Titel: | Ueber eine neue Methode zur Bestimmung des Traubenzuckers; von Carl Knapp. |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. CLI., S. 538 |
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CLI.
Ueber eine neue Methode zur Bestimmung des
Traubenzuckers; von Carl
Knapp.
Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, 1870, Bd. CLIV
S. 252.
Knapp, neue Methode zur Bestimmung des Traubenzuckers.
In seiner Untersuchung über die Gährung erwähnt Hr. Professor v. Liebig, daß in einer Mischung von Hefenwasser
mit einer Lösung von Rohrzucker der Zusatz von Blausäure die Umwandlung des
Rohrzuckers in Traubenzucker durch die organische Substanz des Hefenwassers nicht
verhindert; nach der Sättigung dieser Mischung mit Quecksilberoxyd und Erhitzen zum
Sieden unter Zusatz von Natronlauge erhält man nämlich einen Niederschlag von
metallischem Quecksilber, der in einer mit Rohrzucker versetzten alkalischen
Cyanquecksilberlösung unter gleichen Verhältnissen nicht erscheint.
Versuche ergaben dann, daß eine alkalische Lösung von Cyanquecksilber durch
Traubenzucker vollständig zu metallischem Quecksilber reducirt wird.
Auf Veranlassung von Hrn. Prof. v.
Liebig versuchte ich diese Reaction zu einer Bestimmungsmethode des
Traubenzuckers zu verwenden.
Sie führte in der That zu folgender Methode:
Man löst 10 Grm. reines trockenes Cyanquecksilber in Wasser, setzt 100
Kubikcentimeter Natronlauge von 1,145 spec. Gew. zu und verdünnt zu 1000 K. C.
Käuflicher Traubenzucker wird erst bei 100° C. getrocknet, dann durch langes
Kochen absoluter Alkohol damit gesättigt und die Krystalle, welche sich beim
Erkalten ausscheiden, zur Titerstellung verwandt.
Durch eine Reihe von Versuchen wurde ermittelt, daß 400 Milligrm. Cyanquecksilber
durch 100 Milligrm. wasserfreien Traubenzucker in alkalischer Lösung beim Sieden
reducirt werden.
Die Titrirung wird ganz wie bei Anwendung der Fehling'schen Probe ausgeführt; man bringt 40 K. C. der Cyanquecksilberlösung
in einer Porzellanschale zum Sieden und läßt die etwa halbprocentige Zuckerlösung
zufließen bis alles Quecksilber ausgefällt ist. In der verbrauchten Zuckerlösung hat
man einen Gehalt von 100 Milligrm. Traubenzucker zu berechnen.
Beim Zugießen der Zuckerlösung zur kochenden alkalischen Cyanquecksilberlösung wird
die Mischung sogleich trüb, sie klärt sich aber gegen das Ende der Operation und
wird etwas gelblich.
Zur Beurtheilung des Verlaufes der Operation bringt man von Zeit zu Zeit einen
Tropfen der Flüssigkeit auf ein Stück feinstes schwedisches Filtrirpapier, welches
ein Bechergläschen verschließt, in dem sich etwas stärkstes Schwefelammonium
befindet. So lange noch Cyanquecksilber in Lösung ist, entsteht auf dem Papier ein
brauner Fleck, und das Ende der Operation wird angezeigt, wenn ein solcher Fleck
nicht mehr entsteht. Sehr viel schärfer zeigt sich dieser Punkt, wenn man einen
Tropfen auf einen Streifen schwedisches Papier bringt und dann mit einem Glasstab
oder Tropfgläschen einen Schwefelammontropfen dicht über den Flecken etwa eine halbe
Minute lang hält.
Zu Anfang wird der ganze Flecken braun, aber gegen das Ende bildet sich nur an seinem
Rand ein hellbrauner Ring, der zuletzt nur deutlich erkannt werden kann, wenn man
den transparenten Flecken gegen ein Helles Fenster betrachtet.
Der transparente frische Fleck bleibt durch
Schwefelammondampf zuletzt völlig unverändert, und mit einiger Uebung kann man leicht bis auf 1/10 K.
C. der halbprocentigen Traubenzuckerlösung genau titriren.
Läßt man am Ende den Flecken trocknen, so zeigt sich immer noch ein hellbrauner Ring
von Schwefelquecksilber, indem in der Lösung stets eine Spur ebensowohl von
Traubenzucker wie von Cyanquecksilber bleibt, die erst durch einen Ueberschuß des
einen oder anderen entfernt wird. Der Genauigkeit der Probe thut dieß keinen
Eintrag, wenn man nur die Färbung des frischen Fleckens
als maaßgebend annimmt.
Eine große Anzahl von Zuckerbestimmungen, welche im Verlaufe der Liebig'schen Gährungsarbeit mit dieser Methode neben der
Fehling'schen Probe und im Vergleich damit ausgeführt
wurden, haben mich überzeugt, daß sie zwar keine schärferen Resultate als das Fehling'sche Verfahren gibt, aber an Genauigkeit
demselben nicht nachsteht; einen Vorzug vor letzterem dürfte sie darin besitzen, daß
ein kleinerer Zeitaufwand zu ihrer Ausführung nöthig ist, um gleich genaue Resultate
zu erhalten, und daß fremde Stoffe, wie manche Alkaloide, welche die reine Farbe des
Kupferoxyduls verdecken, auf die Reduction des Cyanquecksilbers ohne Einfluß
sind.
Ein anderer, vielleicht der Hauptvorzug der neuen Bestimmungsmethode des Zuckers,
dürfte in der äußerst einfachen Darstellung der Probelösung und in ihrer unbedingten
Haltbarkeit liegen.