
Dampf eingeleitet, um die Temperatur so weit abzukühlen, um ein Gemenge von Schlacke
und Eisen zu erzeugen, um auf diese Weise Phosphor abzuscheiden. Sobald er auf
diesem Punkt angekommen ist, wendet er den Converter so, um eine neue Charge von
siliciumhaltendem aber phosphorfreiem Roheisen eintragen zu können, und verarbeitet
nun beide Quantitäten gemeinschaftlich auf dem größeren Boden wie gewöhnlich. Ich
weiß noch nicht, welche praktischen Resultate dieser Proceß gegeben hat.
Um das, was dem pneumatischen Frischprocesse eigenthümlich ist, zu fixiren, will ich
erwähnen, daß die Metallmassen welche durch die intermoleculare Verbrennung erhitzt
werden, bedeutend sind. Es ist nothwendig, daß die Massen so groß als möglich seyen,
der todten Masse des Apparates halber, in welchem man arbeitet. Die äußere
Oberfläche soll im Verhältniß zur Masse des Metalles so klein als möglich seyn. Die
Nothwendigkeit, diesen beiden Bedingungen zu entsprechen, hat dahin geführt, um einerseits eine
große Wärmeabsorption durch das Gesäß, andererseits eine zu große Abkühlung zu
vermeiden, bis zu 20 Tonnen auf einmal zu verarbeiten und ellipsoidische Converters
zu verwenden.
Erfahrungen kann man nicht mit kleinen Quantitäten Roheisens sammeln. Die ersten
Versuche von Bessemer und Baxterhause im Jahre 1856 verarbeiteten allerdings nur 7 Centner englisch.
Sie sind aber immerhin schon kostspielig und es ist begreiflich, daß die Erfinder
auf der neu betretenen Bahn langsam vorwärts schritten.
Bemerken muß ich noch, daß die Windstrahlen den Wänden des Apparates nicht zu nahe
gelegt werden dürfen, weil dieselben sonst zu schnell zu Grunde gehen. Dieß ist auch
der Grund, warum der Boden einen kleineren Durchmesser als der Bauch der Retorte
haben muß, und die Düsen nicht zu nahe an dem Rande des Bodens stehen sollen.
III. Das Frischen durch
Wasserdampf.
Leitet man in das früher schon betrachtete Roheisenbad feinzertheilten trockenen
Dampf ein, so wird der Gewinn und Verlust an Wärme folgender seyn:
Durch Verbrennung von
Gewinn
Verlust
20 Kil.
Si
2 × 29502
59004
–
42,5 Kil.
C
4,25 × 36252
–
154071
87,5 Kil.
Fe
8,75 × 1214
–
10622
–––––––––––––––
59004
164693
Es resultirt somit ein Verlust von 105689 Calorien.
Nimmt man die specifische Wärme des geschmolzenen Eisens sowie früher zu 0,16 an, so
ersieht man, daß die Temperatur des Roheisenbades um beiläufig 700 Grade abnehmen
würde, abgesehen von den Wärmeverlusten durch das Gefäß, und man würde, anstatt
flüssiges Metall zu erhalten, ein breiiges Gemenge von Eisen und Eisenoxyden
erhalten.
Bemerkt zu werden verdient, daß bei Beginn des Processes, da Silicium früher
verbrennt als Kohlenstoff, eine geringe Temperaturzunahme bemerkbar seyn wird,
sobald aber das Silicium abgeschieden, würde durch Zersetzung des Wasserdampfes eine
bedeutende Wärme-Abnahme stattfinden. Die Molecüle der flüssigen Masse
verlieren sehr an Beweglichkeit und die nachfolgenden Reactionen werden schwerlich
in der ganzen Masse eine entsprechende Gleichförmigkeit hervorbringen. Da endlich
die Menge des eingeführten Dampfes viel schwieriger zu bestimmen ist, als die des
eingeblasenen Windes, wäre es leicht, einen Ueberschuß an Dampf zu geben, wodurch eine
noch viel größere Abkühlung erfolgen würde.
Ich halte es für nothwendig zu wiederholen, daß ich in diesen Berechnungen angenommen
habe, daß die Gase (Wasserstoff und Kohlenoxydgas) mit einer Temperatur von
1400º entweichen. Dieß ist nicht ganz richtig, denn die Oase entweichen mit
einer viel geringeren Temperatur, annäherungsweise mit 500 bis 600 Graden. Unsere
Schlüsse bleiben aber dieselben, und wenn man die Rechnungen auch unter dieser
Annahme wiederholt, so findet man ohne Rücksicht auf Abkühlung noch immer einen
Wärmeverlust des Roheisenbades von mehr als 60000 Calorien.
Es würde daher das Frischen mit Wasserdampf weder bei einem Bessemer Roheisen, noch
viel weniger aber bei einem gewöhnlichen Stahl-Roheisen (kohlenstoff-
und manganreich, aber arm an Silicium) gelingen. Um nicht einen theoretischen Abgang
(der immer geringer als der in der Praxis seyn wird) an Temperatur zu haben, müßte
man ein wenig gekohltes aber an Silicium sehr reiches Roheisen, welches etwa
3–5 Proc. Silicium, aber höchstens 2–3 Proc. Kohlenstoff hätte,
anwenden.
Mit einem solchen Roheisen und einer sehr geregelten Dampfeinströmung würde man
vielleicht mit Beibehaltung des Flüssigkeits-Zustandes entkohlen können. Bei
einem regelmäßigen Hohofenbetriebe kann man aber so siliciumreiche und
kohlenstoffarme Roheisensorten nicht erzeugen, man erhält sie nur bei sehr trockenem
Gang und sind dieselben schwer umzuschmelzen. Man kann solches Roheisen nur aus
armen, manganfreien Erzen erzeugen, welche meist mehr oder weniger phosphorhaltig
sind.
Es ist nun leicht verständlich, warum die oft wiederholten Versuche, welche Guest im Jahre 1845 in Dowlais mit Frischen durch Dampf
durchführte, weder im Frischfeuer noch im Flammofen, obwohl man nach den ersten
Versuchen große Hoffnungen hegte, zu einem Resultate führten. Truran, Ingenieur von Dowlais und der bekannte Verfasser des großen Werkes
über Metallurgie:„The manufacture of Iron in
Great-Britain,“ beschreibt diese Versuche und führt
an, warum sie aufgegeben wurden. Er führt ferner an (in „The useful Metals and their Alloys,“ pag.
226), daß die neueren Versuche Nasmyth's bestätigt haben,
daß durch Einblasen von Dampf in ein Roheisenbad die Temperatur abnehme.
Percy, Professor der Metallurgie in London, gibt dieselbe
Erklärung und erhebt gegen Bessemer die Stimme, als
derselbe in seinen ersten Patenten angibt, Gußstahl durch Einblasen von Wind oder
Wasserdampf zu erzeugen, indem nicht zu erwarten sey, Gußstahl durch Einblasen von Wasserdampf aus
Roheisen zu erzeugen. Die in Frankreich, vorzüglich in Ruelle, seit einem Jahrzehnt
durch Galy-Cazalat ausgeführten Versuche haben bis
jetzt kein wesentlich verschiedenes Resultat von dem in England erhaltenen
erreicht.
Man hatte gehofft, durch Frischen mit Dampf Wasserstoffgas, durch Zersetzung des
Wasserdampfes erzeugt, zur Reinigung des Roheisenbades von Schwefel und Phosphor
ausnutzen zu können. Ich kenne weder die in dieser Richtung durchgeführten Versuche,
noch die authentischen Analysen, welche nachweisen daß dieß so sey. Es gibt aber
Gründe, welche die Möglichkeit einer Reinigung durch Wasserstoffgas bezweifeln
lassen. Der Schwefel ist leichter durch Oxydation als durch Reduction zu entfernen,
und die Verwandtschaft des Schwefels zum Wasserstoffgas ist keine sehr starke. Man
weiß, daß Wasserstoffgas durch ein heißes Porzellanrohr, welches Schwefel enthält,
geleitet, sich theilweise in Schwefelwasserstoffgas verwandelt, ebenso weiß man nach
den Erfahrungen von Boussingault und Bouis, daß Wasserstoffgas, über glühendes Eisen oder
Stahl geleitet, den Geruch von Schwefelwasserstoffgas annimmt. Andererseits weiß man
aber auch, daß der Schwefel sich mit dem Eisen verbindet und Wasserstoff entweicht,
wenn man Schwefelwasserstoffgas über rothglühendes Eisen leitet. Berthier hat bereits erkannt, daß das
Einfach-Schwefeleisen durch Wasserstoff selbst bei den höchsten Temperaturen
nicht zerlegt wird. Er hat ferner gezeigt, daß dasselbe
Einfach-Schwefeleisen, im reinen Zustande drei Stunden lang erhitzt in einem
Strom von Wasserdampf erhalten, nur die Hälfte des Schwefels verloren habe. Was
hingegen Phosphorwasserstoff anbelangt, so ist dieß eine sehr wenig feste
Verbindung, und ich für meinen Theil glaube nicht, daß die geringe Verwandtschaft
des Wasserstoffes die große Affinität des Eisens zum Phosphor überwinden könne.
Uebrigens darf man nicht vergessen, daß Schwefel und Phosphor in dem Roheisenbade
sehr fein vertheilt enthalten sind, da meist nur einige Tausentel zu finden
sind.
IV. Frischen durch
Sauerstoffgas.
Meines Wissens sind bis jetzt keine Versuche direct mit reinem Sauerstoffgas, oder
mit sauerstoffreicherer Luft zum Frischen gemacht worden. Der von Tessié von Mothay angegebene ökonomische Proceß
zur Erzeugung von Sauerstoff wird dieß vielleicht möglich machen, sobald dieses Gas
in der That um einen hinreichend billigen Preis erzeugt werden kann.
Man beschäftigt sich aber schon nahe ein Jahr lang in England mit einem Systeme der
Stahlfabrication aus phosphorhaltigem Roheisen, dem Heaton'schen Processe, welcher nichts anderes als ein Frischen mit
Sauerstoff ist. Man gibt auf den Boden eines Converters, welcher die Gestalt eines
Kupolofens hat, eine bestimmte Quantität salpetersaures Natron, bedeckt dasselbe mit
einer durchlochten Gußeisenplatte, welche dazu bestimmt ist, das Aufsteigen
desselben im Bade beim Eingießen des flüssigen Roheisens zu verhindern. Es erfolgt
eine heftige Reaction, und sobald wieder Ruhe eingetreten ist erhält man aus dem
Kupolofen bald ein breiiges, bald flüssiges Metall, welches beinahe entkohltes Eisen
ist. Die Wärme zerlegt, wie bekannt, die Salpetersäure in Sauerstoff und Stickstoff.
Der Sauerstoff bewirkt die Verbrennung des Siliciums und Kohlenstoffes, und seine
kräftige oxydirende Wirkung führt Phosphor bei Anwesenheit des Alkali als
phosphorsaures Natron in die Schlacke.
Nach den Analysen welche ich kenne, ist es gewiß, daß die Schlacken dieses Processes
eine bedeutende Quantität phosphorsaures Natron enthalten; nachzuweisen ist aber
noch, ob auf diese Weise der ganze Phosphorgehalt des Metalles abgeschieden werde,
ob die Reinigung eine vollständigere als bei den gewöhnlichen Frischprocessen sey,
oder ob nur Wind und die basischen Eisensilicate wirken.
Man hat gefunden, indem man sowohl graue siliciumreiche, sowie kalte weiße
Roheisensorten, beide von Moselle, anwendete, daß die grauen siliciumreichen Sorten
ein viel heißeres Metall, welches längere Zeit flüssig bleibt, geben, als das weiße
Roheisen, welches beinahe kein Silicium enthielt. Diese Thatsache beweist abermals
die große Rolle, welche das Silicium in allen Frischprocessen spielt, bei welchen
die Erhitzung durch intermoleculare Verbrennung erfolgt.
H. Bessemer hat Einrichtungen, welche bequemer als die von
Heaton sind, in Vorschlag gebracht, um das
salpetersaure Natron bequemer in den oscillirenden Convertern anwenden und das
flüssige Metall in Coquillen entleeren zu können. Sie sind jedoch meines Wissens
noch nicht versucht. Er wendet salpetersaures Natron entweder im gepulverten
Zustande an und bläst dasselbe mit dem Winde ein, oder führt dasselbe unter Druck im
flüssigen oder im geschmolzenen, festen und massiven Zustande ein.
V. Schlußbemerkung.
In jedem dieser drei Systeme der Frischmethoden, welche wir näher betrachtet haben,
wird die Erhitzung des Bades erreicht oder versucht durch die Verbrennung
verschiedener Elemente des Roheisens in Sauerstoff.
Es gibt in der That kein anderes Verbrennungsmittel, welches so leicht zu erhalten ist und bei
seiner Verbindung mit Silicium und Kohlenstoff eine so bedeutende Wärmemenge
entwickelt. Man könnte versuchen, der Reinigung halber sich der Verwandtschaft des
Chlors zum Schwefel und Phosphor zu bedienen; aber ungeachtet der hohen Temperatur,
welche durch Verbrennung des Eisens in Chlor erzeugt wird, ist es nicht
wahrscheinlich, daß dieses Gas je zur intermolecularen Erhitzung verwendet wird.
Man hat in der letzten Zeit vorgeschlagen, das Roheisenbad welches in einem Converter
aufgenommen ist, durch Wasserstoff und Luft, welche durch doppelte Düsen eingeblasen
werden, zu erhitzen. Man hofft auf diese Weise durch Verbrennung von Wasserstoff
eine große Menge Wärme im Metallbade zu entwickeln und dadurch demselben eine sehr
hohe Temperatur zu ertheilen.
Diese Annahme hat jedoch wenig Aussicht auf Erfolg. Wasserstoff und der Sauerstoff
der Luft werden unter einer großen Pressung durch zwei benachbarte Oeffnungen oder
auch nur durch eine eingeführt, und indem sie sich ganz oder theilweise verbinden,
erzeugen sie Wärme und Wasserdampf. Bei der darauf folgenden Zerlegung des
Wasserdampfes wird aber so viel Wärme gebunden, als eben erzeugt wurde. Die
intermoleculare Verbrennung wird somit nur so viel Hitze erzeugen, als ob bloß Luft
eingeblasen worden wäre, hingegen würde Wasserstoffgas einen Theil der erzeugten
Wärme entführen. Als Brennstoff würde nur immer das eine oder andere der Elemente
des Roheisens dienen.
Es würde nahe dasselbe bleiben, wenn man, anstatt Wasserstoffgas, Leuchtgas durch
Destillation der Kohlen erzeugt, oder jenes Gas welches durch Zersetzung des über
glühende Kohks geleiteten Wasserdampfes erhalten wird, verwenden würde. Allein in
beiden Fällen könnte entweder das Kohlenwasserstoffgas oder das Kohlenoxydgas die
vollkommene Entkohlung des Roheisenbades verzögern, weil diese Gase bis auf einen
gewissen Grad eine kohlende Wirkung ausüben. Man hat letzthin in der kaiserlichen
Hütte zu Gusrigny ein ähnliches, von Archereau
angegebenes System der Erhitzung und Frischung versucht, aber die Resultate noch
nicht veröffentlicht. Zur Verbrennung wurde immer Sauerstoff verwendet, und je mehr
derselbe mit anderen Gasen, wie N, H, CO vermengt ist, um so weniger energisch muß
die Erhitzung werden.