Titel: | Das Feinen des Goldes mittelst Chlorgas; von F. B. Miller, Probirer an der königl. Münze zu Sydney. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. XV., S. 43 |
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XV.
Das Feinen des Goldes mittelst Chlorgas; von F.
B. Miller, Probirer an der königl. Münze zu
Sydney.
Vorgetragen in der Royal Society of Victoria. – Aus Chemical News, vol. XXI p. 229; Mai 1870.
Miller, über das Feinen des Goldes mittelst Chlorgas.
Es ist bisher kein Beispiel bekannt, daß Gold in vollkommen reinem Zustande gefunden
wurde. Alles in der Natur in gediegenem Zustande vorkommende Gold enthält mehr oder
weniger Silber und in fast allem durch Verschmelzen des australischen Alluvialgoldes gewonnenen Barrengolds ist der nicht aus Gold
bestehende Antheil hauptsächlich Silber, mit einer nur sehr geringen Menge anderer
Metalle, gewöhnlich Kupfer und Eisen, zuweilen auch etwas Blei oder Antimon, oder
auch Spuren von Zinn, Iridium etc. Dieß gilt indessen, wenn es auch im Allgemeinen
der Fall ist, nicht immer für das auf Quarzgängen vorkommende und durch Amalgamation
gewonnene Gold, indem das bei diesem Processe verwendete Quecksilber mit dem Golde
zuweilen auch andere Metalle aufnimmt und reducirt, welche dann beim Verschmelzen
hervortreten. Die nachstehende Tabelle wird eine Vorstellung von dem Gehalte des aus
verschiedenen Districten von Neusüdwales stammenden Goldes an anderen Metallen (nach
dem Verschmelzen) geben. Es erhellt aus dieser Uebersicht, daß das silberhaltigste
Gold das von Boonoo Boonoo im Norden ist, indem dasselbe 34 Procent Silber enthält.
Dasselbe nähert sich in seiner Zusammensetzung dem in dem productiven
Themse-Districte auf Neufeeland sich findenden Golde, wohingegen das Gold von
Nerigundah (im Süden) nur 1,5 Proc. Silber enthält, während die übrigen 98,5 Proc.
aus Gold mit einer Spur von Kupfer bestehen.
Gold- und Silbergehalt
charakteristischer Goldstaub-Proben von verschiedenen Fundorten in
Neusüdwales, nach dem Verschmelzen bestimmt.
Fundort
Goldssehalt in1000 Theilen
Silbergehalt in1000
Theilen
Im Norden
Boonoo BoonooFairfieldTimbarraPeel
RiverRocky RiverNundle
654 bis
695
872 708 bis
989
929 934 bis
962 923 bis 937
337 bis
298 121 280
bis
97 67 61
bis
33 66
bis 63
Fundort
Goldgehalt in1000 Theilen
Silbergehalt in1000
Theilen
Im Westen
BathurstSofalaTuenaOphirTambarooraTuronHargravesWindeyer
827 bis
903 929 bis
933
943
915 943 bis
954 918 bis
928
915 946 bis 959
164 bis
92 66
bis
63 54 82 54
bis
42 78
bis
68 83 53
bis 37
Im Süden
BurrangongAdelongBraidwoodEmu
CreekDelegateNerigundah
948 946 bis
951 928 bis
934
971
971 983
48 52
bis
45 67
bis
62 27 27 15
Es drängt sich hier eine interessante, bisher noch unbeantwortet gebliebene Frage
auf: steht dieser silberführende Charakter des Goldes irgendwie im Zusammenhange mit
der geologischen Beschaffenheit des betreffenden Districtes? Es ist eine Thatsache
und sicherlich eine sehr merkwürdige, daß der Feingehalt des Goldes sich verringert,
mit anderen Worten, daß das Gold mehr Silber und weniger Gold enthält, je weiter
nach Norden wir gehen.
So beträgt der durchschnittliche Feingehalt des Goldes von Victoria ungefähr 23
Karat, d.h. es enthält etwa 96 Proc. Gold und 3 1/2 Proc. Silber, nebst 1/2 Proc.
unedler Metalle; gehen wir dagegen nach Norden zu, so finden wir, daß die
durchschnittliche Feinheit des Neusüdwaleser Goldes nur = 22 Karat 1 7/8 Grains ist,
daß also dasselbe 93 1/2 Proc. Gold und 6 Proc. Silber enthält. Noch weiter
nördlich, in der Colonie Queensland, beträgt der durchschnittliche Feingehalt des
dort vorkommenden Goldes wenig über 21 Karat (beträchtlich unter dem gesetzlichen
Feingehalte), d.h. es enthält 87 1/4 Proc. Gold und 12 Proc. Silber. Das Gold von
Maryborough enthält 14 Procent Silber und nur 85 Procent Gold.
Dieß sind nur Durchschnittsangaben. Es ist nicht anzunehmen, daß mit jedem
Breitegrade welchen wir weiter nördlich gehen, eine regelmäßig fortschreitende
Abnahme des Feingehaltes stattfinde. Es gibt auch im Norden unserer Colonie Fundorte
wo Gold von großer Reinheit vorkommt, wie am Rocky River, wo das Gold über 23 Karat
fein ist, d.h. 96 Proc. enthält. Vielleicht sind in Zukunft unsere Geologen im
Stande, über diese Thatsachen uns Aufschluß zu geben und dann werden die
Ausnahmefälle zur Erklärung der offenbar allgemeinen Regel sogar beitragen
können.
Der Punkt jedoch, welcher hinsichtlich des uns in dieser Abhandlung beschäftigenden
Gegenstandes das größte Interesse darbietet, ist die Thatsache, daß die vom
Goldbergmanne gewonnene Legirung verhältnißmäßig desto mehr Silber enthält, je
goldärmer sie ist.
Den veröffentlichten officiellen Berichten zufolge sind an die Münze zu Sydney von
der Zeit ihrer Gründung im Mai 1855 an bis zum 31. December 1868 im Ganzen 6,820,198
Unzen Gold zum Verprägen eingeliefert worden.
Der durchschnittliche Gehalt dieses Rohgoldes war ungefähr 943, d.h. es enthielt 94
1/3 Proc. Gold, 5 Proc. Silber und 2/3 Proc. Unedelmetalle.
Rechnen wir den unvermeidlichen Verlust beim Verschmelzen des Goldsandes zu 2
Procent, so bleiben nach dem Schmelzen 6,683,795 Unzen Barrengold, und da der
Silbergehalt 5 Proc. betrug, so ergeben sich für die Totalmenge dieses Metalles
334,190 Unzen, was für jedes Jahr des Münzbetriebes 24,750 Unzen Silber
ausmacht.
Der mittlere Silbergehalt des nach Sydney kommenden Goldes ist gegenwärtig bedeutend
größer als der oben angegebene, da jetzt sehr viel silberreiches Gold gefunden wird,
namentlich in der benachbarten Colonie Queensland; im Jahre 1868 betrug diese
Silbermenge 36,000 Unzen (9150 Pfd. Sterl.).
Die größte Menge des in dem Golde enthaltenen Silbers ging für die Colonie bisher
verloren, weil in Sydney die zu seiner Extracten nach den jetzt üblichen
Feinungsmethoden erforderlichen Chemikalien etc. so große Ausgaben veranlaßten, daß
sie nur einen geringen, wenn irgend einen Gewinn beim Affiniren übrig ließen. Es
erschien daher sehr wünschenswerth, ein in Australien leicht und billig ausführbares
Verfahren zum Feinen des Goldes zu ermitteln, welches die Anwendung kostspieliger
Apparate und Chemikalien entbehrlich macht.
Vor zwölf Monaten veröffentlichte ich eine neue Methode zum Feinen und
Geschmeidigmachen von Gold mittelst Chlorgas.Polytechn. Journal Bd. CLXXXVIII S. 251 und Bd. CXCIII S. 171. Da seitdem dieses Affinirverfahren mit günstigem Erfolge in großem Maaßstabe
zur Anwendung gebracht worden ist, sowohl hier in Sydney, als auch in Neuseeland,
und da aller Wahrscheinlichkeit nach dasselbe binnen kurzer Zeit allgemeinere
Verbreitung finden wird, so theile ich im Nachstehenden eine detaillirte
Beschreibung dieser Methode mit, nebst Angabe von bei ihrer Anwendung erzielten
Resultaten.
Die gewöhnliche Methode zur Abscheidung des Silbers aus seinen Legirungen mit Gold
ist bekanntlich ein complicirter und kostspieliger Proceß. Derselbe besteht im
Zusammenschmelzen des Goldes mit seiner mindestens 2 1/2 fachen Gewichtsmenge Silber
und darauf folgender Abscheidung dieser absichtlich zugesetzten und gleichzeitig der
ursprünglich vorhandenen kleinen Silbermenge durch Behandlung mit Säure, wobei Gold
von 990 bis 993 Feingehalt zurückbleibt. Die diesem Verfahren zu Grunde liegende
Theorie ist folgende: wird die Legirung in ihrem ursprünglichen Zustande mit Säure
behandelt, so schützt der große Ueberschuß an Gold das Silber vor der Einwirkung der
Säure vollständig; wird aber das Gold mit viel Silber zusammengeschmolzen, so daß
dieses in der Legirung das Gold seiner Menge nach überwiegt, dann wirkt die Säure
nicht allein auf das zugesetzte, sondern auch auf das ursprünglich im Golde
vorhandene Silber ein und bringt es in Lösung. Zur Erreichung dieses Zweckes sind
complicirte und sehr kostspielige Apparate, sowie große Quantitäten von theuren
Säuren erforderlich und die Ausführung der Operation beansprucht mehrere Tage. Es
ist daher einleuchtend, daß wenn dieses complicirte Verfahren vermieden und das
Silber auf einfache Weise vollständig in einer einzigen Operation vom Golde, während
dessen Einschmelzens, getrennt werden kann, eine große Ersparniß an Zeit, Material,
Apparaten und somit an Zinsen erzielt werden muß.
Dieß wird mit meinem neuen Verfahren erreicht.
Bekanntlich verbindet sich das Chlorgas mit fast allen Metallen leicht und in manchen
Fällen ist die Wirkung so heftig, daß sie mit einer lebhaften Verbrennung verbunden
ist. Manche Metalle, wie Blei, Zinn, Zink, Antimon, vereinigen sich, wenn sie in
Chlorgas eingeführt werden, schon bei gewöhnlicher Temperatur mit dem Gase zu sehr
flüchtigen Chloriden. Zink und Antimon geben in fein zertheiltem Zustande in einer
Atmosphäre von Chlorgas sogar eine Flamme.
Auch bei Kupfer findet unter ähnlichen Umständen eine spontane Verbrennung statt;
doch ist die entstandene Chlorverbindung nur wenig flüchtig.
Silber, bei gewöhnlicher Temperatur in Chlorgas gebracht, verbindet sich mit
demselben langsam zu Chlorsilber; leitet man aber Chlorgas über das rothglühende
Metall, so ist die Wirkung viel energischer, indem die gebildete Verbindung
flüchtiger ist als das Chlorkupfer, jedoch viel weniger flüchtig als die
Verbindungen des Chlors mit dem Blei, Zinn, Zink und Antimon.
Die nun zu beschreibende neue Feinungsmethode ist auf diese Thatsachen gegründet.
Dieselbe besteht einfach im Hindurchleiten eines Stromes von Chlorgas durch das Gold, während sich dieses in geschmolzenem Zustande befindet.
Dieß läßt sich leicht ausführen, indem man in das geschmolzene Metall eine enge
Thonröhre einführt, welche mit einem Chlorentwickelungsapparate verbunden ist.
Sobald das Chlor mit dem in der geschmolzenen Legirung enthaltenen Silber in
Berührung kommt, verbindet es sich mit demselben zu Chlorsilber, welches in Folge
seines geringeren specifischen Gewichtes an die Oberfläche des flüssigen Goldes
tritt, während letzteres in gereinigtem Zustande unter der Chlorsilberdecke
zurückbleibt.
Chlorsilber ist immer als ein etwas flüchtiger Körper betrachtet worden, und man
vermuthete natürlich daß es unter den hier bestehenden Umständen sich entweder im
Fuchse des Ofens sublimiren oder gänzlich in den Schornstein entweichen würde. In
der Praxis aber fand sich, daß die Flüchtigkeit des Chlorsilbers nicht so groß ist,
als man hätte voraussetzen können und daß es, wenn es mit einer Schicht von
geschmolzenem Borax bedeckt ist, bei hoher Temperatur in geschmolzenem Zustande
erhalten werden kann, ohne einen wesentlichen Verlust zu erleiden.
Der zu der Operation erforderliche Ofen ist der gewöhnliche Goldschmelzofen von 12
Zoll im Quadrat. Die bei seiner Construction zu beachtenden Hauptpunkte sind: 1) daß
der Fuchs der Mündung möglichst nahe liegt, damit der Tiegel hoch im Ofen stehen
kann, ohne durch den Zug abgekühlt zu werden; 2) daß der Ofenschacht nicht zu tief
ist, damit, wenn der Tiegel im Feuer steht, sein Boden nicht mehr als drei Zoll über
dem Roste liegt.
Der Deckel des Ofens besteht aus zwei Platten von feuerfestem Thon, 7 1/2 Zoll breit
und 15 Zoll lang, von denen die eine mit einem Schlitze oder Loch versehen ist,
durch welches die thönernen Chlorzuleitungsröhren hindurchgehen. Ein eiserner Deckel
würde bald so heiß werden, daß der Probirer dadurch in hohem Grade belästigt
wäre.
Die zum Feinen dienenden Tiegel sind weiße französische Tiegel (creusets de Paris von De
Nuelle, früher Payen in Paris); gewöhnliche
Graphittiegel sind dazu wegen ihrer reducirenden Wirkung auf die gebildeten
Verbindungen nicht zu empfehlen. Um das Eindringen des sehr flüssigen Chlorsilbers
in die Poren der Thontiegel (wodurch Verluste herbeigeführt würden) zu verhindern,
unterwirft man dieselben vor dem Gebrauche einer besonderen Behandlung, indem man
sie mit einer kochend heißen gesättigten Lösung von Borax in Wasser füllt, sie mit
derselben zehn Minuten lang stehen läßt und dann wieder ausleert, worauf man sie zum
Trocknen hinstellt; der Borax bildet dann eine Glasur auf der inneren Seite der Tiegel, sobald dieselben
im Ofen heiß werden.
Bei der Operation selbst werden diese französischen Thontiegel in Graphittiegel
gestellt – eine Vorsichtsmaßregel gegen Verlust, wenn sie zerbersten sollten,
was übrigens nur selten vorkommt. Man bedeckt sie mit lose passenden Deckeln, die
mit den zum Durchgange der Chlorgasröhren dienenden Löchern versehen sind. Die
Stiele von gewöhnlichen thönernen Tabakpfeifen, von 17 bis 22 Zoll Länge, haben sich
zum Einleiten des Chlorgases in das geschmolzene Gold als zweckmäßig erwiesen.
Neulich ließ ich in London ein 22 Zoll langes und 1/2 Zoll im Durchmesser haltendes
Thonrohr von 3/16 Zoll lichter Weite anfertigen, welches allen Anforderungen
entsprach. Als Chlorentwickelungs-Gefäße benutze ich aus glasirtem Steinzeug
von der besten Qualität bestehende, mit zwei Tubulaturen versehene Flaschen von 10
bis 15 Gallons Inhalt. Der eine Tubulus wird mit einem guten Korke oder einem
Stopfen von vulcanisirtem Kautschuk versehen, durch welchen zwei Glasröhren
hindurchgehen, nämlich ein einige Zoll langes Ableitungsrohr und ein acht bis zehn
Fuß langes (nöthigenfalls aus mehreren, durch Kautschuk mit einander verbundenen
Stücken zusammengesetztes) Sicherheitsrohr. Die andere, zum Eintragen der
Beschickung dienende Oeffnung der Entbindungsflasche wird mit einem Bleipfropfen
verschlossen und mit Kautschuk überbunden.
In jeden Entwickelungsapparat wird zunächst eine Schicht von kleinen Quarzgeschieben
gebracht und zwar so, daß das untere Ende des Sicherheitsrohres bis beinahe zum
Grunde derselben hinabreicht. Diese Quarzschicht bedeckt man mit 70 bis 100 Pfd.
Braunstein, in Körnern von ungefähr 1/4 Kubikzoll, von denen aller Staub abgesiebt
ist; dieses Quantum ist zur Ausführung einer größeren Anzahl von Meinungen
hinreichend und macht ein öfteres Auseinandernehmen des Apparates entbehrlich.
Jeder Chlorentwickelungsapparat wird, nachdem er beschickt worden, bis zu seiner
halben Höhe in ein Wasserbad von verzinktem Eisen gesetzt.
Soll nun Chlorgas entwickelt werden, so gießt man durch das Sicherheitsrohr
gewöhnliche Salzsäure von 1,15 specifischem Gewichte ein und erwärmt den Apparat mit
Hülfe der unter dem Wasserbade angebrachten Gasbrenner oder auf sonst passende
Weise. Das Gas wird aus dem Entwickler mittelst eines Bleirohres abgeleitet, welches
mit Zweigröhren versehen ist, die zu den verschiedenen Oefen führen. Sämmtliche
Röhrenverbindungen werden durch vulcanisirten Kautschuk vermittelt, welcher, wenn er
vor der directen Strahlung des Feuers geschützt ist, die Hitze selbst unmittelbar
über den Oefen gut erträgt. Alle Verbindungen der Bleiröhren mit den Kautschukröhren
müssen mit einem aus einer dünnen Lösung von Kautschuk in Chloroform bestehenden
Lutum vollkommen gasdicht gemacht werden.
Der Gasstrom wird mit Hülfe von Schraubenquetschhahnen regulirt, mit denen die
Kautschukröhren versehen sind, und kann auf diese Weise nach Vollendung des Feinens
leicht abgesperrt werden. Da alsdann das Chlor nicht entweichen kann, so häuft es
sich im Entwickelungsgefäße an und preßt alle Säure durch das Sicherheitsrohr in ein
besonderes, über letzterem angebrachtes Gefäß, worauf die Gasentwickelung
aufhört.
Diese Entwickelungsapparate sind sehr zweckmäßig und leicht zu handhaben. Mit zwei
solchen Generatoren und drei gewöhnlichen Goldschmelzöfen kann man nach meiner
Erfahrung täglich zweitausend Unzen Gold mit einem Silbergehalte von ungefähr 10
Procent feinen.
In dieser Weise sind bereits über 200,000 Unzen Gold gefeint worden.
Das Verfahren welches sich in der Praxis als das vortheilhafteste bewährt hat, ist
das nachstehende.
Nachdem die mit Borax gehörig präparirten Schmelztiegel, z.B. 17 oder 18 Stück in dem
kalten Ofen aufgestellt und vorsichtig und allmählich zu dunkler Rothgluth erhitzt
worden sind, werden sie mit dem Golde beschickt, indem in jeden Tiegel 600 bis 700
Unzen kommen. Dann wird das Feuer verstärkt, bis das Gold in Fluß gekommen ist,
während inzwischen die Chlorentwickelung mittelst Eingießens einer geringen Menge
Salzsäure durch das Sicherheitsrohr in die Entbindungsflaschen begonnen worden
ist.
Das zu feinende Gold wird in besonders gestaltete Formen gegossen, damit es besser in
die Tiegel hineinpaßt; zwei Zoll von einem Ende convergiren die Seiten und der Boden
der eisernen Zainformen, so daß sie Pantoffelförmige Barren geben, von denen je
zwei, mit dem Boden aneinander liegend, gut in den Tiegel passen.
Sobald das Gold geschmolzen ist, werden zwei bis drei Unzen Borax in schmelzflüssigem
Zustande auf seine Oberfläche gegossen. Wird der Borax früher zugesetzt, so wirkt er
zu stark auf den unteren Theil des Tiegels, und wird er in kaltem Zustande
eingeführt, so kann dadurch das Gold abgeschreckt werden. Hierauf wird das thönerne
Rohr, welches das Chlorgas auf den Boden des geschmolzenen Goldes zu leiten hat, in
letzteres eingeführt. (Man muß das untere Ende dieses Rohres ungefähr zehn Minuten
vor seiner Einführung in das flüssige Metall vorsichtig erhitzen, weil es sonst springen könnte). In
diesem Augenblicke wird der Schraubenquetschhahn etwas gelüftet, so daß eine geringe
Menge Chlorgas durch ihn streichen kann, welches verhindert daß etwas Metall im
Rohre aufsteigt und sich dort festsetzt; hierauf wird das Rohr allmählich bis zum
Boden des Tiegels eingesenkt und durch Belastung mit kleinen Gewichten, welche an
seinem oberen Ende befestigt werden, in dieser Stellung erhalten. Dann wird der
Quetschhahn vollständig geöffnet und das Gas steigt mit deutlich hörbarem Geräusch
durch das flüssige Metall in die Höhe, ohne daß dieses spritzt oder Tröpfchen von
ihm aus dem Tiegel geschleudert werden.
Von Zeit zu Zeit muß man, um eine rasche Chlorentwickelung zu unterhalten, eine
hinlängliche Menge Salzsäure nachgießen. Als allgemeine Regel kann man annehmen, daß
auf je 10 Unzen Silber in der zu behandelnden Legirung 1 Imperial-Quart Säure
von 1,15 spec. Gewicht zu rechnen ist.
Die Flüssigkeitssäule in dem Sicherheitsrohr, welche gewissermaßen als Manometer
wirkt, bietet ein bequemes Mittel zur Erkennung des Druckes im Entwickelungsgefäße
und zur Beurtheilung des Ganges der Gasentbindung; wenn diese Flüssigkeitssäule
sinkt, so ist dieß ein Zeichen daß irgend eine Störung eingetreten ist, z.B. das
Gaszuleitungsrohr oder der Tiegel einen Riß erhalten hat. 16 bis 18 Zoll
Flüssigkeitssäule im Sicherheitsrohre halten 1 Zoll Gold im Feinungstiegel das
Gleichgewicht. Beim ersten Einleiten des Chlors in das flüssige Gold sieht man aus
den Löchern im Tiegeldeckel einen Rauch aufsteigen, welcher jedoch nicht von
Chlorsilber herrührt, sondern aus den flüchtigen Chloriden mehrerer Unedelmetalle
besteht; diese Dämpfe sind besonders dicht, wenn die Legirung viel Blei enthält und
bilden dann in Berührung mit kälteren Gegenständen einen weißen Beschlag. Nach
einer, den Verunreinigungen des Goldes entsprechenden längeren oder kürzeren Zeit
hört dieser Rauch auf. So lange noch eine bestimmbare Menge Silber in dem
geschmolzenen Golde enthalten ist, wird alles oder doch fast alles entwickelte Chlor
absorbirt, so daß nur wenig oder gar kein Gas entweicht und verloren geht, und man
findet daß, je besser die Speisung mit Chlor bewerkstelligt wird, desto rascher die
Operation verläuft. Beim Geschmeidigmachen des Goldes mit Aetzsublimat wird dasselbe
durch seine ganze Masse hindurch gefeint, obgleich diese Substanz nur auf die
Oberfläche des flüssigen Metalles geworfen wird; bei der Anwendung von Chlor zum
Feinen scheint es aber wesentlich zu seyn, daß das Gas bis dicht an den Boden des
Tiegels hinabgeleitet wird, wenn eine vollständige Affinirung erzielt werden
soll.
Sobald die Operation nahezu vorüber ist, erscheinen Dämpfe von einer dunkleren Farbe
als die anfänglich beobachteten, und die Vollendung des Feinungsprocesses wird durch
eine eigenthümliche Flamme oder einen leuchtenden Dampf von bräunlichgelber Farbe
(der von nun entweichendem freien Chlor herrührt) angezeigt, welchen man deutlich
sehen kann, wenn man einen kleinen Stöpsel wegnimmt, welcher ein im Tiegeldeckel
angebrachtes Schauloch verschließt. Dieser leuchtende Dampf ist aber für sich allein
noch kein hinlängliches Erkennungszeichen. Der Proceß ist nicht eher vollständig vor
sich gegangen, als wenn diese Flamme einem Stück von einer weißen thönernen
Tabakpfeife (oder einem ähnlichen Gegenstande), wenn dasselbe einen Augenblick
hineingehalten wird, eine eigenthümliche röthlich- oder bräunlichgelbe
Färbung ertheilt; so lange die Flamme irgend eine andere Färbung veranlaßt, ist das
Gold noch nicht vollständig gefeint.
Wenn diese Erscheinungen eintreten (bei Gold mit ungefähr 10 Procent Silber, vom
Beginne des Chlor-Einleitens an gerechnet, gewöhnlich nach anderthalb
Stunden), so wird das Gas abgesperrt, die Tiegel werden aus dem Ofen entfernt, jeder
Thontiegel wird aus dem Graphittiegel genommen und mit seinem Inhalte eine halbe
Viertelstunde stehen gelassen, bis das Gold erstarrt. Dann wird das Chlorsilber,
welches viel länger flüssig bleibt, in eiserne Formen gegossen und hernach der
Tiegel auf einem eisernen Tische umgestürzt, wobei das noch rothglühende Gold als
kegelförmiger Regulus herausfällt. Dieser wird oberflächlich gereinigt und dann noch
heiß in eine concentrirte Kochsalzlösung gebracht, um alles noch anhängende
Chlorsilber zu entfernen.
Eine ursprünglich 89 Proc. Gold, 10 Proc. Silber und 1 Proc. Unedelmetalle
enthaltende Legirung gibt durchschnittlich einen Chlorsilberkuchen, welcher, mit
Einschluß einer geringen Menge von anhaftendem Borax, auf, je 100 Unzen in Arbeit
genommenen Metalles 16 Unzen wiegt.
Die Formen, in welche das Chlorsilber gegossen wird, müssen sehr sorgfältig
ausgetrocknet und vorgewärmt werden, weil dasselbe bei Gegenwart der geringsten
Menge von Feuchtigkeit beim Eingießen heftig umhergeschleudert wird, wodurch die
gefährlichsten Verletzungen der Umstehenden veranlaßt werden können. Bei einiger
Vorsicht wird dieß niemals eintreten; ich mache aber auf diesen Punkt aufmerksam,
weil sich in den eisernen Formen leicht ein sehr zerfließliches Salz, Eisenchlorür
bilden kann.
Das Gold ist nun rein und braucht nur noch umgeschmolzen und zu Zainen oder Barren
vergossen zu werden.
Wie bereits angegeben wurde, lassen sich alle diese Operationen leicht ausführen und
in drei gewöhnlichen Schmelzöfen können täglich zwischen 9 Uhr Vormittags und 2 Uhr
Nachmittags circa 2000 Unzen Gold gefeint werden, worauf
98 Procent des in der verarbeiteten Legirung ursprünglich vorhandenen Goldes zur
Ablieferung bereit sind. Die übrigen 2 Proc. bleiben im Chlorsilber zurück, zum
Theil im metallischen Zustande und zum Theil mit Chlor (wahrscheinlich auch mit
Silber) verbunden.
Um das Chlorsilber von dem beigemischten Chlorgold zu befreien (wobei gleichzeitig
das in metallischem Zustande beigemengte Gold abgeschieden wird), schmilzt man es in
einem vorher auf die angegebene Weise mit Borax ausglasirten Thontiegel mit 8 bis 10
Proc. metallischem Silber zusammen, welches zu ungefähr 1/8 Zoll Dicke ausgewalzt
ist. Hierbei wird das Chlorgold auf Kosten des metallischen Silbers reducirt; es
entsteht Chlorsilber, während das frei gewordene Gold im Tiegel zu Boden sinkt und
zu einem Regulus zusammenschmilzt. Sobald die ganze Beschickung vollständig in Fluß
gerathen ist, nimmt man den Tiegel aus dem Ofen und läßt ihn zehn Minuten stehen;
darauf gießt man das noch flüssige Chlorsilber in große eiserne Formen, um Scheiben
von einer für die nächste Operation, d.h. die Reduction zu metallischem Silber,
geeigneten Dicke zu erhalten.
Nach dem Schmelzen der Chloride haftet eine geringe Menge einer schwammigen Substanz
an den Tiegelwandungen, welche wahrscheinlich aus Silberchlorür besteht; da sie aber
stets etwas Gold enthält, so muß man sich beim Ausgießen des flüssigen Chlorsilbers
in Acht nehmen, daß von diesem goldhaltigen Schwamm nichts in dasselbe
hineinfällt.
Durch das Umschmelzen des Chlorsilbers mit metallischem Silber wird nicht jede Spur
von Gold entfernt; bei gehöriger Sorgfalt bleiben aber im erhaltenen Silber nicht
mehr als 3 Theile Gold in 10,000 (2 Grains Gold in jedem Troypfund Silber) zurück,
eine zu kleine Quantität als daß sie hierzulande eine weitere Extraction lohnen
würde.
Das scheibenförmige Chlorsilber läßt sich nach dem gewöhnlichen Verfahren mittelst
Eisen – oder Zinkblech ohne Schwierigkeit reduciren; mein College Dr. Leibius hat jedoch für
diesen Zweck einen ganz vortrefflichen Apparat erfunden.
Außer der Abscheidung und Wiedergewinnung des Silbers wird mit dem neuen Verfahren
noch ein anderer nützlicher Zweck erreicht.
Ein sehr bedeutender Theil des australischen Goldes (besonders das durch Amalgamation
aus unseren Quarzgängen gewonnen) ist mehr oder weniger spröde; in Folge dieser
Eigenschaft, welche in der Regel von einem geringen Blei- oder Antimongehalte herrührt,
ist das Gold zum Vermünzen und zur sonstigen Verarbeitung ganz untauglich, wenn es
nicht vorher durch ein geeignetes Verfahren geschmeidig gemacht wird.
Die zu diesem Zwecke gewöhnlich angewendeten Methoden bestehen im Schmelzen des
betreffenden Goldes mit Salpeter und Borax, oder mit Kupferoxyd, oder in der
Behandlung des in Fluß befindlichen Goldes mit Quecksilberchlorid (Aetzsublimat).
Die beiden ersteren Methoden haben den Uebelstand, daß bei ihrer Anwendung die
Schmelzgefäße stark angegriffen werden, die dritte ist wegen der dabei
stattfindenden Entwickelung höchst gefährlicher Quecksilberdämpfe verwerflich.
Durch die Behandlung des geschmolzenen Goldes mit Chlorgas wird dasselbe vollkommen
geschmeidig gemacht, indem dadurch die seine Sprödigkeit verursachenden Metalle in
flüchtige Chloride verwandelt und als solche ausgeschieden werden.
Der durchschnittliche Goldverlust stellte sich bisher zu 19 Theilen in je 100,000
Theilen der verarbeiteten Legirung heraus, er ist somit weit geringer als der beim
Geschmeidigmachen einer gleichen Goldmenge mit Aetzsublimat nach dem gewöhnlichen
Verfahren stattfindende.
Der Silberverlust ergab sich zu 240 Theilen in je 100,000 Theilen verarbeiteter
Legirung (mit 10 Procent Silbergehalt).
Ohne Zweifel könnte ein bedeutender Theil beider Metallverluste wiedergewonnen
werden, wenn die abgehenden Tiegel und die zurückbleibende Asche noch weiter
behandelt würden; auch hat sich gezeigt, daß mit zunehmender Geschicklichkeit in den
Operationen der Silberverlust abnimmt.
Beim Feinen von 10 Proc. Silber enthaltendem Golde im Großen belaufen sich in Sydney
die Kosten des Verfahrens einschließlich der Arbeitslöhne und des angegebenen
Gold- und Silberverlustes, jedoch ohne die Ausgaben für die Gebäulichkeiten
und für die Verwaltung, auf ungefähr fünf Farthings per
Unze, schwanken jedoch mit dem Silbergehalte der verarbeiteten Legirung.
In England, wo die Salzsäure als Nebenproduct der Sodafabrication gewonnen wird und
alle Apparate billiger sind, würden die Affinirungskosten nach der neuen Methode
verhältnißmäßig geringer seyn.
Der Feingehalt des mittelst dieses Verfahrens erhaltenen Goldes wechselt zwischen 991
und 997 Tausendteln und beträgt im Mittel (wie beim Feinen vieler Tausend Unzen
gefunden wurde) 993,5 oder 23 Karat 3 3/8 Grains. Die übrigen 6 1/2 Tausendtel
bestehen in Silber, und dieß spricht sehr zu Gunsten des Chlorprocesses, da keine
der früher angewendeten Methoden weniger Silber im Feingolde zurückläßt.
Wird bereits affinirtes Gold mit Chlorgas nochmals gefeint, so läßt sich sein
Silbergehalt auf 0,2 Proc. herabbringen (beim Affiniren nach der gewöhnlichen
Methode mit Schwefelsäure kann dasselbe Resultat dadurch erzielt werden, daß man das
gefeinte Gold mit zweifach-schwefelsaurem Kali nochmals feint).
Das bei der neuen Affinirungsmethode erhaltene Silber ist geschmeidig; seine Qualität
variirt jedoch etwas nach der Qualität des verarbeiteten Goldes. Enthält die
behandelte Legirung viel Kupfer, so bleibt der größere Theil desselben beim Silber
zurück; die übrigen Metalle aber werden fast sämmtlich ausgeschieden.
Der Feingehalt des erhaltenen Silbers schwankte bisher zwischen 918,2 und 992,0
Tausendteln; im Durchschnitt betrug derselbe 965,6.
Die Analyse des Silbers, welches vom Affiniren des ursprünglich Kupfer, Blei,
Antimon, Arsen und Eisen enthaltenden Goldes resultirt, gab folgendes Resultat:
Silber
972,3
Kupfer
25,0
Gold
2,7
Zink und Eisen
Spuren
–––––––
1000,00
In der Münze zu Sydney sind sehr ausgedehnte Versuchsreihen über den Werth des neuen
Verfahrens abgeführt worden und als Resultat ergab sich, wie der
Colonial-Schatzmeister in seiner Rede über das Budget am 14. October 1869
bemerkte, daß „jetzt die Einleitungen getroffen sind, um dieses System
definitiv in jener Anstalt einzuführen.“
Schließlich muß ich meinen Collegen HHrn. Robert Hunt und
Dr. Leibius für ihre
Beihülfe bei meinen Versuchen über das beschriebene Affinirungsverfahren meine
dankbarste Anerkennung aussprechen. Ebenso bin ich Hrn. Prof. Smith an der Universität zu Sydney, welcher mir sein Laboratorium zur
Verfügung stellte und mich, sowie die HHrn. Dr. Thomson und E. Hill mit Rath
und That unterstütze, zu großem Dank verpflichtet.