Titel: | Ueber Thonerdehydrat, als neues Klärungsmittel für Zuckerlösungen behufs deren Polarisation; von Dr. C. Scheibler. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. XLI., S. 176 |
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XLI.
Ueber Thonerdehydrat, als neues Klärungsmittel
für Zuckerlösungen behufs deren Polarisation; von Dr. C. Scheibler.
Scheibler, neues Klärungsmittel für zu polarisirende
Zuckerlösungen.
Die bisher bekannten Klärungsmittel für Zuckerlösungen, welche der optischen
Untersuchung unterworfen werden sollen, erfüllen leider nicht immer ihren Zweck, und
kommen namentlich in den letzten Jahren, wie mir scheint in Folge der modernen
Scheidungsoperationen oder sehr neutral gehaltener Säfte, mehr und mehr Rohzucker in
den Handel, deren Lösung für Polarisationszwecke nur sehr schwierig oder
unvollkommen klar hergestellt werden kann. Es sind besonders die hoch polarisirenden
weißen Producte, welche in der Regel mit Bleiessig gar keinen Niederschlag geben und
einer eigentlichen Klärung nicht bedürfen würden, welche aber die störende Erscheinung bieten, daß
sie trotz wiederholter Filtration durch Papier stets weißlich trübe oder sogenannte
„opalisirende“ oder
„nicht blanke“ Lösungen
geben. Diese, sowie auch viele andere Zucker, die einer Klärung mit Bleilösung sich
widersetzen, können oft durch Zusatz voll Gerbsäure, die ich zu diesem Endzwecke vor
einigen JahrenPolytechn. Journal Bd. CLXXX S. 309. empfohlen habe, dahin gebracht werden, daß sie mit Bleiessig einen
Niederschlag und alsdann ein klares Filtrat geben. Nachdem aber neuerdings
Gerbsäuresorten in den Handel kommen, welche mit der Fähigkeit, den polarisirten
Lichtstrahl abzulenken, behaftet sind, ist auch dieses Mittel mißlich geworden,
wenigstens nicht auf's Geradewohl anzuwenden, und dürfte daher ein anderes
Klärungsmittel für derartige Zucker willkommen seyn. Ich kann nun für solche Fälle,
wo es weniger auf Entfärbung als auf „Blankmachen“ einer
Zuckerlösung ankommt, das Thonerdehydrat empfehlen, welches ich neuerdings mit
ausgezeichnetem Erfolge benutze. Hr. Albert Langen aus
Cöln hat auf meine Veranlassung durch zahlreiche Versuche im Vereinslaboratorio (zu
Berlin), den Nachweis geführt, daß die Benutzung des Thonerdehydrats eine bequeme
ist, nach keiner Seite Bedenken hat und namentlich aber ohne störenden Einfluß auf
die Richtigkeit der Polarisationsergebnisse ist.
Man stellt sich das Thonerdehydrat am besten gleich in einer größeren, für viele
Versuche ausreichenden Quantität in bekannter Weise dar, indem man eine nicht zu
concentrirte Lösung von schwefelsaurer Thonerde oder von Alaun mit einem
Ueberschusse von Aetzammoniak versetzt, den Niederschlag absitzen läßt und ihn durch
Decantation oder durch Entfernen der überstehenden Flüssigkeit mit einem Heber, so
oft auswäscht, bis alle Salze und das Ammoniak verschwunden sind, bis also rothes
Lackmuspapier nicht mehr gebläut wird. Den hierbei bleibenden voluminösen Brei des
Thonerdehydrats hebt man dann zum Gebrauche in einer verschließbaren Flasche auf.
Von demselben wurden zur Klärung von 13,024 Grm. Zucker in einem 50 Kub.
Cent.- Kölbchen, nach erfolgter Auflösung des letzteren, in der Regel etwa 3
bis höchstens 5 K. C. mittelst einer Pipette von weiter Spitzenöffnung, zugesetzt,
zur Marke eingestellt, umgeschüttelt und filtrirt. Die so erzielten Filtrate waren
allemal außerordentlich „klar“ oder
„blank,“ zum Theil entfärbt
und ließen sich vortrefflich polarisiren.
Um die Verminderung der Volumgröße kennen zu lernen, welche die benutzten 50 K.
C.-Kölbchen nothwendig erleiden, durch das Hineinbringen eines festen Körpers, wurden von
dem angewandten Thonerdehydrat 10 K. C. für sich verdampft, der Rückstand schwach
geglüht und gewogen. Hr. Langen erhielt hierbei 0,2 Grm.
Thonerde und da das specifische Gewicht der Thonerde = 4,15 ist, so nimmt die in 10
K. C. des Breies enthaltene Thonerde mithin den Raum von 0,048 K. C. ein. Da nun
aber bei den Versuchen nur 3 bis 5 K. C. anzuwenden nöthig sind, so kann die
Raumverminderung des Kölbchens höchstens nur etwa 0,015 bis 0,025 K. C. betragen, d.
i. aber eine nicht in Betracht kommende Größe, weil der dadurch bedingte Fehler
innerhalb der Grenzen der gewöhnlichen Beobachtungsfehler liegt. (Zeitschrift des
Vereines für die Rübenzucker-Industrie im Zollverein, 1870 S. 223.)