Titel: | Leclanché's Braunstein-Elemente; von J. Müller. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. XLVIII., S. 203 |
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XLVIII.
Leclanché's
Braunstein-Elemente; von J. Müller.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik, 1870, Bd. CXL S. 308.
Müller, über Leclanché's
Braunstein-Elemente.
In neuerer Zeit werden Leclanché's galvanische
Braunsteinelemente vielfach empfohlen, ohne daß bis jetzt genauere Angaben über die
Constanten derselben veröffentlicht worden wären, was mich veranlaßte einige
Versuche mit denselben zu machen.
Die Einrichtung dieser Elemente ist bekanntlich folgende: Eine Platte oder vielmehr
ein Stab von Gaskohle ist in einen porösen Thoncylinder eingesetzt und der noch übrige
Raum mit einem Gemenge von mindestens erbsengroßen Stücken von Braunstein
(Pyrolusit, Manganhyperoxyd) und einem gleichen Volum ebensolcher Stücke von
Gaskohle ausgefüllt. Der so bereitete Thoncylinder wird in ein weites mit
concentrirter Salmiaklösung gefülltes Glasgefäß eingesetzt, in welches ein
amalgamirter Zinkstab eintaucht.
Um die Constanten dieser Combination zu bestimmen, wandte ich die Ohm'sche Methode an. Drei Leclanché'sche Becher zu einem Plattenpaar vereinigt gaben an einer
Tangentenbussole, deren Reductionsfactor 74 beträgt, einen Ausschlag von 13°,
als die Tangentenbussole mit dem Rheometer nur durch kurze dicke Kupferdrähte
verbunden war. Dieser Ausschlag sank auf 5,1° nachdem noch eine Siemens'sche Widerstandseinheit in den Schließungsbogen
eingeschaltet worden war. Daraus ergibt sich für die elektromotorische Kraft eines Leclanché'schen Elementes der Werth
e = 10,76
und für den wesentlichen Leitungswiderstand eines Bechers
r = 1,89
wenn man nach v. Waltenhofen's
Vorschlag als Einheit der Stromstärke denjenigen Strom annimmt, welcher in 1 Minute
1 Kubikcentimet. Knallgas liefert, als Einheit des Widerstandes aber die Siemens'sche Einheit (den Leitungswiderstand einer
Quecksilbersäule von 1 Meter Länge und 1 Quadratmillimeter Querschnitt).
Mit Zugrundlegung derselben Einheit ist die elektromotorische Kraft eines Bunsen'schen Bechers gleich 21, und des Daniell'schen gleich 12; die elektromotorische Kraft
eines Leclanché'schen Bechers wäre demnach nur
0,896 von der eines Daniell'schen, während sie nach Leclanché's BestimmungenPolytechn. Journal, 1868, Bd. CLXXXVIII S. 97. 1,38mal so groß seyn soll als die eines Daniell'schen Bechers.
Dieser Unterschied (1,38 gegen 0,896) läßt sich leicht erklären. Ohne galvanische
Polarisation müßte die elektromotorische Kraft eines solchen Elementes gleich der
eines Bunsen'schen Bechers seyn (Vergl. mein Lehrbuch der
Physik 7. Auflage, 2. Theil S. 263). Die Stärke der galvanischen Polarisation hängt
aber ab von der Stärke des Stromes welchen der Becher liefert, also von der Größe
des Leitungswiderstandes welcher im Schließungsbogen eingeschaltet ist. Bei meinen
Versuchen war dieser Leitungswiderstand sehr gering, deßhalb eine starke
Polarisation, während bei den Versuchen Leclanché's kein so starker Strom zu Stande kam, die
elektromotorische Kraft des Bechers also auch nicht so stark geschwächt ward, wie
bei meinen Versuchen.
Leclanché fand den Leitungswiderstand eines
Braunsteinbechers von mittlerer Größe (Thonzelle von 15 Centimet. Höhe und 6
Centimet. Durchmesser) gleich 550, als Einheit des Leitungswiderstandes einen
Eisendraht von 4 Millimet. Durchmesser und 1 Meter Länge nehmend. Auf die Siemens'sche Einheit reducirt, ist dieser Widerstand
r = n 1/πr² = 1,4
wenn man für n den specifischen
Leitungswiderstand des Eisens auf Quecksilber bezogen, also 0,12, und ferner l = 550, r = 4 setzt,
während ich r = 1,89 gefunden hatte. Die Becher mit
denen Leclanché experimentirte, waren also wohl
etwas größer als die meinigen.
Es kam mir nun darauf an, womöglich die Rolle zu ermitteln, welche hier der
Braunstein spielt. Leclanché spricht sich darüber
nur sehr ungenügend aus, indem er sagt (siehe den bereits citirten Aufsatz im
polytechn. Journal), daß der Braunstein das Wasserstoffgas rasch und gleichförmig
absorbire. – Soll damit gesagt seyn, daß der an der negativen Polplatte
entstehende Wasserstoff alsbald oxydirt werde, so ist diese Behauptung offenbar
unrichtig, indem für diesen Fall die galvanische Polarisation ganz fortfallen, also
die elektromotorische Kraft des Bechers gleich 21, d.h. gleich der eines Bunsen'schen Bechers seyn müßte. Ob aber der Braunstein
überhaupt einen Einfluß auf die elektromotorische Kraft habe, läßt sich nur
entscheiden, wenn man einen Becher untersucht, der ganz construirt ist wie ein Leclanché'scher, nur mit dem Unterschied, daß das
Gemenge von Braunstein und Kohlenstücken bloß durch Kohlenstücke (ohne Braunstein)
ersetzt ist. Für einen solchen Becher fand ich die elektromotorische Kraft
e' = 6,16
also doch namhaft geringer als die elektromotorische Kraft
eines Braunsteinbechers. Die galvanische Polarisation wird also dadurch, daß die
Kohlenplatte theilweise mit Braunstein umgeben ist, allerdings nicht ganz
aufgehoben, aber doch merklich verringert; es findet also offenbar eine
Sauerstoffabgabe von Seite des Braunsteins statt, wenn dieselbe auch nicht
hinreicht, allen durch den Strom ausgeschiedenen Wasserstoff zu oxydiren. Damit
stimmt auch die Erfahrung überein, daß in Leclanché'schen Bechern, welche längere Zeit in Gebrauch waren, der
Braunstein seine Wirksamkeit verloren hat.
Freiburg, im März 1870.