Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. , S. 368 |
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Miscellen.
Miscellen.
Graphische Bestimmung des Wasserquantums in Strömen.
Der Verfasser des betreffenden Artikels in diesem Bande
des polytechn. Journals S. 97 (zweites Aprilheft 1870) ersucht uns nachzutragen, daß
durch ein Versehen im Manuscript die Bemerkung ausgeblieben sey, daß jene
Mittheilung über die von Prof. Culmann erfundene Methode einem Vortrage entnommen sey, welchen
Prof. A. R. Harlacher vor
einiger Zeit im deutschen Ingenieur- und Architekten-Verein in Prag gehalten hat.
Die Redaction.
Cylinder für hydraulische Pressen.
Bei den gewöhnlichen gußeisernen Cylindern für hydraulische Pressen ist die
gebräuchliche Metallstärke natürlich sehr bedeutend im Verhältniß zum Durchmesser,
in Anbetracht der geringen Zugfestigkeit des Materiales; diese große Starke bewirkt
eine sehr ungleichmäßige Vertheilung der Spannung im Inneren des Materiales, sobald
die Presse benutzt wird. Da diese Uebelstände mit der Spannung wachsen und leicht
die Veranlassung zu Brüchen werden können, so ist es in der That wünschenswerth,
statt Gußeisen ein Material von größerer Zugfestigkeit zu verwenden, und Vickers, Söhne und Comp. zu
Sheffield haben in der That auch in den letzten Jahren eine Anzahl von
Gußstahlcylindern hergestellt, welche ausgezeichnete Resultate ergaben; in einigen
Fällen sind auch schmiedeeiserne Cylinder zur Verwendung gelangt.
Neben Gußstahl und Schmiedeeisen aber gibt es noch ein anderes, weniger allgemein
bekanntes Material, welches bereits vielfach in Verwendung ist und verspricht, in
Zukunft noch in ausgedehnterer Weise beim Bau hydraulischer Pressen benutzt zu
werden, und dieses ist das specielle cast malleable
iron, welches von Haffie, Forsyth und Miller in Glasgow hergestellt wird. Die Herstellungsweise
dieses Metalles, welches, beiläufig gesagt, nicht mit dem gewöhnlichen hämmerbaren
Gußeisen verwechselt werden darf, wird von den Fabrikanten geheim gehalten; nur so
viel ist bekannt, daß in dem Kupolofen nebst dem Metalle noch eine gewisse Mischung
in verschlossenen gußeisernen Töpfen aufgegeben wird, und daß die Güsse nach ihrer
Vollendung einem langsamen Adoucirungsprocesse unterworfen werden. Wie es aber auch
hergestellt seyn mag, so viel ist sicher, daß das Metall selbst sich als sehr
geeignet für die Construction von hydraulischen Pressen erwiesen hat. Die genannte
Firma hat bereits eine Anzahl Cylinder in verschiedenen Größen bis zu 13 Fuß Länge
aufwärts, und von bedeutendem Durchmesser ausgeführt. Sie hat eben einen Cylinder
von 2 Fuß 5 Zoll Durchmesser in Arbeit, welcher für eine große
Panzerplatten-Biegmaschine zu Chatham-Dockyard bestimmt ist. Dieser
Cylinder hat 5 1/4 Zoll Wandstärke und soll unter einem Drucke von 4 Tonnen per Quadratzoll arbeiten. Doch ist diese Firma
eingerichtet Cylinder zu verfertigen, welche einen Druck von 6 Tonnen per Quadratzoll aushalten und bis zu 12 Tonnen Gewicht
haben.
Die gewöhnlichen Dimensionen der hydraulischen Preßcylinder von Haffie sind derart bemessen, daß die Spannung, falls sie sich gleichmäßig
auf den ganzen Querschnitt vertheilt, 8 bis 10 Tonnen per Quadratzoll betrüge; doch gewähren diese Dimensionen noch einen hohen
Grad von Sicherheit, so daß in Fällen wo es auf möglichste Leichtigkeit ankommt, die
Metallstärke noch erheblich reducirt werden kann, ohne daß die Gefahr des
Zerspringens eintritt. Natürlich ist bei solchen Abmessungen die Metallstärke
beträchtlich geringer als bei einem gußeisernen Cylinder von gleichem inneren
Durchmesser, der für gleichen Druck bestimmt ist; hieraus folgt, daß nicht nur ein
gewisses Gewicht von Metall erspart wird, sondern auch, daß die ganze Metallstärke
weit besser ausgenutzt, und die übermäßige Spannung, welcher die inneren Schichten
eines gewöhnlichen gußeisernen Cylinders unterliegen, vermieden wird. (Engineering, März 1870, S. 162; polytechnisches
Centralblatt, 1870 S. 582.)
Das der Kälte ausgesetzt gewesene Zinn in St. Petersburg; von
Paul Lewald.
Es ist schon zu wiederholtenmalen das eigenthümliche Verhalten von Bancazinn, welches
dasselbe in einem St. Petersburger Magazin bei großer Kälte gezeigt hatte, in
öffentlichen Blättern besprochen worden. Prof. Fritzsche in St. Petersburg hat sich mit der
Sache eingehend befaßt und es ist viel darüber geschrieben worden, ohne daß nach
meiner Meinung das Richtige getroffen worden wäre.
Bald nachdem das Phänomen durch Prof. Fritzsche in die Oeffentlichkeit gebracht worden war,Polytechn. Journal Bd. CXCI S. 171
und Bd. CXCV S. 92. erhielt ich ein Stück von dem Petersburger Zinn. Dasselbe unterschied sich
von ächtem Bancazinn in nichts als in der durch die Kälte verursachten
Structur-Veränderung.
Es ist nun nicht richtig zu sagen, Zinn hat die Eigenschaft bei circa – 35° Cels. seine Structur zu ändern
und zu zerfallen, sondern bloß Zinn, welches in Blockformen gegossen, zeigt dieses Verhalten. Um diese
Behauptung zu belegen, muß ich etwas weiter ausholen.
Zinn kommt hauptsächlich in Blöcken von circa 250
Kubikzoll in den Handel. Gießt man einen solchen Block in eine eiserne Form, so
erstarrt das Zinn derart, daß die Oberfläche des Zinnes einsinkt und rissig wird.
Unter dieser eingesunkenen Oberfläche befinden sich mehr oder minder große
Hohlräume, die bis 40 Kubikzoll betragen können. Die Größe dieser Hohlräume richtet
sich nach der Temperatur des Zinnes beim Ausgießen. Je höher dieselbe ist, desto
größer werden die Hohlräume. Der Grund dieses Verhaltens ist folgender: nur in der
Mitte, wo die Masse am längsten flüssig bleibt, kann das Zinn seinem Bestreben zu
schwinden folgen; an den Seiten, in den Ecken, am Boden und an der Oberfläche geht
die Erstarrung mehr oder minder rasch vor sich, es schwindet daher an der Oberfläche
etwas, an den Ecken, dem Boden und an den Seiten gar nicht. Die Zinnkrystalle
befinden sich hierdurch in einem Zustande der Spannung, und noch Stunden lang kann
man manchmal einen Block, nachdem er gegossen, während des Erkaltens hin und wieder
klingen hören. Dieses Klingen ist hervorgerufen durch das Zerspringen einzelner
Krystalle bei zunehmender Abkühlung. Es muß daher einen Temperaturgrad geben, bei
dem die Spannung der Krystalle einen solchen Grad erreicht, daß sie zum Zerfallen
der Blöcke führt. Die im Handel vorkommenden Blöcke zeigen nun auf der Oberfläche
nicht die oben beschriebene Einsenkung. Die Blöcke würden nicht hübsch aussehen, und
deßhalb gießt man zuerst die Form nur etwas über halb, und nachdem das
hineingegossene Zinn erstarrt ist, ganz voll. Es wird durch diese Verfahrungsart die
innere Spannung noch vermehrt, da ja durch dieselbe auch die Zinnkrystalle der
Oberfläche am Schwinden verhindert werden und eine höhere Spannung erhalten.
Das Petersburger Zinn stand in Haufen aufgesetzt, das Zinn sing an, Töne von sich zu
geben und zerfiel. Es hatten bei dieser Art der Aufstapelung die unteren Blöcke
nicht allein die Spannung in ihrem Inneren, sondern auch den Druck der auf ihnen
lastenden Blöcke auszuhalten und das Resultat wurde hierdurch noch beschleunigt.
Das Verhalten des Zinnes in Petersburg wurde also in erster Linie hervorgerufen durch
die Form und die Art der Fabrication und nicht durch die physikalischen
Eigenschaften der Materie.
Wer sich hiervon überzeugen will, der gieße sich eine Zinnstange von circa 1 Quadratzoll Querschnitt, lasse dieselbe einmal
durch ein Vorkaliber eines Rundeisen-Walzwerkes gehen, schneide dann sich ein
beliebiges Stück ab, setze dasselbe einer Kälte von – 40° Cels. und
darüber aus, und das Zinn wird nicht zerfallen. (Das
Ausland, 1870 S. 71.)
Californiens Goldausbeute.
In dem zu San Francisco erscheinenden Commercial Herald and
Market Review vom 14. Januar lesen wir: „Bor 22 Jahren wurden
zuerst größere Mengen Gold in Californien gefunden; seitdem ist ungefähr für eine Billion Dollars
aus unseren Minen hervorgegangen, oder durchschnittlich 45 Millionen im Jahre.
Im ersten Jahre sammelte man 10 Millionen, im zweiten 40, mit allmählichem
Steigen bis 1853, wo mit 65 Millionen der höchste Punkt erreicht ward. Seitdem
hat die Ausbeute wieder abgenommen, und mehr als im Vorjahre, nämlich 23
Millionen, ist bisher nie erzielt worden. (Oest. Oekonomist.)
Mittel zur Beseitigung von Silberflecken.
Flecke, welche von salpetersaurem Silberoxyd (Höllenstein) herrühren, sind heut zu Tage, wo dieses Salz
in der Technik so große Anwendung findet, nichts Seltenes. Allen gewöhnlichen
Mitteln widersteht das auf der Faser reducirte Silber,
und es kann nur durch einen chemischen Proceß aufgelöst werden, der aus dem Silber
eine lösliche Verbindung dieses Metalles darzustellen im Stande ist.
Im Folgenden sollen einige der Mittel aufgezählt werden, welche zur Entfernung von
Silberflecken dienen können.
Wenn man Jodkalium in Wasser auflöst und dieser Auflösung
so viel Jod zusetzt, als dieselbe aufzunehmen im Stande ist, so kann man durch
Verdünnen der Lösung und Ueberstreichen der Silberflecke mit derselben, das Silber
in Jodsilber umwandeln, welches von dem Jodkalium aufgelöst wird. Bringt man dann das Gewebe in
reines Wasser, so waschen sich die Silberflecke mit der Jodkalium-Lösung
vollkommen aus.
Ein anderes Mittel, welches aber nicht empfehlenswerth ist, weil eine Substanz dazu
gebraucht wird, die man zu den gefährlichsten Giften rechnet, ist die Behandlung der
Silberflecke mit einer Auflösung von Cyankalium. Es
genügt in der Thal, mit Silberflecken behafteten Zeug in eine Lösung von Cyankalium
einzutauchen, um die Silberflecke zu entfernen. Die Cyankalium-Lösung ist
indessen eines der energischsten Gifte, und wenige Tropfen reichen zur Tödtung eines
Menschen hin, besonders wenn sie durch eine wunde Stelle der Haut mit dem Blute
selbst in Berührung kommen. Es kann deßhalb die Anwendung desselben, obgleich sie
ganz bequem ist, nicht angerathen werden.
Ein drittes Mittel, welches aber ein wenig umständlich ist, besteht darin, daß man
die Flecke mit einer Auflösung von Kupferchlorid
bestreicht. Diese Auflösung kann man sich selbst sehr leicht darstellen, indem man
ein wenig Kupfer in Königswasser auflöst und die Lösung an einem warmen Ort so lange
stehen läßt, bis die Flüssigkeit vollkommen verdampft ist. Die zurückbleibende grüne
Masse wird sodann in Wasser aufgelöst und direct benutzt. Wenn man Silberflecke mit
Kupferchlorid bestreicht, so wird das Silber in Chlorsilber verwandelt, und dieses ist in verschiedenen Salzen löslich.
Die Flecke verschwinden schon bei der Behandlung mit Kupferchlorid, aber dieses
Verschwinden ist ein nur scheinbares, da das schwarze Silber in weißes Chlorsilber
übergegangen ist. Bei weißen Stoffen sieht man also die Flecke nicht mehr; man hüte
sich aber wohl, die Sache damit zu beendigen, weil das weiße Chlorsilber nach kurzer
Zeit dunkel wird und die Flecke nun noch mehr hervortreten; das gebildete
Chlorsilber muß vielmehr entfernt werden. Hierzu kann man sich einer concentrirten
Kochsalz-Lösung bedienen; besser indessen ist es, die Flecke in eine
Auflösung von unterschwefligsaurem Natron (Antichlor) einzulegen. Die Flecke verschwinden
vollständig.
Eine vierte Methode, welche vielleicht als die praktischste angesehen werden kann,
besteht darin, daß man die Flecke mit einer Auflösung von Zinkvitriol oder Chlorzink
wäscht, welche so concentrirt als möglich seyn muß. Ueber die schwärzesten Stellen
fährt man mit einem Stückchen Zink hin und her. Dasselbe Mittel kann auch zur
Entfernung von Tintenflecken benutzt werden. Wenn die
Farbe vollständig verschwunden ist, so wäscht man zuerst mit gewöhnlichem, hierauf
mit Seifen-Wasser. Die Flecke sind dann so
vollkommen verschwunden, daß man keine Spur mehr von ihnen sieht. (Mit Benutzung des
Moniteur scientifique in der Musterzeitung für
Färberei etc., 1870, Nr. 8.)
Ueber die Fabrication des schwefelsauren Kalis in
Scheibenform; von J. Mahony.
Dieses Salz wird bei der Verarbeitung des Kelps gewonnen,
entweder durch directes Auskrystallisirenlassen aus den Laugen, oder durch Lösen und
Umkrystallisiren des in einer gewissen Periode des Verdampfens aus jenen Laugen in
krystallinischkörnigen Massen sich ausscheidenden Schwefelsäuresalzes (granulate sulphate). Nachdem die Lösung eine
Concentration von etwa 42 bis 44° Twaddle (27° Baumé) zeigt,
wird sie in Kühlgefäße abgelassen und nach Verlauf von einem bis zwei Tagen ist die
Krystallbildung vor sich gegangen. Hierauf wird die Mutterlauge wieder mit Sulfat
(soft sulphate) gesättigt, so daß sich auf der
ersten Krystallschicht eine zweite bildet; und so fort, bis ein Kuchen von
genügender Dicke entstanden ist. Dieses Salz (das sogen. plate sulphate of potash) ist eigentlich ein Doppelsulfat von Kali und
Natron, worauf zuerst Dr. Penny aufmerksam machte; Mahony fand aber, daß
dasselbe in der Praxis nur 73 bis 75 Proc. an schwefelsaurem Kali enthält, anstatt
78,56 Proc., wie es der Fall seyn müßte, wenn in dem Salze 3 Aequiv. schwefelsaures
Kali mit 1 Aequiv. schwefelsaurem Natron verbunden wären. Die Kuchen oder Scheiben
(plates) schließen während ihrer Bildung geringe
Mengen von Mutterlauge ein, welche später krystallisiren; dadurch wird der Gehalt
der Kuchen an Chloriden und anderen fremdartigen Salzen erklärlich, durch welche der
Kaligehalt herabgedrückt wird. Die auf der Oberfläche der Scheiben aufgewachsenen,
gut ausgebildeten Krystalle sind fast rein. Ein solcher, welchen Mahony der Analyse unterwarf, gab 77,60 Procent
schwefelsaures Kali. Man sollte glauben, daß man durch Lösen und Umkrystallisiren
dieser Verbindung, da dieselbe offenbar ein Doppelsalz bildet, nur ein reineres
Doppelsulfat erhalten würde; dieß ist jedoch nicht der Fall, denn hierbei trennen
sich die beiden Salze der Doppelverbindung von einander und zwar in einer ihren
verschiedenen Löslichkeitsverhältnissen entsprechenden Reihenfolge. Mahony wies dieß nach, indem er fünf Pfund (engl.) von
gewöhnlichem Scheibensalz (schwefelsaurem Kali in Scheibenform) gröblich zerpochte
und in einer hinlänglichen Menge von siedendem Wasser löste. Er ließ den ungelöst
gebliebenen Rückstand sich absetzen und filtrirte durch ein Filter von Baumwollzeug.
Die ganze Lösung, welche ein specifisches Gewicht von 25° Twaddle (17°
Baumé) zeigte, wurde auf 38° Tw. (24° B.) eingedampft, bei
welcher Concentration sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit ein Krystallhäutchen
zeigte. Bei der Analyse gaben die zuerst ausgeschiedenen Krystalle:
schwefelsaures Kali
86,23
„
Natron.
13,83
–––––
100,06
Von Chlor war keine Spur aufzufinden. Das am Boden des Abdampfgefäßes ausgeschiedene
Salz gab:
schwefelsaures Kali
84,26
„
Natron.
15,66
–––––
99,96
Das die Oberfläche der eingedampften Lösung überziehende Krystallhäutchen gab 81,16
Procent schwefelsaures Kali. Nach der Entfernung des ersten Krystallanschusses wurde
die Mutterlauge wieder bis auf 38° Tw. eingedampft; der zweite, dem ersten im
äußeren Ansehen ganz gleiche Salzanschuß gab:
Krystalle
82,09 schwefelsaures Kali,
Bodensatz
77,65
„
„
Das Eindampfen und Umkrystallisiren wurde sechsmal wiederholt. Bei dem fünften
Salzanschusse fand Mahony eine Schicht von schwefelsaurem
Kali mit darauf sitzenden großen wohlausgebildeten Krystallen von schwefelsaurem
Natron; der sechste Anschuß bestand im Wesentlichen aus schwefelsaurem Natron. Die
Gesammtmenge des auf diese Weise gewonnenen Salzes betrug 4 Pfund 13 Unzen, mit
einem Gehalte von 3 Pfund 10,36 Unzen an reinem schwefelsaurem Kali; die Menge der
ungelöst gebliebenen Substanz und des Verlustes belief sich auf 3 Unzen. Zuletzt
blieb schwefelsaures Natron, als das leichter lösliche der beiden Salze, in der
Mutterlauge zurück. Hiernach kann das „Scheibensulfat“ nicht zu
den gewöhnlichen Doppelsalzen gerechnet werden, welche auch nach dem
Umkrystallisiren eine und dieselbe Zusammensetzung zeigen. (Chemical News, vol. XXI p. 151; April 1870).
Ueber Gewinnung von Schwefel aus Leuchtgas.
Bekanntlich rührt der in den Steinkohlen enthaltene Schwefel theils von den Pflanzen
her, denen sie ihren Ursprung verdanken, theils gehört er den Schwefelkiesen an,
welche beim Bildungsprocesse der Steinkohlen durch Reduction von schwefelsaurem
Eisenoxydul in denselben entstanden sind. Der erstere ist also primären, der zweite,
dessen Menge wohl größer als die des ersteren ist, secundären Ursprunges.
Im Leuchtgase findet sich der Schwefel der Hauptmasse nach als Schwefelammonium, dann
als Schwefelkohlenstoff, Schwefelcyanammonium und wohl noch in Form anderer
Verbindungen.
Zur Reinigung desselben bedient man sich gegenwärtig allgemein der Laming'schen Masse, welche nach der gewöhnlichen
Bereitung ein Gemenge von Eisenoxydhydrat, Kalk, Gyps und Sägespänen ist.
Bekanntlich wirkt eine frische Masse weit weniger auf das zu reinigende Gas als eine
Masse welche, indem man sie befeuchtet der Einwirkung der Luft längere Zeit
ausgesetzt hat, wieder belebt wurde. Hierbei wird das bei der Entschwefelung des
Gases gebildete Schwefeleisen (Fe² S³) unter Abscheidung des Schwefels
wieder in Eisenoxyd verwandelt, während dieses von dem in der Masse enthaltenen
Schwefelammonium unter Abscheidung von Ammoniak wieder geschwefelt wird u.s.f. Daß
die bereits mehrmal gebrauchte, also viel Schwefel enthaltende Laming'sche Masse kein Ammoniak abgibt wenn Leuchtgas, wohl aber wenn
atmosphärische Luft darüber geleitet wird, erklärt sich daraus, daß der feuchte
Schwefel auch das Schwefelammonium zurückhält, indem er damit höhere
Schwefelverbindungen bildet. Der Schwefelgehalt der Laming'schen Masse ist also ebenso wichtig, wie das Eisenoxydhydrat, indem
der erstere das Gas vom Ammoniak, das letztere es von dem Schwefel befreit, der sich
dann als solcher in der Masse findet. Theoretisch betrachtet, sollte dieselbe Masse
fort und fort gebraucht werden können, wenn sie abwechselnd der Einwirkung des rohen
Leuchtgases und dann wieder der Luft ausgesetzt wurde. Die Erfahrung zeigt aber, daß
dieselbe nur 30 bis 40mal gebraucht werden kann, weil durch die große Menge
Schwefel, ungefähr 50 Procent, welche sich dann darin gesammelt hat, die Einwirkung
der Luft auf das Schwefeleisen zu sehr gehindert wird. Schneider hat aber nun ein sinnreiches Mittel angegeben, die unwirksam
gewordene Masse beliebig oft wiederzubeleben, indem er ihr Eisenfeile (die Hälfte
ihres Gewichtes) zusetzt und dieselbe befeuchtet, unter öfterer Erneuerung der
Oberfläche, längere Zeit der Luft überläßt, wobei zuerst Schwefeleisen gebildet,
dieses aber dann wieder unter Abscheidung des Schwefels in Eisenoxyd umgewandelt
wird. Hierdurch verliert allerdings der Eisenvitriol in der Folge seine Bedeutung
für die Gasfabrication, es ist aber doch noch die Frage, ob bei sehr großen
Etablissements die Aufbringung der nöthigen Menge von Eisenfeile nicht kostspieliger
werden dürfte, als die erneuerte Anwendung von Eisenvitriol.
Wie dem auch sey, so kommt doch der in der Masse abgeschiedene Schwefel der Industrie
wieder zu Gute, indem er entweder a) mit Schwefelkohlenstoff ausgezogen werden kann, oder b) indem man die Masse im
Schwefelofen zu schwefliger Säure verbrennt, wobei man aus einer Tonne
derselben 1 1/4 Tonnen Schwefelsäurehydrat erhält.
Im Jahre 1861 wurden in London bereits nahe 2300 Tonnen dieser Masse auf
Schwefelsäure verarbeitet. Da gute Kohle im Durchschnitt 1 Proc. Schwefel enthält
und in London im Jahre 1861 zur Erzeugung von Leuchtgas 1,100,000 Tonnen Steinkohlen
verwendet wurden, welche Angabe wohl noch zu gering ist, so liefert diese Menge
Kohle mindestens 11,000 Tonnen Schwefel, von dem ein bedeutender Theil als
Schwefelsäure gewonnen werden kann.
Auf die letzte Welt-Ausstellung zu Paris hatten unter anderen die Compagnie Parisienne d'éclairage und die Gas-products utilising Company in London direct
aus der Laming'schen Masse gewonnenen Schwefel geliefert.
(Dr. Schrötter's Bericht
über die chemischen Producte im österreichischen officiellen
Ausstellungs-Bericht.)
E. Pelouze empfahl im vorigen Jahre, die Löslichkeit des
Schwefels in den Steinkohlentheerölen zur Extraction der Laming'schen Masse zu benutzen; man s. polytechn. Journal Bd. CXCIII S. 152 und 513.
Gewinnung von Ammoniakgas aus dem Gaswasser mit Hülfe eines
Luftstromes.
Nach einem Patente von Braby und Baggs wird zur Ammoniakgewinnung aus Gaswasser dasselbe mit caustischem
Kalk versetzt, in einem Kessel auf eine Temperatur zwischen 40–100° C.
erhitzt und sodann durch ein im Boden des Kessels mündendes Rohr atmosphärische Luft
hindurchgetrieben, welche sich durch einen siebförmigen Boden weiter vertheilt. Die
mit Ammoniak und wenig Wasserdampf beladene Luft entweicht aus dem oberen Theile des
Kessels in kalt gehaltene, mit Wasser, Salzsäure oder Schwefelsäure gefüllte
Vorlagen.
In Deptford, wo dieses Verfahren zur Ausführung kam, geht die mit Ammoniak beladene
Luft zunächst durch einen mit Kalkmilch beschickten Kalkreiniger, in welchem ein
Rührapparat die Kalkmilch in steter Bewegung hält, und sodann durch ein gekühltes
Schlangenrohr in die aus drei Gefäßen bestehende Vorlage. Zwei dieser Gefäße
enthalten zu 1/3 ihres Inhaltes kaltes Wasser, das letzte wird am besten mit einer
concentrirten Lösung von Eisenchlorid gefüllt, die unter Fällung von Eisenoxyd,
welches im ausgeglühten Zustand als Anstrichfarbe dient, in eine Lösung von Salmiak
verwandelt wird. (Aus Chemical News durch das Journal
für Gasbeleuchtung, Februar 1870).
Ueber Wasserglas-Farben; von C. Puscher.
In der Versammlung des Nürnberger Gewerbevereines vom 22. Februar d. J. bemerkte Hr.
Puscher über die
Wasserglasfarben aus der Fabrik von Baerle und Comp. in Worms, daß dieselben
auf rohen, jedoch trockenen Kalkputz, reines Holz, d.h. auf solches welches vorher
nicht mit Oel oder Leimfarben angestrichen war, auf reines rostfreies Eisen mittelst
Schwamm oder Pinsel aufgetragen werden können, gut decken und den Oelfarben
gegenüber wegen ihrer Geruchlosigkeit und ihres schnellen Trocknens manche Vortheile
bieten. Außerdem sind diese neuen Anstrichfarben ihrer Billigkeit wegen (das Pfund
kostet nur 8 Kreuzer) zu Anstrichen für Häuser, ordinäre Möbel, Fußböden, Lamperien,
Treppenhäuser, Korbwaaren, Papiere und Tapeten, Theaterdecorationen u.s.w. zu
empfehlen, und zwar um so mehr, als die damit bestrichenen Gegenstände dadurch das
Vermögen verlieren, mit Flammen zu verbrennen, weßhalb das Wasserglas schon lange
als Schutzmittel gegen Feuersgefahr empfohlen wird. Verwendung können neben dem
Wasserglas natürlich nur solche Mineralfarben finden, welche sich damit nicht
zersetzen, wie: Ultramarin, ächt Chromgrün, Nürnbergergrün, gelbe und rothe Erde,
Ocker, grüne Erde, braunrothe Eisenoxyde, Terra di Siena
etc. etc Hr. Puscher erwähnte
weiter, daß der Farbe beim Bestreichen von Papier, wenn dieselbe beim Trocknen nicht
brüchig werden soll, etwas Glycerin zugesetzt werden müsse.
Auch einige Theerfarben, z.B. Corallin, Ponceau und Vesuvin, hat Hr. Puscher mit Erfolg zum Färben des
Wasserglases benutzt. Wenn man einen Theil einer syrupdicken Wasserglaslösung mit
drei Theilen Wasser vermischt, und das Gemisch bis zum Kochen erhitzt, so löst
dasselbe sehr leicht das in geringer Menge zugefügte CorallinMan s. Puscher's
bezügliche Mittheilungen in diesem Bande des
polytechn. Journals S. 175 (zweites Aprilheft 1870). mit carminrother Farbe auf. Solche Lösungen eignen sich nicht nur zum Färben
der künstlichen Blumen, zu Papier- und Tapetenanstrichen, sondern geben auch,
auf hellfarbige, wenig Gerbsäure haltende Hölzer, wie Föhren, Fichten, Linden, Erlen
etc. aufgetragen, brillante billige rothe Farben, welche den Spielwaaren- und
Bleistiftfabrikanten, Korbmachern u.s.w. empfohlen werden können. (Gewerbezeitung,
1870, Nr. 9.)
Aetzdruck auf Anilinfarben.
Auf solchen Zeugen, welche mit Anilinfarben gefärbt sind,
kann man dadurch leicht weiße Zeichnungen hervorrufen, daß man die weiß
herzustellenden Stellen des Stoffes oder Garnes mit einer Masse bedruckt, welche Zinkpulver enthält. Dieses Pulver ist ganz fein
vertheiltes Zink mit etwas Zinkoxyd gemengt, welches in
den Zinkhütten als ein schwierig zu verwerthendes graues Pulver gewonnen wird.
Dasselbe hat in Folge seines hohen Gehaltes an ganz fein vertheiltem Zink eine große
reducirende Kraft und reducirt die Anilinfarben zu ungefärbten löslichen Producten.
Dasselbe Pulver ist auch zur Reduction des Indigotins der
Küpe vorgeschlagen worden und wird gewöhnlich Leuchs'
Präparat genannt, obgleich feststeht, daß nicht Leuchs, sondern der Chemiker Leonhardt der
Erste war, welcher diese Verwendung des Zinkstaubes vorschlug und dieselbe auch vor
langen Jahren in England patentiren ließ.
Das Zinkpulver wird zum Aetzdruck für Anilinfarben in einen Gummischleim eingerieben,
dessen Zusammensetzung die folgende ist.
Man nimmt
100 Gramme Zinkstaub
(der Zinkstaub wird auch häufig unter dem Namen Zinkgrau, Gris de zinc, in
den Handel gebracht)
und reibt denselben mit
50 Gram. Gummischleim von 20°
Baumé.
zu einer homogenen Masse zusammen. In diese werden noch
20 Gram. einer Lösung von unterschwefligsaurem Natron von 25° Baumé
eingerührt.
Den so erhaltenen Schleim druckt man direct auf, läßt trocknen und dämpft. Nach dem
Dämpfen thut man gut, mit schwach Salzsäure haltigem Wasser den Zinkschleim von der
Waare fortzunehmen. Die Stellen zeigen sich dann vollständig weiß geätzt.
(Musterzeitung für Färberei etc., 1870, Nr. 17.)
Ueber die Giftigkeit einiger Producte der Phenylreihe; von P.
Guyot in Nancy.
Aus meinen neuen Untersuchungen ergeben sich nachstehende Schlußfolgerungen:
1) Das Azulin wirkt giftig oder nicht, je nach dem zu
seiner Darstellung angewendeten Verfahren.
2) Wenn dieser Farbstoff überschüssiges Anilin enthält,
ist er giftig.
3) Ist das Azulin mit giftigem Corallin (man s. polytechn.
Journal Bd. CXCV S. 480) dargestellt worden,
so kann es Phenol enthalten, somit reizend auf die Oberhaut wirken.
4) Ist das Azulin mit Rosolsäure dargestellt, so kann es,
sofern es gehörig ausgewaschen ist, als unschädlich betrachtet werden, selbst wenn
die verwendete Rosolsäure giftig war.
5) Das Lydin (polytechn. Journal Bd. CXCV S. 154) übt, wenn es gereinigt, d.h.
von Ferrocyanverbindungen und Anilin vollkommen befreit ist, auf die Haut keine
schädliche Wirkung aus.
6) Zur Reinigung des Lydins dienen wiederholtes Auflösen in Alkohol und fractionirte
Fällungen dieser Lösungen mit Natron.
7) Das Azulin und das Lydin können in der Färberei und im Zeugdruck ohne Nachtheil
verwendet werden.
(Comptes rendus, t. LXX p. 877, April 1870.)
Extraction des Hyacinthenparfüms.
In der Versammlung der polytechnischen Gesellschaft zu Berlin vom 21. April d. J.
wurde bemerkt, daß man behufs der Gewinnung des Parfüms aus den Blüthen im südlichen
Frankreich bis jetzt nur bei wenigen sehr feinen Parfüms die Extraction durch
(rectificirten) Schwefelkohlenstoff anwende, z.B. bei dem Hyacinthenparfüm, welches
sich auf keine andere Weise ausziehen lasse.Man sehe: Barreswil, die Parfümerie im Jahre 1862,
im polytechn. Journal Bd. CLXXIII S.
385.
Bei vielen anderen Parfüms, z.B. dem Jasmin, ist das alte Verfahren noch
gebräuchlich. Es werden mehrere große Hürden von Filz, die mit feinem Olivenöl
getränkt sind, über einander gestellt und schattig überdacht. Auf dieselben weiden
alle Morgen die Jasminblüthen aufgeschüttet und das Oel, welches das Parfüm
aufnimmt, tröpfelt unten ab; die Concentration des Parfüms richtet sich nach der
Zeit, während welcher die Operation fortgesetzt wird. – Eigenthümlich ist es,
daß man bis jetzt aus der Reseda auf keine Weise das Parfüm gewinnen kann. (Nat.
Ztg.)
Schutz der Arbeiter in amerikanischen
Kohlen-Bergwerken.
Mit Rücksicht auf die in Europa wiederholt sich erneuernden furchtbaren Unglücksfälle
in den Kohlen-Bergwerken, denen entweder die europäische Technik oder die
europäische Sorgsamkeit nicht gewachsen erscheint, wird es von Interesse seyn, das
Gesetz kennen zu lernen, welches vor Kurzem von der Legislative der Vereinigten
Staaten von Nordamerika „zum Schutz der Arbeiter in
Kohlen-Bergwerken“ angenommen worden ist. Dasselbe bestimmt in
den Hauptpunkten Folgendes: „Eigenthümer der Kohlen-Bergwerke sind
verpflichtet, einen genauen Plan ihrer Bergwerke anfertigen zu lassen, der den
Bergwerks-Inspectoren des betreffenden Districtes einzureichen ist.
– Jedes Bergwerk muß wenigstens zwei von einander getrennte Schachte oder
Stollen haben, so daß im Falle der Noth ein Ausweg aus dem Bergwerk bleibt. Am
Ausgang oder Eingang jedes Bergwerkes haben die Eigenthümer ein Haus zu
errichten, in dem die Arbeiter sich waschen und anziehen können, bevor sie zur
Arbeit gehen oder wenn sie von derselben kommen. Die Ventilirung der Bergwerke
muß dergestalt seyn, daß auf je 50 Mann 55 Kubikfuß reiner Luft in der Secunde
kommen, oder 3300 Kubikfuß in der Minute. Alle Schachte, Stollen oder Gänge
müssen in der Welse ventilirt werden, daß keine gefährlichen Gase sich in Menge
ansammeln können. Die Aufsicht führenden Bergleute müssen darauf sehen, daß
hängendes Gestein so gestützt werde, daß für die Bergleute keine Gefahr
entsteht. Geeignete Signalapparate sind in der Sohle des Bergwerkes und am
Eingange anzubringen, so daß jederzeit Gefahr gemeldet werden kann. – Die
Bestimmungen sollen vier Monate nach Annahme des Gesetzes in Kraft treten.
Bergwerksbesitzer, die Knaben in ihren Bergwerken beschäftigen, welche noch
nicht 12 Jahre alt sind, verfallen einer Strafe von 500 Dollars; Maschinisten
die ihre Maschine verlassen, so lange sie zum Dienste verpflichtet sind und sich
noch Menschen oder Thiere im Bergwerke befinden, verwirken 500 Dollars und
Gefängnißstrafe von einem halben Jahre.“ (Oest. Oekonomist.)
Masse zum Tränken von Packleinwand zur Ueberdeckung von Wagen
etc.
Das Verfahren besteht darin, daß man die Leinwand mit einer Metallseife bedeckt,
welche durch die Vereinigung von Fettsäuren mit einem Metalloxyd erhalten ist. In
Folge seines billigen Preises ist das Eisenoxyd am vortheilhaftesten anzuwenden.
Man läßt in heißem Wasser 1 Kilogrm. Schmierseife zergehen
und löst in einem besonderen Gefäß Eisenvitriol in warmem
Wasser auf. Wenn man beide Flüssigkeiten zusammengießt, so bildet sich einerseits
schwefelsaures Kali, andererseits eine Eisenseife
(oleïnsaures, stearinsaures, margarinsaures Eisen), welches, da es unlöslich ist, zu Boden
fällt. Die so erhaltene Eisenseife wird ausgewaschen und getrocknet, und dann in 1
1/2 Kilogrm. Leinöl aufgelöst, in welchem man schon
vorher 100 Gramme Kautschuk sich hat lösen lassen.
Der Vortheil der so hergestellten undurchdringlichen Leinwand ist der, daß dieselbe
nicht bricht, wie sie es thut, wenn man sie mit Theer aufgestrichen hat. (Moniteur de la teinture; Musterzeitung für Färberei
etc., 1870, Nr. 18.)
Collodiumplatten für künstliche Gebisse.
Zur Anfertigung künstlicher Gebisse bedient man sich in Amerika seit kürzerer Zeit
statt der Kautschukplatten der Collodiumplatten. Zu diesem Zweck wird die aus
Schießbaumwolle bereitete Collodiumlösung in Schichten ausgegossen, die man, nachdem
sie durch Verdunstung erstarrt sind, als Platten abhebt und, mit wenig Aether
angefeuchtet, in einer Form zusammenpreßt, welche ihnen die Form des Gaumens gibt,
dessen vorderer Rand die Zähne trägt. Statt des Zinnobers, mittelst dessen der
Kautschuk röthlich gefärbt wird, bedient man sich, um die rothe Farbe des
Zahnfleisches nachzuahmen, eines unschädlichen vegetabilischen Farbstoffes.
Derartige künstliche Gebisse sollen leichter und dabei noch dauerhafter als die aus
Kautschuk seyn. (Verhandlungen und Mittheilungen des nieder-österreichischen
Gewerbevereines, 1870 S. 13.)
Trüffelbau in Frankreich.
Der Trüffelbau nimmt in Frankreich von Jahr zu Jahr größere Verhältnisse an. Die
Ernte vorigen Winters – denn die Trüffel wird im Winter reif – betrug
drei Millionen Pfund. Das Pfund wird dem Producenten mit ungefähr 4 fl. 40 kr.
bezahlt; ehe es jedoch an den Consumenten gelangt, steigert sich der Preis bis zu 17
fl., nach Qualität, Angebot und Nachfrage sich regulirend. Die Production vertheilt
sich auf das mittlere und südliche Frankreich. Einige Departements liefern bis zu
200,000 Pfund. Das der niederen Alpen liefert 150,000 Pfund. Vor einigen Jahren
legte ein intelligenter Händler, Ravel, regelmäßige
Culturen an, die sich glänzend bewährten. Eichenpflanzungen werden angelegt und in
den gelockerten Boden junge unreife Knollen gebracht und wieder bedeckt. Unter
Eichbäumen von 8–10 Jahren findet man gewöhnlich die besten. Auch unter
Wachholdersträuchen sind sie von besonders pikantem Aroma. Das feine Aroma
entscheidet hauptsächlich deren Güte. Die Trüffeln unter 2 1/2 Loth taugen wenig;
von diesem Gewicht an sind sie gut. Man findet sie bis zum Gewicht von 2 Pfund. Die
besten kommen aus Perigord, Lot etc. Sie ertragen 5 bis 6° C. Kälte und
werden nach dem ersten Frost ausgegraben; Hunde und Schweine, die sie gern fressen,
zeigen die Stelle an, wo reife Trüffeln, die sich durch ihr Aroma verrathen, liegen.
An der Luft verlieren sie nach einiger Zeit den feinen Geruch. Die Ausfuhr betrug im
Jahr 1865 104-, 1866 120-, 1867 140,000 Pfund nach Rußland, England
und Amerika. Hr. Rousseau in
Carpentras, welcher 1832 nur 18,000 Pfund umsetzte, machte 1866 ein Geschäft von
109,900 Pfund. (Württembergischer Staats-Anzeiger.)