Titel: | Theorie der Dampfmaschine unter Zugrundelegung der Pambour'schen Annahme betreffs des expandirenden Dampfes und der Wiebe'schen Coefficienten für die Navier'sche Formel; von H. Haedicke, Marine-Ingenieur in Kiel. |
Autor: | H. Haedicke , Haedicke |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. CII., S. 377 |
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CII.
Theorie der Dampfmaschine unter Zugrundelegung
der Pambour'schen Annahme
betreffs des expandirenden Dampfes und der Wiebe'schen Coefficienten für die Navier'sche Formel; von H. Haedicke, Marine-Ingenieur
in Kiel.
Mit Abbildungen.
Haedicke, Theorie der Dampfmaschine.
A. Arbeit
des Dampfes pro Flächeneinheit und Hub.
1. Das allgemeine Spannungsdiagramm.
Denkt man sich den Druck des Dampfes pro
Flächeneinheit hinter dem Kolben als Ordinate, den Weg des Kolbens als Abscisse
aufgetragen, so erhält man eine Curve, welche wir mit dem Namen Spannungscurve
bezeichnen wollen. Diese Spannungscurve schließt mit der Abscisse und den beiden
Endordinaten eine Fläche ab, welche den Namen Spannungsdiagramm erhalten
möge.
Ein solches Spannungsdiagramm zeigt alsdann in dem Verlauf seiner Curve genau die
Abnahme des Dampfdruckes während des Fortschiebens des Kolbens an und würde auch
in seiner letzten Ordinate den Druck bezeichnen, welchen der Dampf am Ende
seines Hubes auf den Kolben ausübt.
Es gilt nun folgender Satz:
„Der Inhalt des Spannungsdiagrammes ausgedrückt in der Producteinheit
für Druck und Weg gibt in der erhaltenen Zahl die Arbeit des Dampfes auf der
einen Seite des Kolbens pro Flächeneinheit und
Hub.“
Es läßt sich dieser Satz leicht beweisen wie folgt:
Textabbildung Bd. 196, S. 377
Der Inhalt der Fläche wird erhalten durch Summirung der Elementarstreifen,
welche von je 2 sehr nahe aneinander liegenden Ordinaten begrenzt
werden.
Bezeichnet d H die Entfernung je zwei solcher Ordinaten, welche
die Größe p¹ haben mögen, dann ist p¹ . d H der
Inhalt des Elementarstreifens, also ( (p¹ .
d H) der Inhalt der ganzen Fläche. p¹ . d H
bezeichnet aber auch die Arbeit des Dampfes für den Weg d
H pro Flächeneinheit, also ist ( (p¹
. d H) auch die Gesammtarbeit des Dampfes pro Flächeneinheit und Hub.
2. Das theoretische Spannungsdiagramm.
Textabbildung Bd. 196, S. 378
Es werde nach einem Wege h, während dessen der Dampf
mit dem Kessel in Verbindung stehe, also eine constante Spannung behalten möge,
diese Verbindung abgeschnitten, und die Arbeit nur der Expansion überlassen.
Alsdann wird die Spannung abnehmen und nach dem jedesmaligen Volumen vermittelst
der Navier'schen Näherungsformel für gesättigten
Wasserdampf, unter der Pambour'schen Annahme daß der
expandirende Dampf als gesättigter anzusehen sey, zu berechnen seyn.
Bezeichnet ( das specifische Volumen des Dampfes, d.h. das Verhältniß des
Volumens einer bestimmten Gewichtsmenge Dampf zu dem eines gleichen Gewichtes
Wasser, und p den (absoluten) Druck des Dampfes in
Atmosphären, dann ist nach Navier:
μ = m/(n + p)
wo m und n mit genügender Genauigkeit nach Wiebe die Größe haben: m
= 2000 und n = 0,25. Sind nun V und V¹ die verschiedenen nach
einander eingenommenen Volumina ein und derselben Gewichtsmenge Dampf, so
ist
μ/μ¹ = V/V¹
wenn (¹ das zu V¹ gehörende specifische Volumen ist, welches unter dem Druck p¹ stehen möge. Dann ist:
μ/μ¹ = V/V¹ = (n + p¹)/(n + p)
p¹ = V/V¹ (n + p) – n
Nach dieser Formel würde unter den gestellten Voraussetzungen der Druck p¹ zu berechnen seyn, welcher stattfinden
wird wenn das Volumen
V mit dem anfänglichen Dampfdruck p in das Volumen V¹ übergegangen ist. Die hiernach berechneten auf einander
folgenden Ordinaten für die in dem Cylinder bei den verschiedenen
Kolbenstellungen befindliche Dampfspannung ergeben dann die Spannungscurve resp.
das Spannungsdiagramm.
Berücksichtigt man nunmehr noch den schädlichen Raum, d.h. das Volumen V₂, welches man zu dem von dem Kolben
beschriebenen Volumen hinzuaddiren muß, um den ganzen Raum des expandirenden
Dampfes zu erhalten, also den Spielraum des Kolbens bei seiner äußersten
Stellung und den von den Dampfcanälen eingeschlossenen Raum, so bestimmt sich
ein Druck p¹ für das Volumen V¹ (letzteres vom Kolben beschrieben) durch
die Gleichung:
p¹ = (V + V₂)/(V¹ + V₂) (n + p) – n
wo dann V das vom Kolben
beschriebene Volumen für den Moment der Dampfabsperrung bezeichnet. Diejenige
Spannungscurve, welche ohne Berücksichtigung des schädlichen Raumes construirt
worden ist, endet mit der Ordinate:
p₁₁ = h/H (n + p) – n
da wir für V und V¹ die Producte der Größen h und H
(Füllungs- und ganzer Hub) mit der Kolbenfläche (F) setzen können.
Die Curve hingegen, welche man unter Berücksichtung der Expansionswirkung des
schädlichen Raumes construirt, endet mit der Ordinate:
p₁₁ = (h + η)/(H + η) (n + p) – n
wenn η die Größe ist,
mit welcher die Fläche F multiplicirt werden muß, um
das schädliche Volumen (V₂) zu ergeben.
Textabbildung Bd. 196, S. 379
Die letzte Ordinate wird etwas größer seyn als die erstere, und es wird daher die
unter Berücksichtigung des schädlichen Raumes construirte Curve eine größere
Fläche abschließen als die Spannungscurve, welche unter Vernachlässigung des
schädlichen Raumes construirt worden ist. Spannt man nunmehr vom Anfangspunkt
der Curven aus bis zu dem Endpunkt der kleineren Ordinate (p₁) eine Parabel, so ergibt eine
vergleichende Berechnung, daß der Inhalt der von dieser Parabel abgeschlossenen
Fläche sehr nahe gleich ist der von der genauen Spannungscurve abgegrenzten,
wenn man den schädlichen Raum zu der in der Praxis häufig vorkommenden Größe von
1/16 – 1/18 annimmt. Wir sind daher berechtigt, bei Berechnung der Fläche
des Spannungsdiagrammes diejenige Parabel zu Grunde zu legen, welche ihren
Scheitelpunkt im Anfangspunkt der Expansionscurve hat, und durch den Endpunkt
der kleinen Ordinate (p₁) geht. Der Fehler,
welcher hierdurch entsteht, ist, wie man sich durch eine vergleichende
Berechnung oder durch Construction der Curven überzeugen kann, so gering, daß er
gegenüber den anderen in den Annahmen enthaltenen Ungenauigkeiten und besonders
gegenüber der enormen Vereinfachung welche dadurch, also bei genügend gleicher
Genauigkeit in den Formeln erzielt wird, vollständig übersehen werden kann. Es
wird Niemand eine Formel für eine Dampfmaschine aus dem Grunde benutzen, um
absolut genau bis auf Zehntel-Pferdestärken die Arbeit des Dampfes zu
berechnen. Wenn aber der Bau einer Formel beliebige Operationen mit den
wichtigsten Größen gestattet, so ist eben dadurch die Möglichkeit gegeben, in
bequemer und, wie wir sehen werden, leicht übersichtlicher Weise die Einflüsse
mathematisch darzustellen und zu berechnen, welche eine Variation der wichtigen
Größen, Füllungsgrad und anfängliche Spannung, zur Folge hat. Diese Größen
standen bisher zum Theil unter dem nicht gerade sehr zugänglichen Zeichen des
log nat, wodurch das beliebige Umwandeln der
Formeln verhindert oder doch sehr erschwert wurde.
Die Einführung der Parabel mit ihrer schönen Eigenschaft, für die von derselben
abgeschlossene Fläche einen einfachen Ausdruck zu geben, überwindet diese
Schwierigkeit, und wird uns nunmehr einen bequemeren Einblick in die
Expansionsarbeit gestatten.Der schädliche Raum liegt meist zwischen 1/20 – 1/15, er beträgt
beispielsweise für die großen Penn'schen
Dampfcylinder 1/16. Berechnet man nun unter den ungünstigen
Verhältnissen: 2/10 Füllung und 4 Atm. anfänglicher Druck, 10
verschiedene Ordinaten, so erhält man: I.(V₂ = 1/20) 4; 4; 2,78;
2,11; 1,683; 1,382; 1,165; 0,999; 0,870; 0,762. II.(Parabel) 4; 4; 2,792; 2,29; 1,891; 1,594; 1,311; 1,052; 0,82;
0,6.III.(V₂ = 1/15) 4; 4; 2,83;
2,175; 1,745; 1,446; 1,222; 1,055; 0,92; 0,81.Schon die hiernach aufgetragenen Curven zeigen, daß die Parabel gerade so
viel zugibt, wie sie stellenweise abschneidet. Die berechnete Fläche
liegt für die Parabel in der Mitte von den beiden anderen, genügt also
den strengsten Anforderungen, die man billiger Weise stellen kann. Die
Differenz geht nach Hundertsteln Atmosphären.
Textabbildung Bd. 196, S. 380
Die Fläche des Spannungsdiagrammes setzt sich aus den beiden Größen f₁ und f₁₁ zusammen, von denen f₁ die Arbeit des Dampfes bei gleicher Spannung pro Flächeneinheit, und f₁₁ die der Expansion darstellt. Es ist mithin
zunächst:
f₁ = h . p.
Ferner wird f₁₁ unter Berücksichtigung
der Eigenschaft der Parabel:
f₁₁ = (H – h) p₁ + 1/3 (H
– h) (p –
p₁)
f₁₁ = (H – h)/3 (p + 2
p₁), wo
p₁ = h/H (n + p) – n
Bezeichnen wir nun das Verhältniß
h/H
(Füllungsgrad) = ε
dann ist
(H – h)/3 = H/3 (1 –
ε), und
f₁ = H/h (1 – ε) (p + 2 ε [n + p] – n)
Setzen wir nun n = 0,25, wo p in Atm. angegeben seyn muß, dann wird:
f₁ = H/6 (1 – ε) (ε [4 p + 1] + 2 p – 1)
Mithin wird das Verhältniß der Arbeit der Expansion zu der der Füllung:
f₁₁/f₁ = E = H/6ph (1 – ε) (ε [4
p + 1] 2 p –
1)
oder
Textabbildung Bd. 196, S. 381
Mit dieser Gleichung ist man im Stande sofort das Verhältniß zu bestimmen,
welches zwischen der Expansionsarbeit und der der Füllung besteht. Ist dieses
Verhältniß, zu berechnen also aus dem anfänglichen Druck und dem Füllungsgrad,
bekannt, dann ist die Gesammtarbeit pro Hub und
Flächeneinheit:
f = f₁ + f₁₁ = f₁ + f₁
E = f₁ (1 +
E)
f = p
. E . ε (1 + E).
Denkt man sich nun einen mittleren Druck p₀,
welcher mit dem Hub H multiplicirt die Arbeit pro Flächeneinheit und Hub gibt, dann ist
p₀ . H = p . H . ε (1 + E)
II) p₀ =
p ε (1 + E).
Ist also der anfängliche Druck und der Füllungsgrad gegeben, so läßt sich mit
Hülfe der Formeln I und II leicht der mittlere Druck berechnen. Ist andererseits
dieser angegeben oder aus den Dimensionen der Maschine und den zu leistenden
Pferdestärken berechnet, so ist es ebenfalls mit Hülfe der angegebenen Formeln
sehr leicht, bei angenommenem anfänglichen Druck den Füllungsgrad oder bei
angenommenem Füllungsgrad jenen zu bestimmen.
Es sey z.B. gegeben:
anfängliche Spannung (p) = 3
Atm.
Füllungsgrad (ε) = 0,4.
Dann berechnet sich aus Formel I:
E = 0,85, und hieraus mit Formel II:
P₀ = 2,22 Atm.,
d.h. wir erhalten dieselbe Arbeit, wenn wir, anstatt 4/10
des Hubes mit 3 Atm., von da ab durch Expansion den Kolben zu treiben, auf
denselben während des ganzen Hubes den Druck von 2,22 Atm. wirken lassen. Oder:
Es habe sich aus den Dimensionen und den gewünschten Umdrehungszahlen ergeben,
daß der mittlere Druck auf den Kolben die Größe von 1,602 Atm. haben müsse; wie
viel Füllung muß gegeben werden, damit bei dem Druck des vorhandenen Kessels von
2,5 Atm. jener mittlere Druck erreicht werde?
Aus den Gleichungen:
p₀ = p ε (1 + E)
und
Textabbildung Bd. 196, S. 382
ergibt sich für
Textabbildung Bd. 196, S. 382
Setzen wir hier die oben gegebenen Werthe für p (=
2,5) und p₀ (= 1,602) ein, so erhalten wir:
ε = 0,3
d.h. es muß der Dampf 3/10 des Hubes mit dem constanten
Druck = 2,5 Atm.
wirken, wenn sein mittlerer Druck unter Berücksichtigung der Expansion = 1,602
Atm. seyn soll.
Oder endlich:
Welcher anfängliche Dampfdruck muß gegeben werden, um bei einer Füllung von 0,4
den mittleren Druck von 1,453 Atm. zu erhalten?
Berechnet man wieder aus den beiden Gleichungen
p₀ = p ε (1 + E)
Textabbildung Bd. 196, S. 383
die Größe p, so erhält man
Textabbildung Bd. 196, S. 383
Setzt man hier obige Werthe ein, so erhält man
p = 2
Diese Beispiele haben zugleich folgende Formeln ergeben:
1) Gegeben p und p₀:
Textabbildung Bd. 196, S. 383
2) Gegeben ε und p: . . . . . . . . . 2)
p₀ = p – 1/6 (1 – ε)² (4 p + 1)
3) Gegeben ε und p₀: . . . . . . . . . 3)
Textabbildung Bd. 196, S. 383
wobei die Formel unter 2 direct durch Umwandlung der ad 3 gegebenen folgt.
Zur leichteren Uebersicht diene die S. 384 folgende Tabelle. Sie gibt für angenommene Werthe von p (anfänglicher Druck) und ε
(Füllungsgrad) direct den mittleren Druck p₀
an. So ist z.B. für p = 2,5, ε = 0,2, der mittlere Druck = 1,33 Atm.
Die Tabelle zeigt ferner, wie man für denselben zu erzielenden mittleren Druck
die Größen p und ε zu wählen hat. So erhält man beispielsweise den oben
berechneten mittleren Druck auch durch Anwendung (annähernd) des anfänglichen
Druckes p = 1,5 bei der Füllung ε = 0,6.
Tabelle.
Mittlerer Druck im Cylinder bei der
anfänglichen absoluten Spannung p und dem
Füllungsgrad ε in Atm.
Auf. Span.p
Werthe für den Füllungsgrad ε
in Atm.
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
0,5
0,095
0,18
0,255
0,32
0,375
0,42
0,455
0,48
0,495
0,75
0,21
0,32
0,42
0,51
0,58
0,64
0,69
0,72
0,74
1
0,325
0,47
0,59
0,70
0,79
0,87
0,92
0,97
0,99
1,5
0,455
0,75
0,93
1,08
1,21
1,31
1,395
1,45
1,49
2
0,785
1,04
1,27
1,45
1,625
1,76
1,87
1,94
1,985
2,5
1,015
1,33
1,60
1,77
2,04
2,21
2,33
2,43
2,48
3
1,245
1,61
1,935
2,22
2,45
2,65
2,805
2,91
2,98
3,5
1,47
1,90
2,27
2,60
2,88
3,10
3,28
3,40
3,47
4
1,705
2,19
2,61
2,98
3,39
3,545
3,74
3,89
3,97
Aus dem bisher eingeschlagenen Wege geht hervor, daß für p immer der absolute Dampfdruck (ohne Berücksichtigung des
Gegendruckes) einzuführen ist.
Welchen Einfluß nun die Wahl der eben berechneten Werthe für p und ε (bei
Annahme desselben mittleren Druckes, also derselben Leistung der Maschine) auf
die Arbeit des Dampfes resp. den Kohlenverbrauch hat, wollen wir später
betrachten.
B. Arbeit
des Kolbens in Pferdestärken.
Um nun die wirklich geleistete Arbeit des Kolbens – unter Einwirkung der
Dampfspannungen, also ohne Berücksichtigung von Reibungswiderständen – zu
erhalten, haben wir zunächst von dem (mittleren) Druck des Dampfes auf der einen
Seite des Kolbens den mittleren Gegendruck (auf der anderen Seite) abzuziehen. Wir
erhalten dann den treibenden Ueberdruck. Bezeichnen wir diesen Gegendruck mit a, so wird der treibende Ueberdruck ausgedrückt seyn
durch p₀ – a,
wo beide Grüßen nach dem Bisherigen in Atmosphären anzugeben sind.
Bezeichnen nun p₀' und
a dieselben Pressungen, angegeben in
Gewichtseinheiten pro Flächeneinheit,
D den Durchmesser des Dampfkolbens,
H den Hub desselben,
N die Umdrehungen pro
Minute,
so ist die Arbeit pro Secunde:
(p₀' – a') πD²/4 . H 2N/60
Dieser Ausdruck enthält zunächst die Größen: D² .
H . N . (p₀' – a'), und außerdem die constanten Zahlen:
2„π“/(60 . 4) Führt man H in Fußen preußisch, D in Zollen, p₀ und a' in Pfunden ein, so ist derselbe
noch mit 480 zu dividiren, um Pferdestärken P zu geben.
Für englische Maaße würde der Divisor 550, für französische Maaße (D u. H in Met.) 75
betragen.
Ebenso hat man noch entsprechende Factoren einzuführen, wenn die Formel D und H in gleichen
Einheiten, p₀ und a'
in Atmosphären ausgedrückt enthalten soll. Alle diese von dem Maaßsystem abhängigen
Größen werden je eine Constante ergeben, mit welcher das Product D² . H . N (p₀ – a) multiplicirt werden muß, um die erhaltenen P zu liefern. Diese Constanten berechnen sich nun
für:
preuß. Maaß (D u. H in Fußen, p₀ u. a in Atm.): = 0,11
engl. Maaß (D u. H in Fußen, p₀ u. a in Atm.): = 0,0997
franz. Maaß (D u. H in Meter, p₀ u. a in Atm.): = 3,61
Bezeichnen wir dieselbe mit C, so berechnen sich die
geleisteten Pferdestärken unter Annahme der eingeführten Bezeichnungen durch:
III) P = C . D² . H . N (p₀ – a)
Man ist hiernach zunächst im Stande, durch sehr einfache elementare Rechnung die von
einer gegebenen Maschine geleisteten Pferdestärken zu berechnen, wenn außer den
Dimensionen und Umdrehungen derselben der anfängliche Dampfdruck und die Füllung
nebst dem Gegendruck gegeben ist.
Für diesen Gegendruck dürfen vielleicht im Mittel folgende Annahmen zu empfehlen
seyn, wenn nicht irgend welche besonderen Verhältnisse denselben anderweitig
beeinflussen:
für Maschinen mit Condensation,
a = 0,1 Atm.
für Maschinen ohne Condensation,
a = 1,07 Atm. (a' = 15 Pfd. pro Quadratzoll).
Zum Beweise der Uebereinstimmung zwischen den nach dieser Methode berechneten Werthen
und denjenigen welche mit Hülfe der genauen (Pambour'schen) Formel:
p₀ = 1/H (p h + (h + η) (0,25 + p) log nat (H + η)/(h + η) – 0,25
(H – h))
bestimmten herrscht, diene folgendes Beispiel:
Eine (ausgeführte) zweicylindrische Trunkmaschine habe folgende Dimensionen
(englisches Maaß):
Kolbendurchmesser D = 64 Zoll,
Trunkdurchmesser d = 28 Zoll,
Hub H = 39 Zoll.
Sie möge mit 1 Atmosphäre Ueberdruck 62 Umdrehungen bei 24 Zoll (30 Zoll = 1 Atm.)
Vacuum und 0,64 Füllung machen.
Der schädliche Raum betrage 1/16 des Volumens (η =
H/16
Es wird dann:
H = 3,25
p = 2
D² – d² = 23
h = H . ε = 2,08
a = 0,2
N = 62
η = H/16 =
0,1625
p₀ = 1/H (p h + (h + η) (0,25 + p) log nat (H + η)/(h + η) – 0,25 (H
– h))
p₀ = 1/3,25 (4,16 + 2,0875
– 0,2925)
p₀
1,832
a
=
0,2
–––––––––––––
p₀ – a
=
1,632
woraus sich für die Pferdestärken ergibt:
P = 1508.
Die oben entwickelte Formel gibt:
p₀ = p – 1/6 (1 – ε)²
(4 p + 1)
p₀ = 2 – 1/6
(0,36)². 9
p₀
=
1,856
a
=
0,2
–––––––––––
1,6056
Also eine Differenz von 26/1000 Atmosphären.
Die hiermit berechneten Pferdestärken belaufen sich auf
P = 484.
Der bei dieser Berechnung zu Grunde gelegte schädliche Raum beträgt 1/16 des von dem
Kolben beschriebenen Volumens. Derselbe ist, wie die ganze Aufgabe, der Praxis
entnommen, indem das Volumen der Canäle sich zu 9750 Kubikzoll berechnete. Hierzu
kommt noch der doppelte Spielraum des Kolbens von je 1/2 Zoll bei 2600 Quadratzoll
Kolbenfläche, wodurch sich der schädliche Raum pro Hub
auf 6175 Kubikzoll bestimmt. Dieß gibt ziemlich genau 1/16 des Volumens.
Uebrigens stimmt der nach der vorgelegten neuen Methode berechnete Werth für den
mittleren Druck in diesem Falle merkwürdig genau mit demjenigen überein, welchen man
unter Annahme von η = H/20 (die gewöhnliche) bestimmt.
Es wird alsdann:
η = 0,1625
p₀ = 1/3,25 (4,16 + 2,0022
– 0,2925)
p₀
=
1,80603
a
=
0,2
––––––––––––––––
p₀ – a
=
1,606
Es dürfte hierdurch die für die Praxis genügende Uebereinstimmung bewiesen seyn;
denn, wie schon oben berührt, es kann wohl kaum bei Benutzung derartiger Formeln,
deren Grundlagen schon an und für sich so nachgiebiger und man darf wohl sagen,
hypothetischer Natur sind, auf eine noch größere Genauigkeit ankommen.
Jedenfalls aber gibt diese Methode eine leicht und schnell zu berechnende, immer
wieder zu findende Zahl für die theoretische Leistung einer Maschine, welche wohl
besser als viele andere zu Vergleichen zwischen verschiedenen Maschinen unter
verschiedenen Verhältnissen sich eignen dürfte.
Es wäre nun äußerst wünschenswerth zu wissen, in welchem Verhältniß diese so
berechneten Pferdestärken zu den wirklich von der Maschinenwelle geleisteten stehen.
Würde man dieses kennen, würde man z.B. eine Tabelle besitzen, welche für
verschiedene Arten der Maschinen einen Coefficienten ergibt, mit welchem die nach
der angegebenen Methode berechneten Pferdestärken multiplicirt werden müssen, um die
effectiv von der Welle geleisteten zu erhalten, so würde ein wichtiger Schritt in
der Vorausbestimmung der Leistungen oder Dimensionen der Maschine gethan seyn.
Es kann dieß nur durch eine möglichst häufige Zusammenstellung theoretisch und
praktisch erhaltener Werthe geschehen.Es richtet daher der Verfasser an alle diejenigen welche im Stande sind und
Gelegenheit haben, die von einer Maschinenwelle
geleistete Arbeit z.B. mittelst des Bremsdynamometers zu bestimmen, die Bitte, die erhaltenen Werthe mit den notwendigsten Daten (Dimensionen,
Umdrehungen, Druck im Schieberkasten, Füllungsgrad) und wo möglich einigen
Angaben über die Art der Maschine ihm (direct oder durch Vermittlung der
Redaction dieses Journals) zuzusenden. Vielleicht gelingt es auf diese
Weise, eine durchgehend anzuwendende, brauchbare Methode zur praktischen und
schnellen Bestimmung der Leistungen und Dimensionen der Dampfmaschinen zu
erhalten.Haedicke.
Wir werden später sehen, wie sich diese Theorie noch weiter anwenden läßt.