Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. , S. 86 |
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Miscellen.
Miscellen.
Neue Knopflochnähmaschine.
Der Pariser Mechaniker M. J. Guttmann hat der Société d'Encouragement eine
Knopflochnähmaschine vorgezeigt, welche nach Armengaud's
Génie industriel, Januar 1870, S. 52 nachstehende
Einrichtung hat.
Die neue Maschine ist eine Schiffchenmaschine mit zwei
Nadeln an einem (abwechselnd) sich drehenden Nadelführer; die eine Nadel ist in der
Achsenrichtung desselben, die zweite excentrisch befestigt. Die Maschine ist daher
eine Dreifädenmaschine.
Der Schiffchenfaden und jener der centralen Nadel haben eine starke Spannung und sind
gleich dick. Beide verschlingen sich am Rand des Knopfloches und bilden ringsherum
eine Art Schnürchen. Der dritte Faden, jener der excentrisch gestellten Nadel, ist
viel feiner und besitzt eine sehr geringe Spannung. Derselbe füllt den Zwischenraum
zwischen dem Nadelstich und dem Rand des Loches aus.
Diese Knopflochmaschine besitzt einige specielle Mechanismen: jene welche die Drehung
(Oscillation) des Nadelführers bewerkstelligen und welche ausgerückt werden können,
wenn eine gewöhnliche (Stepp-) Naht hergestellt werden soll; ferner einen
Arretirungshebel für den Schiffchenfaden, um denselben während der Verschlingung
gespannt zu erhalten; einen Schutzhebel für die Nadelspitzen, um deren Abbrechen
durch den Stoß des Schiffchens zu verhindern; einen Knopflochführer etc.
Man kann die Maschine auch zur Erzeugung der überwendlichen, ebenso der Steppnaht
verwenden. Das „hannoversche Wochenblatt für Handel und
Gewerbe“ berichtet in Nr. 45 des vorigen Jahrganges S. 368 über eine
neue zur permanenten Gewerbe-Ausstellung von Hrn. Timmann in Hannover eingesendete empfehlenswerthe Knopflochnähmaschine, welche das Ausgezeichnetste ihrer
Art genannt zu werden verdient, indem sie die Eigenschaften einer für gewöhnlichen
Steppstich brauchbaren Maschine mit der Knopflochnähmaschine vereinigt und außerdem
zugleich die allereinfachste Construction einer brauchbaren Knopflochmaschine ist, welche bis jetzt
bekannt wurde.
Da der gebrachte Bericht den obigen über die Guttmann'sche
Nähmaschine ergänzt, so mag derselbe hier beigefügt werden.
Die neue Maschine arbeitet – abgesehen von dem sogenannten Vorpaß oder Anlegefaden – mit drei verschiedenen Fäden, nämlich zwei Nadelfäden und
einem Schützenfaden, wovon letzterer von der Spule einer gewöhnlichen Weberschütze,
wie bei den Maschinen von Howe, Singer u.a., geliefert
wird. Die beiden vorhandenen Nadeln (gewöhnliche Maschinennadeln) befinden sich an
derselben verticalen Nadelstange, welche letztere außer ihrer geradlinig auf-
und abgehenden Bewegung noch eine um ihre Achse drehende, hin- und hergehende Bewegung
annehmen kann, die ihr durch einen einfachen Zahnstangen-Mechanismus ertheilt
wird.
Die eine dieser Nadeln ist genau in der Achsenrichtung der cylindrischen Nadelstange,
die andere im Mantel der letzteren befestigt. Beim Nähen von Knopflöchern
durchsticht nur die Mantelnadel den betreffenden Stoff, während die andere, die
Achsennadel, beim gemeinsamen Niedergange mit der Mantelnadel den Stoff nur
tangirt.
Die Schütze geht durch beide von den Nadeln unterwärts gebildeten Schlingen und zieht
den dritten Faden durch letztere. Beide Nadeln gehen hierauf in die Höhe, wobei die
Achsennadel ihre Richtungslinie nicht verläßt, während die Mantelnadel um letztere
einen halben Umlauf, und zwar beim ersten Stich nach einer Richtung (nach rechts),
beim darauf folgenden zweiten Stich nach der anderen Richtung (nach links) macht.
Hierdurch wird der erforderliche überwendliche Stich und zwar als Kreuzstich
gemacht, wobei schließlich der Achsfaden den Schützenfaden mehrfach umschlingt.
Durch Lösung eines einzigen Bolzens am Hebel zur vorgedachten Zahnstangenbewegung und
Entfernung der Mantelnadel verwandelt man die Knopflochmaschine ohne Weiteres in
eine gewöhnliche Steppstichmaschine mit Schütze, mit welcher dann noch allerlei neue Luxus Phantasie-Nähte gemacht werden
können.
Der Preis einer solchen Maschine wird mit 110 Thaler angegeben.
Geschmiedete Holzschrauben.
Die Gewinde der Holzschrauben werden nach der bekannten Fabricationsmethode durch
Schneidwerkzeuge erzeugt. Dieser Proceß ist nicht allein kostspielig, sondern es
werden dabei auch die Fasern des Eisendrahtes zwischen den Windungen unterbrochen,
der Zusammenhang derselben mit jenen des Schraubenschaftes wird geschwächt.
H. P. Boyd (Low Walker,
Newcastle-upon-Tyne) hat sich ein Verfahren patentiren
lassen, nach welchem Holzschrauben aller Größen durch Schmieden erzeugt werden, wobei also die Fasern zwischen den Windungen nur
gebogen, keineswegs unterbrochen werden. Der Preis der geschmiedeten Holzschrauben
soll jenen der in bisher üblicher Art erzeugten Holzschrauben nicht
überschreiten.
Dabei sind die kleinen wie die großen Holzschrauben mit gleicher Sorgfalt und
Genauigkeit ausgearbeitet, auf der Oberfläche so glatt als ob sie geschnitten wären,
außerdem mit der natürlichen, gegen Rost schützenden Eisenhaut versehen.
Besondere Verwendung finden die geschmiedeten Holzschrauben beim Schiffsbau zur
Befestigung der Panzerplatten auf die hölzerne Unterlage, zum Festschrauben von
Schienenstühlen etc.
Fabrication von Metallröhren.
F. N. Gisborne und H. Allman,
Ingenieure in London, stellen nach ihrem vorjährigen Patente aus Metallstreifen
Röhren her, welche als Telegraphenstangen, Masten,
Röhrenbalken, Dampfleitungsröhren u. dgl. verwendet werden können. Zu diesem Zweck
werden die Metallstreifen spiralförmig aufgewickelt, so daß eine spiralförmige Fuge
mit übergreifendem Rande entsteht, welche alsdann vernietet, verschweißt oder durch
Löthen oder Galvanisiren (Verzinken) geschlossen wird. Dadurch soll mit dem Minimum
von Materialaufwand das Maximum (?) der Festigkeit erzielt werden.
Bei Telegraphenstangen stellen die Erfinder jede Stange aus zwei Theilen her. An dem
unteren Theil ist eine Platte von größerem Durchmesser angebracht, welche in die
Erde eingegraben wird; dann erst wird der obere Rohrtheil befestigt. Oben ist
derselbe mit Ebenholz oder einem anderen nicht leitenden Material gefüttert, an
welchem der Leitungsdraht befestigt wird, indem er durch Oeffnungen der Röhre
hindurchgeht, oder auch auf Armen ruht, welche an dem Nichtleiter angebracht
sind.
Die verwendeten Metallstreifen können gewellt oder auch anders geformt seyn, um die
fertige Röhre alsdann ornamentalisch verziert zu erhalten. Um die Steifigkeit
derselben zu erhöhen, können auch zwei oder mehrere Metallstreifen in
entgegengesetzten Windungen aufgewickelt und verbunden werden. (Armengaud's
Génie industriel, Februar 1870, S. 109).
Wiederherstellung von verbranntem Gußstahl.
So mancher Besitzer einer mechanischen Werkstätte, heißt es im praktischen Maschinen-Constructeur, hat schon bei Durchsicht seiner
Rechnungen gefragt, wie es doch möglich ist, daß so viel Geld für Gußstahl
ausgegeben wurde, und doch ist die Sache sehr einfach: Man braucht nur der
Behandlung der Gußstahl-, Dreh-, Flach- und Kreuzmeißel, der
Bohrer etc. in einer mechanischen Werkstätte einmal zuzusehen, so weiß der
Betreffende gleich, wo sein Geld geblieben.
Es wird da durch das ewige Warmmachen, Ausrecken, Härten u.s.w. so viel Stahl
verbrannt, heimlich abgehauen und fortgeworfen, daß es wohl der Mühe lohnt, ein so
einfaches billiges Gegenmittel, wie das unten folgende, in jeder auch noch so
kleinen Werkstätte einzuführen.
Man schmelze 3 Gewichtstheile reines Colophonium in einem Tiegel und setze nach dem
Flüssigwerden unter langsamem Umrühren 2 Gewichtstheile gutes gekochtes Leinöl zu,
wobei man aber vorsichtig zu Werke gehen muß, da das Gemisch bei hoher Temperatur
leicht in Flammen aufgeht. Man erhält schließlich eine dunkelbraune Masse von
Syrups-Consistenz, welche die Eigenschaft hat, daß jedes auch noch so sehr
verbrannte Stückchen Gußstahl, rothwarm hineingetaucht, sofort wieder seine
ursprüngliche Güte erhält, und wenn die Operation mehrmals hintereinander wiederholt
wird, eine Qualität Stahl hervorbringt, welche ursprünglich in solcher Feinheit
nicht vorhanden war.
Es ist wirklich überraschend, zu sehen, wie ein bis zur Reißnadel ausgerecktes Stück
Gußstahl mit Willen verbrannt, in die Masse hineingetaucht, sich, man möchte sagen,
bis zur unsichtbaren Spitze ausstrecken läßt, ohne das geringste Bestreben zu
zeigen, brüchig zu werden oder sich gar zu spalten.
Die Härtung geschieht am besten dunkelroth und in Regenwasser.
Wichtig ist die Anwendung des Mittels für die Fabrication der Gußstahlpillen zum
Schärfen der Champagne-Steine,Bekanntlich verwerfen nämlich die Reisenden der
Champagne-Mühlstein-Fabrication alle Werkzeuge, die nicht von
ihnen selbst geliefert werden. denn jeder Mühlenbesitzer, der obige Steine eingeführt hat, weiß, was es
kostet, ehe er Pillen erhält, welche einigermaßen ihren Zweck erfüllen, und bei
Anwendung obiger Masse wird man finden, daß mit dem gewöhnlichen in Deutschland
fabricirten Gußstahl ein Instrument von so vorzüglicher Härte hergestellt werden
kann, daß es jedem anderen, auch dem so sehr gepriesenen aus Frankreich, kühn die
Spitze bieten kann.
Ueber Condensation des entstehenden Wasserstoffes durch
Nickel.
Im Handel findet man Nickelklumpen, welche so porös sind, daß ein Wassertropfen, auf
ihre Oberfläche gebracht, ebenso rasch in's Innere dringt, wie auf trockenem Gyps.
Wenn man nun dieses Nickel 12 Stunden lang als negative Elektrode in einem
Wasservoltameter benutzt, so kann es, wie Raoult der
Pariser Akademie am 11. October des vorigen Jahres mitgetheilt, wenigstens sein
165faches Volumen Wasserstoff condensiren. Wenn man es dann, nachdem es so mit
Wasserstoff geladen ist, aus dem Stromkreise entfernt und in Wasser taucht, dann
läßt es in 2 oder 3 Tagen die Gesammtheit des absorbirten Wasserstoffes
entweichen.
Dasselbe Stück Nickel kann zu einem zweiten und einem dritten Versuche dienen; seine
Fähigkeit, Wasserstoff zu condensiren und ihn dann frei zu machen, scheint beim
Gebrauch noch zu wachsen. Gleichwohl kann es nicht mehr als fünfmal benutzt werden,
weil es eine tiefe moleculare Aenderung erleidet; es wird nämlich in seiner ganzen
Masse körnig, brüchig und zerfällt schließlich in Staub. Platinmohr und Kohle,
derselben Behandlung unterworfen, haben nach Unterbrechung des Stromes keinen
Wasserstoff gegeben. Ebenso wenig bietet compactes Nickel die Erscheinung dar,
welche beim porösen Metall so auffallend ist.
Gleichwohl muß man annehmen, daß das compacte Nickel nicht gänzlich ohne
Verwandtschaft zum Wasserstoff ist. Wenn nämlich compactes Nickel in einem
Voltameter durch Wasserstoff polarisirt worden, so behält es diese Polarisation
lange Zeit, nachdem der
Strom aufgehört hat, und viel länger, als alle anderen Metalle, mit Ausnahme des
Palladiums. Dieß deutet offenbar darauf hin, daß das compacte Nickel den Wasserstoff
an seiner Oberfläche mit einer besonderen Energie festhält, und die auffallende
Wirkung des porösen Nickels mag nur von der so bedeutend vermehrten Oberfläche
herrühren.
Von einem Eindringen des Wasserstoffes in die Masse des Metalles, wie sie Graham am Palladium gefunden, ist trotz der großen
Verwandtschaft nichts wahrzunehmen.
Behandlung von Silberrückständen der Photographen.
Von einer der bedeutendsten französischen Silberscheideanstalten wird empfohlen,
sämmtliche Rückstände direct mittelst Zink- oder
Kupferplatten niederzuschlagen. In ein passendes
großes Gefäß hängt man fünf bis sechs Pfund solcher Platten, und gießt sämmtliche
gold- und silberhaltigen Flüssigkeiten hinein. Wenn es gefüllt ist, lasse man
es acht bis zehn Tage stehen. Man wird dann die edlen Metalle im schwammigen
Zustande an den Platten hängend finden. Man gießt dann die Flüssigkeit fort und
gießt wieder neue Waschwässer etc. hinein. Die Platten werden von Zeit zu Zeit
abgeschabt, damit immer neue Flächen mit der Flüssigkeit in Berührung kommen. Wenn
sich eine hinreichende Menge von Niederschlag am Boden gesammelt hat, bringt man ihn
auf ein Filter und trocknet ihn.
Aus den Fixirbädern schlagen sich die edlen Metalle langsamer nieder; man wird diese
daher am besten in einem besonderen Gefäß sammeln, in welches man zugleich alte
Tonbäder und den gebrauchten Entwickler gießt. Die Reduction wird durch das Eisen
und die Essigsäure sehr erleichtert. (Photographisches Archiv, April 1870, S.
103.)
Das Sprengmittel „Dualin.“
Dieser neue Sprengkörper, welcher von seinem Erfinder Hrn. C. Dittmar, Artillerie-Lieutenant a. D., in Charlottenburg bei Berlin
fabricirt wird, ist derzeit ein für den Bergwerksbetrieb sehr empfehlenswerthes
Sprengmittel geworden. In Folge seines billigen Preises und der entsprechend höheren
Wirkung gegenüber Schwarzpulver gewährt es Ersparungen, die bei einem einzelnen
Schuß schon Bedeutendes ausmachen, in der großen Masse aber sehr in's Gewicht
fallen, indem, während der Preis des Dualins nur etwa das Vierfache des
Pulverpreises beträgt, seine Wirkung 6–8 Mal so groß ist. Außer den directen
Ersparnissen ist es auch in Bezug auf Zeitersparniß empfehlenswerth, da es immer nur
in fertigen Patronen versendet wird und somit das Patronenmachen von Seiten des
Arbeiters erspart wird und derselbe bloß nöthig hat, die fertige Patrone in's
Bohrloch einzuschieben. Durch das Benutzen fertiger Patronen sind denn auch die
Kopfschmerzen beseitigt, welche durch das Anfassen und in den Mundbringen des
Dualins dem Arbeiter wohl verursacht, dagegen mit Unrecht den Explosionsgasen
zugeschrieben wurden. Auch kann die mit geübten Leuten arbeitende Fabrik des
Erfinders die Patronen sorgfältiger, fester und gleichmäßiger anfertigen lassen, als
dieß durch die Hand des Grubenarbeiters geschieht, der nur zeitweise diese Arbeit
verrichtet. Die Patronen werden in verschiedenen Durchmessern, wie man sie bei den
einzelnen Gruben benöthigt, jedoch in ziemlich gleichen Längen von 6–8'' an geliefert. Benöthigt man zu einem Bohrloch eine
größere Länge, die sich durch ein Vielfaches der einzelnen Längen nicht herstellen
läßt, so wird eine Patrone entweder durchgebrochen oder durchgeschnitten und stumpf
an die andere Patrone angestoßen.
An trockenem Ort wird die Zündung mit dem Halme, der am
besten bis in die Patrone reicht, oder mit dem Raketchen vorgenommen; die Besetzung
erfolgt in diesem Falle so wie bei gewöhnlichem Pulver.
An nassem Orte zündet man mit dem Zündhütchen und mit der
Zündschnur; hier genügt es auch, an Stelle des Besatzes bloß Wasser aufzugießen.
Das Dualin ist gerade für Steinkohle sehr gut verwendbar,
indem es bei seiner bedeutenden Wirkung auch einen großen Stückkohlenfall gibt. Bei
der Anwendung in der Kohle ist nur Eines zu beachten, daß, um die volle Wirkung zu
erzielen, es besser ist, Bohrlöcher von geringeren Weiten zu nehmen, damit die dem Dualin dargebotene
wirksame Fläche eine größere wird. Im Gestein scheint die
Weite des Bohrloches weniger wesentlich zu seyn. Sehr wichtig ist es, die Patrone
bis auf den Boden des Bohrloches fest aufzustoßen, um einen schädlichen Zwischenraum zu vermeiden, welcher
der Wirkung hindernd im Wege ist und auch Veranlassung zu einer theilweise nur
unvollkommenen Explosion geben kann.
In Oberschlesien sind in neuester Zeit von Hrn. Dittmar
selbst und auf einzelnen Gruben Versuche angestellt
worden, welche die besten Resultate ergaben; so auf den Borsig'schen Gruben in Biskupitz, wo das Dualin sich theilweise schon
eingebürgert hat, und auf Königsgrube, deren lebhaftes
Interesse für alle Neuerungen beim Grubenbetrieb bekannt ist. Ueberall, wo die
Versuche in der Kohle gemacht wurden, ist der Beweis
geliefert worden, daß das Dualin eine mehr allmähliche und stoßende, als plötzlich
zerschmetternde Wirkung zeigt. Dieß ist auch der Grund, weßhalb es mit Vortheil beim
Steinsalz-Bergbau in Staßfurt zu verwenden
ist, wie solches die Versuche in Staßfurt zur Genüge darthaten.
Im Nassauer District hat dasselbe auf den Eisenerz-Gruben wie beim Steinbruchbetrieb sich billiger als Pulver herausgestellt, ebenso im
Mansfeld'schen.
Allen Bergbautreibenden kann es nur erwünscht seyn, daß nunmehr durch die größere
Concurrenz die Kosten der neuen Sprengmittel billiger
werden und somit Gelegenheit geboten ist, weiterhin eine minder beschränkte
Anwendung zu gestatten, als bisher, wo die Preise gegenüber Schwarzpulver immer noch
zu hoch waren. Jetzt wird endlich die Differenz der Preise immer geringer und darf
man hoffen, daß die Zeit nicht zu fern liegt, wo es den
Nitroglycerin-Präparaten durch Wohlfeilheit gelungen seyn wird, sich
allgemein Eingang zu verschaffen.
Wir glauben, daß das Dualin in seiner jetzigen Qualität wie Preis alle Aussicht hat,
sich beim Bergbau einzubürgern, besonders beim Kohlenbergbau, wo es durch seine
große, aber dennoch nicht allzu plötzlich wirkende Kraft mit dem Pulver rivalisiren
kann.
Sicher ist aber, daß bei der Anwendung von festem Nitroglycerin auch beim Gezähe und der Arbeit selbst
noch vielfach Aenderungen und Neuerungen vorzunehmen seyn werden, indem einmal über
die zweckmäßigste Tiefe und den richtigen Durchmesser der Bohrlöcher, sowie über die
Stellung der Bohrlöcher vielfach noch die Erfahrungen fehlen und in jedem einzelnen
Falle erst durch längere und sorgfältigere Versuche sich erreichen lassen.
(Berggeist.)
Darstellung des Dualins nach der Patentbeschreibung des
Erfinders. – Der American Artizan, 1870
Nr. 6, enthält S. 90 die Beschreibung der Darstellung des Dualins von Carl Dittmar in Charlottenburg selbst, wahrscheinlich die von
demselben zur Erlangung des amerikanischen Patentes abgegebene, wie dieselbe denn
auch den bekannten Charakter der Patentbeschreibung sehr deutlich zeigt. Dualin,
heißt es darin, ist ein gelblich braunes Pulver, im Ansehen virginischem Rauchtabak
ähnlich. An offener Luft entzündet, verbrennt es ohne Explosion, in beschränktem
Raum dagegen kann es ebenso wie gewöhnliches Pulver zur Explosion gebracht werden.
Gegen Stoß ist es nicht empfindlich; es zersetzt sich nicht von selbst und bäckt
nicht zusammen, läßt sich rasch in Patronen füllen und sich ebenso gut an warmen wie
an kalten, an trockenen wie an feuchten Orten aufbewahren. Seine Stärke ist 4 bis 10
Mal so groß wie die von gewöhnlichem Pulver und größer als die von Dynamit. Das
Dualin besteht aus Cellulose, Nitrocellulose, Nitrostärke, Nitromannit und
Nitroglycerin, in verschiedenen Verhältnissen je nach der gewünschten Stärke
gemischt. Die Cellulose wird aus sägemehlartig zerkleinertem weichen Holz, wie
Fichte oder Pappel, durch Behandeln mit verdünnten Säuren und nachheriges Kochen in
Sodalösung hergestellt und dann nach vollständigem Trocknen gemischt
1) mit Salpeter und Nitroglycerin; oder
2) zunächst durch Behandeln mit Salpetersäure von 48° Baumé und
Schwefelsäure von 66° Baumé in Nitrocellulose übergeführt und dann mit
Nitroglycerin vermischt; oder
3) die trockene Cellulose wird mit wasserfreiem Glycerin bis zur Consistenz eines
dicken Breies gemischt und allmählich unter höchst sorgfältigem Umrühren und
Kühlhalten mit ihrer 8- bis 10fachen Menge eines Gemisches von Schwefelsäure
von 66° Baumé und Salpetersäure von 48° Baumé vermischt.
Das Umrühren wird wenigstens eine halbe Stunde lang fortgesetzt, worauf das Gemisch
in ein Wasserbad von
seiner zehnfachen Menge gebracht wird. Nach wiederholtem Auswaschen mit reinem
Wasser wird die Masse eine oder zwei Stunden lang in verdünnter Sodalauge umgerührt,
dann wieder mit reinem Wasser gewaschen und durch Erwärmen mittelst heißen Wassers
und Behandeln mit concentrirter Schwefelsäure und Chlorcalcium wasserfrei gemacht.
Hierauf wird sie mit der nach Nr. 1, 2 oder 4 behandelten Masse zu einem trockenen
Pulver vermischt, von welchem der als Patronenfüllung verwerthbare Staub abgesiebt
wird. Oder
4) die Cellulose wird verkohlt, fein gepulvert, in concentrirter Salpeterlösung
gekocht, nach Zusatz von Soda rasch getrocknet und mit Nitroglycerin oder nach 1, 2
oder 3 dargestelltem Dualin vermischt.
5) Zur Darstellung von Nitrostärke, als Bestandtheil des Dualins, wird
a. Stärke vollständig getrocknet, bis sie eine
gelblich-braune Farbe annimmt, dann fein gepulvert und mit wasserfreiem
Glycerin gemengt. Die Masse wird dann langsam in ihre zehnfache Menge eines
Gemisches von Salpetersäure von 48° Baumé und Schwefelsäure von
66° Baumé unter höchst sorgfältigem Umrühren und Abkühlen gebracht;
das Umrühren wird eine halbe Stunde lang fortgesetzt und die Masse in ein Wasserbad
gebracht, wiederholt mit reinem Wasser ausgewaschen, hierauf in Sodalauge, dann in
ein anderes Wasserbad gebracht und endlich durch Erwärmen mittelst heißen Wassers
und Behandeln mit concentrirter Schwefelsäure und Chlorcalcium wasserfrei gemacht.
Darauf wird sie durch ein feines Sieb gegeben und mit getrockneter gepulverter
Stärke, die mit Salpeterlösung behandelt ist, oder mit Cellulose vermischt, die wie
oben angegeben präparirt ist. Oder
b. die getrocknete Stärke wird mit gepulverter Cellulose
oder mit dem nach 3. erhaltenen Dualinstaub vermischt, in ein Gemenge von
Salpetersäure von 48° Baumé und Schwefelsäure von 66°
Baumé gebracht und wie unter a. weiter
behandelt.
6) In einer dem früher Angegebenen entsprechenden Weise wird Mannit mit wasserfreiem
Glycerin gemischt und mit den anderen Bestandtheilen des Dualins verbunden.
Nach dem Vorstehenden darf man wohl annehmen, daß das Dualin einfach mit
Nitroglycerin getränktes Schultze'sches PulverDie Darstellung des Schultze'schen Schieß- und Sprengpulvers ist im
polytechn. Journal, 1865, Bd. CLXXV S. 453 beschrieben. ist. (Deutsche Industriezeitung, 1870, Nr. 12.)
Ueber die Zusammensetzung des Kreideschlammes vom Grunde des
atlantischen Meeres; von J. Mahony.
In der Versammlung der Philosophical Society zu Glasgow
vom 14. Februar 1870 sprach Mahony von dem allgemeinen
Interesse, welches die Beschaffenheit des Meeresbodens im atlantischen Ocean und die
obwaltenden Bedingungen des thierischen Lebens in diesen Tiefen erweckt haben,
seitdem gelegentlich der transatlantischen Kabelverbindung in dieser Hinsicht die
ersten Untersuchungen angestellt wurden. Vor dieser Zeit hatte Professor E. Forbes die Ansicht ausgesprochen, daß in größeren Tiefen
als 200 Fathoms (600 Fuß engl.) organisirte Wesen nicht leben können; Dr.
Wallich hatte jedoch nachgewiesen, daß selbst in Tiefen
von 1260 Fathoms (3780 engl. Fuß) noch thierisches Leben existirt und durch
verschiedene Specien von Asteriden (Seesternen) und durch Globigerinae repräsentirt wird, ferner daß das von Irland nach Nordamerika
sich erstreckende, verhältnißmäßig ebene Plateau mit einem feinen weißen Schlamme
(„ooze“ benannt) bedeckt ist. Mahony ging dann zu den von
dem königl. großbritannischen Kriegsschiffe „Porcupine“
ausgeführten Tiefbaggerungen (mit dem Schleppnetze) über und theilte der Versammlung
mit, daß er durch Professor Wyville Thomson eine nach
Glasgow gesandte Probe von diesem Meeresschlamme erhalten habe. Derselbe war in 150
Meilen westlicher Entfernung von Quessant in einer Tiefe von 2435 Fathoms (7305 Fuß)
gesammelt den, wo die Temperatur des Meeresbodens 36,50 Fahr. (+ 2,3°C.)
betrug. Ein Theil dieser Probe war an der Luft getrocknet, und ein anderer,
kleinerer Theil derselben in frischem Zustande in Methylalkohol eingesetzt worden. Mahony hat den Schlamm sowohl in chemischer als in
zoologischer Hinsicht untersucht. Die Analyse desselben ergab folgende
Zusammensetzung:
Kieselsäure
26,60
Eisenoxyd und Phosphate
3,80
Eisenoxydul
0,08
kohlensaurer Kalk
58,80
kohlensaure Magnesia
1,76
schwefelsaurer Kalk
Spur
lösliche Salze
4,20
organische Substanz
2,30
Wasser
2,50
––––––
100,04
Unter dem Mikroskope zeigte sich, daß die Kieselsäure zum größten Theil kleine,
structurlose Fragmente bildet, von denen einige krystallinisch sind. Auch wurde eine
geringe Anzahl von Diatomeen gefunden. Der kohlensaure Kalk bildet größere, den Foraminiferen angehörende Organismen, von denen manche
noch Theilchen von der gallertartigen Substanz enthalten, aus denen der Leib dieser
niederen Organismen besteht und welche Dujardin
sarcode (Protoplasma) benennt. Diese lieferte
zweifelsohne die in der Analyse bestimmte organische Substanz. Die löslichen Salze
rührten wohl aus dem Seewasser her, von welchem der Schlamm durchtränkt war.
Mahony erörterte dann die Frage: „Wird durch
die Gegenwart der gallertartigen Substanz der Foraminiferen bewiesen, daß diese
Thiere auf dem Meeresgrunde leben und sterben?“ So weit der
Luftgehalt des Wassers bei dieser Frage in's Spiel komme, finde er keine
Schwierigkeit, dieselbe zu bejahen, namentlich wenn er die Aufklärungen in Erwägung
ziehe, welche aus den neuen Mittheilungen von J. Hunter
„über die an Bord des „Porcupine“ ausgeführten
Analysen von Seewasser“ (im Journal of the
Chemical Society Januar 1870) in diesem Betreff sich ergaben. Er schloß
seinen Vortrag mit Darlegung der Ansicht, daß auf dem Grunde des nordatlantischen
Oceans die Bildung von Kreide ununterbrochen fortschreite, indem die Identität des
Schlammes von diesem Meeresgrunde mit Kreide ganz augenscheinlich ist. Die
Kieselsäurekörner finden ihr Seitenstück in den an Kreideklippen wahrzunehmenden
Lagen von Feuersteinknollen (deren Bildung nach aller Wahrscheinlichkeit von einer
Zusammenhäufung feiner Kieselsäuretheilchen um einen centralen Kern herrühre),
während die im Schlamme beobachteten Reste winziger Organismen in vielen Fällen mit
denen, welche lange Zeitalter vorher in den Sedimenten eingeschlossen wurden,
identisch sind. (Chemical News, vol. XXI p. 91; Februar 1870.)
Ueber einen außerordentlich haltbaren, die mannichfaltigsten
Verwendungen zulassenden Kitt; nach C. Rost.
Der Genannte macht Fabrikbesitzer und Chemiker auf einen Kitt aufmerksam, der seiner
vorzüglichen Eigenschaften halber die größte Beachtung verdient. Dieser Kitt, nicht
nur gegen concentrirte und verdünnte Säuren, sondern auch gegen alkalische Laugen,
Aether, Alkohol, Benzol, Schwefelkohlenstoff u. dgl. lösende Körper, äußerst
haltbar, besteht einfach aus einer Mischung von gewöhnlichem käuflichen Glycerin und geschlämmter trockener Bleiglätte.Dieses Gemisch wurde bereits von Pollack als
erprobtes Dicht- und Kittmittel für Eisen und Stein etc. empfohlen;
man s. polytechn. Journal Bd. CXCII S.
171.A. d. Red.
Mischt man Glycerin und Bleiglätte, so erhält man, je nachdem man das Verhältniß des
Glycerins zur Bleiglätte so regelt, daß man vom steifen Teige zur dünn angeriebenen
Breimasse übergeht, einen Kitt, der in der Zeit von 10 bis 30 Minuten zur harten,
gleichmäßigen Masse erstarrt.
Die Anwendung ist die mannichfaltigste und kann nicht leicht begrenzt werden, da mit
diesem Kitt nicht nur alle Metalle und überhaupt alle festen Körper in der buntesten
gegenseitigen Verwechselung verkittet werden können, sondern auch seiner Anwendung unter Wasser und
sonstigen Flüssigkeiten kein Hinderniß im Wege steht, indem er dort ebenso schnell
und gut erhärtet, als an freier Luft. Außerdem ist er im Stande, eine Temperatur bis
zu 220° R. gut zu ertragen, leistet also nach dieser Richtung dasselbe was
ein guter Oelkitt, z.B. Leinölfirniß mit Mennige, leistet.
Zu Verdichtungen chemisch-technischer Apparate, bei denen man mit Chlor und
Chlorwasserstoff, Schwefeldämpfen und schwefliger Säure, Salpetersäure und ähnlichen
heftig wirkenden Körpern zu kämpfen hat, bewährt sich dieser Kitt erfahrungsmäßig
ausgezeichnet. Das Gleiche gilt von Alkohol-, Aether-,
Schwefelkohlenstoff- und verschiedenen anderen
Kohlenwasserstoff-Dämpfen, wie denn auch diese Körper in siedendem Zustande
ohne alle Wirkung auf diesen Kitt sind.
Ferner läßt er sich, vermöge seines schnellen Erstarrens und der Fähigkeit, ziemlich
hohe Temperaturen auszuhalten, besser als Oelkitt zur Verdichtung bei
Dampfmaschinen, Pumpwerken u.s.w. gebrauchen, und entspricht in diesen Fällen, falls
richtig angewandt, allen Anforderungen.
Aber nicht nur als Kitt kann diese Masse die verbreitetste Anwendung finden, sondern
auch als Ersatzmittel für viele andere, ähnlich benutzte Stoffe, die aber entweder
sehr kostspielig sind, oder auch den an sie gestellten Anforderungen nicht völlig
entsprechen. So ist diese Masse z.B. nicht genug als Unterguß beim Fundamentiren von
Dampf- und anderen Maschinen zu empfehlen, zu welchem Zwecke sie sich um so
mehr eignet, als sie bei ihrem Erstarren ihr Volumen um ein Geringes vergrößert.
Auch kann die Galvanoplastik von dieser Masse den ausgebreitersten Gebrauch machen,
indem sie die zu copirende Oberfläche mit größter Feinheit und Genauigkeit
wiedergibt und sehr leicht gut leitend gemacht werden kann.
Schließlich sey noch über die Anwendung dieser Masse als Kitt oder als plastische
Masse Einiges gesagt. Die zu benutzende Bleiglätte wird in einer Reibschale nocht
einmal gut durchgerieben und alsdann unter beständigem Rühren und Kneten mit einem
hölzernen Spatel oder mit der Reibkeule das Glycerin so lange zugesetzt, bis der
Kitt die gewünschte Consistenz angenommen hat. Die zu kittenden oder zu dichtenden
Flächen sind schon vorher, wie dieß jeder Kitt erfordert, vollständig gereinigt und
mit etwas verdünntem Glycerin bestrichen oder eingerieben worden, so daß der Kitt
gleich nach seiner Anfertigung ohne Aufenthalt zur Verwendung kommen kann. Dieß
geschieht genau wie bei jedem anderen Kitte, nur ist zu bemerken, daß diesem während
des Erstarrens Ruhe gegönnt werden muß, wenn dieses nicht bedeutend verzögert werden
soll. Wird diese Masse in der Galvanoplastik zum Copiren verwendet, so ist es gut,
auf die Oberfläche des zu copirenden Körpers erst eine schwache Schicht dünn
angeriebener, dünn aber eine dicke teigartige Masse aufzutragen. (Deutsche illustr.
Gewerbezeitung, 1869 S. 411.)
Praktische Verwerthung der Spectralanalyse.
Wie jede Substanz im glühenden Zustande bestimmte helle Linien im Spectrum zeigt, die
ihr eigenthümlich sind, so erzeugt sie, wenn ein helles Licht durch dieselbe hindurchstrahlt, im Spectrum bestimmte dunkle Absorptions-Linien oder Streifen. Diese
Eigenschaft der Stoffe benutzt Sorby, um die im Handel
vorkommenden Artikel auf ihre Reinheit zu prüfen. Es werden von der zu prüfenden
Substanz kleine Mengen gelöst, und durch die Lösung Sonnenlicht hindurchgelassen,
welches im Spectrum ganz bestimmte Absorptionsstreifen zeigen muß. Ist die Substanz
gefälscht, dann sieht man andere Streifen. Diese Prüfungsmethode ist sehr einfach
und von Jedem leicht ausführbar. Es kommt nur darauf an, die der betreffenden reinen
Substanz eigenthümlichen Absorptionslinien zu kennen.
Sorby hat nun im Octoberheft des Quaterly Journal of Microscopical Science diese Bestimmung für gefärbte Weine, weiße Weine, die Farbstoffe des Bieres,
Safran, Senf, Käse und Butter ausgeführt. Er
weist ferner nach, wie sich alte Weine und verdorbene Biere mittelst des
Spectroskops einfach und leicht erkennen lassen, und fordert endlich auch andere
Forscher auf, dieses reiche Material bearbeiten und für die praktische Verwerthung
vorbereiten zu helfen. (Der Naturforscher, 1870 S. 24.)
Verfahren zur Erkennung von Verfälschungen des
Reismehles.
Nach A. D. van Bastelaer geben in geeigneter Weise
bereitete Macerationen aller Mehlsorten, sowohl von Cerealien als von Leguminosen
(Weizen-, Roggen-, Gersten-, Spelz-, Mais-,
Hafer-, Buchweizen-, Erbsen- und Leinsamenmehl), mit alleiniger
Ausnahme des Reismehles, mit einer gesättigten Lösung von Pikrinsäure Niederschläge. Es ist dabei zu beachten, daß man nicht länger
als eine Stunde macerirt und das Filtrat nicht zu lange stehen läßt, sowie daß das
Reagens in größeren Mengen zugesetzt wird. Auch eine Maceration von Mutterkornmehl
gibt einen Niederschlag mit Pikrinsäurelösung. Die Reaction scheint auf der
Einwirkung der Pikrinsäure auf die Proteinverbindungen der Getreidearten und
Hülsenfrüchte zu beruhen, welche im Reis nur in sehr geringer Menge vorhanden sind.
Bei der Prüfung nimmt man 20 Grm. des verdächtigen, vollkommen gebeutelten und
kleienfreien Mehles, zertheilt es in 100 Grm. kalten Wassers, läßt es 1 Stunde lang
in einer Temperatur von 11 bis 12°C. unter öfterem Umrühren stehen und
filtrirt dann rasch. Dem Filtrat wird nach und nach die gleiche Gewichtsmenge einer
bei gewöhnlicher Temperatur gesättigten Pikrinsäurelösung zugesetzt. Entsteht dabei
ein Niederschlag, so ist das Reismehl mit anderem Mehl verunreinigt. In absichtlich
bereiteten Gemengen von Reismehl mit den obenerwähnten Mehlsorten konnte ein Gehalt
von 2 Procent der letzteren stets constatirt werden. (Pharmaceutische Centralhalle,
Bd. IX S. 301).
Untersuchungen über die künstliche Verdauung der
stärkmehlhaltigen Substanzen durch das Maltin; von Dr.
L. Coutaret.
Mittelst des Maltins oder Pflanzendiastas,Man s. die Mittheilung von Dubrunfaut im
polytechn. Journal, 1868 Bd. CLXXXVII S. 491. welches durch lauwarme Maceration von Gerstenmalz gewonnen wird, ist man im
Stande, auf künstlichem Wege eine sehr merkwürdige Verdauung aller als
Nahrungsmittel dienenden Amylaceen (stärkmehlhaltigen Substanzen), welche sich in
gekochtem Zustande befinden, hervorzurufen. Diese
künstlichen Verdauungen geben nach Verlauf von weniger als einer Stunde eine
milchartige Flüssigkeit, welche aus nicht verdautem Stärkmehl, Dextrin und Glykose
besteht, und die Entstehung großer Quantitäten des letzteren Körpers läßt sich durch
die üblichen Reagentien leicht nachweisen.
Nachstehend geben wir eine kurze Zusammenstellung der Hauptthatsachen, welche bei
diesen künstlichen Verdauungen beobachtet wurden:
1) Ein vorheriges vollständiges Kochen der zu verdauenden Substanzen ist unerläßlich
nothwendig.
2) Das Maltin wirkt um so besser, je mehr es sich seinem ursprünglichen Zustande
während des Vegetationsprocesses nähert.
3) Die Gegenwart von Wasser ist für diese künstlichen Verdauungen absolut nothwendig,
und die gar gekochten Amylaceen müssen mit durchschnittlich der zehnfachen
Gewichtsmenge Wasser verdünnt werden, wenn eine normale Zuckerbildung erfolgen
soll.
4) Die auflösende Wirkung des Maltins auf die Amylaceen ist bei den verschiedenen
Arten derselben eine verschiedene; 1 Grm. Maltin vermag im Allgemeinen 1800 Grm. bis
2 Kilogrm. gekochtes Stärkmehl zur Verdauung zu bringen. Jede Art von Stärkmehl
erfordert aber die Gegenwart einer verschiedenen Quantität Wasser und eine mehr oder
weniger verlängerte Dauer der Reaction, wenn bei allen Amylumarten ein gleiches
Resultat erhalten werden soll.
5) Die Temperatur von 35 bis 40°C. ist für die künstlichen Verdauungen die
geeignetste.
6) Diese saccharificirende Wirkung des Maltins auf das Stärkmehl ist absolut
identisch derjenigen des Diastas im Speichel auf dieselben Nahrungssubstanzen.
Ueberdieß verhalten sich beide Arten von Diastas, das animalische und das
vegetabilische, hinsichtlich ihrer physikalischen, chemischen und physiologischen Eigenschaften
ganz gleich. In denselben Mengen angewendet, äußern sie dieselbe Lösungskraft auf
gekochte Amylaceen. Streng genommen existirt für das Pflanzen- und das
Thierreich nur ein einziges Diastas und wir können ohne Anstand behaupten, daß das
Maltin ein wahrer künstlicher Speichel, ein
vegetabilisches Ptyalin ist.
Hieraus ergibt sich die ungemeine Wichtigkeit, welche das Maltin für die Behandlung
von Dyspepsie (geschwächter Verdauung) gewinnen kann. Die
Amylaceen bilden die Basis der menschlichen Ernährung. In der Mehrzahl der Fälle von
Dyspepsie sind sie es, welche, indem sie schlecht verdaut werden, die dyspeptischen
Beschwerden herbeiführen und es läßt sich dann ein gänzlicher Mangel, eine
verminderte Absonderung oder eine veränderte Beschaffenheit des Speichels
constatiren. In derartigen, ebenso gewöhnlichen als hartnäckigen Fällen vermag das
Maltin ungemein große Dienste zu leisten; dieses Mittel stellt den normalen Verlauf
der Functionen wieder her, indem es dem gänzlichen Mangel, der Verminderung oder der
Verderbniß der Speichelabsonderung direct abhilft.
Ich wende dieses Mittel in meiner ärztlichen Praxis seit beinahe sechs Jahren täglich
an und habe mit demselben mehrfach wahrhaft überraschende Resultate erzielt. Nächst
der erforderlichen Diät und den alkalischen Wässern kenne ich kein Mittel, welches
unter denselben Verhältnissen eine solche Unschädlichkeit bei solcher Heilkraft
besitzt. (Comptes rendus, t. LXX p. 382; Februar 1870.)
Färben leinener Waaren mittelst Anilinschwarz.
Man hat in neuerer Zeit versucht, leinene Waaren mit Hülse von Anilinschwarz zu
färben. Man kann ein sehr hübsches Schwarz erhalten, wenn man auf folgende Weise
verfährt.
Man klotzt die Waare in einem Bade von essigsaurem Anilin
von 4° Baumé Dieses Bad muß außerdem noch 4 Procent Salmiak, 4 Procent chlorsaures
Kali, 1/2 Procent Salpetersäure und 1 Proc. Kupfervitriol enthalten. Nach dem Klotzen und Quetschen
trocknet man nicht, sondern bringt die Waare in eine Oxydationskammer oder sonst einen feuchten und warmen Raum. Nach circa 2 bis 3 Tagen hat sich das Schwarz entwickelt.,
worauf man durch Ammoniakflüssigkeit nimmt und dann bei
60°C. durch schwaches Seifenwasser passirt. Man
erhält auf diese Weise ein lebhaftes und außerordentlich ächtes Schwarz.
(Musterzeitung für Färberei etc., 1870, Nr. 12.)
Schwarz auf Filz oder Filzhüten.
Auf 100–120 Hüte.
Man bringt
6 Pfund Blauholzextract,
2 Pfund Grünspan,
8 Pfund Eisenvitriol und
12 Loth Gelbholzextract
in einen Korb und taucht denselben mit diesen Ingredienzien in
einen Kessel mit kochendem Wasser. Man läßt den Korb 25 Minuten mitkochen, nimmt ihn
heraus, füllt dann zwei Eimer aus dem Bade ab und bringt die 100 Hüte in den Kessel,
in welchem sie eine Stunde kochen. Man nimmt sie dann heraus, legt sie eine
Viertelstunde an die Luft, fügt die beiden Eimer Flüssigkeit wieder zu, erhitzt zum
Kochen, bringt die Hüte wieder hinein und läßt sie zwei Stunden lang in dem Kessel,
ohne daß dieser indessen wieder zum Kochen kommt.
Man nimmt die Hüte heraus, wäscht sie im Fluß und hat nur noch nöthig, sie mit einer
Bürste und kaltem Wasser abzubürsten. (Moniteur de la
teinture; Musterzeitung für Färberei etc., 1870, Nr. 11.)
Eierproduction der Enten und Hühner.
Nach Mittheilungen in den Comptes rendus wurden Versuche
darüber angestellt, ob Enten oder Hühner zweckmäßiger für die Erzeugung von Eiern zu
verwenden seyen. Man wählte hierzu 3 Hühner und 3 Enten, die im Februar ausgekommen
waren, nährte sie reichlich mit verschiedenem Futter. Die Enten legten im ersten
Herbst schon 225 Eier, die Hühner keine. Im Februar begann die Legzeit bei den Enten
wieder und dauerte ununterbrochen bis zum August; eine Neigung zum Brüten zeigte
sich bei denselben nicht, sie wurden sehr mager, nahmen aber bald wieder zu. Die
Zahl der gelegten Eier betrug im
Jan.
Febr.
März.
April.
Mai.
von den Hühnern:
26
37
39
41
39
„
„ Enten:
–
24
63
68
82
Juni.
Juli.
Aug.
Summa.
per Stück.
von den Hühnern:
33
32
10
257
86
„
„ Enten:
72
70
13
392
131
100
Hühnereier wogen
12,1
Pfd., die Schalen
1,44
Pfd.
100
Enteneier „
11,8
„ „
„
1,54
„
Die Trockensubstanz war bei den Hühnereiern 26,01 Proc., bei den Enteneiern 28,98
Proc.; das Fett betrug bei den Hühnereiern 11,27, bei den Enteneiern 14,49 Proc.
Durch den größeren Gehalt an Trockensubstanz und an Fett wird sonach das geringere
Gewicht von 100 Enteneiern mehr als aufgewogen. (Sächsisches landwirthschaftliches
Amtsblatt.)
Conservirtes Fleisch aus Australien.
Die Ausfuhr von solchem Fleisch nach England nimmt nach den Zeitungen immer
bedeutendere Dimensionen an, womit, wie auf dem Gebiete der Wollproduction, so nun
auch auf dem der Fleischproduction eine bedenkliche Concurrenz erwächst. Die größte
Gesellschaft für den Fleischexport hat ihr Depot in der Nähe von Melbourne, am
Salt-Water-River; sie liefert wöchentlich 40 Tonnen = 800 Ctr.
Fleisch. Eine andere Gesellschaft, die Victoria-Company, befreit das Fleisch
der geschlachteten Thiere von den Knochen, Sehnen etc., pöckelt es schwach, verpackt
es in Fässer und gießt die Zwischenräume mit geschmolzenem Fett aus. Das so
conservirte Fleisch soll sich vortrefflich halten. (Pr. H.-Ztg.)
Berichtigung.
In der Beschreibung der Maschine zur Verfertigung von
Kötzerhülsen im vorhergehenden Heft (Bd. CXCV S. 499) lese man Seite 501 in
der Anmerkung Zeile 1 von unten „Rechtecke“ statt „Achtecke.“