Titel: | Ueber die Ursache des Spratzens der Eisencarburete und des Funkenwerfens dieser Metalle, sowie über einige neue Eigenschaften des reinen Eisens; von H. Caron. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. LVIII., S. 234 |
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LVIII.
Ueber die Ursache des Spratzens der
Eisencarburete und des Funkenwerfens dieser Metalle, sowie über einige neue
Eigenschaften des reinen Eisens; von H. Caron.
Aus den Comptes rendus,
t. LXX p. 1263; Juni 1870.
Caron, über die Ursache des Spratzens der Eisencarburete und über
einige neue Eigenschaften des reinen Eisens.
Die Versuche, welche ich der (französischen) Akademie in meiner letzten Abhandlung
mittheilte,Polytechn. Journal Bd. CXCVI S. 126 (zweites Aprilheft 1870). beweisen, da Stahl und Roheisen niemals spratzen, wenn man sie in einer
Atmosphäre von Wasserstoff oder Kohlenoxyd schmilzt, daß das Spratzen dieser Metalle
beim Schmelzen und Vergießen keineswegs einem Austreten reducirender, während des
Schmelzens absorbirter Gase zugeschrieben werden kann.
Ich habe gezeigt daß, wenn im Augenblick des Erstarrens ein Spratzen stattfindet, man
diese Erscheinung der Reaction zuschreiben muß, welche in diesem Moment das
Eisenoxyd auf die Kohle des Eisencarburets ausübt. Dazu ist es aber nicht nöthig
anzunehmen, daß Sauerstoff und Kohle sich im schmelzflüssigen Stahle gleichzeitig
aufgelöst befinden müssen. Um sich davon zu überzeugen, braucht man nur den Vorgang
im Tiegel von dem Augenblicke an wo er beschickt wird, bis zum Spratzen des
vergossenen Metalles aufmerksam zu untersuchen.
Das in Stücken in den Tiegel eingesetzte Metall (Stahl oder Roheisen) wird sehr lange
erhitzt, bevor es in Fluß geräth; während dieser Zeit bedecken sich die Stücke mit
einem Ueberzug von Eisenoxyd, unter dem eine dünne Schicht von entkohltem Stahl sich
befindet; der Kern der Stücke behält seinen ursprünglichen Zustand. Wenn die
Temperatur den Schmelzpunkt des Metalles erreicht hat, schmelzen die Kerne der
Stücke zunächst und der Stahl füllt den Tiegel und umgibt das Skelett der genannten
Rinden. Diese Skelette wirken ziemlich lange Zeit auf das Carburet ein und geben das
Kohlenoxyd, wobei sie von der oxydirenden Wirkung der Tiegelwände, wie ich bereits
früher nachwies, unterstützt werden.
Wir haben jedoch hier noch eine andere Ursache von Gaserzeugung zu berücksichtigen.
Sobald das Metall völlig in Fluß gerathen ist, bereitet man sich zum Gusse vor; der
Tiegel muß geöffnet werden, wobei sofort Luft in denselben eindringt; dann oxydirt
sich der flüssige Metallstrahl beim Eingießen in die Form in Folge der Berührung mit
der Atmosphäre und reißt beim Falle neben einer gewissen Menge Luft ein Gemenge von
Eisenoxyd und Eisencarburet mit sich, welche bis zum Erstarrungsmomente, vielleicht
auch noch nachher, aufeinander reagiren. Es wird daher sicher Kohlenoxyd
erzeugt.
Dieß sind wahrscheinlich die Hauptursachen des Spratzens der in geschmolzenem
Zustande in eine oxydirende Atmosphäre gebrachten Eisencarburete.
Was die Funken des brennenden Stahles oder Eisens betrifft, so habe ich mich in
meiner letzten Mittheilung darauf beschränkt, nachzuweisen daß sie nicht von einem
durch das Ausstoßen eines reducirend wirkenden Gases verursachten Spratzen herrühren
können, jedoch ohne eine neue Erklärung dieser Erscheinung aufzustellen. Die
Versuche über welche ich nun berichten werde, dienen zur Stütze der früheren und
gestatten diese Funken einer bisher unbekannten Ursache zuzuschreiben.
Reines Eisen, ja selbst gewöhnliches Eisen, wie es im Handel vorkommt, spratzt
bekanntlich niemals, wenn man es in einem gehörig verschlossenen Thontiegel oder in einer Röhre
schmilzt, durch welche ein Strom von reinem Wasserstoff- oder reinem
Kohlenoxydgas geleitet wird; dieß ist aber nicht mehr der Fall oder scheint vielmehr
sich anders zu verhalten, wenn man dasselbe Eisen in einer offenen Schale aus Kalk
mit der directen Flamme des Knallgaslöthrohres schmilzt. Wenn auch dafür gesorgt
wird, daß in der Flamme stets der möglich größte Ueberschuß von Wasserstoff
vorhanden ist, so oxydirt sich das Eisen während des Schmelzens doch zum großen
Theile, und wenn man nach vollständig erfolgter Schmelzung das Feuer unterbricht, so
tritt ein merkliches Spratzen ein, häufig von einem glänzenden Funkenwerfen
begleitet.
Ich vermuthete, daß der anscheinende Widerspruch zwischen dem Schmelzen des Eisens im
geschlossenen Tiegel und dem in offener Schale von der im letzteren Falle
entstandenen großen Oxydmenge herrühre; um diese Vermuthung zu prüfen, stellte ich
folgende Versuche an.
Eine ähnliche Kalkschale wie die zum Schmelzen des Eisens benutzte wurde mit reinem
zu kleinen Cylindern gepreßtem Eisenoxyd gefüllt und dieses mit aufgesetztem Hut vor
dem Knallgaslöthrohr geschmolzen, indem ich wie früher in der Flamme den
größtmöglichen Ueberschuß von Wasserstoff unterhielt. Nachdem vollständige
Schmelzung eingetreten war, stellte ich das Feuer ab, ließ aber den Hut darauf; ich
bemerkte dann, daß die Masse anfangs an der Oberfläche erstarrte, dann aufstieg und
zuletzt (wenn das Erkalten langsam stattfand) stark spratzte, ohne daß zugleich
Funkenwerfen eintrat. Verlängert man die Schmelzung zu sehr, so bemerkt man kein
Spratzen mehr; es bildet sich dann wahrscheinlich eine Verbindung von Eisenoxyd und
Kalk, welche nicht mehr dieselben Eigenschaften besitzt.Das Spratzen wird durch eine geringe Menge Kieselsäure gleichfalls
verhindert.
Da das Material des Schmelzgefäßes auf diese Erscheinung von Einfluß seyn kann, so
wendete ich statt des Kalkes reine Magnesia zur Herstellung desselben an; die
erhaltenen Resultate waren aber dieselben. Schließlich verfertigte ich mir
Schmelzgefäße aus reinem, stark zusammengepreßtem Magneteisenstein; auch in diesen
erfolgte das Spratzen, aber schwieriger. Dasselbe Resultat erhält man mit
Schmelzgefäßen aus Manganhyperoxyd (Mn³O⁴, Pyrolusit).
Ich brauche wohl kaum zu bemerken, daß ich, ungeachtet des in der Flamme im
Ueberschuß vorhandenen Wasserstoffgases niemals reducirtes Eisen erhielt; dieß war
vorauszusehen, da dieselbe Flamme bei den vorhergegangenen Versuchen das Eisen
oxydirt hatte; übrigens ist durch die Versuche von Magnus
längst bekannt, daß die Oxyde des Eisens durch Wasserstoffgas dem eine gewisse Menge Wasserdampf
beigemengt ist, bei keiner Temperatur reducirt werden. Ohne Zweifel findet dieser
Fall hier Statt.
Hieraus ersieht man, daß das anscheinende Spratzen des im Kalktiegel geschmolzenen
Eisens durch ein Gas verursacht wird, welches während der Schmelzung vom Oxyd
absorbirt wurde. Dieses Gas kann kein reducirendes seyn, da weder Reduction, noch
Funkenbildung stattfand; welches aber seine eigentliche Natur seyn mag, so gibt doch
das von demselben hervorgebrachte Spratzen eine genügende Erklärung des
Funkenwerfens. Das Oxyd, welches sonst die Eisentheilchen der Oberfläche umgibt,
zieht sich durch das Spratzen von ihnen ab und entblößt das glühende Metall, das
herausgeschleudert in Form von Funken verbrennt.
Ich gehe jetzt zu gewissen Eigenschaften des reinen Eisens
über, welche ich bei meinen Versuchen beobachtet habe und die ich für neu halte.
Die Schmelzung des reinen Eisens in Wasserstoff läßt sich nicht ohne Schwierigkeiten
ausführen, da der Verflüssigungspunkt des Metalles sehr selten vor dem Erweichen der
(im Handel vorkommenden) Porzellanröhren eintritt. Die erforderliche Temperatur läßt
sich mittelst des Schlösing'schen Löthrohres rasch
erreichen; ich habe diesen Apparat stets angewendet und derselbe gab mir die zu
diesen Versuchen erforderliche Hitze in reichlichem Maaße.
Ist das Eisen gut geschmolzen, so zeigt es sich blasenfrei; ich habe auf diese Weise
mit über 1 Kilogrm. gearbeitet, in Portionen von 50 bis 150 Grammen; stets
beobachtete ich dieselbe Erscheinung, welche bestätigt daß Wasserstoff von
geschmolzenem Schmiedeeisen nicht absorbirt wird. Bestimmt man übrigens die
Dichtigkeit des nicht ausgeschmiedeten Eisenzaines, so findet man sie merklich höher
als beim gewöhnlichen Schmiedeeisen. Meine Versuche ergaben nachstehendes
Resultat:
Gewicht
Dichtigkeitbei 160 C.
Reines, in Wasserstoff geschmolzenes Stabeisen,
83,879
Grm.
7,880
nicht ausgeschmiedet
dasselbe, ausgeschmiedet
79,074 „
7,868
dasselbe, zu Draht von 1 Millimet. Stärke gezogen
10,312 „
7,847
gutes Eisen, aus dem Handel bezogen, nochmals
81,540 „
7,852
geschweißt (Stab von 1
Quadratcentimeter)
im Tiegel geschmolzener König von reinem Eisen
117,540 „
7,833
Aus diesen Zahlen ergibt sich, daß die Dichtigkeit des im Wasserstoffstrom
geschmolzenen reinen Eisens größer ist als die der sämmtlichen anderen in einer nicht
reducirenden Atmosphäre geschmolzenen oder ausgeschmiedeten Eisensorten. Besonders
bemerkenswerth ist, daß dieses Metall vor dem Ausschmieden eine größere Dichtigkeit
besitzt als nach der Bearbeitung mit dem Hammer.
Die Hämmerbarkeit in der Kälte wie in der Hitze ist sehr verschieden, wenn man das in
einem Wasserstoffstrom geschmolzene reine Eisen mit dem in einer schwach oxydirenden
Atmosphäre geschmolzenen Metalle vergleicht. Ersteres läßt sich bei Rothglühwärme
leicht hämmern, ohne daß dabei besondere Vorsichtsmaßregeln erforderlich sind, und
es ähnelt dem Kupfer darin, daß es sich in der Kälte gut ausziehen läßt.
Ich konnte in diesem Metalle keine Spur von Kohlenstoff auffinden, obgleich ich bei
der Analyse die empfindlichste Methode anwendete.Boussingault fand in diesem Eisen bei Anwendung
seiner sehr genauen Methode keine Spur von Silicium.
Das im Tiegel geschmolzene reine Eisen ist dagegen merklich härter als das vorige;
die großen und glänzenden Flächen auf seinem Bruche sind denen sehr ähnlich, welche
verbranntes oder solches Eisen zeigt, das längere Zeit fortwährenden Erschütterungen
ausgesetzt war. In rothglühendem Zustande läßt es sich nur schwierig strecken; um es
gehörig und ohne Kantenrisse ausschmieden zu können, muß man ihm erst eine
Schweißhitze geben; aber niemals erlangt es die Hämmerbarkeit des ersteren. Beim
Erstarren im Tiegel erleidet es eine sehr merkliche Zusammenziehung und oft findet
man in der Mitte des Königs eine Höhlung mit glänzenden Wandungen, welche vom
Schwinden des Metalles herrührt; dieser Punkt ist bei Bestimmung der Dichtigkeit zu
berücksichtigen.
Ein Gußkönig dieses im Tiegel geschmolzenen Eisens, in dünne Scheiben und Blätter
zersägt, gibt bei längerem Erhitzen zur lebhaften Rothgluth in einem Strome von
trockenem Wasserstoffgas eine beträchtliche Menge Wasser; nach dem Erkalten
constatirt man einen Gewichtsverlust, welcher zum großen Theil dem in dem Metalle
ursprünglich vorhanden gewesenen Sauerstoff zugeschrieben werden kann. Manche Theile
des Königs, z.B. die unteren, haben bis 5 Tausendtel ihres Gewichtes eingebüßt, ein
Verhältniß welches natürlich mit der oxydirenden Wirkung des Tiegelschmelzens
wächst.
Aehnliche Untersuchungen habe ich mit Stahl ausgeführt, welche ich demnächst
veröffentlichen werde.