Titel: | Capitän Ericsson's Rahmenlaffette für Kanonenboote. |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XC., S. 305 |
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XC.
Capitän Ericsson's Rahmenlaffette für
Kanonenboote.
Aus dem Scientific American vom 19. Februar
1870.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Ericsson's Rahmenlaffette für Kanonenboote.
Die neuerdings für das spanische Gouvernement in New-York gebauten
Kanonenboote sind nach Vorschlag des Capitäns Ericsson
mit Rahmenlaffetten für deren Geschütze versehen worden, welche den wichtigsten seit
Beendigung des Krieges eingeführten Verbesserungen im See-Artilleriewesen
zugezählt werden können.
Die Lösung des Problemes, das über Bug und Kiellinie solcher Schiffe stehende
Geschütz nach allen Richtungen hin abfeuern zu können, hat die
See-Artilleristen schon seit längerer Zeit beschäftigt. Einleuchtend ist, daß
dieser Zweck sich nicht erreichen läßt, ohne die Laufbalken der zugehörigen
Rahmenlaffette rund um einen centralen Drehpunkt derselben herumführen zu können,
wobei eine anscheinend unübersteigliche Schwierigkeit die Vermeidung des Umstandes
darbietet, daß durch diesen, bei dem zum Feuern vorgebrachten Geschütze in einer
gewissen Entfernung hinter den Schildzapfen des Rohres liegenden Pivotpunkt, wegen
des Schusses ein sich im ersten Momente des Rücklaufes äußerndes Emporheben des
Geschützes bewirkt wird, weil in solchem Falle die von den Rohrschildzapfen nach dem
Pivotpunkte als Stützpunkt der Laffette zu ziehende gerade Linie ungefähr 45 Grad
Neigungswinkel hat, der im Schildzapfen-Centrum liegende Drehpunkt die
Laffette beim Schusse also aufwärts um diesen rückwärts und tiefer gelegenen
Stützpunkt herum zu drehen streben muß.
Theilweise hat man diesem Uebelstande der Pivot-Rahmenlaffetten dadurch zu
entgehen gesucht, daß man dieselben durch einen vertical in ihr vorderes Ende
eingesteckten sogenannten „Gefechtsbolzen“ feststellte, für
welchen im Deck die entsprechenden Düllen angebracht waren; – dadurch wurde
aber die zum Herumwerfen der Laffette erforderliche Zeit noch mehr vergrößert, ohne
daß man dabei zugleich dem weiteren allgemeinen Fehler solcher Laffetten abzuhelfen
vermochte, welcher darin besteht, daß man das am Schiffsbuge stehende Geschütz wegen
dortigen Mangels an Deckraum nicht immer in genügendem Maaße horizontal drehen
kann.
Bei der von Ericsson construirten, in Figur 3 und 4 dargestellten
Rahmenlaffette sind alle diese Schwierigkeiten überwunden, indem sie sich mittelst
Frictionsrollen auf einer fest mit dem Deck verbundenen kreisförmigen Schiene in der
Weise bewegt, daß sie diese Schiene mit einer am vorderen Ende des Laufrahmens
angebrachten umgebogenen Eisenplatte umfaßt und so beim Schießen den mit hierzu
genügendem Spielraum in die Mitte des Rahmens eingelassenen Pivotzapfen, welcher
durch eingelassene Eisengußplatten mit dem Deck in Verbindung steht, von der
Rückstoßwirkung des Geschützes entlastet; hierbei wird nämlich die Rückstoßwirkung
bei allen Seitenrichtungen des Geschützes stets von der kreisförmigen Laufschiene
aufgenommen, was nicht nur die Gefechtsbolzen-Befestigung entbehrlich macht
(da vermöge dieser Einrichtung die Verbindungslinie zwischen dem Befestigungspunkt
des Rahmens und der Schildzapfenmitte des Rohres nach hinten hin aufsteigt, der Rückstoß des letzteren also ein Niederdrücken an
Stelle eines Emporhebens der Laffette zur Folge haben muß), sondern auch
Horizontalrichtungs-Aenderungen des Geschützes bis zu 360°
ermöglicht.
Bezüglich der Rücklaufshemmung wird in neuerer Zeit bekanntlich der durch Friction zu
bewerkstelligenden vor der durch Anwendung von Tauen zu bewirkenden früheren Art der
Vorzug gegeben, wobei jedoch der ernste Uebelstand in Betracht kommt, daß dann bei
nachgelassenem Zahnräderwerke der Bremsvorrichtung das Geschütz während eines
Seeganges gewöhnlich ganz unlenkbar wird und ferner der zum Fest- und
Losschrauben des Frictions-Triebwerkes erforderliche Zeitaufwand zu groß ist,
wodurch sich das während des letzten Krieges oft so sehr langsame Feuern unserer
Monitor-Thürme erklärt.
Bei der neuen Laffette sind auch diese Unzuträglichkeiten umgangen, indem ihr Rahmen,
wie aus den beigegebenen Zeichnungen ersichtlich, zwischen den beiden Laufschwellen
mit einer an seinem Stirn- und an seinem Mittelriegel befestigten 6 Zoll
breiten und 1 1/2 Zoll starken Metallplatte versehen ist, gegen welche oben und
unten mit Holz gefütterte eiserne Backen, die durch Parallelstangen mit dem Rahmen
in Verbindung stehen, sich vermöge eines im unteren Theile oval gestalteten Hebels
anpressen lassen und zwar mit einer solchen Leichtigkeit, daß hierdurch (weil das
Nachlassen dieser Pressung dann auf demselben Wege wieder eben so leicht zu bewirken
ist) eine in hohem Grade leicht und sicher zu handhabende Bremsung entsteht, welche
nicht nur den Rücklauf des Geschützes sicher zu hemmen, sondern auch dessen
Wiedervorgebrachtwerden vermöge des nächsten Seeganges mit Leichtigkeit anzubahnen
gestattet.
Nicht ohne Interesse dürfte folgender Auszug aus dem, vom Capitän Simson der Vereinigten-Staaten-Marine am
18. December 1869 in dieser Beziehung an den Chef des Geschütz-Bureaus
erstatteten Berichte seyn:
„Während des so angebahnten Feuers wurde das zum Vorbringen des Geschützes
bestimmte Räderwerk nur selten gebraucht, indem der Laffette gestattet werden
konnte dem Rollen des Schiffes zu folgen, wobei ihre Bewegung so gänzlich in der
Hand des einen am Bremshebel stehenden Mannes war,
daß er dieselbe jeden Augenblick zu unterbrechen vermochte.“
„Der hervorleuchtendste und wesentlichste Vorzug dieser Laffette ist eben
ihr vollständig und augenblicklich wirkendes
Compressions-System.“