Titel: | Ueber einen Apparat zur Demonstration des magnetischen Verhaltens eiserner Röhren; von Prof. Dr. A. von Waltenhofen in Prag. |
Autor: | Adalbert Waltenhofen [GND] |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. XXXIV., S. 135 |
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XXXIV.
Ueber einen Apparat zur Demonstration des
magnetischen Verhaltens eiserner Röhren; von Prof. Dr. A. von Waltenhofen in Prag.
Mit einer Abbildung.
von Waltenhofen, Demonstration des magnetischen Verhaltens eiserner
Röhren.
In der zweiten Abhandlung meiner „elektro-magnetischen
Untersuchungen“ (Anzeiger der Wiener Akademie der Wissenschaften vom
19. Mai 1870) habe ich nachgewiesen, daß weite Röhren aus dünnem Eisenblech bei
Stromstärken welche eine gewisse Grenze nicht überschreiten, viel stärker magnetisch
werden als gleich lange massive Stäbe von gleichem Gewichte bei gleicher magnetisirender
Kraft, so daß solche Röhren bei gewissen Stromstärken sogar bedeutend schwereren
massiven Stäben überlegen sind, – daß jedoch bei größeren Stromstärken die
Ueberlegenheit der letzteren hervortritt, indem ja der dem Gewichte proportionale
Grenzwerth des erreichbaren Magnetismus, wie ich in meinen Untersuchungen
„über die Grenzen der Magnetisirbarkeit“ nachgewiesen habe,
von der Form der Elektromagnete unabhängig ist.
Dieses Ergebniß läßt sich mittelst eines sehr einfachen Apparates, welchen ich vor
Kurzem construirt habe, zum Gegenstande eines sehr eclatanten Experimentes
machen.
Textabbildung Bd. 197, S. 136
An einem Waagebalken ist einerseits ein massiver eiserner Cylinder A und andererseits ein zur Herstellung des
Gleichgewichtes mit Tara (die natürlich nichts von Eisen oder Stahl enthalten darf)
gefülltes gleich langes Rohr B von größerem Durchmesser
aber viel kleinerem Gewichte – aus dünnem
Eisenblech gefertigt – aufgehängt, und zwar in solcher Höhe, daß die beiden
auf besagte Art äquilibrirten Cylinder etwa zur Hälfte in zwei darunter aufgestellte
entsprechend weite und ganz gleich gearbeitete Magnetisirungsspiralen 6 versenkt
sind, welche miteinander auf die in der Zeichnung angedeutete Art mittelst einer
Drahtklemme verbunden sind.
Läßt man nun durch beide Spiralen einen starken Strom gehen, so sinkt der massive
Stab – in seine Spirale hineingezogen – in Folge seines bei dieser
Stromstärke größeren magnetischen Momentes; vermindert man aber die Stromstärke
durch Einschaltung eines entsprechend großen Widerstandes, so neigt sich der
Waagebalken alsbald auf Seite des Rohres, indem bei kleineren Stromstärken das Rohr
stärker magnetisch wird. Der Uebergang aus einer Lage in die andere entspricht einer
Stromstärke, bei welcher sich ein labiles Gleichgewicht einstellt, indem jener
Eisenkern das Uebergewicht erhält, welchen man tiefer in seine Spirale senkt. Zwischen dieser mittleren
Stromstärke und Null liegt eine Stromstärke, für welche das Uebergewicht des Rohres
über den massiven Stab sein Maximum erreicht, während das Uebergewicht des massiven
Stabes über das Rohr, welches nach Ueberschreitung jener mittleren Stromstärke
eintritt, bei zunehmender Stromstärke fortwährend wächst.
Bei meinem Apparate sind die Dimensionen folgende: Der massive Stab ist ein 103
Millimeter langer und etwa 14 Millimeter dicker Cylinder von nahe 128 Grammen
Gewicht, während das gleich lange und etwa 17 Millimeter weite Rohr nur 24 Gramme
wiegt. Jede der beiden Spiralen ist 91 Millimeter hoch und 30 Millimeter weit, und
hat 144 Windungen eines 3 Millimeter dicken Kupferdrahtes in 6 Lagen aufgewickelt.
Der Waagebalken ist so eingestellt, daß bei horizontaler Stellung desselben die
Eisenkerne etwa 45 Millimeter weit aus den Spiralen hervorragen, also mit ihren
unteren Enden etwa bis zur Mitte der Spiralen hineinreichen. Als Stromquelle diente
eine aus zwei großen Kohlenzinkelementen bestehende Batterie und als Stromregulator
ein Schrauben-Rheostat oder eine Widerstandsscala.
Zur leichteren Einstellung und Beschaffung des Apparates dürfte es vortheilhaft seyn,
längere Eisenkerne mit Spiralen von nur einer Drahtlage anzuwenden. Auch gedenke ich
für das Rohr noch dünneres Blech zu wählen, um den Apparat noch empfindlicher und
wirksamer zu machen.
Der beschriebene Versuch, welcher bei richtiger Einstellung des Waagebalkens stets
mit aller Sicherheit und Präcision gelingt, gestattet eine sehr elegante
Demonstration dieses instructiven Beispieles magnetischer Sättigung mit
überraschender Evidenz.
Prag, 23. Juni 1870.